Depression verschwindet, sobald ich aufhöre Medis zu nehmen

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domi999
Beiträge: 1
Registriert: 21. Sep 2016, 15:03

Depression verschwindet, sobald ich aufhöre Medis zu nehmen

Beitrag von domi999 »

Hallo!
Also, erstmal zu mir, bin 26Jahre alt, ca. seit 4,5Jahren in ner dicken Depression und versuche zur Zeit alles mögliche, dass es mir besser geht.

Ich hab mich bis heute immer mit "so viel wie möglich draußen sein" versucht über Wasser zu halten, bin mal 100km Fahrrad gefahren, bin 2x den Jakobsweg hoch-und runter gestrackst und hab mich auch so versucht, draußen aufzuhalten.

DAS, muss ich sagen, war bisher das Einzige, was mir n bisschen geholfen hat, gegen schlechte Gedanken, aber auch gegen ne Art Gefühlsverarmung, die bei mir einsetzt, wenn ich mir zu wenig "gutes Tue".

Natürlich wollte/will ich mehr vom Leben,als nur die ganze Zeit, wie n Sonnenanbeter durch die Gegend zu latschen.

Dann kamen die Tabletten, erst Citalopram, dann Venlafaxin. Bei Citalo max. 15mg/Tag hab ich eig. gar nix mehr so richtig gerafft, Nichts war wirklich schlimm, aber leider gingen die wenigen Momente des Klarsehens, bzw. der Einsicht auch flöten ;(

Es wurde im Prinzip unten und oben was weggeschnitten, was blieb war ne konstante Gleichgültigkeit. Ich brauchte nix mehr, keinen Menschenkontakt, kein Tagebuchschreiben (was ich bis dahin immer ziemlich exzessiv betrieben hab), kein rausgehen etc.
Hab eig. nur ca. 10-12h geschlafen, gearbeitet und bin nach hause vor die Glotze oder den Computer.. Dazu kam noch übern Winter, dass ich dauerhaft krank wurde, ca. 7-8 Mal nacheinander und das war dann auch der Punkt Lebewohl zu diesen Pillen zu sagen.


Paar Monate später, nachdem mir n Kumpel erzählt hatte, dass er mit Venlafaxin ganz gut fährt, er seit dem, den Fokus mehr nach außen legen kann etc.,wollte ich die Dinger auch ausprobieren. Man muss ja alles versuchen, bevor einen die Depression soweit
hat, dass nix mehr geht. Jedenfalls fühlte es sich bei Venla anders an, es kam alles unterschwelliger, muss dazu sagen, dass ich auch nur 75mg/Tag (retard) genommen hab.

Ich merkte erst kaum n Unterschied, außer das ich nich mehr so die ganz deepen Phasen
hatte. Nach ner Zeit kamen dann n paar Nebenwirkungen dazu: Schwitzen (was nich groß stört) und aber auch Potenzprobleme-.- (was ich aber auch noch hingenommen hätte, solange es nur irgendeine positive Wirkung erzielt).
Irgendwann merkte ich aber auch wieder, dass sich die beiden Pole (gut und schlecht) so langsam wieder anglichen und das ist mit das langweiligste und
ödeste Leben ever, wenn einen nix tangiert. Also brach ich die Dinger auch wieder ab, nach nem halben Jahr.

Hier vllt die erste Frage:
Denkt ihr, ich hätte vllt noch erhöhen sollen? Oder hätte sich somit nur alles nochmehr angeglichen?

Ich setzte also ab (ziemlich abrupt) und merkte, dass ich wieder anfing mehr zu fühlen, mehr als seit 4,5 Jahren.
Da war mehr Atmosphäre, ich konnte die Stadt wieder riechen, ich hörte auf dieses Loch innerlich zu fühlen, sondern hatte wieder Bezug zum Leben, wenn es mir schlecht ging, dann redete ich mit Freunden/Family.
Sogar der Bezug zu mir besserte sich beträchtlich. Ich erinner mich an nen Herbstmorgen, an dem ich im Park war, da war nur Natur und ich und das war alles, was ich brauchte. Es kamen Gefühle hoch, ich hab mal wieder seit geschlagenen 6 Monaten geheult (das lag nicht unbedingt nur an den Tabletten, ich hab vorher auch mehr kaum was
gefühlt).

Und jedenfalls hier liegt meine 2. Frage, bzw. meine große Hoffnung! Ich will da wieder hin, ich mein, dass war jetz auch nich das ÜBERleben, so wie vor 4,5 Jahren, aber es hat mir vollkommen gereicht.

Das Ganze hab ich auch nich nur beim Absetzen von Venlafaxin gemerkt. Es war genauso bei Citalopram vorher und auch, als ich vom Jakobsweg kam! Jetz mag einer denken: "Okay der Junge, hat seinem Körper und seinem Geist ne Weile Ruhe gegeben
und irgendwann konnte er wieder fühlen, weil er weniger gestresst war und nich nur am kämpfen."

Aber NEEE, das IRGENDWANN, war immer genau zu o.g. Zeiten, eigentlich zu Zeiten, wo der Normaldepressivo mit Absetzsymptomen und noch mehr Trübnis als sonst zu tun hat.

Zuletzt hab ich SAM-E (wers kennt) ausprobiert und beim absetzen ZACK! das gleiche, ich merkte wie innerlich irgenwas anders
wurde, die Zeitschleife, die sich jeden verdammten Tag wiederholt, wurde anders. Lebendiger, abwechslungsreicher, gefühlsvoller!

Was soll ich nur machen? Die Wirkung variierte auch, wie lange ich irgendwas nahm, bspweise bei Citalo (hab ich ein Jahr genommen),
war der Absetz"lichtblick" am größten und längsten, vllt 1 Woche (nich sehr lang -.-).
Bei SAM-E, ca. 3 Monate schon deutlich kürzer, vllt 3 Tage...

Es wär so schön von jemandem, wenn er mir helfen könnte. Hab die Frage schon meiner Psychotherapeutin erzählt und sie hats
gar nich gecheckt, hat gesagt: "Ja als Sie abgebrochen haben, da haben sie wahrscheinlich erst gemerkt, dass ihnen das Medikament doch hilft." *unschlüssiger Blick*, Häh?

Hab auch gegoogelt, auf deutsch oder englisch, ob es irgendjemanden gibt, dem es genauso geht und der ne Lösung gefunden hat, bisher leider ohne Erfolg. Meistens nur: "Fuck mir gehts so schlecht, Absetzsymptome, Lichtblitze im Kopf dies, das"....

Also nochmal in der Zusammenfassung: Es geht also darum, dass bei mir sich die Depression erst lichtet, wenn der vorhandene Serotoninspiegel abgebaut wird!
Wie kann man diesen Zustand dauerhaft herstellen, bzw. schneller als über 1 Jahr aufladen und danach für 1 Woche profitieren???
Vllt durch Spritzen von großen Mengen? Bitte helft mir, hab nicht mehr viel Lichtblicke :(

Danke, LG Dominic
qwertzuiopII
Beiträge: 638
Registriert: 18. Jan 2016, 13:42

Re: Depression verschwindet, sobald ich aufhöre Medis zu neh

Beitrag von qwertzuiopII »

...
Zuletzt geändert von qwertzuiopII am 8. Jan 2017, 13:46, insgesamt 1-mal geändert.
Wenn das Lichtspiel des Lebens keine Schatten mehr wirft
sk17
Beiträge: 47
Registriert: 31. Mär 2015, 16:18

Re: Depression verschwindet, sobald ich aufhöre Medis zu neh

Beitrag von sk17 »

Das ist ein interessantes Phänomen, das ich auch habe. Wenn ich mein SSRI früher mal reduziert oder abgesetzt habe oder jetzt von einem SSRI auf ein anderes umgestellt habe, ging es mir erst einmal für kurze Zeit besser (danach wurde es schlechter).
Das hat irgendetwas mit der Hirnbiochemie zu tun (zuerst dachte ich, es hätte ggf damit zu tun, dass die Nebenwirkungen weg waren, aber die Wirkung noch da, aber das kann eigentlich nicht sein). Ev. könnte es sein, dass die Neuroplastizität durch das AD gesteigert wird (soll heißen, die Zellen, die in unserem Hippocampus durch die Depression zugrundegegangen sind, wurden wieder aufgebaut). Gleichzeitig senkt ev. das AD die Ausschüttung von gewissen "Happy-Hormonen" (z. B. ist es so, dass SSRI Dopamin etwas senken - daher fühlt man sich auch gefühlsmäßig betäubt). Wenn Du jetzt das AD jetzt absetzt, können die Happy-Hormone wieder ausgeschüttet werden und Du fühlst Dich besser. Gleichzeitig sterben wieder Zellen / synaptische Verbindungen in Deinem Hippocampus ab, so dass nach 1 Woche die Depression wieder da ist (weil die Neuroplastizität nicht mehr aufrecht erhalten wird).

Das habe ich mir jetzt selbst zusammengeraten. Allerdings ist es leider so, dass Psychiater extrem wenig Ahnung haben von dem, was sie den ganzen Tag so tun, es wird Dir also keiner erklären können. Forschung wird in der Psychiatrie leider nicht groß geschrieben, das ist einer der Gründe, warum wir alle ewig in dieser Scheiße hängen müssen...
Psychologen zu fragen, bringt übrigens noch weniger, weil die alles mit Psychologie erklären, was ziemlicher Quatsch ist. M. E. ist eine schwere Depression eine Hirnerkrankung wie Multiple Sklerose, Parkinson, Schizophrenie. Bei den Erkrankungen käme ja auch kein Psychologe auf die Idee davon zu reden, man würde "Aggressionen gegen sich selbst richten" oder müsse halt "mehr an sich arbeiten"...
somebody
Beiträge: 221
Registriert: 3. Jul 2014, 10:55

Re: Depression verschwindet, sobald ich aufhöre Medis zu neh

Beitrag von somebody »

Hallo sk17,
auch wenn`s offtopic ist, ich habe dieselbe Erfahrung mit Therapeuten und Ärzten gemacht. Therapeut zeigt Einfühlungsvermögen, hält aber nix von Medizin und erklärt alles psychologisch...
Psychiater haben oft weniger Ahnung von den Unterschieden der einzelnen Antidepressiva als wünschenswert und hören nicht zu. Letztenendes steht man dann blöd da und weiß nicht weiter...
liebe Grüße,
somebody
sk17
Beiträge: 47
Registriert: 31. Mär 2015, 16:18

Re: Depression verschwindet, sobald ich aufhöre Medis zu neh

Beitrag von sk17 »

Ich habe dazu eine klare Meinung, weil ich in meinem Leben zusammengerechnet schon ca. 5 Jahre mit und in meinem erkrankten Gehirn mit der Thematik beschäftigt habe:

Eine schwere Depression ist m. E. eindeutig eine biologische und keine psychologische Erkrankung. Sie ist ebenso eine Hirnerkrankung wie es eine multiple Sklerose, Parkinson oder Schizophrenie sind. Warum also denken so viele Menschen, es sei eine psychologische Erkrankung? Weil wir zwar emotional, aber nicht rational verwirrt sind und andere (gesunde) Menschen, inkl. Psychiater und Psychotherapeuten, meinen, sie könnten nachvollziehen, wie wir uns fühlen.

Es gibt aber m. E. klare Indizien für die Biologiethese:
- Wenn eine schwere Depression erst einmal begonnen hat, hört sie nicht einfach sofort auf, wenn die vermeintlich auslösendenden psychologischen Probleme beendet werden (Stress löst die Erkrankung aus). Also, wenn man depressiv durhc z. B. Geldschulden wurde und jetzt 1 Mio im Lotto gewinnt, bleibt man trotzdem erst einmal depressiv.
- Vielen Depressiven geht es morgens viel schlechter als Abends. Bei mir ist das wie Tag und Nacht, als würde ich in 2 Welten leben, der depressiven Welt und der normalen Welt. Das ist bei mir völlig unabhängig von Wochentag, Wochenenden, Urlaub, etc

Ich hoffe, dass es irgendwann mal bessere Medikamente geben wird (Ketamin), damit ich endlich wieder ein normales Leben leben darf. Im Moment ist es echt hart...
Latinwoder
Beiträge: 32
Registriert: 26. Sep 2015, 20:25

Re: Depression verschwindet, sobald ich aufhöre Medis zu neh

Beitrag von Latinwoder »

Manchmal erscheinen die schwierigsten Fragen, doch am einfachsten zu beantworten.

Obwohl sehr viel juristischer Mist in den Beipackzetteln von ADs drinne steht, so steht doch bei allen im Prinzip das gleiche drin: Die Einnahme soll nur für einen begrenzten Zeitraum erfolgen. Und zwar solange wie die Depression anhält bzw. akut ist und danach - wenn die Depression abgeklungen ist, soll man die ADs noch höchstens 6 Monate weiter einnehmen, um in dieser Zeit ausreichende psychische Resilienz aufzubauen und nach langsamer Ausdosierung im Idealfall die Depression weg ist, samt Nebenwirkungen der Medikamente.

Aus vielfältigen Gründen passiert so etwas leider sehr selten hierzulande, weil nur in Deutschland Psychiatrie immer mit Ideologie und Politik verbunden wird. Deshalb erfahren leider die wenigstens Patienten eine von Anfang an angemessene Therapie.
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