Bedrohungen als Depressions-/Angstkatalysator: Abschottung?

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sadsmile
Beiträge: 5
Registriert: 25. Okt 2014, 20:46

Bedrohungen als Depressions-/Angstkatalysator: Abschottung?

Beitrag von sadsmile »

Hallo...

dies ist mein erster Eintrag hier.
Ich schreibe aus einem dieser Momente heraus, in denen ich eigentlich vor allem
an mir verzweifle - dass ich so bin, so gefühlskrank - d.h. das ist mein Erleben:
dass meine extremen und oft plötzlich sich ändernden Gefühle bzw. Befindlichkeiten
mein Leben zeitweise, aber eben immer wieder und scheibar unkontrollierbar, aus
der Bahn werfen.

Es war viel in letzter Zeit... eine geplante "Lappalien"-OP bei mir mit Komplikationen und
zwei weiteren folgenden - immer mit der Angst, dass etwas schief gehen könnte, ich
sterben könnte, die zwei kleinen Kinder zurücklassen müsste als Halbwaisen... dann
die Diagnose einer nicht ungefährlichen Autoimmunerkrankung bei meinem Mann, mit
diesem Risiko müssen wir nun leben und bangen...

Das - plus meine Neigung zu Ängsten ("Angststörung") und die depressiven Episoden -
machen das Leben nicht einfach. Und doch komme ich mir v.a. schuldig vor und undankbar
angesichts der Tatsache, dass wir im Großen und Ganzen doch gesund sind (...),
ein Dach überm Kopf haben und zu essen etc. Es macht mich fertig, dass es immer doch
noch etwas gibt, dass mich überfordert, ängstigt, meinen Gemütszustand in Schieflage
bringt.

Und ich frage mich: sollte man in so einer Verfassung versuchen, keine Nachrichten mehr
mitzubekommen (ich lese "nur" Zeitung)... sich mehr und mehr abschotten... würde es,
ganz theoretisch mal gesprochen, helfen, ein "einfaches" Leben anzustreben... mit
Gartenanbau von Gemüsen oder so... in ganz ländlicher Gegend, wo es ruhig und beschaulich ist? Sozusagen auf einem Berg?

Wie geht man also mit der Überforderung durch die Bilder und Nachrichten aus dieser
grausamen Welt um? Wenn man so durchlässig ist, so leicht zum Wanken zu bringen?
Es ist eine schlimme Erfahrung, sich immer wieder in Angst und Stress zu verlieren und
sich dafür schuldig und beschämt zu fühlen... und alle anderen (v.a. die engere Familie)
müssen es mit ausbaden...

Danke für Eure Ideen und Beiträge...
Zarra
Beiträge: 5734
Registriert: 12. Mär 2010, 15:16

Re: Bedrohungen als Depressions-/Angstkatalysator: Abschottu

Beitrag von Zarra »

Hallo sadsmile,

ganz spontan:

1) Die wenigstens sind für das Eremitendasein oder ein absolut abgeschottes Leben gemacht, erst recht nicht, wenn es da Kinder gibt.

1b) ... außerdem entspräche das Vorgaukeln von Idylle auch nicht der Realität. - -
Man kann aber Begrenzungen setzen.

2) Trotzdem muß man nicht jeden Medienunsinn mitmachen, auch wenn er ganz normal und alltäglich erscheint. - Ich finde da eine kritische Begrenzung schon gut. (Und eigentlich für alle angebracht. Denn sonst müßte man zwangsläufig abstumpfen, weil man das gar nicht verarbeiten kann (wenn auch viele etwas mehr und manche nur ganz schlecht, wie ich und vermutlich Du).)

3) Ich habe mich jahrelang "schuldig", "unwürdig", "inkompetent" etc. gefühlt, weil ich Medien nicht verfolgt habe, jedenfalls nicht konsequent, eher nur zufällig am Rande. Inkompetent in bezug auf die Wiedergabe der Medienmeinung(en) bin ich auch tatsächlich. Inzwischen habe ich aber den Eindruck, daß ich gar nicht so viel verpasse. Vieles ist ganz schnell überholt. Außerdem und wichtiger: Was ändert es, wenn ich davon weiß?!! Z.B. das Erdbeben in Italien. Schicke ich Hilfe, helfe ich konkret? Eher nein; also ist es auch egal, ob ich es erfahre oder nicht. Und alles, alles, alles kann ich eh nicht aufnehmen, weil mein Fassungsvermögen begrenzt ist. Also kann/darf/muß ich auswählen.

LG, Zarra
qwertzuiopII
Beiträge: 638
Registriert: 18. Jan 2016, 13:42

Re: Bedrohungen als Depressions-/Angstkatalysator: Abschottu

Beitrag von qwertzuiopII »

...
Zuletzt geändert von qwertzuiopII am 8. Jan 2017, 14:11, insgesamt 1-mal geändert.
Wenn das Lichtspiel des Lebens keine Schatten mehr wirft
AlexB
Beiträge: 6
Registriert: 13. Aug 2016, 00:29

Re: Bedrohungen als Depressions-/Angstkatalysator: Abschottu

Beitrag von AlexB »

Hallo sadsmile,

mein Eindruck ist, dass gerade in den Medien erst dann Dinge berichtet werden, wenn es schlechte Nachrichten sind. Anscheinend interessieren sich die Menschen mehr darüber, wenn bei einem Erdbeben hunderte von Menschen sterben, als dass andere Krankheiten besiegen, Menschen sich lieben oder sich miteinander versöhnen.

Ich möchte keine Kritik an den Medien üben, aber das Leben ist (zum Glück) schöner, als die Darstellung in den Nachrichten einem den Eindruck gibt. Mir hat immer das Reisen geholfen. Wenn ich mit den eigenen Augen gesehen habe, dass es dort (ob jetzt Ausland, oder einfach ein Ort, der etwas weiter weg ist) schön ist, die Leute nett sind und das Leben genossen wird, dann sind die Fernsehbilder allerhöchstens nur eine Facette von vielen.
Botus
Beiträge: 2096
Registriert: 29. Mär 2014, 06:36

Re: Bedrohungen als Depressions-/Angstkatalysator: Abschottu

Beitrag von Botus »

Verlustangst habe ich in Bereichen, die mich sehr viele Lebensjahre der reinen Aufbauzeit kosteten. Wenn sie verloren gingen, verlöre ich nicht nur die Bereiche, sondern zugleich auch die vielen Lebensjahre, die mich der Aufbau gekostet hat.

Diese Form der Verlustangst kann in einer gesunden Dosis positiv wirken. Zum Beispiel, indem ich weiterhin fleißig bin, obwohl die schwere Aufbauzeit längst vorbei ist, alles gut gegangen ist und inzwischen genug Sicherheit vorhanden wäre, um auch mal faul zu sein.

Ein ungesundes Übermaß an Angst entwickle ich, wenn mir von Außen regelrechte Horror-Szenarien eingetrichtert werden. Das passiert regelmäßig. Viele Männer lenken Unterhaltungen ziemlich schnell auf das Thema Beruf, Arbeit, Position usw. Dabei wird oft so geredet, als würde ich ja total in der Luft hängen ohne irgendeine Sicherheit und wieso ich denn gar keine Angst hätte. Ein eigener Betrieb sei ja quasi gleichbedeutend mit Pleite, Schulden, usw. Außerdem wäre man dann ja quasi überhaupt Nichts. Sie selbst seien bereits stellvertretender Leiter von irgendwas.

Durch die Übermittlung der Information, dass ich quasi nichts sei, völlig in der Luft hinge und permanent vor dem Ruin stünde, werden ungesunde Gefühle, Erinnerungen, Gedanken und auch Ängste gepflanzt. Ich versuche deshalb, Zusammenkünften im Privaten aus dem Wege zu gehen, wo so geredet wird.

Ich finde eine Abschottung sinnvoll, wenn klar ist, dass ausschließlich negative Aspekte kommuniziert werden und so getan wird, als würde das Positive und somit auch mögliche positive Aspekte gar nicht existieren. Wenn man angeschlagen ist, wirkt sowas wie ein Beschleuniger. Das Gegenteil (eine sofortige deutliche Besserung) erreiche ich, indem ich mich zufriedenen Menschen zuwende oder irgendwas Schönem, Positiven. Bereits kleine, unbedeutende Begegnungen wirken wie eine Kur im Miniformat.
Pummelchen
Beiträge: 1632
Registriert: 2. Sep 2015, 17:21

Re: Bedrohungen als Depressions-/Angstkatalysator: Abschottu

Beitrag von Pummelchen »

Hallo Dobi,

da kann ich dir voll zustimmen, ein nettes Gespräch, ein ehrlich gemeintes Kompliment , ein schöner Abend mit Freunden das ist bei mir auch eine Kur im Miniformat und wirkt oft den ganzen Tag oder den darauffolgenden.

Wünsche dir viele "Minikuren"! LG Pummelchen
Lampi656
Beiträge: 67
Registriert: 29. Dez 2013, 17:30

Re: Bedrohungen als Depressions-/Angstkatalysator: Abschottu

Beitrag von Lampi656 »

Ich kann nur von mir sagen: Keine Nachrichten gucken oder lesen tut gut.
In eine Lindgrenschen Welt wie "Bullerbue" graben sich viele ein.
So gut es geht machen das alle.
Ich hatte einen Nachbarn, der hat ab nachmittags die Rollläden runter gelassen. Kam auch klar mit der Welt.
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