Abhängigkeit vom Therapeuten

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IchBinHier
Beiträge: 50
Registriert: 9. Apr 2016, 10:27

Abhängigkeit vom Therapeuten

Beitrag von IchBinHier »

Hallo ihr Lieben,

ich bin seit fast zwei Jahren in ambulanter Therapie bei einer Therapeutin, die ich sehr schätze und bei der ich mich gesehen fühle. Ich habe schon länger gemerkt, dass ich viel auf das gee, was sie sagt und auch besonders am Anfang anderen viel von ihr erzählt habe.
Sie ist ungefähr so alt wie meine Mutter, vo der ich mich als Kind nicht gesehen fühlte und die nicht wirklich Nähe zulassen konnte.

Jetzt ist meine Therapeutin 7 Wochen im Urlaub! Sie kommt in ca. 4 Wochen zurück. Es fällt mir total schwer. Ich träume viel von ihr und merke einfach, dass mir der Kontakt fehlt. Ich habe zwar gute Freunde, aber ich merke, dass sie die Krankheit nicht so richtig verstehen. Sie kennen mich eben auch als jemanden, der immer alles irgendwie geschafft hat. Sie wollen mich unterstützen, aber diese gut gemeinten Ratschläge "Jetzt machst du eine Stunde was für die Masterarbeit, dann geht es dir besser." helfen mir nicht. Sie können nicht gut nachvollziehen, dass wenn nichts geht, einfach nichts geht.

Außerdem bin ich schon in der letzten möglichen Verlängerung (VT) und habe noch ca. 3 Moate Therapie, dann muss ich zwei Jahre Pause machen. Ich habe das Gefühl, anhängig von em Kontakt mit meiner Therapeutin zu sein. Ohne sie fühle ich mich verloren.
Kennt das noch jemand? Das Gefühl, die Therapeutin zu brauchen und dass nur sie einen versteht?
"Das haben wir noch nie probiert, also geht es sicher gut." (Pippi Langstrumpf)
Elupeiene
Beiträge: 14
Registriert: 9. Jul 2015, 20:21

Re: Abhängigkeit vom Therapeuten

Beitrag von Elupeiene »

Sprich das unbedingt an! Es wird dir nichts bringen, drei Monate Horrorversionen in deinem Kopf durchzuarbeiten und dann vor Verlustangst zu vergehen.
Es ist übrogens ein sehr gutes Zeichen, dass du diese Zusammenhänge selbst so deutlich spürst und erfasst! Sprich es an und such mit ihr gemeinsam eine Lösung.
mime
Beiträge: 1319
Registriert: 6. Sep 2013, 13:28

Re: Abhängigkeit vom Therapeuten

Beitrag von mime »

Hallo IchbinHier,

zu wissen, dass man sich von jemandem verabschieden muss, zu dem man (evtl. als einzige/erste) Vertrauen gefasst hat, belastet sehr. Ich kann mich Elupeiene da nur anschließen: sprich es nach dem Urlaub deiner Therapeutin mal an. Es können Verlustängste von früher sein, die da hochkommen, oder es ist eine Art Trauerreaktion - beides kenne ich auch ziemlich gut.

Meine Therapie dauert zwar noch einige wenige Monate länger als deine, ist aber auch letztmalig verlängert worden, d. h. ich muss danach auch 2 Jahre lang pausieren (und ich weiß auch nicht, wie mir diese Pause bekommen wird).

Vielleicht gibt es bei dir eine Möglichkeit, nach Abschluss der Therapie einige (wenige) Gespräche noch führen zu können. Eine Bekannte von mir macht das auch (sie hat momentan auch "Therapiepause", kann aber, wenn ich mich richtig erinnere, 1 Mal im Quartal trotzdem ein Gespräch wahrnehmen).

Hm, gibt es vielleicht eine Selbsthilfegruppe oder Angebote in deiner Nähe, die zu dir passen könnten bzw. denen du dich anschließen könntest? Ich denke, dass es wichtig ist, in seinem Umfeld stabilisierende Faktoren zu schaffen - das ersetzt nicht das Gespräch mit deiner Therapeutin, schafft aber noch andere Kontakte, die vielleicht trotzdem hilfreich sein könnten.

Wie gesagt, ich würde dein Empfinden mit deiner Therapeutin besprechen (das habe ich auch getan). Dir alles Gute.

Viele Grüße
Mime
Wir müssen lernen,
die Menschen weniger auf das, was sie tun und unterlassen,
als auf das, was sie erleiden, anzusehen.

(Dietrich Bonhoeffer)
Rav
Beiträge: 149
Registriert: 2. Aug 2015, 18:33

Re: Abhängigkeit vom Therapeuten

Beitrag von Rav »

Hallo Ich bin Hier,
ich glaube das kennen viele. Am Anfang dachte ich noch, ich sehe die Therapeutin "als Mittel zum Zweck". Also nix mit einlassen oder gar ne Beziehung aufbauen. Neee, das passiert MIR ganz sicher nicht. Ich brauche das nicht.

Wie deine Mutter, war meine Mutter zwar da, aber irgendwie auch nicht.
Ich habe mir, glaube ich, sehr früh andere "Bezugspersonen" aus meinem Umfeld gesucht. Da war die Kindergärtnerin, Priester, die Grundschullehrerin, Betreuer vom Ferienspaß, meine Mentorin bei der Arbeit etc... Jetzt aktuell die Therapeutin. All diese Leute begegnen dir in deinem Leben, verändern dich, bereichern dich etc... aber meistens verlassen sie dein Leben auch wieder. Mein Hirn sagt, das ist in Ordnung. Man trägt diese Menschen immer irgendwie bei sich. Mein Gefühl ist da Hin- und Hergerissen. Da ist immer noch der Verlust dieser Menschen, die dich prägen...

Mir waren irgendwann diese kindlichen Abhängigkeitsgefühle zur Therapeutin zu viel - eigentlich schon seit der Beginn der Therapie. Ich wollte dann auch keine Verlängerung und bin mehr oder weniger aus der letzten Stunde geflüchtet. Über den Abschied haben wir nie richtig gesprochen. Ich weiß, dass viel davon mein Anteil war, allerdings hatte die Thera den Abschied auch irgendwie nicht richtig thematisiert.
schlussendlich habe ich um Verlängerung gebeten und beschlossen, nur noch das Ende aufzuarbeiten und mich NICHT mehr auf die Thera emotional einzulassen... Pustekuchen.. ist genau so wie vorher.

Allerdings würde ich das Ende jetzt auch anders angehen wollen. "Können" ist dann wieder was anderes.
Ich habe, denke ich, auch irgendwie Panik vor dem Ende und dem "Verlust".

Ich weiß nicht, ob darüber reden wirklich hilft, aber einfach "flüchten" oder das Thema aussitzen, bringt es auch nicht. Also versuch es anzusprechen.

Lg,Rav
RezDep
Beiträge: 498
Registriert: 13. Apr 2016, 18:09

Re: Abhängigkeit vom Therapeuten

Beitrag von RezDep »

Hy,

Abhängigkeitsgefühl ist vllt. die eine Seite. Ich sehe aber auch eine sehr positive Seite: Du hast dich auf die Therapie und Therapeutin eingelassen. Ohne Beziehung zum Therapeuten kannst du dir eine Therapie auch schenken. Also alles richtig gemacht. Wenn du noch 3 Monate Zeit hast, ist thematisieren wirklich sinnvoll, dann könnt ihr gemeinsam überlegen, wie ihr die Therapie vllt. "ausschleicht". Ich kenn es an sich auch so, das zum Ende hin die Termine weiter auseinanderliegen.

LG
Kessy
Anna-Barbara
Beiträge: 20
Registriert: 30. Mai 2015, 22:45

Re: Abhängigkeit vom Therapeuten

Beitrag von Anna-Barbara »

Hallo,
leider kenne ich das Problem auch nur zu gut ... das Ansprechen hat aber gar nichts gebracht, das Problem liegt dann zwar auf dem Tisch, aber Patentrezepte gibts nicht.

Es gibt keine Lösung. Meine Erfahrung: es hängt davon ab, wie es mir geht, gehts mir schlecht, bezw. sehr schlecht hilft einfach nichts.

Lässt man sich auf die Therapie ein, wird man davon abhängig, hilft sie nicht, wird man auch nicht davon abhängig... man wird dann aber auch nicht bei der/dem TherapeutIn bleiben. Abhängig sein, heißt im Prinzip auch, dass die Therpie hilft, wenigstens ein Stück weit. Jeder wird in der Therapie wohl die Erfahrung machen, dass es immer "zu wenig" ist, das ist leider Realität.

Es gibt nur eins: die Widersprüche, Ängste, Depression aushalten, und hoffen, dass es irgendwann besser wird, und sich alles fügt, dass man auch den Therapeut bezw. die Therapeutin verlassen kann, alleine weitergehen kann...

Ich sehe diesen Weg leider auch noch nicht.
Und versuche es auszuhalten, noch nicht mal mich abzulenken funtioniert... meine Erfahrung ist leider, dass einfach nichts hilft, über lange Strecken.
Anna
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