Wie würdet ihr Euch verhalten?

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ela75
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Wie würdet ihr Euch verhalten?

Beitrag von ela75 »

Hallo Leute, einen schönen Nikolaustag,

ich brauche mal ein paar Ratschläge, da ich zz. einfach mal wieder demotiviert bin.

Nach der letzten Zeit wo mein Freund wieder deutlich zugänglich war ist es wieder derzeit so, dass er aktuell wieder auf Rückzug ist. Dieses habe ich seit ein Paar Tagen allein durch seine REaktionen und Schreibweise auf Whats App gemerkt.
Heute ihn drauf angeschrieben gab er dieses zu und begründete dieses damit das zz. sein Vater erkrankt ist und im Krankenhaus ist. Es ist zwar nix lebensbedrohliches aber schon etwas ernsteres.

Da er sehr senibel ist wirft ihn dass immer richtig aus der Bahn und er fühlt sich immer mega-verantwortlich sich um alles zu kümmern und zu regeln und pausenlos da zu sein, was auch sehr anstrengemd natürlich für ihn ist.

Als erstes war ich schon ziemlich traurig, dass er das nicht mal von sich aus schreibt und mich damit ins Vertrauen zieht. Und weiter ist es dann immer so, dass dann alles andere nachrangig ist und ich kaum noch an ihn rankomme und er nix anderes mehr sieht. Natürlich verstehe ich seine Sorge und Ängste aber er ist nicht allein verantwortlich - Bruder Schwägerin und Mutter gibt es auch noch.... o
Ich weiss einfach nicht ob ich ihn einfach in Ruhe lassen soll und hoffe das er sich meldet um ihn damit nicht noch mit meinem Kontakt "belaste", dass er schreiben muss was los ist etc....
Die KOmmunikation ist dann meist eh sehr knapp. Und allein die Tatsache, dass er nicht mal von sich aus gesagt hat was los ist macht mich schon traurig.

Anderteils möchte ich es nicht übergehen und auch natürlich wissen was los, wie es ihm geht, ob ich was tun kann...
Aber nachdem er mir das nicht mal erzählt hat was los, weis ich einfach nicht was richtig oder falsch ist....

Wir sind eigentlich für Sonntag verabredet und ich sehe es schon wieder so kommen, dass er absagt, was ja an sich nicht schlimm ist in der Situation, aber ich wäre auch einfach gerne für ihn da... Nur da zählt immer nur seine Familie und es gibt so gut wie keine Möglichkeit an ihn ran zu kommen....
Sonne02
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Re: Wie würdet ihr Euch verhalten?

Beitrag von Sonne02 »

Hallo ela75,

hm schwierige Situation. Aber ich denke wenn du ihn zu einer gewissen Kommunikation "drängst" wird er sich immer weiter zurückziehen. So ist jedenfalls mein Partner.
Er reagiert ähnlich wie dein Partner und zieht sich zurück...Will alles alleine schaffen, will nicht jemanden zur last fallen etc (in dem Fall versteht er nicht das er keine last ist für mich)...
Dann hilft bei meinem Partner wirklich nur ruhe und ein Zeichen von meiner Seite hey du kannst dich immer melden...

Hm fühl dich gedrückt! Ich drücke die Daumen!
ela75
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Re: Wie würdet ihr Euch verhalten?

Beitrag von ela75 »

Hi Sonne,

danke für die Schnelle Antwort.. ja genauso tickt mein Freund auch..
"Ich schaffe das alleine, ich zeige keine Schwäche..ich möchte keine "Last" sein...

ja mal abwarten..Werde ihm auch meine HIlfe anbieten, eigentlich weiss er das natürlich auch...
Sonne02
Beiträge: 69
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Re: Wie würdet ihr Euch verhalten?

Beitrag von Sonne02 »

Ich denke (so hat mein Partner es mir jedenfalls erklärt), dass es natürlich auch an der Männlichkeit kratzt sich Hilfe zu holen...

Wie ist den die aktuelle Situation? Habt hier zb heute Kontakt gehabt?

Gestern zb hatten wir einen "Höhenflug" und heute wieder das Gegenteil...
ela75
Beiträge: 73
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Re: Wie würdet ihr Euch verhalten?

Beitrag von ela75 »

Ja nachdem ich es ja heute morgen erst erfahren habe, dass irgendwas bei ihm nicht o.k. ist
habe ich den Tag über nicht weitergefragt und mich zurückgehalten.

Gerade eben hat er wieder KOntakt zu mir aufgenommen und will sich gleich noch telefonisch melden, was schon ein gutes Zeichen ist.....

Vielleicht bin ich danach schlauer....

Ja Tage wie bei Dir kenne ich auch, auf und ab....
Ich hoffe für dich, dass das ab nur von kurzer DAuer ist....

Gab es denn einen bestimmten Grund?

Ich habe auch überlegt, ob es so eine Art Zeichen meines Freundes ist mir zu zeigen, dass irgendwas nicht o.k. wenn er immer nur ganz kurz schreibt!! Sonst ist er schon ein wenig ausführlicher. Oder ist das jetzt schon überzogen?? Oder nur menschlich sich in negativen Zeiten/Situationen stiller zu verhalten?? Ich weiss auch nicht.. vielleicht bin ich schon paranoid??
Sonne02
Beiträge: 69
Registriert: 27. Nov 2016, 20:01

Re: Wie würdet ihr Euch verhalten?

Beitrag von Sonne02 »

Hallo Ela75,

Gibt es was neues? Wie lief das Telefonat bei euch?

Ich reagiere auch auf die kleinen Dinge von ihm,weil die mir sehr viel sagen..Man lernt einen Menschen ja kennen und merkt dann irgendwann "halt da stimmt gerade etwas nicht". Ich denke wenn du sagst er ist sonst ausführlicher fängt er an nachzudenken... Und ich denke schon das es vllt ein Symptome von ihm ist...hattet ihr so Phasen schon mal? Also hat er das vorher in Phasen auch so gemacht mit weniger schreiben?

Also mein Partner wird dann sehr still und schreibt zeitweise gar nicht..Ich finde aber auch das dieses whatsapp sehr viel kaputt machen kann :-/
Peticus
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Re: Wie würdet ihr Euch verhalten?

Beitrag von Peticus »

Hallo Leute,
ich bin neu hier, weil ich Antworten suche für den Umgang mit meinem Sohn.
Nach allem was ich bisher so von euch gelesen habe, stellt sich mir die Frage nach dem eigentlichen "Krankheitsbild". Offenbar seid ihr alle dazu bereit, irgendwelche Abstriche im Umgang mit den "Erkrankten" zu machen. Ich habe ehrlich gesagt noch meine Mühe damit, "Krankheit" von schlechtem Benehmen und Faulheit zu unterscheiden. Wer kennt nicht das Gefühl der Unlust. Wie schön wäre es, sich dem einfach hinzugeben? Doch dann schaltet sich der Verstand ein und jagt einen los. Wenn die betroffenen Personen nicht in der Lage sind, ihre Handlungen zu kontrollieren, müsste man sie eigentlich entmündigen. Sie könnten dann auch kein Auto mehr fahren oder Kinder erziehen oder Berufe ausüben. In meinen Augen wären (sind) es tickende Zeitbomben. Woher nehmt ihr euer Verständnis??? Ich schaff das nicht, weil ich und auch millionen Andere jeden Tag funktionieren müssen...
Gruß Peti
Peticus
Beiträge: 5
Registriert: 4. Dez 2016, 18:08

Re: Wie würdet ihr Euch verhalten?

Beitrag von Peticus »

Hallo, ich nochmal...
tut mir leid Ela75, dass ich nicht direkt auf deinen Beitrag eingegangen bin, aber ich wusste nicht so recht, wo ich hin muss mit meinem Anliegen.
Zur Zeit habe ich nur Sorgen mit meinem Sohn. Einen Freund mit dem Problem hätte ich ganz sicher nicht! Das Leben ist auch so schon schwer genug...
Sorry.
ela75
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Re: Wie würdet ihr Euch verhalten?

Beitrag von ela75 »

Hallo Peticus...

also ich glaube du bist dann hier nicht ganz richtig. und auch nicht wirklich in meinem Post...
Vielleicht solltest du besser einen eigenen Aufmachen....
ela75
Beiträge: 73
Registriert: 27. Dez 2015, 19:05

Re: Wie würdet ihr Euch verhalten?

Beitrag von ela75 »

Hi Sonne,

so wirklich viel neues gibt es niht. Das Telefonat lief normal ab, aber irgendwie merkte ich ihm an, dass er müde und Kaputt und irgendwie emotionslos wirkte...
Haben uns normal unterhalten aber irgendwie mehr oder weniger oberflächlich.
Aber so ist er.. Wenn es um Emotionen und Gefühle geht, kommt da nicht viel...insbesondere erst recht nicht wenn er in irgendeiner Weise belastet ist, dann ist der Kopf überhaupt nicht für anderes frei...
Sonne02
Beiträge: 69
Registriert: 27. Nov 2016, 20:01

Re: Wie würdet ihr Euch verhalten?

Beitrag von Sonne02 »

@ Peticus

Ich muss ela75 recht geben...

Natürlich gibt es Unterschiede zwischen Faulheit und dieser Krankheit. Und natürlich schleppen sich Millionen andere zur Arbeit obwohl sie vllt müde sind..Aber ich glaube nicht, dass man die Menschen mit einer solchen Krankheit vor die Wahl gestellt hat...Und nein ganz begreife ich die Krankheit auch nicht und ich kann auch nicht tausend pro sagen ob sich einige Dinge auf die Krankheit bezieht. Aber ich respektiere und akzeptiere mein Gegenüber immer und ich finde das sehr wichtig gerade in unserer heutigen Gesellschaft!

Und wenn du sagst, du wirst dir nie einen solchen partner annehmen...Wünsche ich dir von ganzem Herzen, dass du niemals in eine missliche Lage kommst wo du im regen stehen gelassen wirst!

Sorry aber bin gerade etwas sprachlos. Das Forum ist nach meinem empfinden eher für Menschen gedacht, die Hilfe und Unterstützung brauchen. Dein Beitrag ist sehr unpassend.
Sonne02
Beiträge: 69
Registriert: 27. Nov 2016, 20:01

Re: Wie würdet ihr Euch verhalten?

Beitrag von Sonne02 »

@ ella75

Wie seit ihr denn jetzt verblieben? Erstmal kein Kontakt?

Ich denke in erster Linie würde Ruhe tatsächlich helfen...Jedenfalls sind meine Erfahrungen bisher ganz gut...Es ist hart aber ich habe festgestellt desto mehr ich gedrängt habe umso mehr ging die klappe runter und er verschwand auf seine kleine Insel...

Seht ihr euch den regelmäßig? Hast du vllt mal mit ihm gesprochen, dass ihr beide lernen müsst, wie ihr miteinander umgeht wenn eine solche Phase kommt? Das hat meinem Partner bisher immer geholfen, er war (ist) ja dann immer drauf und dran alles schlecht zu reden und alles beenden zu wollen...Im Gespräch hab ich ihm verdeutlicht,dass es so nicht geht das er aktuell keine wichtigen Entscheidungen treffen kann. Reden hilft bei uns viel. Und natürlich hat er sich anfangs sehr gestreut und tut es heute auch ab und zu noch..denke mal ständig in der Wunde bohren ist auch nervig für den Betroffenen.. Aber was geklärt werden musste, musste geklärt werden.

Naja von alleine mir etwas sagen zb wenn ein Problem auftritt ist für ihn sehr schwer...Der Schatten zu groß..Ich merke es halt rasch am verhalten und an seiner Kälte...
DieNeue
Beiträge: 5549
Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: Wie würdet ihr Euch verhalten?

Beitrag von DieNeue »

Hallo zusammen,

ich bin Betroffene und bin von Peticus Beitrag total vor den Kopf gestoßen. Ich hätte nicht gedacht, dass Menschen so über Leute mit Depressionen denken.
Eigentlich hatte ich spontan beschlossen, nicht darauf zu reagieren und den Beitrag nicht zu sehr an mich heranzulassen, aber das funktioniert gerade nicht.
Danke Ela und Sonne, dass ihr euch schon für uns Betroffene in die Bresche geworfen habt.
Peticus, ich denke auch, dass du dafür einen eigenen Thread aufmachen solltest und es wäre auch schön, wenn du etwas respektvoller schreiben könntest. Danke. Ich gehe unten noch kurz auf deinen Post ein.

So, nun möchte ich auch sonst noch meinen Senf dazu geben ;-) Ich hoffe, es ist okay, wenn ich in deinen Thread schreibe. Vielleicht ist es euch ja auch eine Hilfe.
Ja, diese Krankheit ist schwer zu verstehen. Es ist nicht nur für Außenstehende schwer zu verstehen, sondern auch für die Betroffenen selber. Ich finde es sehr schwierig, zu beschreiben, wie es einem geht, wenn man depressiv ist und was die Krankheit eigentlich zur Krankheit macht. Manchmal frage ich mich ehrlich gesagt auch "Was ist eigentlich mein Problem? Ich müsste nur ein wenig positiver denken und dies und das anders machen, dann wäre doch alles in Ordnung?! Aber nein, so einfach ist es leider nicht.
Ja, auch der Begriff "Krankheit" ist schwierig zu definieren und nicht nur Außenstehende haben damit ihre Probleme. Ich habe mich mal etwas näher mit der Definition von "Krankheit" beschäftigt, weil ich mich auch immer gefragt habe "Bin ich jetzt krank? Oder ist das nur meine Persönlichkeit? Bin ich wirklich nur zu faul? Aber eigentlich will ich ja arbeiten können und ich will meine Therapie gut machen, damit ich irgendwann wieder fit bin. Wenn ich nur zu faul wäre, warum nehme ich dann Medikamente, die dann sogar auch noch wirken? Also muss es ja doch irgendwie eine Krankheit sein. Aber vielleicht sind es doch "nur" Probleme, mit denen ich nicht klar komme. Wenn ich nicht krank bin, bin ich dann schuld daran, dass es mir so schlecht geht? Und wenn ich krank bin, bin ich dann auch schuld daran, dass ich jetzt Depressionen habe?"
Man kann "Krankheit" nicht so einfach definieren. Das ist schon bei körperlichen Krankheiten nicht so einfach (wenn man es wirklich mal wissenschaftlich zu definieren versucht) und bei psychischen Krankheiten erst recht nicht.
Wenn man sich schon selber damit herumschlägt, was jetzt eigentlich mit einem los ist, da ist es alles andere als einfach, wenn Leute einem dann vorhalten, man sei ja wirklich nur faul, egoistisch oder man tut nur so. Deshalb finde ich es sehr gut von euch, Ela und Sonne, dass ihr so sehr versucht, die Krankheit zu verstehen und euren Partner nicht aufgibt. Es ist auch als Betroffener nicht so einfach, wenn man immer das Gefühl hat, man ist anderen eine Last. Denn wer will schon anderen eine Last sein?
Sonne02 hat geschrieben:Und nein ganz begreife ich die Krankheit auch nicht und ich kann auch nicht tausend pro sagen ob sich einige Dinge auf die Krankheit bezieht.
Ich kann dich beruhigen: Das geht Betroffenen auch so (zumindest kenne ich das so). Ich habe mir schon so oft Gedanken darüber gemacht, welche Dinge jetzt an mir und meiner Persönlichkeit/Verhalten liegt und welche die Krankheit sind. Da fängt man auch leicht an, jedes eigene Verhalten gleich zu hinterfragen, ob das mit der Krankheit zu tun hat oder nicht bzw. zu denken, "alle" anderen gesunden Leute hätten damit kein Problem. Mir tut es da immer gut zu hören, dass gesunde Menschen in meinem Alter mit manchen Sachen auch die gleichen Schwierigkeiten haben. Das relativiert dann alles wieder etwas.
Sonne02 hat geschrieben:Aber ich glaube nicht, dass man die Menschen mit einer solchen Krankheit vor die Wahl gestellt hat...
Nein, dafür hätte ich mich auch nie entschieden. Auch wenn manche vielleicht denken, wenn man mit 30 Jahren eine Erwerbsunfähigkeitsrente bekommt, weil man nicht mehr arbeiten kann, das wär ja toll, dann muss man nie mehr arbeiten und kann immer machen, was man will.
Eben nicht. Ich würde sehr (!) viel dafür geben, wieder arbeiten zu können. Arbeit ist auch nicht alles, was viele nicht mehr können. Auch schöne Dinge können sehr, sehr anstrengend sein und man muss auf sehr vieles verzichten, was man gerne tun würde. Nein, dafür würde ich mich nie entscheiden.
Sonne02 hat geschrieben:Aber ich respektiere und akzeptiere mein Gegenüber immer und ich finde das sehr wichtig gerade in unserer heutigen Gesellschaft!
Danke!!!

Bei den meisten Depressiven ist Druck extrem schlecht. Damit kommt man nicht weit, was ihr wahrscheinlich auch schon fest gestellt habt.
Peticus hat geschrieben:Wenn die betroffenen Personen nicht in der Lage sind, ihre Handlungen zu kontrollieren, müsste man sie eigentlich entmündigen. Sie könnten dann auch kein Auto mehr fahren oder Kinder erziehen oder Berufe ausüben. In meinen Augen wären (sind) es tickende Zeitbomben.
Die allermeisten depressiven Leute können ihre Handlungen sehr wohl kontrollieren! Ich weiß nicht, wie du auf die Idee kommst, dass Depressive sich nicht kontrollieren können?!? Ich
finde es unfassbar, zu sagen, man müsste Depressive entmündigen. Ich habe schon viele Depressive kennengelernt und würde bei keinem sagen, dass man denjenigen entmündigen müsste, weil sie nicht bei klarerem Verstand wären. Natürlich sieht man in einer depressiven Phase die Dinge viel negativer als sie eigentlich sind und deshalb sollte man in so einer Zeit keine wichtigen Entscheidungen treffen, aber das hat nichts damit zu tun, dass die Leute sich nicht kontrollieren könnten.
Peticus, ich weiß nicht, wie sich dein Sohn verhält, aber Depressive können generell sehr wohl Auto fahren, sofern sie sich gut genug konzentrieren und vorher keine Medikamente genommen haben, die schläfrig machen. Sie können auch sehr wohl Kinder (gut) erziehen. Was ist daran schlimm, wenn Leute mit Depressionen arbeiten gehen? Wenn sie ihren Job gut machen, wo ist das Problem? Weil sie nicht mehr so funktionieren wie "alle" anderen??

Warum sollten wir tickende Zeitbomben sein? Was passiert denn dann deiner Meinung nach, wenn die Bombe explodiert? Das würde mich interessieren. Ich finde es krass, so eine Meinung zuhaben, wenn man sich noch nicht wirklich mit der Krankheit auseinandergesetzt hat.
Wahrscheinlich tragen auch die Medien zu dieser Sicht bei: Steuert ein Pilot absichtlich eine Maschine gegen einen Berg und hatte er mal eine Depression, ist ja allen klar: Die Depression war schuld! Begeht ein Depressiver eine Gewalttat, wird gleich die psychische Krankheit aus der Schublade gezogen: Haha, es war wieder die Depression!
Die wenigsten depressiven Menschen tun anderen etwas an. Wenn dann eher sich selbst.
Peticus hat geschrieben: Ich schaff das nicht, weil ich und auch millionen Andere jeden Tag funktionieren müssen...

Genau das ist das Problem: Menschen mit Depressionen können nicht (mehr) wie Maschinen funktionieren. Aber es gibt auch Leute, die keine Depressionen haben, und auch nicht so "funktionieren" wie Millionen andere Leute, nur sieht man das den Leuten eher an: Rollstuhlfahrer, Sehbehinderte... die brauchen auch Hilfen im Alltag, wie Rollstuhlrampen, Brillen, etc.
Wenn jemand Herzprobleme hat (die man ja von außen auch nicht sieht) kann er sich auch nicht so sehr belasten wie andere, deswegen kann er vielleicht auch nicht so viel arbeiten wie andere. Aber bei solchen Einschränkungen würde niemand auf die Idee kommen, dass ein Rollstuhlfahrer einen (mit Absicht oder unabsichtlich) über den Haufen fährt oder ein Bliner einen mit seinem Blindenstock angreift. Oder bei den Herzproblemen: Vielleicht sind die ja auch einfach nur faul und schieben die Krankheit vor, damit sie weniger arbeiten müssen. Sehen kann man die Herzprobleme ja auch nicht. Genauso wenig wie Depressionen. Aber die Psyche ist halt noch schwerer zu verstehen und was man nicht kennt und versteht, macht Angst.

So, nochmal an alle :-)
Ich wollte euch ein Buch empfehlen, und zwar das hier:
https://www.amazon.de/Depressionen-%C3% ... Cberwinden" onclick="window.open(this.href);return false;

Und noch zum besseren Verständnis von depressiven Menschen:
Im Betroffenenforum gibt/gab es mal einen Thread, in dem Betroffene schreiben, wie sie die Depression empfinden und wie sie sich wünschen, wie ihr Partner sich am besten verhalten sollte.
http://www.diskussionsforum-depression. ... 57&t=35827" onclick="window.open(this.href);return false;

Eine Symptomübersicht findet ihr in der ICD-10 F32:
http://www.icd-code.de/suche/icd/code/F ... ml?sp=Sf32" onclick="window.open(this.href);return false;
Wenn man die Symptome so unbedarft liest, liest sich das eigentlich gar nicht so schlimm, finde ich. Ach Schlafstörungen... ist doch nicht so wild, das hält man doch schonmal aus. Dass es sein kann, dass man über Monate lang vielleicht jede Nacht 4 Stunden Schlaf erwischt und man deshalb manchmal im Stehen schlafen könnte, kann man sich nicht ganz so einfach vorstellen . Erst wenn man sich etwas mehr hineindenkt und sich überlebt, was die einzelnen Symptome für Auswirkungen haben und wie die dann im echten Leben sich äußern, kann man das Krankheitsbild besser erschließen.
Am Anfang konnt ich mit dem Wort "Antriebslosigkeit" gar nichts anfangen. Jetzt weiß ich, was das heißt, weil ich es am eigenen Leib erfahren habe. Selbst wenn man die Motivation hätte, etwas zu machen, kann man nicht. Man ist wie festgeklebt auf dem Stuhl und wie gelähmt.

Ich hoffe,ich konnte euch ein bisschen helfen. Und jetz überlass ich den Thread wieder euch und eurem ursprünglichen Thema ;-)

Liebe Grüße
Hope0467
Beiträge: 10
Registriert: 6. Dez 2016, 11:46

Re: Wie würdet ihr Euch verhalten?

Beitrag von Hope0467 »

@peticus
Vielleicht ist es wirklich gut, zu Deinen Argumenten einen neuen Thread aufzumachen. Ein Teil in mir kann sich mit Deinen Überlegungen sehr genau identifizieren, nämlich das Kind in mir. Als Kind von einer depressiven Mutter umsorgt zu werden, nein, das war nicht immer lustig. Tageweise lag sie nur im Bett und wir bekamen auf die Frage nach Essen oder Sonstigem sehr häufig die Antwort "es sei ihr egal". Zum guten Glück war mein Vati Freelancer und konnte sich ausgleichend um unsere Bedürfnisse kümmern. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie es anders hätte gehen sollen, bis unsere Grosseltern in das obere Stockwerk unseres Hauses zogen. Ich hab oft über sie gejammert und stets von meinem Vater die Antwort bekommen "Mama sei krank, wir müssen Rücksicht auf sie nehmen". Naja, ihm zuliebe war ich dann ruhig, aber ich fand sie nicht krank. Ich fand sie oft bescheuert und faul. Ja genau. Das ging recht lange, ich zog aus und wurde selber Mutter und verbesserte stets im Laufe der Jahre das Verhältnis zu meiner Mutter und den Blick auf diese Krankheit. Ich habe sogar Zeiten hinter mir, wo auch mich diese "Faulheit" und diese "Lebensunslust" fest in den Griff nehmen wollte. Diese Erfahrungen haben mich gelehrt, dass es unmöglich ist, einem Depressiven einfach zu sagen "steh auf und mach doch einfach". Geht nicht, er kann nicht. Wollen würde er schon. Wenn.

Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Tickende Zeitbombe ist jetzt ein sehr überzogener Begriff. Vielleicht in Bezug auf die Unberechenbarkeit des Lebensüberdrusses anwendbar - aber sonst? Die Angst wohnt derzeit auch in mir. Wenn diese Depression akut wütet ist es sehr schwer, wieder Lebenslust und Optimismus zu wecken. Und die Zeit bis dahin kann ganz schön durchwachsen sein. Aber entmündigen ist auch irgendwie ein vollkommen falscher Schritt. Der Depressive soll doch wieder Vertrauen ins Leben lernen, damit würde er dieses meiner Meinung nach komplett verlieren.

Leider ist es dieses Stigma, was es den Betroffenen sehr schwer macht, offen mit der Krankheit umzugehen. Genau das ist aber wichtig, um mit ihr zu leben. Und leben kann man damit gut, wenn man sich mit ihr einrichtet und nicht, wenn man die Augen davor verschliesst.

Viele Grüsse auch an euch anderen - toll, was hier von allen für Seelenarbeit geleistet wird!
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