Neu hier

Botus
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Re: Neu hier

Beitrag von Botus »

Hallo,

innerhalb kürzester Zeit ein völlig anderer Mensch werden... das geht doch gar nicht.

So eine Veränderung erfolgt langsam. Sie bleibt oftmals vom Partner unbemerkt, denn das ganze Negative landet in einer Blase. Die wird im Laufe der Zeit immer größer, bis sie eines Tages platzt.

Dieses Platzen der Blase erfolgt in kürzester Zeit. Aber der Zeitraum, bis die Blase sich gefüllt hat, ist sehr lang.

Das haben alle Trennungen, die plötzlich erfolgen, gemeinsam. Der Gehende sagt, das Problem sei schon lange vorhanden. Der Verlassene sagt, dass das nicht stimmt und dass vorher alles gut gewesen sei. So ist das doch eigentlich immer, wenn sich ein Paar plötzlich überraschend von heute auf morgen trennt.

Mich belastet es, wenn sich bei einem anderen viel aufstaut und sich das Ganze dann schlagartig entläd. Ich würde mir wünschen, die Menschen würden in Echtzeit sagen, was los ist. Dann wüsste man immer, woran man ist.

Liebe Grüße vom Dobi
Uwe R
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Re: Neu hier

Beitrag von Uwe R »

Hallo Dobi,

die Veränderungen unserer Partner, die wir hier alle oftmals nach einem Klinikaufenthalt wahrnehmen, sind in meinen Augen schon sehr auffällig. Wenn man sich die Beiträge durchliest, stößt man immer wieder auf Sätze wie "ich erkenne meinen Partner nicht mehr wieder ",mein Partner hat sich völlig verändert ", "das ist doch nicht mehr der Partner den ich kenne oder liebe" oder "ich komme an meinen Partner nicht mehr ran".
Für mich ist das schon krass, dass hier irgendwie alle die gleiche Feststellung machen. Und aus Sicht der gesunde Partner hier, klingt das immer nach plötzlich und völlig unerwartet.Der Zusammenhang scheint mir hier doch sehr offensichtlich zu sein.

Dein Beispiel mit der Blase, in der alles rein kommt und die dann irgendwann voll ist und platzt, passt hier sehr gut.
Aber warum kommt es denn zu einer solchen Blase? Ich hatte es bereits in einem anderen Thread geschrieben.
Wenn ich in einer Partnerschaft bin, dann erwarte ich von meinem Partner, dass er mir sagt, wenn aus seiner Sicht etwas nicht stimmt oder passt.Nur so kann es der Andere wissen, dem entgegen wirken, Dinge ändern oder besser machen.
Tut man dies aber nicht, frisst alles in sich rein, dann kommt es genau zu deiner beschriebenen plötzlich platzenden Blase.
Das Ganze hat für mich etwas mit Ehrlichkeit, Respekt und Reden zu tun.
Tut genau einer das in der Partnerschaft eben nicht, dann ist er für mich seinem Partner gegenüber unehrlich und respektlos, oder er hat kein Vertrauen.
Und genau das sind nun mal Dinge, die in einer Partnerschaft für mich Grundvoraussetzungen sind. Gibt es genau diese Grundvoraussetzungen nicht, kann man es mit einer Partnerschaft gleich bleiben lassen.

Ganz lieben Gruß
Uwe
Von der Beziehung wie sie mal war muß man Abschied nehmen, sie kommt nie wieder so zurück.
Botus
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Re: Neu hier

Beitrag von Botus »

Hallo Uwe,

meine Partnerin hatte ihre Therapien und Beratungen ja vor unserer Zeit. Ich habe ihre Veränderung damals somit als Freund und als neutraler Beobachter wahrgenommen, nicht als Beteiligter. Nach meinem Eindruck ging es in den Therapien damals vorrangig darum, sie aufzubauen. Das ist auch erfolgreich verlaufen.

Ihr Problem bestand ja darin, dass sie damals quasi zwei "Master" hatte, die sie kontrollierten. Das ist zum einen ihre Mami und zum anderen ein gebundener Arbeitskollege, der sie ebenfalls als sein Eigentum betrachtet. Was sie also dringend brauchte, waren Strategien, die es ihr ermöglichen, die kranken Sachen, denen sie ausgesetzt war, künftig zu ertragen, ohne dabei größeren Schaden zu nehmen. Das wurde ihr erfolgreich beigebracht. Dadurch war sie in der Lage, nichts ändern zu müssen, diese Kontakte nicht reduzieren zu müssen, d.h. weiterhin unter diesen Einflüssen zu leben, aber ohne dabei größeren Schaden zu nehmen. Dieses Ziel ist erreicht worden. Somit waren die Therapien erfolgreich.

Für mich als Partner sah die Sache natürlich anders aus. Ich habe ihr bereits Jahre vor der Partnerschaft gesagt, dass ich im Falle eines Zusammenseins entweder Krebs kriegen würde oder an einem Baum lande. Ich habe ihr damals erklärt, dass ich als ihr Partner die Zielscheibe der Leute werden würde, deren Eigentum sie ist. Das, was diese Leute getan haben, beweist, dass meine Voraussage richtig war. Indem ich Abstand zu meiner Partnerin hielt, konnte ich diesen Effekt zumindest in Grenzen halten. Durch die Trennung und den Nullkontakt werde ich diese Leute los. Meine Hoffnung besteht darin, dass die das künftig wieder miteinander / untereinander machen und ich nicht länger davon betroffen bin.

Liebe Grüße vom Dobi
Uwe R
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Re: Neu hier

Beitrag von Uwe R »

Hallo Dobi,

deine Partnerin hat die Therapie vor eurer Beziehung gemacht. Damit warst du ja aussen vor, eben nur ein Freund. Und in dieser Konstellation scheint ja der Umgang auch zu funktionieren, so wie man das hier immer wieder liest. Nur eben mit dem (jahrelangen) Partner geht dann oftmals plötzlich nicht mehr.

Das Aufbauen in den Therapien ist ja gut, dass soll ja sein. Aber man liest immer wieder, dass es gerade nach den Therapien, dann zu einem extremen Verhalten gegenüber dem Partner kommt. Und da habe ich für mich noch keine schlüssige Antwort gefunden, warum das so ist. Weil mit anderen Personen (Freunden) scheint das ja nicht so zu sein.
Und genau da steht für mich die Kuh auf dem Eis.

Die Mutter meiner Ex-Freundin hat zu mir nach der Klinik gesagt, man hätte meiner Ex-Freundin in der Klinik auch dazu geraten, sich etwas von ihrer Mutter zurück zuziehen. Warum dieser Rat, kann ich leider nicht beantworten.
Genau das hat sie aber bisher nicht getan. Stattdessen wurde ich geopfert.
Sie führt 8 Monate nach der Klinik immer noch ein Pendelleben zwischen ihrer Mutter und ihrem Neuen aus der Klinik, paar Tage hier, paar Tage dort.
Ist das jetzt der Erfolg der Therapie, sind das jetzt die großen Veränderungen in ihrem Leben oder einfach nur die Unfähigkeit sich für irgendetwas festzulegen???

Wünsche dir einen schönen Abend.

Ganz lieben Gruß
Uwe
Von der Beziehung wie sie mal war muß man Abschied nehmen, sie kommt nie wieder so zurück.
Schwarzwaldmädel
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Re: Neu hier

Beitrag von Schwarzwaldmädel »

Guten Morgen Uwe,

ich kann mir schon gut vorstellen, warum meistens die Beziehungen geopfert werden.
In der Klinik wird den Leuten bewusst, dass sie ein Problem haben, an dem müssen sie arbeiten.
Nun wartet aber zuhause das nächste "Problem". Ein Partner hat Bedürfnisse, er will zeit verbringen, will Nähe, will Zuwendung... selbst wenn man noch so viel Rücksicht auf den depressiven nimmt, weiß der, dass man eigentlich etwas anderes will.
Und das erzeugt zusätzlichen Druck. Es beansprucht Zeit, die man für anderes benötigt. Auch fällt es schwieriger dem Partner jedes Mal abzusagen als Freunden. Bei Freunden kann man auch 10 Mal sagen, ich hab kein Bock, der Partner findet das irgendwann nicht mehr so dolle.

Dieses Druck wird der Depressive nur los, wenn er sich trennt, dann hat er Zeit für sich, muss niemandem mehr Rechenschaft ablegen, wird nicht kontrolliert...

Die Beziehung zu einem neuen Partner... ja, alleine wollen sie ja trotzdem auch nicht sein, aber der Schritt zurück zum alten Partner ist wohl zu schwer. Bei Mitpatienten ist das vielleicht dann noch die glückliche Ergänzung... der ist ja mit sich selbst so beschäftigt, da kann ich trotzdem nebenher vegetieren.

Und ja, das Problem sich festzulegen haben sie wohl zusätzlich auch noch.

Wünsche allen einen schönen Mittwoch.
Botus
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Re: Neu hier

Beitrag von Botus »

Ich kann nur sagen, das meine Partnerin früher wirkliches Schreckliches aus ihrer Kindheit berichtete. Auch die Sache mit dem Arbeitskollegen war von Begebenheiten gekennzeichnet, nach denen wohl jede andere Frau die Polizei rufen würde.

Aus diesem Grund wunderte es mich, dass sich meine Partnerin später, als ihr Versuch und die Therapien Vergangenheit waren, sichtlich zu diesen Personen hingezogen fühlte und sehr bemüht darum war, diese Personen mit allen nur erdenklichen Tricks gut zu reden.

Parallel dazu trat damals der Effekt ein, dass sie mich so betrachtete, als wäre ich der leibhaftige Teufel. In einem Fax bezeichnete sie mich damals sogar wortwörtlich als Antichrist. Ich finde das erstaunlich, denn zum damaligen Zeitpunkt hatten wir noch gar nicht so viel miteinander zu tun.

Ich hatte damals den Eindruck, als würde sie mir für alles Schlimme, das sie erlebt hat, die Schuld geben wollen, um durch diesen Trick die Mami und den Arbeitskollegen wieder als "gute" Menschen sehen zu können. Dieser Eindruck wurde später bestätigt, als ich erfuhr, dass sie den Arbeitskollegen inzwischen lieben würde, ihm hinterher lief, unbedingt ein Kind von ihm wollte und ihre Mami mittlerweile ihre beste Freundin, engste Vertraute und Ratgebern geworden ist.

Ich frage mich, was für eine Therapie sie gemacht hat. Ich habe das damals überhaupt nicht verstanden. Vorher war alles relativ klar. Nun war alles total irre.

Meine Vermutung ist, dass man ihr damals in der Therapie beibrachte, dass sie alles tun und lassen kann, was ihr jeweils gerade in den Kopf kommt und sie nicht mehr auf irgendwelche Folgen oder auf andere Menschen achten muss, weil sie automatisch immer gut ist und automatisch immer richtig. Aus diesem Grund macht es auch keinen Sinn, vernünftig mit ihr über irgendwas zu reden. Ihr alleiniges Bestreben ist, dass Unterhaltungen mit dem Ergebnis enden, dass sie auf jeden Fall "gut" ist. Der Inhalt, über den in den Unterhaltungen gesprochen wird, scheint sie überhaupt nicht zu interessieren. Ihr geht es allein um die Feststellung, dass sie gut sei. Und prinzipiell an nichts schuld und für nichts verantwortlich. Selbst banale Unterhaltungen liefen immer auf sowas hinaus. Jede Geste, jeder Gesichtszug, einfach alles scheint auf dieses Ziel ausgerichtet. Wäre ich nicht inmitten dieses Kleinkriegs zwischen ihr und anderen geschädigt worden, würde ich wahrscheinlich darüber schmunzeln.

Liebe Grüße vom Dobi
Uwe R
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Re: Neu hier

Beitrag von Uwe R »

Hallo Schwarzwaldmädel, Hallo Dobi,

@ Schwarzwaldmädel

danke für deinen Beitrag. Deine Erklärung klingt für mich sehr logisch, ich denke damit liegst du vollkommen richtig. Genau so ist es.

Vielleicht sind wir gesunden Partner nach einem Klinikaufenthalt für sie wirklich Druck oder sie empfinden es so. Oder sie denken, sie können uns nicht mehr gerecht werden und unsere Bedürfnisse erfüllen. Das könnte wirklich der wahre Trennungsgrund sein.

Zum Thema Beziehung zu einem neuen Partner/Mitpatienten:

Der Mitpatient und neue Partner hat das gleiche Problem, dadurch scheinen sie sich ja sehr gut zu verstehen. Ich war immer der Meinung, der hat ja auch Bedürfnisse, will Nähe, Zuwendung, Zärtlichkeit, Liebe und Sex. Er will doch auch Zeit mit ihr verbringen.
Die Beziehung zu einem neuen Partner... ja, alleine wollen sie ja trotzdem auch nicht sein, aber der Schritt zurück zum alten Partner ist wohl zu schwer. Bei Mitpatienten ist das vielleicht dann noch die glückliche Ergänzung... der ist ja mit sich selbst so beschäftigt, da kann ich trotzdem nebenher vegetieren.
Die Erklärung trifft es wohl sehr genau. Zum bisherigen Partner zurück geht nicht mehr, weil unsere Bedürfnisse für sie zu hoch erscheinen und sie die offensichtlich nicht erfüllen können.
Und eine Beziehung mit einem Mitpatienten, erscheint für sie wohl wesentlich einfacher zu sein. Denn der ist ja auch mit sich beschäftigt und so können beide nebenher vegetieren, wie du so schön schreibst.

Weißt du, was mir hier sofort einfällt, dass hier:
Ich habe Anfang diesen Jahres mal meine depressive Arbeitskollegin gefragt, was denn meine Ex-Freundin sich davon erhofft oder verspricht, wenn sie Zeit mit Mitpatienten (da wusste ich ja noch nicht, dass es der eine ist und ich verarscht werde) verbringt und was die da wohl so machen, tun oder unternehmen die ganzen Tage/Wochenenden.

Sie sagte mir, sie verstehen sich untereinander sehr gut, alle haben ja das gleiche Problem. Das schweißt schon irgendwie zusammen.
Ich solle mir da aber nicht zuviel vorstellen. Sie meinte, da passiert nicht viel, mach dir da mal keine Illusionen. Sie werden die meiste Zeit rum sitzen, Fernsehen schauen, Handy oder Computer spielen, eigentlich nicht wirklich was tun, einfach zusammen vor sich hin vegetieren. Ja, sie hat genau dieses Wort benutzt, was du ja auch geschrieben hast.
Auch meinte sie, sie werden schon hin und wieder mal raus gehen, aber meistens wohl nur, wenn ihnen die Zigaretten ausgehen oder der Kühlschrank leer ist, sie also irgendetwas brauchen.
Irgendwie deckt sich das auffallend, mit dem was du schreibst.

@ Dobermann

auch ich frage mich immer noch manchmal, was war das eigentlich für eine Therapie in der Klinik. Davor und während der Klinik erschien mir ja auch alles ok. Danach war einfach nur ein heilloses Chaos.

Das sie in der Therapie beigebracht bekommen, dass sie alles tun und lassen können und nicht mehr auf irgendwelche Folgen oder Menschen achten müssen, damit scheinst du absolut richtig zu liegen. Den Eindruck habe ich auch.
Und der Versuch vernünftig zu reden, hilft überhaupt nicht, es kommt gar nicht bei ihnen an.
Sie blocken doch sofort alles ab, so erging es mir. Jeder Gesprächsversuch wurde bereits im Keim erstickt.
Und wehe man würde sagen, sie sind nicht gut, wie sie sich gerade verhalten. Das wird sofort als Angriff gegen ihre Person gewertet, ratz fatz ist dann dicht gemacht, Diskussion/Reden sofort beendet. Man kommt einfach nicht ran, nicht weiter, man dreht sich im Kreis, es geht nicht einen Schritt vorwärts.

Ganz lieben Gruß :hello:
Uwe
Von der Beziehung wie sie mal war muß man Abschied nehmen, sie kommt nie wieder so zurück.
Schwarzwaldmädel
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Re: Neu hier

Beitrag von Schwarzwaldmädel »

Guten Morgen,

@Uwe,
du hast absolut Recht. Alles sind ja immer nur Vorwürfe und Angriffe.
Ich meine klar, wenn man Probleme bespricht sind es meistens Probleme aufgrund der Depression, somit sind sie bzw. ihre Krankheit der ausschlaggebende Punkt.
Mein Freund sagt mir regelmäßig "kannst du das nicht mal anders formulieren/sagen, weniger vorwurfsvoll?"
Ja, wenn ich nur wüsste wie.... wie sagt man jemandem, dass man daran kaputt geht, dass man einfach nur noch in die Ecke gestellt wird und alle paar Wochen mal zum Spielen raus geholt wird, ohne dass es dabei für den anderen als Vorwurf rüber kommt?
Ich habe es schon mit allgemeinen Beispielen probiert, mit Formulierungen in der dritten Person, indem ich andere Paare dazu verwendet hab... aber mein freund ist ja nicht blöd, er weiß ja dass es eigentlich um ihn geht.
Und ich muss sagen, dass er glücklicherweise noch in gewissem Rahmen in der Realität lebt.

Diesen Weg zu finden, der für beide ok ist, das ist eben die größte Herausforderung.

Diese Beziehung zu Mitpatienten... was ich da schon alles mitbekommen habe ist echt der Hammer.
Als mein Freund letztes Mal in einer Klinik war gab es andauernd neue Liebesgeschichten, welche die Fremdgegangen sind, welche die sich neu gefunden haben... ganz großes Kino.
Jetzt in der neuen Reha... da sind die meisten einige Jahre älter als er... zum Glück... denn ich muss zugeben, ich hätte in unserer aktuellen Situation schon Angst, dass jemand der ihn ja besser versteht schnell mal bevorzugt wird.

Liebe Grüße aus dem Schwarzwald
Botus
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Re: Neu hier

Beitrag von Botus »

Hallo Uwe,

im Leben ist es ja meistens so, dass sich Menschen mit gleichen oder zumindest ähnlichen Problemen super verstehen. Das schafft Gemeinsamkeiten.

Wenn Menschen im Laufe ihres Lebens eigen werden, passen sie eines Tages mit niemandem mehr zusammen.

Dann können gleiche oder zumindest ähnliche Probleme der Rettungsanker sein, über den doch noch Gemeinsamkeiten mit anderen gefunden werden.

Dass meine Ex sich trotz ihrer Kindheitserfahrungen heute so gut mit ihrer Mutter versteht, hat ganz sicher damit zu tun, dass ihre Mutter das Gleiche hat. Auch ihre beiden Freundinnen haben mit dieser Krankheit zu tun. In den vielen Jahren an diesem Wohnort lernte meine Ex niemanden näher kennen. Nach der Trennung fand sie sofort eine Freundin, mit der sie jeden Tag zusammen sitzt. Auch sie ist betroffen.

Ich gönne meiner Ex, dass sie diese tollen Verhältnisse mit anderen hat, aber ich finde es total ätzend, dass sie in den (wirklich wenigen) Korrespondenzen zwischen uns in einem Stil schreibt, als wäre sie ein Arzt und meine klar formulierten Zeilen das Produkt eines Kranken. Auch nach der Trennung glaubt sie weiterhin, ihre eigenen Probleme wären weg, wenn ihr die Beweisführung gelingt, ich hätte ja viel größere. Sie glaubt auch, ihr hohes Ziel "gut" zu sein, könne erreicht werden, indem ihr die Beweisführung gelingt, dass ich schlecht sei.

Sie sucht den Kontakt zu mir. Aber nicht, weil sie mich vermisst oder ein gutes freundschaftliches Verhältnis will, sondern allein aus dem Grund, weil sie aktuell niemanden hat, zu dem sie das ganze Negative rüber schieben kann, um selbst besser da zu stehen.

Liebe Grüße vom Dobi
Uwe R
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Re: Neu hier

Beitrag von Uwe R »

Guten Abend Schwarzwaldmädel und Dobi,

ja sie sehen vieles immer gleich als Vorwurf oder Angriff auf ihre Person und beziehen ganz schnell alles auf sich.
Auch meine Ex-Freundin hatte manchmal den Satz "Sei mal nicht so vorwurfsvoll " gebraucht. Und das bei Situationen, wo ich mir keiner Schuld bewusst war. Um die Sache zu entschärfen hab ich mich entschuldigt und ihr gesagt, dass es überhaupt nicht vorwurfsvoll war, dass liegt mir fern. Es tut mir leid, wenn es bei ihr so angekommen ist.
Und du hast recht, wie sagt man Dinge zu ihnen, ohne das es gleich als Vorwurf aufgefasst wird? Das ist äußerst schwierig. Man fängt dann glaube ich an, dass man sich jedes Wort überlegt. Gut ist das mit Sicherheit für uns nicht. Da probiert man dann viele Varianten und Formulierungen und schaut jedesmal, wie reagiert der Partner wohl jetzt darauf.
Da einen gemeinsamen Weg zu finden, ist denke ich sehr schwer. Das sehe ich genau wie du.

Ja Beziehungen zu und mit Mitpatienten scheint wohl auch garnicht so selten zu sein. Du hast das ja auch mitbekommen, als dein Freund in der Klinik war. Wenn alle Single wären, wäre das ja auch ok. Aber das Schlimme ist doch, der gesunde Partner sitzt zu hause, ist aussen vor, macht sich Gedanken wie es nach Klinik weiter gehen kann, sucht nach Lösungen und der depressive Partner geht in der Klinik fremd. Sicher ist das dort eine besondere Klinikatmosphäre, alle fühlen sich wohl und verstanden, werden zu einer Clique. Aber trotzdem sollte man auch vom depressiven Partner erwarten können und dürfen, dass er das eben nicht tut. Mir wäre das nicht in den Sinn gekommen. Da habe ich einfach ein anderes Verständnis von Beziehung und Treue.

Dobi, du hast vielleicht recht, mit dem wenn Menschen eigen werden, dass sie dann mit niemandem mehr zusammen passen. Aber jeder Mensch ist nun mal ein eigenes Individuum. Und somit ist jeder irgendwo eigen und zugleich auch besonders.
Die Kunst liegt doch darin, den Anderen so zu nehmen und zu akzeptieren wie er nunmal ist. Aber wahrscheinlich können das viele heute nicht mehr. Eben auch mal Kompromisse einzugehen und nicht immer seinen eigenen Egoismus durchzudrücken oder zu leben und nichts anderes mehr zulassen.

Es ist eben immer einfach das Negative und Schlechte und die Schuld auf andere zu schieben. Ein einfacher Weg, immer sind andere schuld. Schlecht ist nur, wenn da keiner ist, wohin man das schieben kann. Da gebe ich dir recht.

Ganz lieben Gruß
Uwe
Von der Beziehung wie sie mal war muß man Abschied nehmen, sie kommt nie wieder so zurück.
Mike78
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Re: Neu hier

Beitrag von Mike78 »

Hallo zusammen,

meine Frau und ich sind nun knapp 10 Wochen räumlich getrennt. Heute Mittag treffen wir uns, um ein "klärendes" Gespräch zu führen wie es nun weiter gehen soll.
Ich bin jetzt schon aufgeregt, weil ich gar kein Gefühl habe, in welche Richtung das Gespräch laufen wird und was sie mir sagen wird, ob sie überhaupt viel sagt!?
Naja, vielleicht ist diese Aussage auch nicht ganz richtig. Wenn ich all das, was sie mir in den letzten Wochen an den Kopf geworfen hat, noch mal reflektiere, kann dieses Gespräch eigentlich nur zu einer Trennung führen.
Aber Depressive sagen ja oft so viele Sachen, die sie eigentlich gar nicht so meinen/wollen.
Wie dem auch sei, ich bin sehr nervös........
Mike78
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Re: Neu hier

Beitrag von Mike78 »

Das Gespräch hat wie geplant stattgefunden, und es kam was wohl kommen "musste". Wir haben uns getrennt.

Meine Frau wirkte bei dem Gespräch recht aufgeräumt, es war ein richtiger Dialog mit ihr möglich. Allerdings bekräftigte sie nochmal ihre Aussagen, dass es ihr alleine besser geht und dass sie ihr zu Hause eigentlich nicht vermisst. Auf meine Frage, ob sie sich denn vorstellen könne wieder nach Hause zu kommen, antwortete sie "ich denke nicht".
Zum wiederholten Mal sagte sie auch, dass ich mich in den 8 Wochen wo sie in Reha war, sehr stark verändert hätte.....

Was dennoch positiv war, dass es keine Streitereien gab und das Gespräch sehr ruhig verlief. Ich bot ihr auch weiterhin meine Hilfe an in jeglicher Hinsicht.
Als ich später abends mit meiner Frau noch geschrieben habe, schrieb ich ihr, dass wir vielleicht ja wieder zusammen finden, wenn es das Schicksal so will. Ihr Antwort: "Das hoffe ich"!
Botus
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Re: Neu hier

Beitrag von Botus »

Mike78 hat geschrieben:Aber Depressive sagen ja oft so viele Sachen, die sie eigentlich gar nicht so meinen/wollen.
Alle machen das nicht. Aber es gibt viele, die das tun. Ich übrigens auch. Das ist so was Ähnliches wie der letzte Ausweg, eine Art Notausgang.

Wenn ich ihr Hinweise gebe, wird das als Quatsch gesehen, als Hirngespinst. Erkläre ich ihr es darauf hin genauer, wird auch das als Quatsch betrachtet, als Hirngespinst. Erkläre ich es ihr darauf hin sehr ausführlich, wird auf die lange Redezeit hingewiesen und gesagt, sowas sei ja nicht normal und deute darauf hin, dass ich wahrscheinlich selber an dem Zweifeln würde, was ich da sage.

Wenn Dialoge dauerhaft so ablaufen, möchte man irgendwann keine Dialoge mehr mit der jeweiligen Person führen, weil es auf jede erdenkliche Weise immer in das Ergebnis mündet, dass a) alles gar nicht so wäre und b) ich ja spinnen würde. Wenn das Ergebnis immer so ist, muss man sich auch nicht mehr miteinander unterhalten, wie ich finde. Also entscheide ich mich, den Kontakt zu beenden. Aber genau wie schon meine Hinweise und Erklärungen wird auch dieser Wunsch ignoriert. Die betreffende Person meldet sich immer wieder und verlangt nach einer weiteren Runde.

Du sitzt dann quasi in einem Schraubstock, ein anderer hat Dich eingespannt und bearbeitet Dich nach Lust und Laune. Wenn man dann mal etwas sagt, was man gar nicht so meint, geschieht das nicht, um die jeweilige Person zu verletzen, sondern um den Schraubstock zu sprengen. Es ist nicht persönlich gemeint, denn die Haltung der Person ist ja das Problem, nicht die Person selbst.

Ich habe das meiner Ex neulich erklärt und mich auch entschuldigt. Es kam zwar nicht bei ihr an, weil ihre Sinne - insbesondere ihre Ohren - mich betreffend ja bereits seit unserer ersten Begegnung Ende der 90er komplett auf Durchzug sind, aber ich fand es trotzdem wichtig, ihr das einmal zu sagen.
DieNeue
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Re: Neu hier

Beitrag von DieNeue »

Hallo ihr,

ich bin zwar keine Angehörige, sondern selbst Betroffene. Ich habe euren Thread ein bisschen mitverfolgt, allerdings nicht alles gelesen. Vielleicht interessiert es euch ja, mal die Sicht von der anderen Seite zu hören ;-)

Ich finde die Auswirkung der Klinik auf eure Partnerinnen auch seltsam. Es ist grundsätzlich gut möglich, dass sich das Verhalten eurer Partnerinnen durch den Klinikaufenthalt verändert. Und auch aus eurer Sicht vielleicht auch erst mal negativ. Depressive Menschen haben oft das Problem, dass sie ihre Gefühle schlecht wahrnehmen können und somit auch nicht klar erkennen können, was ihre Bedürfnisse sind. Dadurch können sie ihre Bedürfnisse, die ja unterbewusst trotzdem da sind, nicht gut äußern, sprich diese werden auch von anderen oft nicht erkannt.
Viele Leute mit Depressionen können sich auch schlecht wehren und fressen alles in sich hinein. Dies kommt u.a. auch daher, dass sie ihre Gefühle nicht gut einordnen können und somit oft nicht merken, wenn jemand ihre Grenze überschreitet. Folglich kann man mit ihnen leicht machen, was man will.
Ein weiteres oft auftretendes Verhalten ist, dass man es allen recht machen will, sprich man ordnet sich und seine Bedürfnisse den Anderen und ihren Bedürfnissen unter.
So. Jetzt kommt die Person dann in eine Klinik und beginnt dort zu lernen, was eigentlich ihre eigenen Bedürfnisse sind, wie sie diese äußern kann, wie sie sich besser wehren kann, erkennt, was sie eigentlich will.
Das hat dann zur Folge (und kommt mitunter für die Angehörigen auch etwas plötzlich), dass die Person auch ihre neuen Fähigkeiten zuhause einsetzt. Jetzt sind sie plötzlich nicht mehr so schwach, ordnen sich nicht mehr so leicht unter, machen nicht mehr automatisch das, was sie immer gemacht haben, machen auch mal, was sie wollen, sagen auch ihre Meinung etc. Das ist für das Umfeld gewöhnungsbedürftig und manchmal fallen die Betroffenen auch auf der anderen Seite vom Pferd. Für Angehörige kann das natürlich wie Egoismus wirken. Als Betroffener muss nach einer Klinikzeit aber auch erst mal in sich alles sortieren, da kann es schon sein, dass man sich auch mal zurückzieht.
So, das ist mal das Allgemeine zu dem Thema „Hilfe, mein Partner ist plötzlich ganz anders!“

Leider gibt es auch Therapeuten, die ihren Patienten raten, ihre Partner zu verlassen, ihren Job hinzuschmeißen, Kontakte abzubrechen etc. Ein richtig guter Therapeut macht keine solchen Vorschläge.
Bei mir kam in der letzten Klinik der Vorschlag (den natürlich alle für das Beste für mich hielten), ich sollte doch eine Langzeit-Reha (Dauer ca. 1 Jahr) machen. Aaaah! Am Anfang habe ich mich dagegen gesträubt, dann habe ich doch in einer Einrichtung eine Probewoche gemacht. Und es hat sich herausgestellt, dass ich körperlich nicht mal in der Lage war, das Therapieprogramm mitzumachen. Das, was die Ärzte für das beste hielten, war für mich nicht mal ansatzweise realisierbar und ich bin heilfroh, dass ich dort nicht hin bin. Da wäre ich kaputt gegangen. Eine völlig falsche Entscheidung der Therapeuten. Gut gemeint, und schlecht gemacht.
Genauso können Therapeuten sagen, man soll seinen Partner verlassen, auf Abstand gehen, etc. Ob es dann wirklich das beste ist, muss schlussendlich der Patient entscheiden. Solche konkreten Aussagen und Empfehlungen auszusprechen, ist meiner Meinung nach fast fahrlässig. Viele verlassen sich auf die Aussage des Therapeuten, der Therapeut ist ja schließlich der Experte. Manchmal raten solche Experten aber eben auch das falsche.
Von daher kann es gut sein, dass euren Partnerinnen irgendetwas geraten wurde, was in eurer Situation eigentlich völlig bescheuert ist, und sie deswegen so krass reagieren.

Ich denke, ihr müsst aber auch grundsätzlich beachten, dass sich hier hauptsächlich Angehörige austauschen, die Negatives erlebt haben. Die Paare, bei denen es nach der Klinik besser lief als vorher, werden hier nicht schreiben. Von daher solltet ihr nicht unbedingt davon ausgehen, dass das wirklich IMMER so ist. Das sich eure Partnerinnen so ähnlich verhalten ist aber natürlich schon auffällig.

Das zwischen den Partnern mehr Probleme entstehen, der Betroffene mit anderen Leuten aber keine Probleme hat, könnte ich mir so erklären:
Zum einen ist die Depression in einer Beziehung mehr, öfter und intensiver das Thema, um das sich alles dreht als unter Freunden. Schließlich lebt man ja in einer Beziehung enger zusammen als mit Freunden. Man kennt sich besser, man kriegt die Probleme des Partners live mit. Freunde trifft man eigentlich meistens nur dann, wenn es einem einigermaßen gut geht. Die Freunde kriegen nicht ganz so direkt mit, wie sich die Schwierigkeiten, die sich durch die Krankheit ergeben, anfühlen. Von daher kann es sein, dass man unter Freunden etwas unbeschwerter sein kann, weil die Krankheit nicht ständig Thema Nr. 1 ist.
Zum Anderen haben Freunde natürlich andere Ansprüche. Mit ihnen muss man nicht jeden Abend zusammen auf dem Sofa kuscheln, sie erwarten auch nicht, dass man ihnen sagt, dass man sie liebt. Man muss sich mit ihnen nicht über so Alltagsdinge wie „Wer trägt den Müll raus?“ auseinandersetzen. Ich kann mir schon vorstellen, dass das Druck erzeugen kann. Und Druck ist bei Depressionen Gift!
Zuletzt kann es auch sein, dass man ja an einer Beziehung mehr arbeiten muss/will, als an Freundschaften oder Bekanntschaften. So ergeben sich natürlich auch mehr Baustellen, mit denen man auch erst mal klarkommen muss, und die dann zu Problemen werden können.

Auf Kritik sehr empfindlich zu reagieren kenne ich von mir auch. Vielleicht liegt das auch mit daran, wenn Menschen sich selber nicht ganz sicher sind, ob sie etwas Wert sind, oder sehr perfektionistisch sind und nichts falsch machen „dürfen“, wenn dann jemand kommt und an dem mühsam aufgebauten Selbstwert-Kartenhaus rührt und die eigene Sicht von sich selber wieder in sich zusammenfällt.
Was vielleicht auch dazu beiträgt, vieles persönlich zu nehmen: Ich habe in der Klinikzeit erlebt, dass es in den ganzen Sitzungen meistens darum ging, was alles an uns nicht passt, was krank ist und was wir nicht können, die gesunden Leute aber schon usw. Da entwickelte man vielleicht auch eine leichte Allergie gegen Kritik...

Zum Thema Beziehungen zu Mitpatienten: Ich habe wenig von solchen Geschichten wie Fremdgehen mitbekommen (zum Glück), von daher kann ich nicht sagen, ob wirklich so viel läuft. Aber ich kann definitiv sagen, dass es nicht nur solche Leute gibt! Aber über die „normalen“ Patienten gibt es eben nur keine solche haarsträubenden Geschichten ;-)
Ich hatte auch mal das Problem mit Gefühlen für einen Mitpatienten gehabt. Ich war echt froh, dass ich nach zwei Wochen sowieso entlassen wurde, sonst hätte ich mich gar nicht mehr auf meine Therapie konzentrieren können. Ich bin aber auch mit dem Vorsatz hingegangen, dass ich mit keinem Mitpatienten etwas anfange, weil ich hier meine Probleme bearbeiten will und sonst nichts. Ist auch nichts gelaufen und habs auch nicht darauf angelegt. Die Gefühle haben mich eher genervt ;-)
Mike78 hat geschrieben:Als ich später abends mit meiner Frau noch geschrieben habe, schrieb ich ihr, dass wir vielleicht ja wieder zusammen finden, wenn es das Schicksal so will. Ihr Antwort: "Das hoffe ich"!
Ich finde, dass klingt doch etwas hoffnungsvoll. Dass ihr die räumliche Trennung gerade gut tut, heißt ja nicht automatisch, dass sie überhaupt nicht mehr an euch glaubt.

So, das war jetzt viel. Hoffe ich konnte etwas hilfreiches zu eurem Thema beitragen.

Viele Grüße,
DieNeue
Mike78
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Re: Neu hier

Beitrag von Mike78 »

Guten Morgen DieNeue,

und vielen Dank für den ausführlichen Post, und die Sicht der Dinge aus der Perspektive einer Betroffenen heraus.

Natürlich lernen die Betroffenen ihre Wünsche und Kritik zu äußern, das ist ja auch gut so. Aber meiner Frau passt angeblich gar nix mehr zu Hause, alles ist schlecht. Sachen die sie vorher gerne gemacht hat (so waren jedenfalls ihre Äußerungen), will sie jetzt nicht mehr machen.
Sie sagt ja selbst, dass sie nicht weiß was mit ihr los ist!

Du hast schon recht, wenn du schreibst, dass hier eigentlich nur die Fälle landen, bei denen es sich negativ entwickelt hat. Ich habe mittlerweile mit sehr vielen Leuten gesprochen und bei den meisten bekommt man die Antwort: In der psychosomatischen Reha wird eine Trennung empfohlen! Ob das tatsächlich so ist, kann ich nicht beurteilen, aber es ist schon erschreckend wie oft man davon hört.
Es macht auf mich schon den Eindruck, als hätte man meiner Frau in der Klinik so Manches in den Mund gelegt. Beweisen kann ich das natürlich nicht....

Die Hoffnung stirbt zuletzt!
DieNeue
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Re: Neu hier

Beitrag von DieNeue »

Krass... das klingt irgendwie schon bisschen nach Gehirnwäsche... Und eigentlich heißt es immer, während einer depressiven Phase soll man keine wichtigen Entscheidungen treffen!

Therapeuten haben schon Macht... in meiner letzten Klinik haben die sich mir gegenüber so seltsam verhalten, dass ich irgendwann gar nicht mehr wusste, ob meine eigene Wahrnehmung überhaupt noch stimmt oder ob die Wahrnehmung der Therapeuten richtig ist. Es war extrem schwer, bei mir zu bleiben,meine eigenen Überzeugungen zu behalten und mir nicht irgendeinen Sch... einreden zu lassen.
Naja... habe dort wenigstens gelernt mich besser zu wehren^^
Botus
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Re: Neu hier

Beitrag von Botus »

Würde jemand sagen, dass sein Partner / Partnerin durch Dritte zum Schlußmachen überredet wurde, wäre in dieser Aussage die Feststellung enthalten, dass der Partner / die Partnerin sehr leicht zu beeinflussen ist.

Ich finde, dass man sich damit selber ins Aus stellt.

Denn es wirft sofort die Frage auf, woher derjenige weiß, dass man die Person sehr leicht zu irgendwas überreden kann.

Man setzt sich damit dem Verdacht aus, das getan zu haben. Deshalb finde ich es nicht klug, über einen ehemaligen Partner zu sagen, andere hätten ihn zum Schlussmachen überredet. Man schadet sich selbst, sofern man den Partner / die Partnerin zu einer Person erklärt, die man sehr leicht beeinflussen kann.
Zuletzt geändert von Botus am 12. Sep 2016, 13:27, insgesamt 1-mal geändert.
Mike78
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Re: Neu hier

Beitrag von Mike78 »

DieNeue hat geschrieben:Krass... das klingt irgendwie schon bisschen nach Gehirnwäsche... Und eigentlich heißt es immer, während einer depressiven Phase soll man keine wichtigen Entscheidungen treffen!
Seltsam....
Als meine Frau aus der Klinik kam, traf sie jede Menge an Entscheidung, wie z.B. neuer Handyvertrag, das Sparbuch aufgelöst, etc.
Salvatore
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Re: Neu hier

Beitrag von Salvatore »

Hallo in die Runde,

hinter die Aussage (wer immer auch sie getätigt haben mag), in der psychosomatischen Reha werde den Patienten zur Trennung geraten, möchte ich mal ein gigantisches Fragezeichen setzen, und zwar aus mehreren Gründen.

Zum einen habe ich selbst das nicht so erlebt. Weder wurde mir in der Reha auch nur mal andeutungsweise zur Trennung geraten, noch habe ich das von Mitpatienten mitbekommen (und ich hatte da sehr viele Kontakte). Auch in der Tagesklinik und in der Psychiatrie habe ich das von keinem einzigen Patienten gehört, dass ihr oder ihm dergleichen empfohlen wurde.
(In einem Fall hatte das eine Patientin zwar behauptet, aber da ich mit noch anderen im Rahmen einer Gruppentherapie bei dem Gespräch dabei war, kann ich sagen, dass dem nicht so war. Die Patientin hatte über einen längeren Zeitraum kein gutes Haar an ihrem Mann gelassen und in epischer Breite erzählt, was das für ein schlechter Mensch sei (mit vielen Anekdoten, die das beweisen sollten). Am Ende fragte der Therapeut sie dann: "Wenn Ihr Mann sie so schlecht behandelt, warum trennen Sie sich dann nicht?" Alle fanden, dass das eine sehr berechtigte Frage war, aber die Patientin hatte nur gehört "Trennen Sie sich doch." Man hätte aber auch hören können: "Da Sie aber trotz allem immer noch bei Ihrem Mann sind, muss er auch seine guten Seiten haben; welche könnten das sein?")

Jedenfalls, zum anderen frage ich mich erstens, warum sollte ein Therapeut das wohl machen und zweitens, wie sieht das Szenario denn dann aus?
Therapeuten haben keinen Vorteil davon, wenn sie reihenweise Beziehungen zerstören. Oder geht jemand davon aus, dass die selber so gestört sind, dass sie keine Beziehung zustande bekommen und deshalb auch nicht akzeptieren können, dass jemand anders das kann? Und dann ihre Macht über den wehrlosen Patienten böswillig ausnutzen? Nein, wohl eher nicht. (Davon abgesehen: mein Therapeut hat zwar Einfluss auf mich; Macht über mich hat er aber nicht.)
Im Gegenteil gilt, dass ein stabiles soziales Umfeld die Depression günstig beeinflussen kann. Menschen in einer funktionierenden Partnerschaft und mit Rückhalt durch Freunde und Verwandte haben eine deutlich bessere Prognose als Patienten, die sozial isoliert sind. Ich stelle also fest, dass der Therapeut kein persönliches Interesse daran hat, eine Beziehung zu lösen, aber ein berufliches Interesse daran, eine (funktionierende!) Beziehung zu erhalten. (Das öfter geäußerte Argument, dass Therapeuten ihre Patienten künstlich in einem kranken Zustand halten, um möglichst lange an ihnen zu verdienen, halte ich für Unsinn. Die Nachfrage ist so immens groß, dass der Nachschub jederzeit gesichert ist.)

Als nächstes komme ich nicht umhin mich zu fragen, wie es eigentlich zu der Aussage kommen kann, dass der Therapeut sagt, "Ich denke, Sie sollten sich von Ihrem Partner trennen."
Hier wird ja sehr oft geschildert, wie toll, harmonisch, liebevoll, perfekt die Beziehung immer war und zwar nicht nur für den Angehörigen, sondern auch für den Betroffenen. Wenn das wirklich so stimmt, dann setzt sich doch der Betroffene vor den Therapeuten und wiederholt genau das. Und was dann? Dann sagt der Therapeut, ach ja, so ein liebevoller, zugewandter und aufmerksamer Partner - Sie sollten sich besser trennen? Oder wie soll ich mir das vorstellen? Der Therapeut zerpflückt alles Gute und verkehrt es ins Gegenteil, in Form der erwähnten Gehirnwäsche? Und wenn ja, mit welchem Ziel? Dem Patienten noch den letzten Halt zu nehmen und erst so richtig schön in die Krise zu stürzen? Um sicherzustellen, dass der Patient nach der Entlassung keinerlei Stütze mehr hat?
Aber wenn die Beziehung so toll war,ist es dann vorstellbar, dass der Depressive dem Therapeuten so gar nichts Schönes darüber zu berichten hat, sondern nur noch Schlechtes berichtet? Das ja dann noch, bevor die Gehirnwäsche überhaupt stattgfefunden haben kann. Also woher kommt das dann? Von der Depression ja wohl nicht, denn die war doch schon vor dem Klinikaufenthalt da und dennoch war die Beziehung bis dahin noch gut?

Und wie kann das überhaupt sein, dass man einer Person, die glücklich mit ihrem Partner ist, einreden kann, die Beziehung wäre schlecht und müsse beendet werden? Das kann man nicht mit jemandem machen, der charakterlich gefestigt ist. Meine Ehe ist das Beste in meinem Leben und auch wenn ich in der Psychiatrie wirklich am Boden war und einfachste Tätigkeiten nicht erledigen konnte, bis zum Anschlag mit Medikamenten vollgepumpt war, keinerlei Gefühle mehr hatte - zu keinem Zeitpunkt hätte man mir einreden können, mein Mann wäre schlecht für mich. Eine (schlechte) Therapeutin hatte mir einen Rat in Beziehungsfragen gegeben (etwas, das ich ihm sagen sollte), den ich für falsch hielt; weil sie so nachdrücklich war und nicht davon abließ, hat mich das auch zunächst verunsichert. Aber als sie anfing, unsere Ehe in Frage zu stellen, habe ich sämtliche Gespräche mit ihr abgebrochen. Also, wenn der Depressive so überzeugt von seiner Partnerschaft ist, warum hört er sich dann Ratschläge zur Trennung überhaupt an? Ich hätte das nicht gemacht, schon gleich gar nicht in einer Reha, wo es einem ja noch recht gut geht (denn andernfalls darf man dort nicht hin).

Gut, mal angenommen, der Betroffene ist nicht charakterlich gefestigt, so dass es leicht ist, ihm Dinge einzureden. Das, denke ich, ist dann aber auch ein Stück weit Typfrage, das kommt ja nicht von jetzt auf gleich. Jemand, der schon früh gelernt hat, sich seine eigene Meinung zu bilden und zu der auch zu stehen, der wird auch durch eine Depression nicht auf einmal so leicht steuerbar, dass er das Liebste unhinterfragt aufgibt, nur weil es ihm gesagt wurde.
Was daraus folgt, ist: wenn jemand schon immer leicht beeinflussbar war, dann war er das auch schon vor dem Klinikaufenthalt. Und demnach muss sich dann der Partner auch die Frage stellen, ob da nicht zu Hause auch schon von Anfang an eine Beeinflussung stattgefunden hat; selbstredend nicht bewusst und schon gar nicht mit bösen Absichten und ich glaube auch sofort, dass Angehörige das womöglich nie bemerkt haben, weil der Betroffene das nie so kommuniziert hat, wahrscheinlich selbst gar nicht wusste. Das sind Programme, die schon in der Kindheit auf die Festplatte gespielt wurden und die sich normal anfühlen. Im Laufe der Therapie geht einem dann aber in dieser Hinsicht ein Licht auf; bei mir betraf das viel in der Freizeitgestaltung. Ich bin z.B. früher sehr oft ins Kino gegangen und habe auch gedacht, dass ich dazu Lust habe und das toll finde. Inzwischen weiß ich aber, ich mag nur Filme, Kino finde ich eigentlich furchtbar, weil mir die vielen Menschen mit ihrem Getuschel, Gehuste, Geknister, Geschmatze etc. tierisch auf den Zeiger geht. Und wenn ich nun zurückblicke, hat mich das schon immer tierisch genervt, aber ich war gern mit meinen Freunden zusammen und ich habe gerne Filme gesehen, also schien das eine gute Idee zu sein. Dabei habe ich vieles am Kinogang einfach nur ausgehalten, aber ich hatte eine zu schlechte Selbstwahrnehmung, um das zu erkennen. Heute fällt es meinen Freunden schwer nachzuvollziehen, warum ich nicht mehr mit ins Kino möchte. Wenn ich sage, eigentlich habe ich das nie gerne gemacht, sagen sie: das stimmt nicht. Früher hast du das geliebt.
Jedenfalls kann ich mir gut vorstellen, dass der depressive Partner etwas ähnliches erlebt hat, also sich in der Beziehung an dem anderen orientiert und ihn gespiegelt hat, in dem aufrichtigen Glauben, dass dies genau das ist, was er selbst auch will. Mit der Erkrankung bricht aber dieses Zerrbild zusammen und in der Therapie kann es dann passieren, dass sich das Puzzle wieder unverzerrt zusammensetzt und man feststellt: eigentlich war es überhaupt nicht das, was ich wollte. Oder man stellt fest: ich habe keine Ahnung, was ich will - aber bevor ich das herausgefunden habe, kann und will ich nicht zurück zu meinem Partner.

Eine Beziehung zu lösen ist nie einfach. Wer das schon mal tun musste, weiß das aus eigener Erfahrung. Der andere wird mit großer Wahrscheinlichkeit sehr verletzt sein, denn oft wünscht der die Trennung nicht genauso. Er reagiert mit Unverständnis und fragt nach Gründen - das ist immer gleich, egal ob depressiv oder nicht. Warum die Trennung? Warum jetzt? Was habe ich falsch gemacht? Hast du eine/n andere/n? Oft folgen Verhandlungen: ich kann mich ändern. Sag mir, was ich tun muss und ich tue es.
Und dann kommen Vorwürfe: ich habe ALLES für dich getan. Du hast xy gemacht/nicht gemacht. Du hättest xy machen sollen/nicht machen sollen. Am Ende sucht man sich dann seine Erklärung: das ist nur, weil...

Menschen lieben Ausreden. Ich benutze Ausreden mit der Ausrede, den anderen nicht zu verletzen (in Wirklichkeit will ich nur mein eigenes Gewissen beruhigen). Der Empfänger der Ausrede glaubt die auch oft zu gerne, weil es bedeutet, dass er sich und den anderen nicht hinterfragen muss.
Wenn man sich trennen will, wäre die einfachste Erklärung, "...weil ich nicht mehr mit dir zusammen sein will." Das befriedigt aber niemanden. Einfacher ist es, wenn man z.B. sagen kann "... weil mein Therapeut mir dazu geraten hat." Wenn ich das sage, spreche ich mich von jeglicher Verantwortung frei - und meinen Partner gleich dazu. Eigentlich ideal. Mein Partner braucht auch nicht mich zu hassen, er kann seinen Hass auf den gesichtslosen Therapeuten richten. Ob das stimmt, kann eh keiner überpüfen. Und mein Partner braucht sich auch nicht mit noch schmerzhafteren Themen auseinanderzusetzen wie z.B. die Frage, ob seine Wahrnehmung der Beziehung vielleicht nicht so ganz dicht an der Wahrheit war, wie er dachte.

LG, Salvi

EDIT: Dobi, dein letztes Posting sagt genau das, was ich u.a. auch ausdrücken wollte.
Mike, mit "wichtie Entscheidungen" sind keine Banalitäten wie Handyverträge gemeint, sondern wirklich existenzielle wie Scheidung, Hauskauf, Kündigung, Firmengründung etc.
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Mike78
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Re: Neu hier

Beitrag von Mike78 »

Hallo Salvi,

und danke für deinen ausführlichen Bericht.

Wie Du selbst geschrieben hast, lässt sich ein charakterstarker Mensch weniger beeinflußen als ein charakterschwacher Mensch. Wie sich das Ganze in einer depressiven Phase verhält, kann ich nicht beurteilen!
Und mit Sicherheit hast du Recht, dass es vor dem Klinikbesuch das Eine oder Andere gab, an dem man sich gestört hat, aber es wurde eben nicht kommuniziert. Und wenn Probleme nicht kommuniziert werden, wie soll der Partner sie dann erkennen?

In der Therapie wurde meiner Frau nicht zu einer Trennung per se geraten, allerdings wurde ihr empfohlen sich vorerst räumlich von mir zu trennen. Das ihr das so kommuniziert wurde, hat sie mir persönlich gesagt! Vielleicht hat sie die Worte des Therapeuten aber einfach nur falsch interpretiert, so wie du es geschrieben hast....
Salvatore
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Re: Neu hier

Beitrag von Salvatore »

Hallo Mike,

du hast mich, glaube ich, nicht richtig verstanden. Das passiert mir oft im Angehörigen-Forum; woran das liegt, weiß ich nicht, ich hole ja schon immer extraweit aus und überlege mir Beispiele.
Mike78 hat geschrieben:Und wenn Probleme nicht kommuniziert werden, wie soll der Partner sie dann erkennen?
Das ist der Klassiker unter den Klassikern der Beziehungsprobleme und hat nichts mit einer depressiven Erankung zu tun.
Ich habe in meinem Posting etwas ganz anderes beschrieben. Und zwar den Fall, dass viele (nicht alle!) depressiv Erkrankte keine richtige Selbstwahrnehmung haben und sich daher an anderen orientieren, deren Wünsche und Bedürfnisse spiegeln und auch für sich selbst übernehmen. Gerade dadurch leben sie ein Leben, das nicht ihr eigenes ist und tun Dinge, die sie eigentlich nicht mögen (ohne es zu bemerken). Sie können das als Problem gar nicht kommunizieren, weil sie es selbst nicht erkennen können. So wie wenn du Spinat zwischen den Zähnen hast - du merkst es erst, wenn du in einen Spiegel siehst. Und es kann sein, dass dir erst jemand sagen muss, überhaupt mal in einen Spiegel zu gucken, weil es dir von selbst gar nicht in den Sinn kommt. Genau das macht Therapie.
Das sollte das Beispiel mit meinen Kinobesuchen verdeutlichen. Ich wusste lange Jahre nicht, dass ich Kino gar nicht mag. Ich hätte Stein und Bein geschworen, dass ich es toll finde.
Sicher kannst du als Partner keine Probleme lösen, von denen du nicht weißt, dass sie existieren. Was ich verdeutlichen wollte: der Depressive weiß auch nicht, dass sie existieren und kann deshalb auch nicht kommunizieren, dass es sie gibt und man sie angehen muss. Das kann sich im Laufe der Therapie herausstellen und führt fast immer zu Unverständnis bei anderen; es bringt aber nichts, darüber wütend zu werden und mit Vorwürfen zu reagieren, denn der Depressive ist ja genauso überrascht - und was hätte er denn machen sollen? Er kann ja auch nichts dafür, dass er es vorher nie geahnt hat.
Mike78 hat geschrieben: allerdings wurde ihr empfohlen sich vorerst räumlich von mir zu trennen
Ja, kann ja auch sein. Mal angenommen, sie hat es nicht falsch verstanden: überleg doch mal, wie es dann zu diesem Ratschlag gekommen ist. Doch wohl kaum, weil sie dem Therapeuten die ganze Zeit vorgeschwärmt hat, wie toll es mit dir ist und was für ein Segen du für sie bist.

Wenn er sowas gesagt hat (wissen können wir es nicht, sie kann es falsch verstanden oder gelogen haben und da niemand aus dem Forum bei eurem Gespräch dabei war, könntest auch du sie falsch verstanden oder hier gelogen haben - was weder ihr noch dir gegenüber eine Unterstellung sein soll, aber wir können es schlicht und einfach nicht wissen), dann muss sie ihm die Ohren vollgeheult haben.
Stell dir mal vor, du sprichst mit einem Kumpel über seine Beziehung. Am Ende des Gespräches sagst du zu ihm, vielleicht wäre eine räumliche Trennung erstmal das Beste. Mal dir mal ganz genau aus, wie dieses Gespräch vorher abgelaufen sein muss, damit du ihm das sagst. Wenn man das Gefühl hat, eine Beziehung ist gesund und funktioniert, dann rät man nicht zu einer (räumlichen) Trennung. Das macht man selbst nicht bei Freunden, das machen Therapeuten nicht bei Patienten. Nur wenn man das Gefühl hat, eine Beziehung ist nicht gesund und funktioniert nicht.
Und, was ich ja oben auch geschrieben habe und was auch Dobi meinte: wenn sie so beeinflussbar ist, dass der Therapeut ihr einreden kann, was er will - dann musst du dir die Frage gefallen lassen, in was du sie alles reinmanipuliert hast.

Es ist nicht vollkommen ausgeschlossen, dass Therapeuten so etwas raten. Es gibt ja z.B. die abhängige (dependente) Persönlichkeitsstörung. In dem Fall hat der Patient nie gelernt, auf eigenen Beinen zu stehen. Wenn er eine Beziehung eingeht, dann ist die Basis selten Liebe (auch wenn es demjenigen so vorkommt!), sondern das alles überschattende Bedürfnis, beschützt und betüddelt zu werden. Um je ein unabhängiges, selbstbestimmtes Leben führen zu können, ist es unerlässlich, dies zunächst allein zu tun. In so einem Fall kann es sinnvoll sein, die Beziehung aufrecht zu erhalten, aber sich eine eigene Wohnung zu suchen, für die man allein verantwortlich ist, und das alltägliche Leben auch zu einem gewissen Grad allein zu bestreiten.
Allerdings ist da dann auch nicht die Depression der Grund.

LG, Salvatore
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Botus
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Re: Neu hier

Beitrag von Botus »

Ich konnte meine Partnerin bereits als völlig verändert erleben, wenn sie ein Glas Sekt nach Feierabend getrunken hat. Sie war dann auf Krawall gebürstet, wie man so schön sagt. Der selbe Effekt trat ein, wenn sie sich mit einer Freundin getroffen hatte.

Ich will nicht darauf hinaus, wie ich das gefunden habe (... denn ich fand es gut, wenn sie endlich mal authentisch war...), sondern lediglich auf die Veränderung hinweisen, die schon allein dadurch eintritt, wenn das "Sich-Zusammen-Reißen" (im Sinne von sich selbst zurück stellen, gute Miene machen, zu allem) mal für einen Moment weg fällt.

Wenn ein Mensch dieses "Sich-Zusammen-Reißen" (sich selbst und seine Belange zurück stellen) dauerhaft ablegt, erlebt man folglich einen dauerhaft veränderten Menschen.

Weil auch für diesen Menschen zunächst erstmal alles neu ist, kann es sein, dass er noch unsicher hinsichtlich dessen ist, wie es nun weiter geht. Dennoch ist er sich aber sicher, dass er nicht mehr in den vorherigen Zustand zurück möchte.
Mike78
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Re: Neu hier

Beitrag von Mike78 »

Morgen Salvatore,

und nochmal Danke für den Post. Ich denke, ich habe es jetzt verstanden.
Eins noch vorneweg, ich mache meiner Frau keine Vorwürfe oder streite mir ihr, wir können ruhig und respektvoll miteinander reden.

Höchstwahrscheinlich ist es so wie du schreibst. Meine Frau wusste nicht, dass sie so vieles in ihrem Leben stört, also wurde das auch nicht kommuniziert. Nein, im Gegenteil, sie sagte oft dass sie das Eine und das Andere gerne macht und sich wohlfühlt. Und jetzt, nach dem ihr der Spiegel vorgehalten wurde in der Klinik, jetzt weiß sie, dass es nicht so ist.

Aber sicherlich kannst du auch nachvollziehen, wie irrational es für mich sein muss, dass vieles was früher gut und schön war, auf einmal schlecht und negativ ist!
Man fühlt sich wie in einem schlechten Traum.....
Uwe R
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Registriert: 2. Mai 2016, 19:08

Re: Neu hier

Beitrag von Uwe R »

Hallo Salvador und alle Anderen,

habe deine ausführlichen Beiträge hier gelesen und fand diese auch für mich sehr interessant. Es hilft eben auch immer mal, wenn man bestimmte Dinge aus der Sicht- und Betrachtungsweise von Betroffenen geschildert bekommt.

Auch ich teile deine Meinung, dass in Kliniken sicherlich nicht grundsätzlich zu Trennungen geraten wird. Und die Therapeuten haben persönlich nix davon, wenn sie diesen Ratschlag geben würden. Es sei denn, sie wollen zu der betreffenden Person selbst eine Beziehung aufbauen oder sich auf so etwas einlassen. So etwas soll es ja auch schon gegeben haben.

Ich denke es ist immer eine Frage, was und wie die/der Betroffene sich gegenüber dem Therapeuten äußert, wie die tatsächliche Wahrnehmung des Patienten ist und wie das Gesagte beim Therapeuten ankommt und aufgefasst wird.
Und der andere Punkt ist, wie fasst die/ der Betroffene das Gesagte vom Therapeuten auf, wie kommt es an und was hören sie tatsächlich in ihrer gerade aktuellen Wahrnehmung. Und einen weiteren Aspekt möchte ich hier auch nicht gänzlich aussen vor lassen, ob die/der Betroffene unter dem Einfluss von Medikamenten, sprich Antidepressiva, steht.
Du hast das sehr schön an dem Beispiel mit der einen Patientin beschrieben.
Daher bin ich nach wie vor der Meinung, wenn in solchen Fällen eine Beziehung besteht, dann sollten sich die Kliniken und Therapeuten schon die Mühe machen und den gesunden Partner/die gesunde Partnerin auch mal zu einem Gespräch bitten.
Ich weiß, diese Meinung teilen nicht alle hier.
Aber nur so wäre es doch möglich, sich als Therapeut eine gesunde und konstruktive Meinung zu bilden. Eben wenn ich alle Beteiligten gehört habe und ihre ganzen Sichtweisen auch kenne. Nur eine Seite zu hören, kann und ist aus meiner Sicht nicht zielführend.

Ich gebe dir da vollkommen recht, wenn man dem Patienten irgendetwas einreden kann, dann ist dieser charakterlich nicht gefestigt. Aber das wäre doch bei Depressiven durchaus möglich, dass sie eben charakterlich nicht so gefestigt sind.
Oder täusche ich mich da?
Und welche Rolle spielen da vielleicht auch die ganzen Mitpatienten, welchen Einfluss könnte sie da nehmen oder haben?
Sie verstehen sich ja untereinander in der Klinik offensichtlich sehr gut, haben ja alle die gleiche Krankheit und fühlen sich dort endlich verstanden und wohl. So hat es mir zumindest meine Ex-Freundin geschildert, dass sie sich in der Klinik wohl und verstanden gefühlt hat.

Wenn jemand charakterlich nicht gefestigt ist, dann war das auch vor der Klinik schon so. Das sehe ich genauso. Auch das man das als Angehöriger nicht unbedingt wahrgenommen hat, weil es eben so nicht kommuniziert worden ist oder man überhaupt nicht davon ausgegangen ist, dass es so sein könnte.
Ich glaube auch daran, dass der depressive Partner sich an dem gesunden Partner orientiert und dies ne Zeit lang gespiegelt hat.

@ Die Neue

Auch deine Beiträge und Schilderung deiner Sichtweisen finde ich sehr interessant...Eben auch aus Sicht einer Betroffenen.

Zitat:
". Jetzt kommt die Person dann in eine Klinik und beginnt dort zu lernen, was eigentlich ihre eigenen Bedürfnisse sind, wie sie diese äußern kann, wie sie sich besser wehren kann, erkennt, was sie eigentlich will.
Das hat dann zur Folge (und kommt mitunter für die Angehörigen auch etwas plötzlich), dass die Person auch ihre neuen Fähigkeiten zuhause einsetzt. Jetzt sind sie plötzlich nicht mehr so schwach, ordnen sich nicht mehr so leicht unter, machen nicht mehr automatisch das, was sie immer gemacht haben, machen auch mal, was sie wollen, sagen auch ihre Meinung etc. Das ist für das Umfeld gewöhnungsbedürftig und manchmal fallen die Betroffenen auch auf der anderen Seite vom Pferd. Für Angehörige kann das natürlich wie Egoismus wirken. Als Betroffener muss nach einer Klinikzeit aber auch erst mal in sich alles sortieren, da kann es schon sein, dass man sich auch mal zurückzieht."

So sehe ich das jetzt auch, da hast du vollkommen recht. Ja und wenn es die Betroffenen dann damit übertreiben, dann bringt das natürlich für sie Nachteile...Wie du es so schön beschreibst, mit auf der anderen Seite vom Pferd fallen. Denn niemand lässt sich auf Dauer blöd kommen und ewig vor den Kopf stoßen. Eben wenn aus gesunden Egoismus kranker Egoismus wird. Und im zwischenmenschlichen Bereich oder auch Berufsleben funktioniert das dann eben nicht.

Zitat:
"Genauso können Therapeuten sagen, man soll seinen Partner verlassen, auf Abstand gehen, etc. Ob es dann wirklich das beste ist, muss schlussendlich der Patient entscheiden. Solche konkreten Aussagen und Empfehlungen auszusprechen, ist meiner Meinung nach fast fahrlässig. Viele verlassen sich auf die Aussage des Therapeuten, der Therapeut ist ja schließlich der Experte. Manchmal raten solche Experten aber eben auch das falsche.
Von daher kann es gut sein, dass euren Partnerinnen irgendetwas geraten wurde, was in eurer Situation eigentlich völlig bescheuert ist, und sie deswegen so krass reagieren."

Auch diese Betrachtungsweise teile ich und sehe es genau wie du.

Wünsche euch Allen einen schönen Abend.

Ganz lieben Gruß
Uwe
Von der Beziehung wie sie mal war muß man Abschied nehmen, sie kommt nie wieder so zurück.
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