Bei der Arbeit langsamer-deshalb sehr wenig Selbstvertrauen

[Seide]

Hallo Ihr Lieben.

Seit meiner Kindheit leide ich darunter , daß ich beim
Arbeiten langsamer bin als viele andere.

Gestern habe ich einer ganz lieben Freundin im Garten
geholfen. Da war das Gefühl ganz stark wieder da.

Als ich noch gearbeitet habe , war das für mich auch ganz
schlimm. Deshalb habe ich mich immer unter Druck gesetzt
und mich mit den Anderen verglichen.

Wenn ich in meiner Wohnung arbeite, habe ich das Gefühl zum
Glück nicht. Denn da seht mich ja niemand.

Mich interessiert ob noch mehr von Euch diese Ängste haben
und wie Ihr damit umgeht ?

Leider muß ich jetzt meinen PC runter fahren, denn bei uns kommt ein Gewitter.

[Pummelchen]

Liebe Seide,

vielleicht warst du überhaupt nicht langsamer in der Arbeit sondern hast deine Arbeit gewissenhafter und sorgfältiger ausgeführt und dadurch etwas mehr Zeit benötigt.
Außerdem ist es manchmal besser die Arbeit nicht so hektisch zu erledigen dann passieren weniger Fehler. Ich brauche zeitweise in der Arbeit auch länger als andere. Das setzt mich schon auch manchmal unter Druck. Aber ich habe den Grundsatz ich möchte meine Arbeit so machen wie ich es mit meinem Gewissen vereinbaren kann, und wie ich selber behandelt werden möchte. Das ist als Krankenschwester wirklich nicht immer einfach der Zeitdruck und die Anforderungen werden immer mehr und Personal ist immer knapp.

Jedem geht die Arbeit anders von der Hand, deshalb brauchst du dich nicht unter Druck setzen oder mit anderen vergleichen. Wer dich mag der mag dich so wie du bist. Jeder Mensch hat seine Qualitäten und Fähigkeiten.

LG Pummelchen

[Christiane1]

Hallo Seide,

mit fiel beim Lesen deines Beitrages sofort eine Frage ein, die ich dir jetzt auch stellen möchte.
Kann es sein, dass dir sowas früher zu oft eingeredet wurde, also zu langsam zu sein bei allem?
Das Wort langsam ist in diesem Zusammenhang negativ behaftet und aus meiner Sicht völlig zu
Unrecht. Denn man könnte es auch locker übersetzen mit beispielsweise "gründlich" oder "konzentriert" was dann einen ganz anderen Klang für dich haben könnte.

Das Gefühl, zu langsam zu sein, kann nur entstehen, wenn man innerhalb einer vorgegebenen Zeitspanne eine bestimmte Aufgabe nicht erledigt, und das ist der Grundgedanke hierbei. Sobald man dieser Bewertung unterliegt, und das ist in etlichen Berufen der Fall, führt das zwangsläufig zu Vergleichen. Das ist so gewollt und funktioniert wie ein grosses Sieb durch das die kleinen Körnchen hindurchfallen und die grösseren Brocken oben liegenbleiben.
Und daraus kann schnell ein Gefühl der Unzulänglichkeit entstehen (beim Vergleich), aber
das ist alles barer Unsinn aus meiner Sicht und dazu noch menschenunwürdig.

Ich wünschte mir während meines Berufslebens oft langsamer sein zu dürfen, um mal etwas zuende denken zu können und meine Angst war hierbei nicht, zu langsam zu sein, sondern
zu getrieben. Ich steckte in einem System fest, das mir alles abverlangte an Merkfähigekeit im Bereich Zahlen und oftmals fühlte ich mich leer und ausgesaugt.
Mich hat diese Raserei (höher,schneller, weiter) fertiggemacht und ebenfalls berentet, so herum kanns also auch gehen.

Sag mal einem Baum, er solle doch bitte schneller wachsen, der zeigt uns glatt den Vogel..

Lieber Gruss
Christiane

[chinahaeschen]

Hallo Seide,

mir geht es ganz ähnlich. Das war auch zum ersten Mal in der Ausbildung so und mittlerweile merke ich, dass ich fast alles langsamer mache als andere Menschen. Das ist manchmal ganz schön lästig und belastet auch. Oft geht es mir so, dass ich was anfange und wenn ich fertig bin, frag ich mich, wo die Zeit geblieben ist. Ich merke gar nicht wie schnell sie vergeht.
Meine Meisterin damals meinte, jeder hätte sein eigenes inneres Tempo und dass es wahnsinnig schwierig ist, das zu ändern. Wenn ich so schnell sein wollte wie andere, müsste ich mich dauerhaft wahnsinnig stressen.

Zuhause merke ich das nur selten, zum Beispiel, wenn mein Freund mir beim Kochen hilft. Mittlerweile versuche ich mir einfach die Zeit zu nehmen und mir zu sagen, dass die anderen dann halt kurz warten müssen. Allerdings war ich bisher noch in keinem festen Arbeitsverhältnis, darum kann ich das nicht darauf bezogen sagen.
Aber bei Freunden find ich das nicht so schlimm, da kommt es ja nicht auf die Minute genau an. Und wenn es jemanden stört, dann soll er halt was sagen. Wer's nicht tut: selbst schuld.

Oft denke ich auch, dass ich gerne den Moment genieße und mich komplett auf das konzentriere, was ich tue und die Welt vergesse. Ich weiß nicht, ob andere auch so in ihre Tätigkeiten eintauchen. Wie ist das bei dir?

Liebe Grüße,
häschen

[Seide]

Hallo Ihr Lieben.

Vielen herzlichen Dank für Eure sehr schnellen Antworten.
Sie helfen mir sehr.

@Christiane1
das stimmt, das wurde mir früher eingeredet.

Ich erinnere mich, daß eine Handarbeitslehrerin meine Handarbeit
den anderen zeigte, wie schön und genau ich das mache.
Das war das einzigemal in meinem Leben, daß meine " Langsamkeit" positiv
bewertet wurde.

Alle anderen waren " schneller " - deshalb wurden sie mir als
Vorbild dargestellt.
Ich habe auch, kurz , in der Pflege gearbeitet, der Beruf hat mir das
" Kreuz " gebrochen. Ich war furchtbar hektisch.

In meiner Kindheit kam noch dazu, daß ich schon immer Linkshänderin
bin.

[ndskp01]

Hallo Seide,
ich bin in der Regel schneller als andere, aber besser geht es mir damit auch nicht ...

Ich bin leicht ungeduldig, wenn ich andere Menschen anleiten soll, und die dann soo lange brauchen. Oder wenn jemand beim Abschied aus einer abendlichen Runde, wenn wir eigentlich gehen wollen, nochmal eine Stunde weiter redet. Da spielt es dann auch keine Rolle, ob mein Bus wartet oder ich ohnehin zu Fuß gehe. Ich will einfach, dass alles in meinem Tempo läuft. Das steigert mein Selbstwert wie gesagt jedoch nicht.
Ich arbeite schneller und bin dann auch schneller müde.

Puk

[Seide]

@Chinahaeschen
Dein Beitrag gefällt mir sehr gut.

Eintauchen in eine Sache kenne ich überhaupt nicht.

Du hattest eine ganz tolle Meisterin, mit dieser Einstellung.

Eine Schwester und ich habe mal am gleichen Tag Gardinen
gewaschen. Wir hatten die gleiche Anzahl von Gardinen.
Obwohl die Waschmaschinen die Gardinen wusch, also ging es nur um
das Abhängen und wieder Aufhängen.

Sie war sehr viel früher fertig als, das hat mich damals richtig fertig gemacht.
Solche Situationen hatte ich sehr oft.
Aber niemand beruhigte mich, das weiß ich noch sehr genau.
Das Problem habe ich bis heute.

[Seide]

Vor vielen Jahren las ich " Die Entdeckung der Langsamkeit " von Sten Nadolny.

Das Buch hat mir damals sehr geholfen.
Ich will das Buch jetzt noch einmal lesen.

Das Buch kann ich wärmstens empfehlen.

Amaz.on

»Nadolny ist ein Erzähler unvergeßlicher Geschichten.«, Frankfurter Allgemeine Zeitung

Nadolny und sein John Franklin entdecken die Langsamkeit als menschenfreundliches Prinzip. Man könnte auch sagen: die Bedächtigkeit, den vorsichtigen Umgang mit sich selber und den Dingen., Die Zeit

»Wieder entdeckt: Was für ein Abenteurer! Die Story des John Franklin fesselt nicht nur, sondern ändert auch Sichtweisen. Dass Schwache sich als stark entpuppen können und Geschwindigkeit nicht alles ist. Sten Nadolny hat sich mit Die Entdeckung der Langsamkeit selbst ein Denkmal gesetzt.«, Playboy

[Seide]

@Ndskp01
für mich ist das sehr interessant , eine Meinung von der
anderen Seite zulesen.

Ich merke schon, daß Eure Beiträge mir sehr helfen eine
andere Einstellung für dieses Problem zu bekommen.

[Christiane1]

Mir fällt dazu noch etwas ein, weil du Linkshänderin bist und das jetzt nebenbei erwähnt hast.
Mein Bruder ist es ebenso und er wurde damals in der Schule oft kritisiert, weil er zu langsam war für "normale" Aufgaben. Er wurde später aber ein unglaublich guter Handballspieler, besonders als Linkshänder so eine Art Ausnahmespieler.

Wieso quält dich das so mit der Langsamkeit?

[Seide]

Mir fällt dazu noch etwas ein, weil du Linkshänderin bist und das jetzt nebenbei erwähnt hast.
Mein Bruder ist es ebenso und er wurde damals in der Schule oft kritisiert, weil er zu langsam war für "normale" Aufgaben. Er wurde später aber ein unglaublich guter Handballspieler, besonders als Linkshänder so eine Art Ausnahmespieler.

Wieso quält dich das so mit der Langsamkeit?

Das ich Linkshänderin bin habe ich nicht sofort geschrieben,
da ich beim Schreiben immer Angst habe, daß mich jemand
erkennt.

Langsam - Linkshänderin - das ist doch die................................

Das Schreiben von mir fällt mir hier deshalb sehr schwer.
Aber ich merke , daß die Angst langsam kleiner wird.
Darüber bin ich sehr glücklich.

[Christiane1]

Toll!

[Seide]

Wir hatten Stromausfall, bestimmt wegen dem Gewitter.

[Seide]

Wieso quält dich das so mit der Langsamkeit?

Ich habe eine " Ganz tolle Verwandtschaft ".
Sie kann dies, sie kann das und und und.

Schon in meiner Kindheit wollte ich immer sein wie die Verwandtschaft.

An meiner Wand hängt:

Sich mit anderen vergleichen ist der sicherste Weg zum Unglücklichsein.

Ich sehe das Zitat bestimmt 100 x am Tag.
Leider hilft es mir nicht weiter .

[Birko]

Hallo seide
Ich bin auch so eine ganz flotte. Bei mir geht es ruckzuck. Habe immer die beneidet, die bei sich waren und ganz konzentriert und langsam ihre arbeit verrichten.
Mein mann ist so einer.sehr langsam aber kommt immer ans ziel. Wenn ich im haus hinter ihm laufe möchte ich ihm am liebsten einen schubs geben. Ich esse sehr schnell. Kann kein wellness machen. 2000 meter durchs wasser sprinten, schnell duschen und ab. Was beneide ich im hotel die leute, die auf dem liegestuhl liegen und geniessen. Bei mir ist immer was in bewegung. Selbst bei der massage werde ich unruhig.

Bewahr dir deine langsamkeit du kommst schneller ans ziel.

Gruss birko

[Seide]

Danke schön Birko

[Ziege04]

Hallo Seide

Dieses Thema trifft bei mir voll ins Schwarze!

Mir wurde als Kind mitgegeben: tue die Dinge aber tue sie richtig!

Also sinngemäß - keine halben Sachen.

Ich habe nach meiner Scheidung über 10 Jahre im Seniorenheim gearbeitet, erst Hauswirtschaft, später Pflege.
Gründlichkeit gehört zum Profil. Und braucht seine Zeit für die Ausführung.

Doch wenn ich beim Putzen unter die Waschbecken oder Toiletten schaute, hinter die Betten, auf die Schränke,
oder
später, in der Pflege, die Bettlägerigen gründlich gewaschen habe, sogar Versäumnisse von Anderen sah,(und manches war echt eklig!) der Mensch von mir nicht, wie ein Stück Fleisch behandelt wurde,
hieß es, ich wäre zu langsam.
Wenn ich die Sachlage versuchte zu erklären, hieß es, ich wäre zu pingelig.

Während die Schichtleitung in der Pause saß, wurde ich nicht fertig, habe durchgearbeitet.
Daraufhin kam mal der Spruch: " Ich glaube, Du willst nicht! "

Das hängt mir bis heute nach.

Gründlichkeit ist nur in Verbindung mit Schnelligkeit gefragt.

Und, bevor jemand diesen Post missversteht -
Es gibt auch Menschen, die sind schnell UND gründlich!!!!

Leider hatte ich nicht das Vergnügen, mit diesen zusammen zu arbeiten....

Fazit:
Wir sollten lernen, uns so zu nehmen, wie wir sind. Damit sind wir wieder bei der Basis der Depression....
Und wenn Du, Seide, einen Weg für dieses Thema findest, lass mich daran teilhaben, würde mich freuen. Vielleicht hilft es auch mir.
Umgekehrt ebenso.

LG Ziege04

[M1971]

Arbeit gliedert sich in Quantität und Qualität.
Die Kombination sehr schnell und hohe Qualität dürfte selten sein. Also versucht jeder Mensch einen für ihn passenden Kompromiss zu finden.

[Lampi656]

Wieso stehen die neuesten Beiträge imme ganz unten. Unpraktisch oder?
Ansonsten: Ich lese gerne, was ihr so schreibt.
Meistens nicke ich dazu, weils mir auch so geht.

[Seide]

Liebe Birko
Ich esse auch sehr schnell
In meiner Kindheit hieß es :" So wie man ißt, so schafft man."
Deshalb habe ich mir schnelles essen angewöhnt. Jetzt beneide ich
Leute die langsam und genußvoll essen können.

Ich muß auch immer irgendetwas machen. Z.B. auf dem Balkon lesen,
so auf dem Balkon sitzen und die Natur anschauen. Dabei habe ich eine
ganz tolle Aussicht.

Deshalb kann ich auch nicht baden,nach 2 Minuten baden steige ich aus
der Badewanne.

Eine Ausnahme ist bei mir, wenn es mir schlecht geht. Dann liege ich auf dem
Sofa und schlafe oder döse.

[Seide]

Ein Bekannter von mir nimmt mich öfters mit zum Einkaufen, da er ein Auto hat.
Er ist auch ein ganz schneller. Beim Bezahlen an der Kasse bekomme ich jedesmal Zustände.
Ich habe ihm das auch schon gesagt, daraufhin meinte er, " :Dann nehme ich Dich halt nicht mehr mit zu Einkaufen."

Oder , wenn die Kundschaft hinter mir drängelt.
Neulich stand eine gute Bekannte an der Kasse hinter mir, sie schubste mich ständig an der
Hüfte , damit ich weiter gehe. Wäre sie eine Fremde gewesen, hätte ich ihr meine
Meinung dazu gesagt. So habe ich mich aber nicht getraut.

[Seide]

@Ziege
genau die gleichen Erfahrungen habe ich auch gemacht.

Leider wurde mir in meiner Kindheit nie erklärt , daß Gründlichkeit wichtiger
als Schnelligkeit ist.

Ganz schlimm für mich ist, wenn mir bei der Arbeit jemand zusieht.
Also selbst nichts macht und Zeit hat mir zu zuschauen.
Dabei komme ich ganz arg ins schwitzen.

Ja, wir sollten lernen uns selbst so anzunehmen wie wir sind, uns so lieben.
Daran haberts bei mir auch sehr und ich arbeite daran.

[Ziege04]

Oh ja, Seide,

das mit dem dahinter stehen und kontrollieren, beobachten, bewerten, ist noch mal eine ganz andere Sache....

Sind wir uns selbst, unseres Könnens und unseres Leistens wirklich so unsicher?
Es ist wohl so. Denn ich finde mich wieder, in eben meiner Unsicherheit.

Sind es die alten Muster, welche uns prägten? Vermutlich.
Doch was hindert uns daran, diese Muster zu brechen, Neue zu schaffen, welche zu uns passen? Und zu dem, was um uns herum ist?

Ich habe keine Antwort. Doch ich suche. Wie Du und Alle, denen es ähnlich geht.

LG Ziege04