Akzeptanz

Botus
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Re: Akzeptanz

Beitrag von Botus »

Salvatore hat geschrieben: PS: Dobi, soll ich das Zitat von dir sonst kurz rauslöschen? Ich fand es so witzig (auch die Vorstellung, dass dir jede Woche Ferrero Küsschen runterfallen).
Manchmal sind das ja noch ein- und dieselben Menschen. So wie die, die auf Malle Wein aus Eimern saufen und die Strände vollkotzen und dann zu Hause meckern, weil sich Ausländer hier nicht benehmen können. ;)
Hallo Salvatore,

nein, alles gut :-)

Aber manchmal ist es wirklich so. Du bist schon lautlos, unsichtbar und willst auch nix, trotzdem fühlt sich irgendwer beeinträchtigt. Während sich das abspielt, latschen zeitgleich irgendwelche anderen wie selbstverständlich durch Dein Leben und hauen dabei auf die Pauke, die sie vor ihrem Bauch tragen.

Mir ist das oft zu viel gewesen. Daher finde ich Privatsphäre gut. Nicht um schrökeliger Einsiedler zu sein, sondern um das Positive nicht zu verlieren. Wenn man häufig wegen irgendwas rumstreitet, geht das Schöne im Leben irgendwann weg.

Liebe Grüße vom Dobi
Zuletzt geändert von Botus am 29. Sep 2016, 20:40, insgesamt 1-mal geändert.
Eva2
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Re: Akzeptanz

Beitrag von Eva2 »

@ Salvatore und Mim. Euch beide lese ich so, als ob es eine klare Grenze gäbe zwischen das ist jetzt ok und das nicht. Mit Gelassenheit hat das nichts zu tun. Deshalb frage ich lieber so abstrakt wie möglich ohne lebensnahes Beispiel weil sich dann immer alles einfacher liest. Ich bin mir grade nicht sicher, ob wir es auf einen gemeinsamen Diskussionsnenner schaffen - Salvatore ist ja eh schon raus - aber ich versuche es noch mal.
Es gibt im Leben abertausende Dinge, die bestimmte Konsequenzen haben. Ich kann wie jeder andere auch auf diese bis zu einem bestimmten Grad Einfluss nehmen. Nun stelle ich fest, dass ich aber nicht auf alle gleichzeitig Einfluss nehmen kann -> hier wäre eine Hierarchie sinnvoll, ist aber teils nicht möglich. Und ich stelle fest, dass an mancher Stelle andere (besser) Einfluss nehmen könnten, es aber nicht tun -> hier wäre ein höherer Einsatz meinerseits erforderlich oder die Hinnahme der Situation. Wenn ich jetzt alles in der Summe betrachte, kommt für mich etwas Negatives dabei raus. Da ich nicht alle drei Sachen gleichzeitig kann.

@Somebody. Ja, danke schön. Du hast es verstanden. Ich hätte das nicht besser ausdrücken können. Man kann weder alles ändern, noch hinnehmen.
Und genau bei den Punkten die du beschreibst habe ich meine Schwierigkeiten. Ich habe nicht genug Energie für alles und kann auch schwer die Prioritäten setzen. Bzw. auch hier fehlt mir oft die Energie meine Prioritäten zu erledigen und es wird erst mal was anderes angegangen. Aber dieses Abstumpfen fällt mir sehr schwer. Ich versuche zum Beispiel auch keine Nachrichten zu schauen oder z. B. Bildern aus dem Tierschutz etc. aus dem Weg zu gehen, aber auch wenn ich nicht hinschaue ist es ja noch da. Ich weiß das.
Zwiebelchen
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Re: Akzeptanz

Beitrag von Zwiebelchen »

Eva2 hat geschrieben:Es gibt im Leben abertausende Dinge, die bestimmte Konsequenzen haben. Ich kann wie jeder andere auch auf diese bis zu einem bestimmten Grad Einfluss nehmen. Nun stelle ich fest, dass ich aber nicht auf alle gleichzeitig Einfluss nehmen kann -> hier wäre eine Hierarchie sinnvoll, ist aber teils nicht möglich.
Also für mich klingt das nach Kontrolle über das Leben, Perfektion wenn man so will. Immer das Richtige tun wollen, bloß keinen Fehler machen. Dabei vergisst man, dass LEBEN nicht kontrollierbar ist. Es können immer Dinge passieren, die du nicht verhindern kannst. Du kannst das nicht wegplanen.
Wenn du morgen vom Blitz erschlagen würdest, wäre es besser du hättest heute einen schönen Tag gehabt statt dich über die Welt zu ärgern... Leben ist ja endlich. Und Möglichkeiten es zu bestimmen sind begrenzt, Schicksalsschläge können immer passieren.

Du sagst ja selbst dass es dich überfordert auf tausende Dinge Einfluss zu nehmen. Weil das unmöglich ist. Vielleicht kannst du das akzeptieren anstatt nach einer Lösung zu suchen die es nicht gibt.
Eva2 hat geschrieben: Und ich stelle fest, dass an mancher Stelle andere (besser) Einfluss nehmen könnten, es aber nicht tun ->
Auch das muss man leider akzeptieren. Man kann ja die anderen nicht ändern nur sich selbst.

Wenn andere etwas besser machen könnten (aus Deiner Sicht!) aber es nicht tun - Was solls?

Möchtest du dich von denen so abhängig machen und dich immer über sie aufregen? Ich glaube nicht, dass dir das weiterhelfen wird. Genauso wie andere Umstände oder Zufälle kann man ja auch die Taten anderer Menschen nicht bestimmen.

Zum Thema Kontrolle fallen mir noch "Gefühle" ein. Die uns psychisch Kranken ja gerne mal Probleme bereiten. Oft hat es ja auch etwas Unkontrolliertes. Ich kann es nicht in Worte fassen.
Zuletzt geändert von Zwiebelchen am 29. Sep 2016, 20:52, insgesamt 1-mal geändert.
Viele Grüße,
Zwiebelchen
Eva2
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Re: Akzeptanz

Beitrag von Eva2 »

@Zwiebelchen. „für mich hört sich …so an, als müsse man alles gut finden was auf der Welt passiert oder aber es ändern.“ Ja so in etwa komme ich mir in meiner Therapiestunde vor. Wenn ich sage mir gefällt es nicht - auch wenn ich akut nichts dran ändern kann - sagt mein Therapeut ich müsse es aber akzeptieren um gesund zu werden. Ich sehe es auch weniger als Teil der Depression, sondern als Mitverursacher. Ich war schon immer so „empfindlich“.
Mit den Schuldgefühlen sagst du was. Da werde ich drüber nachdenken müssen. Im Grunde habe ich manchmal das Gefühl die Außenwelt rollt das über meinen Rücken ab und ich wehre mich nur. Also es kommt mir fast wie das Gegenteil vor von dem was du sagst. Als ob ich die Schuld bei den anderen suche.
Eva2
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Re: Akzeptanz

Beitrag von Eva2 »

@Zwiebelchen.
Es geht nicht um Kontrolle, aber um ein gemeinsames Verständnis von Leben. Perfektion ist schon das richtige Wort. Gerechtigkeit in jeder Hinsicht. Ok soweit sie machbar ist.

"Du sagst ja selbst dass es dich überfordert auf tausende Dinge Einfluss zu nehmen. Weil das unmöglich ist. Vielleicht kannst du das akzeptieren anstatt nach einer Lösung zu suchen die es nicht gibt." Aber Akzeptanz würde bedeuten es wäre ok so wie es ist. Aber das ist es nicht. An mancher Stelle ja, an anderer nicht. Das Obst ja, die Baustelle nein.

"Möchtest du dich von denen so abhängig machen und dich immer über sie aufregen?" Nein, aber ich kann sie teilweise nicht akzeptieren. Und zwar dann nicht, wenn diesen Personen bewusst sein müsste, dass sie etwas tun was nicht ok ist.
Zwiebelchen
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Re: Akzeptanz

Beitrag von Zwiebelchen »

Evtl. meint dein Therapeut ja mit akzeptieren, dass du einsehen musst es nicht ändern zu können.
Das heißt ja nicht es gut zu finden.

Ja es sieht auf den ersten Blick so aus als sagst du die Welt ist Schuld/schlecht, aber immerhin leidest du ja darunter es nicht verändern zu können, dass die Welt (auch) schlecht ist, falls ich es richtig verstehe.

Und das würde ja heißen, du denkst unbewusst du müsstest etwas/mehr dagegen tun. Was ja wieder für Schuldgefühle sprechen würde. Auch wenn das nicht immer bewusst ist.

Es ging ja bei den Dingen wie Verkehrsunfällen jetzt eigentlich gar nicht um eine konkrete Schuld (deinerseits oder von sonst wem). Aber bei Depression spielen ja oft Schuldgefühle mit rein obwohl man ja eigentlich gar nicht greifbar etwas Böses getan hat.

Ich kenne das nur so, mich schlecht zu fühlen/Schuldgefühle zu haben z. B. wenn es anderen schlecht geht, obwohl ich gar nicht verantwortlich bin dafür. Ich erkläre mir das so, wenn ein Elternteil bei mir depressiv war als ich klein war, dass man dann vllt. lernt man darf sich nicht freuen wenn es doch einem Angehörigen schlecht geht, sonst fühlt man sich schuldig oder so... keine Ahnung.

Aber das kannst du nur selbst rausfinden ob etwas davon bei dir zutrifft.
Viele Grüße,
Zwiebelchen
Mim
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Re: Akzeptanz

Beitrag von Mim »

Hallo Eva,

ich weiß nicht, ob wir wirklich aneinander vorbeischreiben - vielleicht drücken Salvatore und ich es einfach nur "Pragmatischer" aus? Ich finde vor allem, das ja z.B. der Spruch von Reinhold Niebuhr recht klar zeigt, dass es diese Grenze eben nicht gibt - man muss versuchen zu unterscheiden: Kann ich gerade etwas ändern oder nicht? Ob man dann entsprechend handelt ist dann wieder ein anderer Schuh.

Langsam bin ich aber ehrlich gesagt verwirrt: Du kommst nicht damit klar, dass Du

a) nicht auf alles gleichzeitig Einfluss nehmen kannst?
b) andere besser Einfluss nehmen könnten, es aber nicht tun --> Du also von Anfang an keinen Einfluss hast
c) nicht weißt, wann Du Einfluss nehmen sollst, bzw. etwas Hinnehmen.

Irgendwie habe ich das GEfühl, dass Deine abstrakten Beispiele es gerade komplizierter machen - gerade weil sie so extrem gegensätzlich sind.

Wenn es um Weltthemen geht: Ja, da kenne ich auch die absolute Überforderung. Manchmal denke ich, wie kann ich es mir gutgehen lassen, wenn in anderen Ländern Menschen, Kinder sterben. Da geht es aber glaube ich nicht um abstumpfen. Vielleicht geht es einfach auch darum das auszuhalten (was ich viel schwerer finde, weil abstumpfen m. Mn. nach viel leichter ist). Warum glaubst Du sind viele Menschen in der Flüchtlingshilfe tätig? Arbeiten ehrenamtlich im Tierheim? Das ist eine Möglichkeit, mit diesen Gefühlen umzugehen. Und das zu tun, was man tun kann.

Nochmal: Akzeptanz bedeutet nicht(!) es gut zu finden.

Liebe Grüße,
Mim
Zwiebelchen
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Re: Akzeptanz

Beitrag von Zwiebelchen »

Eva2 hat geschrieben: müsse es aber akzeptieren um gesund zu werden.
Akzeptanz bewertet nicht sondern ist etwas Neutrales. Heißt einfach wahrnehmen, was ist. Das ist auch dieses ganze Zeug mit Achtsamkeit, Meditation usw. Du verwechselst glaube ich Akzeptanz mit gut finden. Aber Akzeptanz sagt einfach "Es ist gerade soundso". Ohne Bewertung ob das jetzt gut oder schlecht ist. Also so wie: Es regnet gerade. Oder 1 + 1 = 2. Das ist Tatsache. Ohne jegliche Emotion o. Ä.
Zuletzt geändert von Zwiebelchen am 29. Sep 2016, 21:12, insgesamt 1-mal geändert.
Viele Grüße,
Zwiebelchen
Zwiebelchen
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Re: Akzeptanz

Beitrag von Zwiebelchen »

Eva2 hat geschrieben:@Zwiebelchen.
Es geht nicht um Kontrolle, aber um ein gemeinsames Verständnis von Leben. Perfektion ist schon das richtige Wort. Gerechtigkeit in jeder Hinsicht. Ok soweit sie machbar ist.
Das Thema Gerechtigkeit ist bei mir auch ein Großes. Problem es gibt sie nicht aber man wünscht sie sich oft so. Wenn man sich selbst ungerecht behandelt gefühlt hat (z. B. als Kind), dann wünscht man sich "wenigstens" später Gerechtigkeit und sucht immer danach. Hat dann eher viel Mitleid mit armen Tieren oder Menschen, weil man sich mit ihnen evtl. schneller identifiziert als gesunde Menschen oder das selbst erlittene Leid auf sie projiziert.

Aber Akzeptanz braucht man ja auch bei der eigenen Lebensgeschichte. Ich kann das nicht so gut ausdrücken gerade, aber ich glaube das hat alles miteinander zu tun.
Viele Grüße,
Zwiebelchen
Eva2
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Re: Akzeptanz

Beitrag von Eva2 »

@Mim. Ich bin ja eher der Theoretiker und kann mit Verallgemeinerung besser. Vielleicht kann ich euch deshalb bei den praktischen Ansätzen nicht so folgen ;) Den Spruch von Niebuhr finde ich nämlich nicht so passend, oder schön. Dieses Hinnehmen triggert mich irgendwie. Akzeptanz heißt für mich vielleicht nicht gut finden, aber zumindest ein neutrales Gefühl zu haben. Und das will mir gerade bei Weltthemen nicht gelingen. Da hilft nur wegschauen, was sich aber auch schlecht anfühlt.
Übrigens ist a, b, c fast richtig. Bei b könnte ich teilweise auch Einfluss nehmen, andere aber besser und c ist die Folge von a und b.

@Zwiebelchen. Deine Punkte lösen bei mir auf jeden Fall was aus. Ja da muss was sein. Irgendeine Art Kompensation. Da muss ich drüber nachdenken.
somebody
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Re: Akzeptanz

Beitrag von somebody »

Hallo Eva2,
vielleicht wäre es etwas, mit deinem Therapeuten nach Prioritäten zu sehen? Wie du für dich Prioritäten setzen kannst und wo du mit deiner Energie, deinen persönlichen Möglichkeiten das meiste Bewirken kannst?

Ich persönlich engagiere mich gern ehrenamtlich. Dabei suche ich mir meist Aufgaben, bei denen ich direkt mit Menschen/Tieren in Kontakt komme, für meine Tätigkeit auch Wertschätzung erhalte und Erfolgserlebnisse habe, wenn ich sehe, dass ich etwas ändern kann und somit die Welt ein ganz winziges kleines Stückchen besser gemacht habe. Aber eigentlich braucht es dazu gar kein Ehrenamt.


Ich bin früher eine Zeit lang zur Schule geradelt. Dort begegnete ich sehr regelmäßig einer älteren Dame auf dem Rad mit Hunden, die nebenher liefen. Ich weiß gar nicht, ob sie mir zuerst einen guten Morgen gewünscht hat oder ich - jedenfall wars dann irgendwann so, dass ich ihr jedes Mal, wenn wir uns auf dem Radel entgegenkamen, ich ein fröhliches "Guten Morgen" zurief. Sie freute sich und grüßte zurück. Wir beide haben danach gestrahlt. Ich habe mich oft schon darauf gefreut, ihr zu begegnen, alleine, weil ich gemerkt habe, dass sie sich freut und mich das auch wieder freut :)) Und ich finde, dass selbst solche Kleinigkeiten die Welt manchmal besser machen.

Paul Watzlawik hat in seinem Vortrag "Wenn die Lösung das Problem ist" (auf Youtube zu finden, sehr empfehlenswert!) ein sehr nettes Beispiel "die Kettenreaktion des Guten" beschrieben: Sie sehen an einem Regentag, dass jmd aus dem Auto aussteigt und die Lichter anlässt und Sie laufen dem Mann im Regen nach und sagen dem Mann: 'Sie haben bei Ihrem Auto die Lichter angelassen'. Der wird sich bestimmt sagen:'Der ist aber anständig. Der läuft mir im Regen 300m nach...' Wenn derjenige wiederrum jemanden sieht, der die Lichter anlässt, wird er sich fast verpflichtet fühlen, das selbe zu tun. Dank der Haltung des einen Mannes.

Bin zwar damit vllt etwas abgeschweift, aber woran ich gerade dachte: Vllt lässt sich auch auf kleine Ärgernisse manchmal mit unbeirrtem Verhalten das positive vorleben. Das irritiert manche und kann manchmal etwas ändern. (grummeliger Unaufmerksamkeit mit freundlichem ANsprechen/Grüßen begegnen... vllt hatte derjenige einen schlechten Tag und wird durch dich dann auf seine Außenwirkung aufmerksam)
Auf der anderen Seite steckte in deinem Supermarkt Beispiel auch etwas mit Grenzen stecken. Man muss nicht hinnehmen, dass einem jemand in die Hacken fährt.


Ich kenne es von mir, dass ich einen unerfüllbaren Anspruch an mich habe. Ich erwarte von mir oft, perfekt zu sein und fühle mich für viel zu viel verantwortlich. Logisch, dass man dann denkt, man müsse alles, was einen stört, selbst ändern. Unmöglich. Und trotzdem fühlt man sich schuldig, wenn man nichts tut.
Aber dadurch, dass ich mich in einem Bereich einsetze, kann ich mich bei anderen Dingen mit einem ruhigeren Gewissen zurücklehnen. Ich muss nicht eben noch die Welt retten. Ich muss gar nichts. Aber ich kann im Rahmen meiner Möglichkeiten im Kleinen mein Bestes tun. Selbst wenn es nur ein Lächeln oder ein kleiner Gefallen ist.

Was Nachrichten oder Weltschmerz angeht, bin ich tatsächlich relativ unsensibel bzw. vllt auch abgestumpft. Es ist meist zu viel, zu wenig mich betreffend und meist kriege ich es auch nicht mehr mit. Da filter ich automatisch. Wenn es jedoch um lokale Geschehnisse in meiner Umgebung geht, fühle mich deutlich mehr betroffen, mache mir dazu meine Gedanken und überlege mir, ob ich etwas ändern kann und dazu die Energie/persönlichen Möglichkeiten habe.
Was ich mir teils auch grad denke, ist, dass ich in manchen Bereichen vllt auch so etwas wie Resignation verspüre. Ich glaube, das Wort passt jetzt nicht unbedingt auf alle Bereiche, aber mir fällt gerade nichts passenderes ein. Die Erfahrung, dass es manchmal einfach Sissiphus-Arbeit ist oder man die einzige Person innerhalb eines Kreises ist, die etwas ändern möchte, während alle anderen Beteiligten keine Lust haben, es nicht für nötig halten etc.. Da sollte man wohl auf seine Energiereserven achten und überlegen, warum man alleine ist mit seiner Position.

Tut mir leid, dass es so ein langer und vllt auch verwirrender Text ist. Ich hoffe dennoch, es ist verständlich.
liebe Grüße,
somebody
Botus
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Re: Akzeptanz

Beitrag von Botus »

Wenn Du nette Leute einfach vorlässt ("bitte schön, gehen sie vor") und lächelst, kommt Positives zu Dir zurück.

Wenn Du unangenehme, drängelnde ("los, schneller...) Leute einfach vorlässt ("bitte schön, gehen sie vor"), hast Du keinen Stress mit solchen Leuten.

In beiden Situationen hast Du einen Vorteil. Es geht ja darum, seine Batterie mit "Plus" zu laden, bzw. sinnlose Entladungen durch negativ gepolte Menschen zu vermeiden.

Damit man das überhaupt machen kann, ist es wichtig, sich selber in eine Situation zu versetzen, in der man jederzeit andere vor lassen kann und trotzdem früher das Ziel erreicht.

Das Leben geht ja über eine sehr lange Distanz. Das bietet einem die Möglichkeit, andere vor zu lassen, aber trotzdem am Ende des Rennens vor denen durch das Ziel zu fahren.

Das ist bei Langstreckenrennen übrigens immer so.

Mit einem langsamen (aber zuverlässigen) Auto landest Du am Ende richtig weit vorne, wenn Du sinnlose Kämpfe und dumme Fehler vermeidest. Die anderen haben Rennwagen, aber die sind extrem pannenanfällig (sie müssen ständig an die Box oder sie fallen aus), sie kämpfen sinnlose Kämpfe und sie machen auch dumme Fehler (sie bauen Unfälle oder legen sich auf`s Dach).

Wenn man das so sieht, muss man sich nicht ständig über alles mögliche ärgern. Diese Variante eröffnet auch die Möglichkeit, anderen zu helfen.

Liebe Grüße vom Dobi
Succubus
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Re: Akzeptanz

Beitrag von Succubus »

Hallo Eva2,
Mir geht einfach die generelle Blindheit der Menschen um mich rum auf die Nerven.
für mich hört sich das leider so an, alsob du dich über andere stellst. Wieso unterstellst du den Menschen in deiner Umgebung denn generelle Blindheit? Weil sie die Dinge nicht so sehen wie du? Kann es nicht auch sein dass sie andere Dinge sehen, die du nicht siehst?
Spätestens wenn ich mit Mitmenschen in Dialog gehe und man die Möglichkeit bekommt darüber nachzudenken erwarte ich eigentlich eine Änderung im Verhalten.
Oder weil sie ihr Verhalten nicht so anpassen wie es dir gefallen würde?

Jeder Mensch hat das Recht auf seine eigene Meinung und seinen eigenen Standpunkt und muss zumindest seine Gedanken niemandem unterordnen. Dialog und Diskussion haben nicht das Ziel jemanden von seinem Weltbild zu überzeugen, sie dienen nur dem Austausch von Informationen und Gedanken. Optimal wäre es wenn man sich im Anschluss darüber Gedanken macht, doch kann der eigene Standpunkt dennoch gleich bleiben.

Ich selbst habe einen sehr stark ausgeprägten Gerechtigkeitssinn welcher auch mal bei anderen negativ auffallen kann. Mir würde von meinem alten Therapeuten diesbezüglich mal die Frage gestellt mit welcher Situation es mir schlechter gehen würde...
1) Ich helfe jemandem weil er -in meinen Augen- ungerecht behandelt wurde und habe nun mit einer negativen Konsequenz zu leben
2) Ich helfe nicht weil ich keine negativen Konsequenzen ertragen möchte

Engangiere dich dort, wo es dir wichtig ist...fang aber mal im kleinen an.
Du möchtest Hunger bekämpfen? Wieso dann nicht bei Kindern und Obdachlosen hier in Deutschland? Haben diese es nicht genauso verdient?
Du möchtest gutes für Tiere tun? Hilf doch im örtlichen Tierheim, die freuen sich über jede helfende Hand!
Umweltschutz? Weniger verpackte Dinge kaufen, weniger wegwerfen,verzichten.
Menschlichkeit? Lies älteren Menschen im Heim doch was vor, spiel mit ihnen Schach oder Dame.

LG, Succu
Don't feed the troll :-)
SonnenStern85
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Re: Akzeptanz

Beitrag von SonnenStern85 »

Hallo in die Runde,

wir Menschen sind eine komische Spezies. Tiere bilden Staaten, Rudel, o.ä. und haben ihren festen Platz. Intuitiv leben sie nach dem Motto "Fressen oder gefressen werden".

Wir Menschen sind seit jeher mit Veränderungen beschäftigt. Größer, besser, schneller. Medialer Druck, Leistungsdruck und Sorgen. Wir lesen Zeitung, können das Elend in der Welt oder den Hunger oder Krieg in anderen Ländern nicht ändern.
Selbst Situationen im Supermarkt können wir nicht ändern, außer wir erlernen Akzeptanz.

Menschen machen Fehler, den ganzen Tag, jeder und immer.
Andere Menschen sind davon betroffen. Manchmal tut es ihnen Leid, manchmal machen sie einfach so weiter. Viele beleuchten sich selber nicht und bleiben stur.

Aber nur, wenn man selber in Bewegung bleibt, körperlich und geistig, kann man akzeptieren, dass man selber vielleicht mehr Gedanken investiert als andere.

Einer von euch sagte es bereits, ANDERE KANNST DU NICHT ÄNDERN...nur dich selbst!

Armut kannst du nicht ändern, aber du kannst auf Güter verzichten, die aus diesen Ländern kommen.

Krieg und Flüchtlingskriese kannst du nicht ändern, aber du kannst einem Flüchtling helfen, der alles verloren hat.

Supermarktdrängel kannst du nicht ändern, aber du kannst deinen Wagen an die Seite stellen und dich ohne Drängeldruck durch die Massen bewegen.

Du kannst nicht jede Autobahn beaufsichtigen, aber du kannst selber anständig und umsichtig fahren, um deinen Beitrag zu leisten.

Und so geht es mit allen Situationen, die dich ärgern, traurig machen oder belasten.

Nur man selber kann all diese Situationen ändern.
Eva2
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Re: Akzeptanz

Beitrag von Eva2 »

@somebody. Für mich bist du kein bisschen abgeschweift. Der Text war weder zu lang noch verwirrend, sondern genau richtig :) Danke dir. Ich kann sehr viel für mich rausnehmen.
Ich werde meinen Therapeuten beim nächsten Termin fragen, ob er mir hilft eine Art Prioritätenliste zu erstellen. Was ist möglich, was nicht. Obwohl es mir ja gar nicht so recht behagen will hungernde Kinder aus Afrika über hungernde Kinder aus Asien oder so zu stellen z. B. Aber vielleicht muss es gar nicht so detailliert sein und ich schaffe für mich etwas Klarheit und Struktur. Momentan habe ich das Gefühl alles erschlägt mich.
Paul Watzlawiks Vortrag werde ich mir auf jeden Fall anschauen. Die Kettenreaktion des Guten hört sich sehr gut an. Vielleicht müsste ich hier auch für mich schauen, was ist mir wichtig, was will ich vorleben. Denn sind wir mal ehrlich ich hab sicher auch schon mal jemanden nicht gegrüßt und er fand es unhöflich oder sowas in der Art.
Zum Thema Resignation. Ja in gewissen Dingen fühle ich die natürlich auch. Hier stelle ich mir gerade vor zu meiner Prioritätenliste eine Art „wer kümmert sich eigentlich da drum“-Liste hinzuzufügen. Z. B. um Nordkorea ist Südkorea zuständig, nicht wir. Irgendwie so in die Richtung. Also klammere ich einfach alles aus was ich über Nordkorea höre/lese. Keine Ahnung ich weiß jetzt ad hoc auch noch nicht wie genau, aber ich glaube ich brauche da irgendwas greifbares.

@Dobi. Das ist mal ein klasse Beispiel. Danke schön. Das Leben als Langstreckenrennen sehen. Perfekt. Wer ständig sinnlos kämpft und heult und macht, hat nicht die Energie wirklich etwas zu erreichen.

@Succu. „für mich hört sich das leider so an, alsob du dich über andere stellst.“ Das höre ich oft, obwohl dem gar nicht so ist. Vielleicht ist Blindheit das falsche Wort. Vielleicht sollte ich eher sowas sagen wie mangelnde Organisationsfähigkeit der Masse. Es ist ja so, dass eine einzelne Person für sich selbst etwas sehr schnell regeln kann. Ich will in den Film xy und gehe einfach. Je mehr Leute aber zusammen ins Kino gehen wollen umso schwieriger wird’s. Welcher Film, wohin, wer fährt mit wem, wer zahlt. Ich ärger mich nicht drüber, dass andere nicht einfach mit mir in den Film gehen (das wäre überheblich), sondern dass wir uns so schwer mit einer Lösung tun.

@SonnenStern. Ich sehe das etwas anders. Wir Menschen könnten schon, aber ein Mensch nicht.
Zwiebelchen
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Re: Akzeptanz

Beitrag von Zwiebelchen »

Hallo Eva,

da gibt es auch Studien oder Aussagen, dass wenn viele Menschen da sind sich keiner verantwortlich fühlt. Dein Kinobeispiel erinnerte mich daran.

Wenn an einem Unfallort sehr viele Leute sind ruft eher keiner oder später jemand den Krankenwagen. Weil alle denken der andere tut es. Wenn nur einer am Unfallort ist, fühlt dieser sich eher verantwortlich.

Da das aber wie du es ja beim Kino festgestellt hast, einfach so ist (es gibt da sicher auch schlaue Bücher zu die das belegen) bringt es ja in diesem Fall wenig sich drüber zu ärgern, weil es dafür logische Gründe gibt und Menschen sich meist so verhalten.

Es wäre wirklich wichtig zu entscheiden worüber sich aufregen und ggf. Ändern lohnt und was man akzeptieren sollte, da man es nicht ändern kann oder die Energie nicht lohnt.

So große Weltkonflikte würde ich mal direkt ausklammern. Da solltest du lernen dich nicht für verantwortlich zu fühlen. Sonst müsstest du ja eine riesige Macht haben oder Gott spielen und das wirst du ja auch so sehen, dass es nicht so ist.

Wenn du nicht akzeptierst, dass du die großen Probleme der Welt nicht wirklich lösen kannst, wirst du da immer sehr drunter leiden. Das meinte doch auch dein Therapeut?

Es wäre vielleicht schöner in einer Prioritätenliste alles zu sortieren und teilweise anzugehen, aber wenn du da psychisch mit manchen Dingen ein Problem hast (und das sich als große Unzufriedenheit mit der Welt im Außen zeigt), wird sich das wohl kaum durch irgendwelche Listen lösen lassen.

Es sind ja Gefühle in dir und die werden sich schätzungsweise immer einen Weg suchen, sprich wenn du ehrenamtlich im Tierheim hilfst würdest du trotzdem beim Gedanken an hungernde Kinder leider o. Ä., schätze ich.

Vielleicht kannst du mit deinem Therapeuten mehr auf die Gefühle schauen, wieso du dich für alles (Weltfrieden!) verantwortlich fühlen musst o. Ä. Das würde dir evtl. mehr helfen dich davon irgendwann zu lösen als wirklich zu versuchen den Weltfrieden herzustellen (mal übertrieben ausgedrückt).

Du willst ja eigentlich das Unmögliche. :?

Das erinnert mich jetzt spontan daran wie man oft von seinen Eltern etwas (Verständnis, Liebe usw.) "Perfektes" erwartet bzw. ein Bild von ihnen hat was evtl. positiver ist als sie leisten können. Dann ist man teils als Erwachsener immer noch in Erwartung dass sie doch endlich mal die alles richtig machenden Eltern sind die man gerne hätte o. Ä. Das ist ja meist auch sehr schmerzhaft, dieses Wunschbild aufgeben zu müssen.

Es hat ja auch mit Akzeptanz zu tun. Ich habe in der Klinik erlebt wie erwachsene Patienten teils Dinge von ihren Eltern erwarten, die aus der Geschichte heraus kein Außenstehender erwartet hätte. Weil es unmöglich ist. Evtl. ist es ja dieser tiefe kindliche Wunsch der einen manchmal auf Dinge hoffen lässt, die total unmöglich sind. :?: Wie Weltfrieden. So wie heile Welt, heile Familie, ein Alles Gut Gefühl, was man immer vermisst hat. Oder ist das total abwegig und passt nicht zum Thema :?:

Zum Thema Schuldgefühle habe ich mal gelesen, dass Kinder schnell Schuldgefühle bekommen wenn in ihrem Umfeld etwas nicht stimmt, weil ihnen das Handlungsfähigkeit vorspielt.

So nach dem Motto: ich muss mich nur anders verhalten, dann vertragen sich meine Eltern wieder.
Dann fühlt sich das Kind nicht total hilflos. Sondern denkt es könnte etwas beeinflussen. Ein Gefühl von Macht quasi.

Wenn man dieses Verhalten als Erwachsener noch hat fühlt man sich evtl. auch für Dinge verantwortlich oder hat Schuldgefühle, für die man gar nichts kann und nicht zuständig ist (z. B. Stau wegen Unfall auf der Autobahn). Ich weiß nicht ob das hier hin passt, ich fand es für mich interessant.
Viele Grüße,
Zwiebelchen
Zwiebelchen
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Re: Akzeptanz

Beitrag von Zwiebelchen »

Eva2 hat geschrieben:@SonnenStern. Ich sehe das etwas anders. Wir Menschen könnten schon, aber ein Mensch nicht.
Und das ist der Grund wieso sich so wenig ändert: Weil sich viele sagen "Wieso soll ich kleine Schritte machen, wenn nur ich es mache kommt ja nicht viel bei raus".

Was ich immer interessant finde sind Widersprüche in Menschen. Die weisen ja meist auf Konflikte hin.

Wenn du also einerseits überzeugt bist die Welt retten zu müssen aber gleichzeitig denkst die anderen müssten ja alles ändern, alleine kann ich ja gar nichts tun bzw. es lohnt nicht.

Also dich einerseits total hohe übermenschliche bzw. unmögliche Anforderungen an dich stellst und dich und das was du tun könntest im nächsten Satz Ameisenklein darstellst.

Ich finde das ist so wie wenn ich mich über Leistung definiere und (zu) hohe Anforderungen habe, aber gleichzeitig mich als minderwertig ansehe und denke ich kann gar nichts. Das kann einfach nicht funktionieren, so zufriedenes Leben zu haben.

Da sich die beiden Einstellungen total ausschließen. Und die Psyche glaube ich immer nach Gleichgewicht strebt? Und da das nicht geht, diese gegensätzlichen Einstellungen nicht miteinander vereinbar sind, zeigen sich dann Symptome?

Und was man so über sich selbst und die Welt innerlich denkt ist glaube ich entscheidender fürs Glück als wie die objektive Realität gerade ist. Denn wir leben alle in der gleichen Welt und einige sind depressiv, andere nicht.

Eine Lösung habe ich aber leider auch nicht wie man das schafft es anders zu sehen und zu denken. :? :hello:

Aber ich dachte bei sowas würden Therapeuten helfen.
Viele Grüße,
Zwiebelchen
Eva2
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Re: Akzeptanz

Beitrag von Eva2 »

Hallo ihr lieben, ich wollte nur bescheid geben, dass ich die letzten Beiträge gelesen habe, meine Antwort aber ein bisschen warten muss. Ich habe manchmal Konzentrationsschwierigkeiten, da fällt mir auch das Schreiben schwer. Die Beiträge sind auf jeden Fall sehr hilfreich für mich. Dafür ein großes Danke. Genauer gehe ich dann morgen oder die Tage drauf ein.
Mim
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Re: Akzeptanz

Beitrag von Mim »

Liebe Eva,

ich wollte mich entschuldigen, dass ich nach der - wie ich finde - sehr regen Diskussion, mich nicht mehr zu Wort gemeldet habe. Ich hatte ein sehr frustrierendes Wochenende das mich emotional komplett in Beschlag genommen hat. Heute geht es mir besser - ich muss mich für mich gerade mit dem Thema Erwartungen auseinandersetzen. Ich habe das Gefühl, dass "Erwartungen" hier auch sehr gut herpassen und das Leben erschweren können.

Ansonsten nehme ich sehr viel aus den Beiträgen mit und melde mich vielleicht später nochmal zu Wort.

Liebe Grüße,
Mim
Eva2
Beiträge: 47
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Re: Akzeptanz

Beitrag von Eva2 »

Hallo …

Mit ein paar Tagen Abstand möchte ich das Thema noch mal aufgreifen und versuchen meine Erkenntnisse in Worte zu fassen.

Zwiebelchen & Mim eure letzten Beiträge haben für mich da wirklich einen ausschlaggebenden Impuls gegeben. Dafür noch mal Danke

Es ist doch so, dass wir (mehr oder weniger unbewusst) alles bewerten was um uns herum passiert. Diese Bewertungen beruhen entweder auf Erfahrungen oder einer Erwartungshaltung. Man schließt quasi vom Bekannten oder wie ich in meinem Fall annehme dem Wunschzustand auf den Istzustand. Da aber weder alles so läuft wie man es gerne hätte oder alle so ticken wie man selbst, kann Enttäuschung ja nur vorprogrammiert sein.
Die Lösung des Problems ist schlicht sich daran zu erinnern nicht automatisch zu bewerten, sondern mit dem Gegebenen arbeiten.
Als Depressiver sehe ich hier eben die Schwierigkeit. Man ist einfach viel sensibler und empfindlicher, nimmt viel mehr wahr, bewertet oft auch negativ.
Zwiebelchen
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Re: Akzeptanz

Beitrag von Zwiebelchen »

Hallo Eva,

genau, aber Akzeptanz üben heißt genau dieses Bewerten oder Beurteilen ein Stück weit sein zu lassen, sondern einfach zu sehen "was ist". Das kann befreiend wirken, wie ein Loslassen statt alles Kontrollieren wollen, was gar nicht möglich ist.

Wirklich ganzheitlich bzw. über längere Dauer schaffen das zwar nur Erleuchtete ;), aber ein wenig kann man es ja auch als normal Sterblicher lernen. Vielleicht hilft dir das Thema "Achtsamkeit", "Meditation" oder Entspannungsübungen ja weiter, da geht es ja auch um Akzeptanz bzw. Loslassen....
Viele Grüße,
Zwiebelchen
DieNeue
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Re: Akzeptanz

Beitrag von DieNeue »

Hallo ihr,

also, ich weiß nicht ganz, ob mein Beitrag dazu passt, aber ich schreib trotzdem mal.
Mir begegnet Akzeptanz sehr oft in der Form, dass ich akzeptieren muss, dass ich Depressionen habe und dass meine Situation so ist, wie sie gerade ist.
Eine Freundin hat mal gemeint, sie hätte den Eindruck, ich hätte die Krankheit mittlerweile akzeptiert.
Ja, ich gehe mittlerweile relativ offen damit um, pass mich mehr meinen Grenzen an (bleibt einem ja auch fast nichts anderes übrig...) und versuche mein Verhalten/Denken zu ändern.
Aber trotzdem: Ich kann trotzdem nicht wirklich akzeptieren, dass ich diese Sch...krankheit habe und nicht mehr so leben kann wie vorher.

Das Problem bei dem Wort "Akzeptanz", finde ich, ist, dass es sich so anhört, als würde man etwas einmal akzeptiert haben und dann wäre alles paletti. Problem akzeptiert und fertig.
Bei mir ist das aber nicht so.
Wenn ich meine Krankheit und meine Situation akzeptieren will, heißt das für mich konkret:
Ja, ich muss es aushalten, dass ich nach dem Einkaufen völlig platt bin.
Ja, ich muss es aushalten, dass ich immer wieder grundlos traurig bin, aber nicht heulen kann und mich deswegen beschissen fühle.
Ja, ich muss es aushalten, dass sich Freunde von mir abwenden.
Ja, ich muss aushalten, dass ich wegen meiner Erschöpfung nicht mehr klettern gehen kann, aber jetzt alle, die früher nicht mit zum Klettern gehen wollten, plötzlich auf Klettern stehen und ohne mich gehen.
Ja, ich muss aushalten, dass ich nicht so selbstständig leben kann, wie ich das gerne hätte.
Ja, ich muss aushalten, dass ich, wenn ich mit dem Zug zu meiner Therapeutin oder zum Arzt fahre, dann drei Tage zu nichts zu gebrauchen bin, weil ich so fertig bin. Und diese drei Tage muss ich real durchstehen.
Ja, ich muss aushalten, dass ich nicht arbeiten kann.
Ja, ich muss es aushalten, wenn andere Leute davon erzählen, was sie alles machen und ich davon nicht mal nur zu träumen wagen würde.

Ja, ich muss damit umgehen lernen, dass ich immer sofort zu weinen anfange, wenn mich jemand kritisiert, obwohl ich weiß, dass die Kritik gar nicht böse gemeint ist. Und das heißt, dass ich auch immer wieder durch diese unangenehme Situation durch muss. Wenn ich akzeptiere, dass es so ist, dann akzeptiere ich nicht nur das eine Mal, sondern ich akzeptiere auch, dass ich in Zukunft noch öfter so reagieren werde, bis ich gelernt habe, damit umzugehen. Aber bis dahin muss ich vielleicht noch viele, viele Male durch diese unangenehme Situation durch, muss mir wieder blöde Kommentare anhören etc. und das muss ich aushalten.
Ich will das aber nicht aushalten müssen! Ich will, dass es anders ist!

Etwas akzeptieren heißt viel mehr, als zu sagen: Okay, das ist jetzt so, und ab sofort hab ich kein Problem damit, weil ich es akzeptiert habe. Akzeptieren ist irgendwie ein ständiges Arbeiten, ein Reagieren auf immer neue Situationen oder auch auf altbekannte Situationen, die sich jedesmal gleich schlimm anfühlen und durch die man durchmuss. Ich kann nicht die komplette Situation akzeptieren, sondern ich muss jede einzelne Situation aufs Neue akzeptieren lernen.
Akzeptieren heißt ja nicht, dass etwas weg ist.

Vielleicht lieg ich falsch, keine Ahnung. Vielleicht habt ihr Tipps, wie man nicht nur immer jede einzelne Situation zu akzeptieren lernt, sondern einfach mal das große Ganze...
Ich finde es jeden Falls echt nicht einfach, etwas zu akzeptieren, wenn es nicht so ist, wie ich es gerne hätte.

Liebe Grüße,
DieNeue
Zwiebelchen
Beiträge: 601
Registriert: 16. Jan 2016, 09:09

Re: Akzeptanz

Beitrag von Zwiebelchen »

Hallo DieNeue,

das ist ein schwieriges Thema. Akzeptanz heißt ja auch nicht Resignation oder Aushalten und es schrecklich finden.
DieNeue hat geschrieben:Aber trotzdem: Ich kann trotzdem nicht wirklich akzeptieren, dass ich diese Sch...krankheit habe und nicht mehr so leben kann wie vorher.
Ich denke mal das ist auch normal, sonst würde man ja gar nichts ändern wollen, wenn man das so super fände durch Depression sehr eingeschränkt zu sein. Also ist es irgendwo auch gesund, es so zu sehen, denn sonst wärst du total resigniert und hättest dich damit abgefunden...

Akzeptanz bedeutet ja ein Annehmen. Also klar sieht man durch die Depression meist vieles negativ.
Aber wenn du sagen könntest: ok, ich bin jetzt platt vom Einkaufen, aber ich lasse mich jetzt auf die Entspannung ein und genieße die Ruhe und evtl. kann ich dann nachher oder morgen noch die Konzentration finden, ein schönes Buch zu lesen - so akzeptierst du die Situation ja auch, aber kannst etwas Positives daraus ziehen.

Akzeptanz sollte eigentlich etwas mit loslassen und daraus Freiheit erlangen zu tun haben, in meiner Vorstellung.
Natürlich ist das total schwer und man kann es oft nur in kleinen Momenten wahrnehmen.

Aber es geht nicht daran alles nur auszuhalten und sich das "schön zu reden" oder so.

Depressive haben ja oft zu wenig Gespür für die eigenen Bedürfnisse und "akzeptieren" zu viel im Sinne von wehren sich zu wenig, richten Wut o. Ä. evtl. eher gegen sich als gegen Andere.

Man kann ja nicht diese negativen Situationen und Gefühle versuchen zu verdrängen in dem man alles so hinnimmt, also "akzeptiert", dadurch verschlimmert sich die Depression meiner Meinung nach eher.

Vielleicht kannst du dich im Rahmen der Therapie, falls du eine machst, damit auseinander setzen?
Die Gefühle wie du schreibst, etwas zu akzeptieren was du so nicht haben willst.

Tut mir leid, richtig Hilfreiches kann ich dazu auch nicht schreiben. Es ist einfach zu schwer für mich, die Begriffe richtig auseinander zu halten.

Vielleicht setzt du dich auch zu sehr unter Druck "allem" mit Akzeptanz begegnen zu wollen. Da der Mensch normalerweise ständig bewertet und beurteilt, ist es schon viel wert wenn man kurze Momente der Achtsamkeit bzw. Akzeptanz erleben kann. Allem insgesamt mit Akzeptanz begegnen, gerade als Depressiver, ist einfach ein unerreichbares Ziel (was höchstens ein paar erleuchtete Gurus durch Meditation erreichen). :shock:
Viele Grüße,
Zwiebelchen
Nina345
Beiträge: 280
Registriert: 25. Jan 2016, 16:02

Re: Akzeptanz

Beitrag von Nina345 »

Hej,

wenn ich nicht weiß wo anfangen, lese ich das folgende. Oft hilft es mir wieder klarer zu sehen und wieder "Puste zu bekommen".

Der alte Straßenkehrer Beppo verrät seiner Freundin Momo sein Geheimnis. Das ist so:

„Manchmal hat man eine sehr lange Straße vor sich. Man denkt, die ist so schrecklich lang; das kann man niemals schaffen, denkt man. Und dann fängt man an, sich zu eilen. Und man eilt sich immer mehr. Jedes Mal, wenn man aufblickt, sieht man, dass es gar nicht weniger wird, was noch vor einem liegt.

Und man strengt sich noch mehr an, man kriegt es mit der Angst zu tun und zum Schluss ist man ganz außer Puste und kann nicht mehr. Und die Straße liegt immer noch vor einem. So darf man es nicht machen. Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst du?

Man muss immer nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich. Dann macht es Freude; das ist wichtig, dann macht man seine Sache gut. Und so soll es sein.

Auf einmal merkt man, dass man Schritt für Schritt die ganze Straße gemacht hat. Man hat gar nicht gemerkt wie, und man ist nicht außer Puste. Das ist wichtig.“

(Michael Ende)
Be a PINEAPLLE: Stand tall, wear a crown and be sweet on the inside!
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