Selbstanalyse - ein Versuch...

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Gerhard
Beiträge: 17
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Selbstanalyse - ein Versuch...

Beitrag von Gerhard »

Hallo Forum, Ihr seid Klasse, wißt Ihr das? - Da kommen dermaßen viele Gefühle und Momente rüber, das baut echt auf. Ich hab mir bisher immer nur Gedanken über die augenblickdliche Lage gemacht, habe versucht, rauszukriegen wie es mir geht und warum das so ist. Ihr gebt mir das Gefühl, mal weiter nach hinten blicken zu müssen ... nachzusehen, wo ich herkomme, um dann - vielleicht - zu erkennen wo ich bin und - noch besser - wo ich hin möchte! Also mal sehen, wo liegen die Probleme? Vielleicht so: Zeitweise stärkere und schwächere depressive Phasen, gekennzeichnet durch Gefühle der Sinnlosigkeit jeder Aktivität, das Gefühl, überflüssig/unerwünscht/lästig zu sein, Minderwertigkeitsgefühle gegenüber anderen, Ziellosigkeit und innere Leere, Verlust eigener Ziele, Vorlieben, Werte und verstärkte Orientierung des eigenen Verhaltens am Verhalten vermeintlich lebenstüchtigerer/erfolgreicherer/lebensgejah enderer Mitmenschen, dadurch Verlust der eigenen Persönlichkeit. Infragestellen aller möglichen Lebensaktivitäten (Beruf, Familie, Tagesablauf), Gefühl, das Leben neu einrichten zu müssen. Negative Auswirkungen auf das unmittelbare Umfeld wie Partnerschaft (Eifersucht, Verlust der Geborgenheit, Kontrollbedürfnis, Klammern an den Partner, Ratlosigkeit, Gefühl, nicht mehr gebraucht zu werden), Kinder (Ungeduld, Agressivität, Genervtsein), Beruf (Konzentrationsmängel, nachlassende Leistung, eingeschränkte Kommunikation, Verlust der Kreativität). Auslöser für die derzeitigen Probleme: die Erkenntnis, daß das halbe Leben vorbei ist; das Heranwachsen der Kinder, die selbständiger werden und die Eltern weniger brauchen; die neue Dynamik und Aktivität des Partners, für sich alleine positiv, jedoch scheinbar hauptsächlich nach außen orientiert und nicht partnerschaftlich ausgerichtet. Where do I come from? .... Kindheit (bis 10 Jahre): Eng behütetes Elternhaus, wohnhaft im eigenen Haus mit Eltern, Bruder, Oma & Opa. Vater berufstätig, Mutter Heimarbeit, ständig aktiv, immer Arbeit im Haus. Wochenenden mit Tagesausflügen. Gleichaltrige Spielkameraden in der Nachbarschaft, im Sommer viel draußen, im Winter Schlittenfahren. Gute Schulleistungen. Mutter ist Hauptbezugsperson. Jugend (bis 16 Jahre): Der Horizont weitet sich, Lehrstoff am Gymnasium läßt sich mit den Eltern nicht mehr diskutieren, Eltern werden unwichtiger, Suche nach neuen Kontakten, Brieffreundschaften, Abbau der Beziehungen zu bisherigen Spielkameraden, Versuch, bestimmten Cliquen in der Schule zuzugehören. Eltern werden als einschränkende, einengende Faktoren erlebt. Schulleistungen durchschnittlich, bei minimalem Aufwand und Einsatz. Mit 16 (1979) kein Neid, kein Ehrgeiz, fließendes, driftendes Lebensgefühl, im Rückblick die "rosarote Zeit", erstes echtes Interesse an Mädchen. Wiederholung der 11. Klasse. Frühes Erwachsensein (bis 23 Jahre): Erste Beziehung, Unerfahrenheit, Hals-über-Kopf-Aktionen mit Trennung und Neuanfang. Während des Grundwehrdienstes erste Erfahrungen mit mit Vorgesetzten. Gefühle der Ohnmacht gegenüber Dummheit, erste Vorahnung, daß das Leben fremdbestimmt sein wird. Studium mit neuer Freiheit, Respekt vor wirklich schlauen Leuten, gleichzeitig Ärger über ignorante Mitstudenten, Schwierigkeiten in der Partnerschaft durch räumliche Trennung und das Gefühl, endlich ein Ziel ansteuern zu müssen. Aufgabe des Studiums, Frustration. Kein Halt bei den Eltern, keine echte Bezugsperson. Neuorientierung (bis 30 Jahre): Konzentration auf die Berufsausbildung, Berufsschule ohne große Anforderungen, BWL-Studium im Anschluß ohne Beziehung zum Thema und zu Mitstudenten, Gleichgültigkeit. Zwischenprüfung im ersten Anlauf nicht geschafft, dadurch Studium ein Jahr länger als geplant. Heirat mit 26, erstes Kind mit 30. Gefühl, fest im Leben zu stehen, eine Aufgabe zu haben. Bis heute: Zweites Kind mit 33. Leben für andere (Beruf, Kinder, Partnerschaft). Verlust der eigenen Persönlichkeit, ohne es zunächst zu bemerken. So gut wie keine sozialen Bindungen außerhalb der Familie, berufliche Anforderungen steigen. Erste Zweifel, ob es mein eigenes Leben ist, daß ich lebe. Mehr und mehr der Gedanke, irgendwann falsch abgebogen zu sein, Panik beim Blick auf die verrinnende Zeit. Scheinbar drohende Abwendung des Partners aufgrund "besserer Alternativen", alle Versuche, die Lage selbst in den Griff zu bekommen, schlagen fehl. Wow, liest sich wie das Tagebuch aus der Abteilung für Hoffnungslose. Aber stimmt wohl so. Was fange ich jetzt damit an? Es ist heute so ein Tag, bei dem man nicht weiß, wie er enden wird. Die Achterbahn läuft mit großen Amplituden und die Gefühle fahren mit. Im Moment ganz ok. Ich sehe Eure Tannenzweige und Schmusekatzen. Greifbare Realität. Hey, vielleicht sollten wir ein Kreativ-Forum gründen, gemeinsam zum Beispiel eine Geschichte erzählen, einen Roman schreiben - nachdem wir jetzt wissen, wie begabt wir sind :-) ...... Carpe diem - nutzt Eure Sekunden der Balance (von Tagen will ich hier nicht sprechen). Liebe Grüße Gregory
tiger
Beiträge: 63
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

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Beitrag von tiger »

Lieber Gregory, es ist nicht leicht Deinen vielen gut dokumentierten Ausführungen zu folgen. Ich versuche es. Du verwendest öfters den Begriff Zeit und beschreibst Lebensabschnitte. Die Zeit ist immer gleich geblieben. Sie ist nicht besser oder schlechter geworden. Sie vergeht nicht schneller und langsamer. Du hast viel Erreicht. Du hast eine Familie mit 2 Kindern, die Dich lieben. Mehr als ich. Ich habe eine Freundin, die in Depr. lebt und keine Kinder. Ich stehe etwas fester im Berufsleben wie Du. Aber ist dies besser. Du hast viele Erreignisse hinter Dir. Die dich vielleicht manchmal überlastet haben. Oder Du konnest Dich dem Leben nicht so stellen, wie Du es wünscht. Hast Du Ängste oder Sorgen? Ängste und Sorgen bringen jedoch nur traurige Gefühle. Sie ziehen dich runter. In eine Spirale. Finde Glauben und Vertrauen in Dein Leben. Vielleicht im Gebet oder in der Familie. Interessiere Dich mehr für Deine Frau und Kinder, du wirst vieles anders entdecken können. Soziales Umfeld kann man nicht erzwingen. Man kann sich verschiedenen Gruppen stellen und nachsehen, ob man angenommen wird, so wie man ist. Mache eine kleine Reise zu Dir selbst. Ein kleines Taschenbuch "Der kleine Prinz" gibt Dir schöne Darstellungen. Eine Reise zur Phantasie und Ruhe, Glaube und Vertrauen. Vielleicht hat Dir manches ein Stück geholfen. Nimm das Leben so an wie es ist. Du bist als Kind auf die Welt gekommen und bist es immer noch. Man kann nicht vor Ihr fliehen. Nette Grüße tiger
Thomas

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Beitrag von Thomas »

Hallo Gregory, kann es sein, dass du ungewöhnlicher bist als dein Leben? Ich meine, das hört sich nach Midlife crisis an. Alles ist so schön zementiert, alles geht seine geregelten Bahnen, Langeweile macht sich breit und die entsetzliche Frage: WOLLTE ICH DAS ALLES SO??? Ich fantasiere: da will noch was anderes leben, was seither zu wenig Raum bekam, du triffst dein Leben noch nicht. Der Spagat zwischen dem, was einem das Leben aufzwingt und dem, was man in seine Träume verbannt hat, ist bei den meisten Menschen sehr groß und man wird Abstriche machen müssen. Aber es geht auch viel mehr, als man denkt. Tiger gibt dir einen sehr guten Rat: Schau auch an, was du schon hervorgebracht hast und nimms nicht gar so selbstverständlich, da gibt es sicher vieles, was Grund geben könnte für ein gutes Gefühl. Ich war mir auch sehr lange nicht darüber im Klaren, was ich schon alles geleistet habe und das Gefühl, vielleicht bisher umsonst gelebt zu haben , beruht oft auf diesem Nichtakzeptierenkönnen der eigenen Leistung. Das heißt ja nicht, man lehnt sich zurück und beweihräuchert sich von nun an. Das Problem gibts auch, aber das gehört zu anderen Menschen. Ein lieber Gruß von mir Thomas
patricia
Beiträge: 100
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

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Beitrag von patricia »

Hi Gregory, mal wieder, von dir, wahnsinnig wahre Worte !! Hm,....eine von meinen vielen Psychotanten, äh ich nenne meine Psychotherapeuten immer so (nicht abwertend gemeint !), die sagte mal zu mir, wie geht es denn der "kleinen, kindlichen Patricia" in Ihnen drin ? Das war ein echt knackiger Satz für mich. Ich wusste nicht, dass es da noch jemanden gibt. Sie erklärte mir es, also ihren Standpunkt, jeder Mensch behält ein gewisses "Kind-Schema" von sich selbst, in seinem Unterbewusstsein. Sie gab mir als Hausaufgabe immer wieder auf, mich mit dem "inneren Kind" auseinanderzusetzen. Ich bin jetzt ehrlich, das konnte ich einfach nicht. Ich war bis heute nicht fähig, diese Aussage (inneres Kind) anzuerkennen. Vielleicht kommt bei mir diese Zeit noch. Ob es dir hilft ? Das was du schreibst kommt mir so vor, ohne es negativ zu meinen: Ich habe sehr viel erreicht in meinem Leben, aber entweder ich weiss es nicht zu schätzen und zu geniessen oder ich habe mir mein Leben anders vorgestellt. Ich denke, die Zeit kannst du nicht mehr zurückdrehen, aber du kannst Änderungen vornehmen. Du hast mit 26 geheiratet, ist eigentlich nicht so früh. Wann hast du denn deine Frau kennengelernt ? Irgendwie schwirrt mir sowas im Kopf rum, als hättest du grosse Sorgen, dass du schon was verpasst hast oder du durch deine momentante Situation (familiär, beruflich) bald etwas verpassen würdest.... ...... Oder seh ich heut den Wald vor lauter Bäumen nicht ? Ich geh mal drüber schlafen, bis morgen. Liebe Grüsse Patricia
waltraut
Beiträge: 926
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

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Beitrag von waltraut »

Lieber Gregory, ich glaube,ich kenn das Gefühl,das du beschreibst. Man lebt weitgehend fremdbestimmt,in eingefahrenen Geleisen ohne große Höhepunkte oder Ziele. Dabei wollte man eigentlich etwas ganz Besonderes aus seinem Leben machen. Nun,was ist besonders? In den Urwald gehen,die Welt umsegeln,ein selbstloser Wohltäter sein,irgendetwas Tolles leisten,jeder hat so seine Träume. Aber inzwischen habe ich gelernt,daß jeder von uns etwas ganz Besonderes ist. Ich bin jetzt und hier an einen Platz gestellt,und ich kann ihn annehmen und ihn lebendig gestalten,d.h.leben oder ich wünsche mich weg und werweigere mich. Du hast vielleicht beim vielen Tun deinem inneren Kind (das Bild,das Patricia beschreibt,kenne ich gut) keinen Raum gelassen. Jetzt meldet es sich zu Wort.Hör ihm zu,nimm dir viel Zeit für dich und lass deine Wünsche und Sehnsüchte zu. Thomas sagt,es ist noch viel möglich,Tiger sagt,schau was du erreicht hast und schau deine Frau und deine Kinder richtig an, und ich möchte dazu sagen: egal was du tust,schau es an,sei dabei,lass dich hineinfallen.Und schon ist es etwas Besonderes! Für mich war das wahnsinnig schwer,weil ich alles zu gewöhnlich und anspruchslos fand. Und dann hab ich auf einmal beim Staubsaugen( ich bin alles,bloß keine Hausfrau!) dieses Erlebnis gehabt,daß ich vollkommen darin versunken war,in aller Ruhe jeden Winkel sauberzumachen. Ich war zufrieden,nicht weil es sauber war,sondern weil ich vollkommen selbstvergessen war.Und seither glaube ich,daß es überhaupt nicht darauf ankommt,was man tut,sondern daß man ganz bei sich ist. Gute Nacht euch allen,Waltraut
Waltraud

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Beitrag von Waltraud »

Hallo Gregory Ich finde deine Idee super. Ich besuche zur Zeit den Studienberchtigungslehrgang in Deutsch und Englisch. Ich brauche einige Ideen für meine Themen. Roman soll es zwar keiner werden, aber vielleicht entsteht ja später daraus ein Buch. Thema: Streß, Bildung, Randgruppen, Familie. Thema Streß hab ich schon fast fertig. Schreib bitte bald zurück!!! Morgen hab ich wieder Deutsch. Sollte morgen ein Thema abgeben. Das nächste Thema im Deutschunterricht ist Bildung. Grüße Waltraud aus Steyr Österreich
Monika 44

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Beitrag von Monika 44 »

Hallo paricia, ja da hast du mich echt geschockt...das innere kind..war in meinen therapien immer der punkt wo meine therapeuten das erreichen konnten was sonst unmöglich war-ich konnte heulen...und wie...aber nur dann. hatte mit der kindlichen moni schon immer mehr mitleid als mit der erwachsenen. auch jetzt sehen mir die tränen bis zur pupille...was in meinem derzeitigem zustand fast ein wunder ist... klar die kleine moni-das kind verdiendt das mitleid..hat viel erleiden müssen und es gar nicht kapiert was da mit ihr passiert. aber die erwachsene moni tut das auch nicht. werde ich als alte frau tränen für die 30jährige moni vergiessen...? warum nicht jetzt? warum nicht jetzt damit anfangen zu erkennen wie beschissen es mir geht und das es so nicht weitergeht...warum nicht mal merken wenn ich mir zuviel zumute? für andere immer-aber für mich...habe wohl zuviel angst davor... ich denke immer: das sind jetzt deine besten jahre---verschenk sie doch nicht so! hatte mal so viel kraft...aber im moment bin ich total am boden..mir fällt nichts mehr ein und ich will euch auch nicht so runterziehen...hoffe es wird morgen wieder besser-gruss MOMO
Monika 44

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Beitrag von Monika 44 »

Hallo Thomas, meine ärztin ist echt in urlaub aber mein freund der neurologe hat mir gesagt das sei alles im rahmen des normalen verrückten!!!Aber heut gehts mir auch etwas besser...habe zwar eine horrornacht hinter mir aber der tag heut war nicht schlecht..zwar noch immer wibbelig aber kein vergleich... Dem was waltraud geschrieben hat kann ich mich nur anschließen...deine antworten habens voll getroffen und haben mir sehr gut getan! MOMO
Thomas

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Beitrag von Thomas »

Hallo Momo, gut, einen Neurologen zum Freund zu haben, das kann nun nicht gerade jeder von sich behaupten! So hast du ja immer schnellen Zugriff auf Hilfe, wenn Not am Mann ist- gut. Gute Nacht Thomas
Thomas

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Beitrag von Thomas »

Hallo Momo, gut, einen Neurologen zum Freund zu haben, das kann nun nicht gerade jeder von sich behaupten! So hast du ja immer schnellen Zugriff auf Hilfe, wenn Not am Mann (an der Frau) ist- gut. Gute Nacht Thomas
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