ADS der stille Bruder von ADHS

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Pummelchen
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ADS der stille Bruder von ADHS

Beitrag von Pummelchen »

Hallo ihr Lieben,

ich hatte heute vormittag einen Termin bei meinem Psychotherapeuten. Da sind wir auf etwas interessantes gestoßen. Aufgrund meiner Schilderungen: schlechte Konzentration, hippelig,... machte er mit mir einen Test für stille ADS und es kam raus es würde die Diagnose passen. Natürlich kam das nicht nur von einem Test feststellen und abhängig machen.
Ich habe z.B. Schwierigkeiten mich lange auf die ein und diesselbe Sache zu konzentrieren, besonders wenn es für mich langweilig erscheint. Wenn ich z.B. in einem Vortrag bin der sehr lebendig vorgetragen wird und mich interessiert fällt es mir wesentlich leichter. Auch bei Tätigkeiten ein einfaches Beispiel: Ich muss eine Riesenschüssel Kartoffeln schälen das fällt mir schwer, da springe ich zwischendurch auf und mache was anderes. Kennt jemand von euch sowas? Ich habe bis jetzt immer meinen Depressionen die Schuld gegeben für meine Konzentrationsschwäche. Darum finde ich jetzt den Ansatz ob evtl. auch ADS dahinterstecken könnte nicht uninteressant. Hat von euch jemand schon in der Beziehung Erfahrungen gemacht?

Viele liebe Grüße Pummelchen
Selea

Re: ADS der stille Ar

Beitrag von Selea »

:hello: Guten Tag Pummelchen.

Nun bin ich nicht direkt die Zielgruppe, in der du anfragst.
Ich persönlich habe mit ADS oder ADHS nichts am Hut.

Ich getraue mich jetzt trotzdem, diesen Beitrag zu schreiben.

Du bist ja auch nicht mehr im zarten Alter von 20, liebe Pummelchen, so an die 50 schätze ich dich.
Diese Diagnosen ADS, ADHS gibt es seit 20, 25 Jahren, soweit meine Informationen.
Und da hat gar niemand in deinem langen Leben BISHER diese Diagnose gestellt?

Ich an deiner Stelle wäre sehr vorsichtig, mit dieser möglichen neuen Diagnose durch deinen Psychotherapeuten.
Es gibt ja immer mehr ICDs.........und das verführt auch dazu, immer komischere und differenziertere Diagnosen zu stellen.

Beim Lesen deines Posts dachte ich nur______na, klar, in einer Fortbildung, bei ungeschickten Vorträgen, durch einen unsympathischen Redner vorgetragen, da werden doch alle unruhig, müde, apathisch, verlassen sogar den Seminarraum.

Und die große Schüssel Kartoffeln, zum Schälen für den Kartoffelsalat. Bääääh, das ist doch eine widerliche Arbeit. Da mag doch kein Mensch ran, den Kartoffelsalat essen dann schon alle gerne. *lach*

Warum NICHT zwischendrin mal aufstehen von dieser Arbeit, die man nicht mag.


Das waren ganz einfach nur die Gedanken, die mich bei deinem Post überkommen haben.


Ich finde es bedenklich, wenn zunehmend in der Medizin, Psychotherapie, vollkommen nachvollziehbare Verhaltensweisen und Gefühle pathologisiert werden.


Das ist jetzt nur meine Meinung, liebe Pummelchen.
Wenn du was damit anfangen kannst, o.k.
Sollte das NICHT so sein, dann einfach weg damit, dann einfach überlesen. :)



Herzlich
Selea
Pummelchen
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Re: ADS der stille Bruder von ADHS

Beitrag von Pummelchen »

Liebe Selea,

danke für deine Antwort und deine Gedanken. Mein "zartes Alter" ist schon 57 (lach). Ich stimme mit dir überein das das was ich beschrieben habe auch bei völlig "normalen" Menschen auftreten kann. Mein Psychotherapeut will mir da auch keine neue Diagnose reindrücken es war nur so ein Gedanke von ihm. Du hast ja bestimmt durch deine Lehrertätigkeit mit der Krankheit ADHS zu tun gehabt und hast damit Erfahrungen gemacht.
Ich war als Kind nie auffällig in der Schule aber das ist auch bei der stillen ADS nicht der Fall. Ich hatte eher Konzentrationsprobleme und war leicht ablenkbar. Ich war auch eher ängstlich und sensibel. Ich bin 1965 in die Schule gekommen da war glaube ich ADHS und ADS noch kein Thema.
Mir ist bloß heute in der Psychotherapie einiges so bewusst geworden, das ich zum Beispiel im privaten Umfeld oft "geschimpft" werde das ich endlich mal sitzenbleiben soll z.B. bei einem gemeinsamen Gesellschaftsspiel. Es ist für mich ein Qual immer auf einem Fleck zu sitzen das fällt mir sehr schwer. Ich bin auch bei meinen Tätigkeiten oft recht sprunghaft, fange eine andere Sache an obwohl die alte noch nicht beendet ist. Lange Diskussionen sind für mich auch sehr ermüdend das wird mir dann zuviel.
Wie gesagt das kann alles völlig im Rahmen sein, oder auch depressionsbedingt oder....
Da hast du vollkommen recht man darf nicht vorschnell was für pathologisch erklären.

Viele liebe Grüße Pummelchen
Zarra
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Re: ADS der stille Bruder von ADHS

Beitrag von Zarra »

Hallo Pummelchen,

vielleicht kommen ja noch Antworten von Menschen, die diese Diagnose haben und die zu einem gutem Umgang damit gekommen sind.

Die Frage wäre ja auch: Was verändert die Diagnose? Kannst Du dadurch besser mit der Beeinträchtigung umgehen oder findest eine geeignetere Therapie?!?

... ich bin vermutlich mal durch Selbsthilfebücher (AD(H)S im Erwachsenenalter, ... bei Frauen u.ä.) darauf gestoßen ... habe irgendwann sogar meinen Psychiater und meinen damaligen Psychotherapeuten darauf angesprochen. Letzterer meinte (und der hat auch mit Kindern und Jugendlichen zu tun!!) "platt": Dann hätte ich in der Schule auffälliger oder schlechter (!?) sein müssen. ... was ich nicht war. Der Psychiater: ... ich hatte mir das ja so gedacht - ganz, ganz naiv, ich gebe es zu, aber was macht man nicht alles bei Verzweiflung!?! -, daß man das hat, wenn Ritalin wirkt und ich wäre zu jenem Zeitpunkt bereit gewesen, das zumindest mal auszuprobieren ... ... er meinte, daß es dafür eine sehr, sehr gute und keine oft angebotene "Wald-Wiesen-Diagnostik" bräuchte (... nach der es dann fast jeder hat) ... er könne es nicht absolut ausschließen, glaube es aber eher nicht bei mir. Ich habe damals beschlossen, das (erst mal) nicht weiterzuverfolgen; mehr wegen seiner Einschätzung als weil ich es selbst hätte wohl zahlen müssen. Psychotherapeutische "Tricks" kann man sich auch so ansehen. Und meine "Ideen" hinsichtlich Ritalin stimmten wohl nicht, hat er jedenfalls entkräftet; also ggf. keine schnelle Linderung, selbst wenn man dazu bereit wäre (ich bin/war nicht immer so medikamentenausprobierwillig).

Herzliche Grüße, Zarra
RezDep
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Re: ADS der stille Bruder von ADHS

Beitrag von RezDep »

Hy,

mir ist auch schon mehrfach ADHS "unterstellt" worden. Allerdings war ich in der Schule zwar öfter unkonzentriert und abgelenkt, aber wenig auffällig.
Es gibt (retrospektive) Fragebögen u. ä. und im Normalfall würden auch alte Zeugnisse usw. zur Diagnosestellung herangezogen. Es gibt auch ADHS-Ambulanzen.
ABER: schau doch erstmal, wo du dich wieder erkennst und welche Vorschläge es da aus dem AD(H)S Bereich gibt und pick dir das raus, was paßt.

Zudem hatte ich mal ein Buch entdeckt, in dem es um verschiedene "Ordnungstypen" geht und das halt nicht jeder mit dieser klassischen Terminkalenderplanung usw. zurechtkommt. Der "kreative Chaot" ginge demnach auch Richtung ADHS. Hab mir da einige gute Ordnungsmethoden raus abgeguckt und war beruhigt, doch nicht so "anormal" bzgl Ordnung zu sein (wobei ich vom Grundsatz her wirklich eher etwas chaotisch bin).
Buchtitel: Organisieren sie noch oder leben sie schon (Cordula Nussbaum).

LG
Kessy
Pummelchen
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Re: ADS der stille Bruder von ADHS

Beitrag von Pummelchen »

Hallo Zarra,

danke für deinen Beitrag. Falls die Diagnose ADS gesichert wäre, denke ich würde es für mich im Moment nichts ändern. Wir sind in der Therapie gerade bei mir zwischendurch auftretenden verstärkten Kontrollzwang gerade bei schriftlichen Angelegenheit in der Arbeit zu besprechen. Das hängt vielleicht damit zusammen das ich mir selber nicht ganz traue (was evtl. mit mangelnder Konzentration zusammenhängt). Auf der anderen Seite ist die Kontrolle als Krankenschwester enorm wichtig und notwendig. Nur habe ich das Gefühl das es bei mir einfach zuviel ist. Ich würde mir wünschen das ich durch die Therapie es schaffen würde wieder auf das "normale" Kontrollmaß zu gelangen.
Es sind viele Baustellen wo ich zum Bearbeiten habe, mich hat es sehr viel Überwindung gekostet das mit dem Zwang in der Therapie anzusprechen. Da fällt es mir wesentlich leichter über meine Depression zu sprechen. Zwang ist so etwas unsinniges, der Verstand sagt nein und das Gefühl ja. Das ist für mich schon etwas schambehaftet.
Ich denke das wird ein langer Weg das wieder loszuwerden. Wie du auch schreibst bin ich auch nicht so medikamentenwillig. Es war für mich schon ein schwerer Schritt das AD zu nehmen, worüber ich letztlich die Entscheidung nie bereut habe weil es mir wieder eine andere Lebensqualität verschafft hat.

Viele liebe Grüße Pummelchen
Pummelchen
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Re: ADS der stille Bruder von ADHS

Beitrag von Pummelchen »

Hallo Kessy,

auch dir danke für deinen Beitrag und deinen Buchtipp. Das mit den Zeugnissen hat mein Therapeut auch gemeint, ich sollte sie das nächste Mal mitbringen. Sie sind einigermaßen, wird also nicht peinlich (lach)

LG Pummelchen
Zwiebelchen
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Re: ADS der stille Bruder von ADHS

Beitrag von Zwiebelchen »

Hallo Pummelchen,

ich möchte doch noch schreiben, hier wo es hoffentlich unverfänglich ist und evtl. meine Sicht für dich hilfreich sein könnte.

ich habe teilweise so eine Angst/Unsicherheit aus der frühen Kindheit in mir, die sich jetzt erst nach so vielen Jahre durch körperliche Symptome/Anspannung äußert, dass ich auch Phasen kenne, in denen ich "nicht stillsitzen" kann. Wie hyperaktiv. Im schlimmsten Fall wie getrieben, mit der Konzentration ist es dann natürlich auch nicht mehr weit her.

Das nur als Gedanke, ich kenne ADHS nur vom Hören/Sagen und bei mir kommt diese innere Unruhe erst in letzter Zeit zum Vorschein und hat andere, tiefere Gründe. Ein Urvertrauen fehlt, es ist Angst/Unsicherheit, die lange verborgen war unter Verstand und Funktionieren.

Bei mir spüre ich oft: Da ist ein inneres Kind was früher nicht viel durfte (eigene Bedürfnisse, tiefe ursprüngliche) und nicht genug wertgeschätzt wurde. Jetzt macht es halt manchmal was es will.

Hat halt keine Lust ewig Kartoffeln zu schälen, will lieber rumlaufen oder spielen. Musste sein ganzes Leben lang schon zu viel arbeiten/für andere tun, sich selbst zurücknehmen den anderen oder der Arbeit zu Liebe und will jetzt endlich auch mal leben/Spaß haben und nicht std. lang so blöde Sachen tun wie Kartoffeln schälen.

Bei mir wurde das im Rahmen der Therapie ausgelöst und auch wenn es von außen betrachtet beunruhigend aussehen kann, habe ich das Gefühl es ist bei mir ein Schritt in Richtung gesund werden, wieder wissen/spüren/fühlen was man gerade eigentlich wirklich WILL/BRAUCHT (auch wenn das problematisch ist im Alltag, wo man funktionieren MUSS und will um nicht anzuecken...)

Pummelchen, konntest du dich früher mal besser auf "langweilige Sachen" konzentrieren als heute?
Hat sich in letzter Zeit stark etwas in der Hinsicht geändert oder war das immer ungefähr so wie jetzt?

Ich habe mich viel zu lange zu allem Möglichen gezwungen, weil man ja musste... zu viel Zwang und zu wenig Spaß. Dass ich damit bei mir irgendwann nicht mehr weiter kam, wundert mich nicht. Man kann sich halt nicht dauerhaft zwingen, weil man muss und die eigenen Bedürfnisse missachten.

In der Hinsicht sehe ich bei mir die Depression/fehlende Konzentration etc. mehr als Hinweis/Hilfe, endlich aufzuhören nur für äußere Dinge/für andere zu leben, weil mir mein Körper dann jetzt einen Strich durch die Rechnung gemacht hat.

Konzentrationsprobleme hatte ich auch noch nie so starke wie in letzter Zeit. Das nur als Ergänzung, falls es alles gar nicht auf dich zutrifft bitte einfach vergessen und sich nicht angegriffen fühlen weil ich meine Erfahrungen äußere (wenn das wieder so wird wie gestern, gehe ich endgültig, aber wir haben uns ja eigentlich immer gut verstanden und ich schätze du kannst trennen was dich betrifft und was nicht ;))...
Viele Grüße,
Zwiebelchen
Pummelchen
Beiträge: 1629
Registriert: 2. Sep 2015, 17:21

Re: ADS der stille Bruder von ADHS

Beitrag von Pummelchen »

Hallo Zwiebelchen,

danke für deinen Beitrag. Wenn ich so nachdenke habe ich lange meine Bedürfnisse zurückgesteckt. Arbeit, Familie, Versorgung meiner schwerkranken geliebten Mutter. Jetzt ist unser Sohn ausgezogen und meine Mutter bald 2 Jahre schon verstorben jetzt habe ich eine Freiheit die ich bis jetzt nicht kannte. Ich muss aber dazusagen das mit meiner Mutter würde ich immer wieder so machen, da war eine große Liebe und Verbundenheit zwischen uns. Auch bedingt durch den frühen Tod meines Vaters.

Schwierigkeiten mit der Konzentration bei ungeliebten Sachen hatte ich früher auch schon z.B. bei Handarbeit! Stillsitzen war auch noch nie meine Stärke. Was ich wirklich verstärkt in depressiven Phasen habe ist eine starke innere Unruhe und Angstgefühle. Das habe ich z.Z. glücklicherweise nicht.

Ich kann mir bei dir schon vorstellen das du deine Bedürfnisse jetzt mehr spürst und auf dich achtest was dir gut tut. Das ist ja ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Ich glaube schon das der Körper seine Warnsignale aussendet in was für einer Form auch immer, wenn die Belastungen zu groß werden. Aber manchmal ist es auch unheimlich schwierig aus dieser "Tretmühle" rauszukommen.

Es tut mir leid das du dich als Kind nicht genügend wertgeschätzt gefühlt hast. Ich hoffe du kannst mit deiner Therapie alles gut aufarbeiten.

Also Zwiebelchen habe mich wirklich!! gefreut das du mir geschrieben hast. LG Pummelchen
Zarra
Beiträge: 5734
Registriert: 12. Mär 2010, 15:16

Re: ADS der stille Bruder von ADHS

Beitrag von Zarra »

Hallo Pummelchen,

ja, Zwang ist schambehaftet, doch er ist gar nicht so selten. Es ist gut, daß Du es gesagt hast! Und ein bißchen sehe ich das Schamhafte sogar positiv - denn Du erlebst es fremd, als störend; das erscheint mir prognostisch günstiger, als wenn Du die Welt nach Zwängen drumrum bauen würdest.

Übermäßige Kontrolle bei Schriftlichem bei verantwortungsvoller Arbeit: Da könnte ja auch gut Angst vor Fehlern dahinterstehen. Sich selbst nicht zu trauen kann man auf mangelnde Konzentrationsfähigkeit schieben und es kann auch berechtigt daran liegen, bei mir hatte es immer mehr mit meinem Selbst"wert"gefühl zu tun, einfach nicht zu genügen, "einfach alles ;-) falsch zu machen". Das ist nicht rational. Und ich reagiere auch heute noch auf jede Kritik sehr allumfassend in Frage gestellt (auch wenn das keiner so gemeint hat), umso eher je schlechter gerade mein Zustand ist.

Und ich glaube, daß bei Depression oft eine ganze Menge im Hirn rattert, ... nur halt leider nicht produktiv; und da bleibt dann leider oft für manches zu wenig übrig.

Liebe Grüße, Zarra
sk17
Beiträge: 47
Registriert: 31. Mär 2015, 16:18

Re: ADS der stille Bruder von ADHS

Beitrag von sk17 »

Ich bin auch auf die Diagnose ADHS bei mir gekommen und habe es mir auch "professionell" bestätigen lassen. Leider sind die Versuche mit Methylphenidat fehlgeschlagen, darunter wurde Angst/Depression nur kurzzeitig besser, dann aber eher viel schlechter. Es gibt aber einige, die anderes (anhaltende Verbesserung) berichten.

Viel Glück
FönX
Beiträge: 3371
Registriert: 2. Jul 2008, 11:37

Re: ADS der stille Bruder von ADHS

Beitrag von FönX »

Hallo Pummelchen,

herzliche Grüße von einem weiteren Träumerle. Bin auch ADS ohne H.
FönX

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