Depressiver Exfreund - hat unsere Liebe noch eine Chance?

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Nona
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Depressiver Exfreund - hat unsere Liebe noch eine Chance?

Beitrag von Nona »

Hallo zusammen,
ich bin neu hier und hoffe, dass ich hier richtig bin und keine Fragen stelle, die schon 100 Mal beantwortet wurden  Aber mir geht es gerade einfach sehr schlecht und ich brauche mal Rat…Mein Exfreund und ich waren über 10 Jahre ein Paar und wollten eigentlich dieses Jahr heiraten und mit der Familienplanung starten. Ich bin Anfang, er Ende 30, wir haben beide sichere Jobs und von den äußeren Umständen hätte alles optimal gepasst. Ich hatte schon länger (im Nachhinein wahrscheinlich seit Mitte 2014) das Gefühl, dass er sich verändert hat, aber habe leider alles nicht so ernst genommen und gedacht, dass sich das wieder legt (kleine Midlife-Crisis oder so).

Ende letzten Jahres hat er dann völlig unvermittelt mit mir Schluss gemacht und gesagt, dass er keine Gefühle mehr hätte, sich fühlen würde wie „in Watte“, nur noch traurig sei und sich eine Zukunft mit mir nicht mehr vorstellen könne. Ich bin dann erst mal aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen und wir sind etwas auf Abstand gegangen, aber wir sind beide nie so richtig voneinander losgekommen. Er hat mir z.B. auch immer wieder sehr süße Nachrichten geschrieben, mir kleine Geschenke gemacht usw. Ich hatte von vornherein das Gefühl, dass es bei ihm in Richtung Depression gehen könnte und habe ihn da auch regelmäßig drauf angesprochen und Hilfe angeboten. Inzwischen ist unser Kontakt wieder sehr gut und recht eng (wir telefonieren 2-3 Mal pro Woche, sehen uns aber derzeit nicht persönlich) und er hat mir erklärt, dass er gar keine Gefühle oder Emotionen mehr empfinden könnte und nur noch traurig sei. Er glaubt inzwischen, Gott sei Dank ,auch, dass er krank ist und es nicht alleine schafft. Er sagt, dass er ständig an mich denkt und dann eine Art Traurigkeit oder Verzweiflung empfindet, aber das Gefühl hat, dass ihm die Fähigkeit verloren gegangen ist, diese Gefühle richtig einzuordnen. Er hat es so erklärt, dass er das Gefühl hat, als stark kurzsichtiger Mensch ohne Brille durch die Gegend zu laufen und irgendwo 50 Meter entfernt Gefühle und Emotionen erahnen würde, die er aber nur verschwommen sehen könnte. Er kann sagen, dass er mich nach wie vor sehr attraktiv findet, sich sehr wohl fühlt, wenn wir telefonieren, objektiv nichts an mir blöd findet und ich der einzige Mensch bin, der ihn noch (manchmal) zum Lachen bringen kann, aber er im Moment keine richtige Liebe empfinden kann und daher (gerade) keine Beziehung mit mir will. Er sagt, dass er mich gerne wieder lieben würde, aber natürlich nicht vorhersehen oder versprechen kann, „was er sieht, wenn er irgendwann wieder eine Brille auf hat“.
Am Freitag hatte er den ersten Termin beim Arzt (Facharzt für Neurologie und Psychiatrie). Der will aber zuerst alles Organische ausschließen und ihn daher erst umfassend neurologisch untersuchen und hat zunächst ein Kopf-CT angeordnet, das in 3 Wochen sein wird. Er hat aber schon angedeutet, dass es wohl auf eine (starke) Depression hinausläuft, wenn organisch alles ok ist.

Ich weiß gar nicht so richtig, was ich mir hier erhoffe. Mir geht es einfach sehr schlecht und ich wüsste gerne, ob es Leute gibt, die Ähnliches durchgemacht haben und ein bisschen berichten und im Optimalfall Mut machen können? Ich kann überhaupt nicht einschätzen, wie die Chancen sind, dass er zu mir zurück kommt, wenn er wieder gesund ist und ob ich überhaupt davon ausgehen kann, dass er in absehbarer Zeit wieder gesund wird? Ich denke, dass eine Psychotherapie sehr lange dauert (ich schätze mindestens 6 Monate?), aber besteht eine realistische Chance, dass es ihm auch vorher schon wieder so viel besser gehen würde, dass wir – während die Therapie noch läuft und er ggf. Medikamente nimmt – wieder ein Paar werden könnten? Ich fühle mich einfach im Moment total einsam und würde ihn gerne wieder sehen, mal wieder bei ihm im Arm einschlafen usw. Kann mir irgendjemand eine Tendenz geben, wie es jetzt weitergeht? Im Internet steht ja überall, dass Depressionen sehr gut heilbar wären, aber wenn man dann „Erfahrungsberichte“ von Betroffenen liest, klingt es immer ganz erschreckend. Da steht dann meistens, dass es schon seit Jahren geht, immer wieder Rückfälle kommen und so weiter… Ich liebe ihn nach wie vor sehr und finde es auch selbstverständlich einen (wie auch immer) erkrankten Partner nicht fallen zu lassen, aber ich möchte jetzt auch nicht über Jahre mit in einen „Sumpf“ gezogen werden. Hinzu kommt mein stark ausgeprägter Kinderwunsch, den ich in den nächsten 1-3 Jahren schon gerne realisieren würde… Gibt es hier vielleicht Fälle, in denen nach wenigen Wochen oder zumindest Monaten deutliche Verbesserungen eingetreten sind oder sind meine Vorstellungen da zu naiv?
Vielen, vielen Dank schon mal!
Klee1
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Registriert: 10. Jan 2016, 11:38

Re: Depressiver Exfreund - hat unsere Liebe noch eine Chance

Beitrag von Klee1 »

Hallo liebe Nona,

das, was du beschreibst, kennen viele von uns hier sehr gut. Auch mein Freund hat Ende letzten Jahres für mich völlig überraschend mit mir Schluss gemacht und dabei ähnliche Aussagen gemacht. Ich war mir von Anfang an sehr sicher, dass er Depressionen hat und habe ihm ans Herz gelegt sich Hilfe zu suchen. Das hat er auch gemacht und ist inzwischen in Therapie. Wir sind nach etwa 6 Wochen und einigen Gesprächen wieder zusammen gekommen. Das ist zum einen sehr schön, auf der anderen Seite ist es weiterhin eine Dauerbelastung. Wir sehen uns viel seltener als zuvor, da er diesen Abstand braucht. Auch wenn er weiß, dass er mich sehr lieb hat, empfindet er häufig nichts für mich und fühlt sich nur leer. Leider schlägt auch die Therapie nicht so an wie erhofft. Medikamente nimmt er keine.
Ich bin sehr stolz auf ihn und sehe wie er sich bemüht. Ich versuche ihm dabei eine Stütze zu sein. Leider ist die Beziehung aber trotzdem immer wieder belastend für ihn, da er mir gegenüber große Schuldgefühle hat und sich für mich einen viel besseren Partner wünscht.
Du siehst, es ist also nicht so einfach. Trotzdem halten wir im Moment noch beide an der Beziehung fest, weil wir natürlich auch merken, dass sie uns weiterhin gut tut.
Ich kann mir vorstellen, dass es dir gerade gar nicht gut geht. Du bist wahrscheinlich gerade hin und her gerissen zwischen ihn loszulassen oder eben doch noch an euch festzuhalten. Ich habe meinem Freund damals gesagt, dass wir uns ja erstmal nicht festlegen müssen, was das zwischen uns ist. Dass wir im Moment weder zusammen, noch getrennt sind, und jetzt seine Genesung an erster Stelle stehen muss. Danach kann man immer noch schauen, was dann mit uns ist. Das hat ihm damals sehr geholfen, weil er sich nicht festlegen musste.
Ansonsten sollte bei euch jetzt an erster Stelle stehen, dass er möglichst bald einen Therapieplatz bekommt.

Also meine Erfahrung bisher ist, dass eine Beziehung durchaus möglich ist, aber sehr kräftezehrend. Auch wenn ich es nicht bereue, diese Erfahrungen zu machen, solltest du dich wirklich fragen, ob du sowas für dich willst. Gerade im Hinblick auf deinen Kinderwunsch. Es kann innerhalb einiger Monate alles wieder besser werden, aber natürlich besteht auch die Option, dass es eine längere Geschichte wird. Das sollte dir dabei bewusst sein.

Ich wünsche dir und deinem Partner alles Gute :)
Liebe Grüße
Klee
Salvatore
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Re: Depressiver Exfreund - hat unsere Liebe noch eine Chance

Beitrag von Salvatore »

Hallo Nona,

die Depression ist die unberechenbarste Erkrankung, die ich kenne. Alles ist möglich. Kann sein, dass er zu dir zurückkommt, kann sein dass es vorbei ist. Es gibt Spontanheilungen, manche erholen sich nie mehr - dazwischen gibt es alle Ausprägungen. Manche sprechen sensationell gut an auf Antidepressiva, manche überhaupt nicht. Manche berappeln sich nach ein paar Wochen in einer Klinik und finden schnell wieder ins Leben zurück, bei anderen tun sich da erst Abgründe auf und es geht ihnen anschließend sogar eher schlechter. Man kann einfach überhaupt keine Vorhersagen treffen und es gibt keine typische Behandlungsdauer.

Man kann ungefähr sagen, je länger der Zeitraum, über den sich die Depression entwickelt hat, desto länger dauert es häufig. Das leuchtet aber auch irgendwie ein, Probleme, die sich über Jahre oder sogar Jahrzehnte aufgebaut haben, lösen sich nicht in ein paar Wochen. Letztlich kommt es immer drauf an, was die Ursache für die Depression ist, ob man die schnell entdeckt und wie gut man an die herankommt. Wenn es hübsch überschaubar und eingrenzbar ist, geht es schnell. Wenn es eher diffus ist oder weit zurückliegt, dauert es länger. Jeder reagiert auch anders und oft dauert es, bis man die passende Behandlung bekommt. Da ist leider die Vorstellung doch eher Richtung naiv, wenn du sechs Monate "ziemlich lang" findest. Das trifft auf manche zu, aber vielfach dauert es viel länger. Dazu kommt bedauerlicherweise, dass die Wartezeiten meistens immens sind. Auf einen ambulanten Psychotherapieplatz wartet man 6-12 Monate; wenn man Glück hat, bekommt man schneller einen Platz, das hängt auch vom Wohnort ab, von der zeitlichen Flexibilität,... Die Anzahl der Stunden ist von der Krankenkasse vorgeschrieben und abhängig von der Therapieform. Verhaltenstherapie startet mit 25 Stunden, i.d.R. einmal pro Woche oder alle zwei Wochen. Bei einer Tiefenpsychologisch fundierten Therapie sind es zunächst 50 Stunden, einmal pro Woche. Seltener ist Psychoanalyse, da werden glaube ich zunächst 100 Stunden beantragt und finden 1-3 mal pro Woche statt.

Dann muss das mit dem Therapeuten auch auf persönlicher Ebene passen, man muss miteinander "können"; d.h. vielleicht wartet man monatelang und dann passt es nicht und man steht wieder bei Null. Auch Kliniken haben Wartezeiten, das ist sehr unterschiedlich, von einigen Tagen bis viele Monate. Es ist wichtig, dass du auf dich achtest und viel für dich tust, nicht immer nur auf ihn guckst. Lenke dich ab, geh (r)aus, mache deine Hobbys, triff dich mit deinen Freunden, alles was dir gut tut - auch wenn es im Moment schwer fällt, das zu genießen. Ich würde dir raten, mit ihm erstmal nicht über deinen Kinderwunsch zu sprechen oder zu fragen, ob das wohl demnächst realistisch wäre - er wird es dir ohnehin nicht beantworten können und diesen doch recht großen Erwartungsdruck wahrscheinlich schwer händeln können. Guck, wie es läuft, bleibt in Kontakt, und vor allem: redet so offen wie irgend möglich miteinander. Frag ihn, was du machen kannst, um ihm zu helfen, was er braucht und was er schwierig findet, was ihm nicht hilft etc. Das ist auch bei jedem anders. Manche wollen einfach in Ruhe gelassen werden, manche ziehen Kraft aus Kontakten. Da ist Kommunikation wirklich wichtig.

Naja, das ist glaube ich vorerst genug. In meiner Signatur findest du den Link "deprilibri", da habe ich ein umfangreiches Wörterbuch zusammengestellt mit den Psychotherapieverfahren und was sie bedeuten, auch die Unterschiede zwischen den einzelnen Behandlern, wer wofür zuständig ist etc. Und es gibt einen Haufen Buchtipps, vielleicht wirst du da ja auch fündig. Das Themengebiet ist irre (haha ;) ) komplex.

LG, Salvatore
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Catrina
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Registriert: 2. Apr 2016, 09:32

Re: Depressiver Exfreund - hat unsere Liebe noch eine Chance

Beitrag von Catrina »

Liebe Nona,

Auch, wenn es dir vielleicht nicht bewusst ist, hast du mir dadurch, dass du geschrieben hast, wie dein Freund seine Gefühle beschreibt, sehr geholfen.

Auch ich erkenne meinen Liebsten nicht wieder, er hat zwar nicht offiziell Schluss gemacht, aber erst heute Nacht wieder geschrieben, Liebe sei eine Krankheit...

Dein Freund bemüht sich um Hilfe. Das ist extrem viel wert.
Meiner nicht.

Ich bin noch keine Langzeitbetroffene, und ihr seid wesentlich länger zusammen (gewesen) als wir es sind.

Dass dein Freund oder Ex, wie auch immer du ihn nennst für dich, dich frei gegeben hat, ist nach meiner Erfahrung eine Entlastung, die du ihm gönnen musst.

Ja, es tut verdammt weh, dass nichts mehr von seiner Seite kommt. Du fragst dich, wie das sein kann.

Du siehst an diesem Forum, dass viele von uns ratlos, traurig sind.

Hoffnungen will und kann ich dir nicht geben. Dazu hat Salvatore wesentlich qualifizierter geschrieben.

Ich will nur sagen, hier findest du definitiv Leute, die dich verstehen.

Trotz aller Probleme: schönen Feiertag!
Nona
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Re: Depressiver Exfreund - hat unsere Liebe noch eine Chance

Beitrag von Nona »

Vielen lieben Dank für die netten Antworten! Es hilft mir sehr, zu hören, dass ihr mich verstehen könnt! Mit meinen Eltern kann ich tatsächlich auch ganz gut darüber reden, aber in meinem Freundeskreis geht es leider viel in Richtung: "Wenn er solange schon ohne dich leben kann, liebt er dich wohl nicht genug" " Man rennt keinem Mann hinterher, der mit einem Schluss
gemacht hat" etc. Gestern Abend war ich in einer größeren Gruppe unterwegs und jeder hat versucht, mich mit irgendwem zu verkuppeln, obwohl offensichtlich ist, dass ich nicht über meinen Exfreund hinweg bin... Irgendwie finde ich so eine Sichtweise oberflächlich und kalt, aber bevor ich mich so intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt und wirklich verstanden habe, dass seine Gefühle gerade einfach blockiert sind, hätte ich das vielleicht auch so gesehen...

Insgesamt bin ich aber im Moment ganz zufrieden mit der Entwicklung, weil er jetzt wirklich aufgewacht ist und was machen will, nachdem ich mir vorher ja ein halbes Jahr anhören musste, dass es normal ist, "mal" (=über Monate) traurig und orientierungslos zu sein und er deswegen doch nicht krank sei.

Das CT wurde überraschend doch gestern schon gemacht und war unauffällig. Der Arzt hat dann wohl auch nur noch gesagt, dass es dann wohl eine Depression ist, allerdings nur eine leichte Form, weil er ja arbeiten gehen kann, keine Panikattacken hat etc. Seinen anderen Patienten ging es viel schlechter, die könnten gar keinen normalen Alltag mehr gestalten. Wenn er meine, könne er ja Mal ein paar Mal zum Psychologen gehen, schaden könnte das ja nicht. Diese Antwort hat meinen Ex glaub ich ziemlich heruntergezogen, weil er sich nicht so ernst genommen fühlte. Vielleicht ist bei einer "normalen" Depression, die vielleicht durch einen beruflichen Burn-Out oder so ausgelöst wurden (gehe ich bei meinem Ex von aus), aber tatsächlich ein Psychologe ein besserer Ansprechpartner als ein Psychiater.

Er will sich jetzt nächste Woche um ein Erstgespräch kümmern. Ich habe ihm im Internet eine (Privat-)praxis rausgesucht, die auf mich beim Surfen den besten Eindruck gemacht hat. Auf der Homepage wird behauptet, sehr kurzfristig (angeblich in wenigen Tagen) Termine zu bekommen. Ich hoffe, dass das tatsächlich der Fall ist, bei Salvatore klang das ja ganz anders... Oder wird da derart stark zwischen Privatpatienten und Kassenpatienten unterschieden? Das wäre ja krass! Hat noch jemand einen Tipp, worauf man achten sollte und woran man einen guten Therapeuten erkennt? Ich kenn mich da ja gar nicht aus und konnte daher nur nach dem Internetauftritt gehen...

Vielen Dank und euch allen weiterhin viel Kraft!
Catrina
Beiträge: 91
Registriert: 2. Apr 2016, 09:32

Re: Depressiver Exfreund - hat unsere Liebe noch eine Chance

Beitrag von Catrina »

Liebe Nona,

Dass er sich kümmern will, ist ein sehr guter Vorsatz; bleibt zu hoffen, dass er nicht zu viel arbeiten muss, das Wetter gut genug ist, seine Katze nicht zum Tierarzt muss... Diese klassischen Ausreden, die wir alle kennen, um uns vor ungeliebten Terminen (hier: dort anrufen) zu drücken...

Natürlich macht jeder einen Unterschied zwischen gesetzlich und privat versichert; was ist denn dein Ex?

Ich habe auf meinen Erstberatungstermin 4 Wochen gewartet, dann allerdings hatte ich auch gleich die erste Stunde.

Aber bitte, glaube nicht, dass ein Psychotherapeut schnell helfen kann. Ich bin nicht depressiv, und doch wühlt meine Therapie viel auf, das noch behoben werden muss... Wie ist es dann bei jemandem, bei dem schon die Krankheit ausgebrochen, also auch körperliche (hormonelle) Konsequenzen hat?

Ich möchte dir keine Angst machen, sondern dich nur vorwarnen.
Es wird Momente geben, da wirst du denken"Ja, das ist mein Freund, wie ich ihn kannte... Er ist wieder gesund und wird also mich gleich in die Arme nehmen und alles ist wie früher!", und vielleicht nimmt er dich auch in den Arm,... Aber er wird anders sein, ruhiger... Sei nicht traurig, werde nicht aggressiv, wenn er sofort darauf einen Spruch raushaut, der dich innerlich zusammenzucken lässt...

Er mag in manchen Momenten wie einst wirken, wird es aber nie wieder sein.

Versuche auch, über dich nachzudenken.

In einem anderen thread hier berichtete eine Angehörige auch, wie schlecht SIE such fühlte, bis ihr eine Bekannte "den Kopf wusch", dass sie wohl ihre eigene Angst und ihre Sorgen (in deinem Fall z.B. "wann kann ich endlich von ihm schwanger werden?") sah und nicht seine.

Denn wenn es dir hauptsächlich um dein Wohlergehen ginge, das du aber fälschlicherweise mit ihn in Relation setzt, dann sollte diese Zeit ohne ihn die Chance für dich sein, auch das zu erkennen und an der zu arbeiten.

Nur als Beispiel: was wäre, wenn er zwar irgendwann wieder gesund wäre, aber kein Kind mehr möchte?
Würdest du wieder mit ihm zusammen kommen wollen?

Es gibt hier Angehörige, die schon sehr viel länger als ich ihren erkrankten Liebsten beiseite stehen.

Darum bin ich sicher nicht das Maß aller Dinge, aber ich erkenne mich in deiner Hilflosigkeit und Hoffnung wieder.

Ich habe unter vielen Tränen lernen müssen, dass mein Freund mir nicht mehr das geben kann, was ich mir wünsche. Und unter noch mehr Tränen mich gefragt, ob ich deshalb aufgeben sollte.

Sei darauf gefasst.

Nur er kann den Weg zur Behandlung einschlagen.

Toi Toi Toi und LG
Salvatore
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Re: Depressiver Exfreund - hat unsere Liebe noch eine Chance

Beitrag von Salvatore »

Hallo Nona,

tja, manche Ärzte sind wirklich wenig einfühlsam... Blöd gelaufen! Von Therapeuten bekommt man immer eingetrichtert, dass sich Leid nicht vergleichen lässt und man das auch nicht tun soll; weil es nämlich unter Depressiven sehr weit verbreitet ist, dass sie sich keine Hilfe holen, immer sagen - aber es gibt doch Leute, denen geht es noch viel schlechter...
Viele von uns konnten noch recht lange einen relativ normalen Alltag aufrechterhalten, aber zu welchem Preis? Und irgendwann kam der Zusammenbruch. Also, das ist kein Kriterium und man kann nicht sagen, wenn du noch arbeitest, hast du auch nichts, also kneif die Pobacken zusammen. Das ist Quatsch. Nicht ohne Grund werden Depressionen auch in Schweregrade unterteilt und nur weil manche Leute gar nicht mehr aufstehen können, heißt das ja nicht gleich, dass man auch dann erst behandlungstechnisch eingreifen sollte. Muss ja nicht so weit kommen!

Er kann ja erstmal gucken, wie/ob das mit der Therapie läuft und sonst später noch mal bei einem anderen Arzt einen neuen Anlauf machen, wenn er denkt, dass er medikamentöse Hilfe benötigt. Wurde ein Blutbild erstellt? Das wäre noch mal wichtig, um Mangelerscheinungen oder einer Schilddrüsenerkrankung etc. auf die Spur zu kommen, was auch depressive Symptome auslösen kann. Als Facharzt wäre besser dann auch ein "Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie" und nicht wieder ein Neurologe.

Die Unterschiede bei Prviat- und Kassenpatienten sind tatsächlich riesig, allerdings kann man im (psychischen Bereich?) nicht allgemein sagen, Privatpatienten sind viel besser dran. Alles, was ich geschrieben hatte, bezog sich auf Kassenpatienten.
Ja, die Wartezeiten auf Therapieplätze fallen weg bzw. sehr viel geringer aus. Dafür kann das mit der Bezahlung problematisch sein. Die PKV übernimmt Psychotherapie nur, wenn es auch mit im Vertrag steht - manche Patienten lassen das rausnehmen, weil es dann viel günstiger wird. Auch das mit der Anzahl der Stunden ist anders geregelt, da kenne ich mich aber auch nicht aus und weiß auch nicht, wie das Prozedere ist. Psychotherapie ist grundsätzlich beihilfefähig, muss dort aber vor Beginn beantragt werden und das kann sich hinziehen. Bei Krankenhausaufenthalten ist es wohl ganz schlimm, da wird dann u.U. einfach entschieden, nö, das brauchst du nicht, das geht auch ambulant.
Als Kassenpatient wartet man zwar lange, aber dann wird das auch (zumindest am Anfang) relativ unproblematisch bezahlt und man hat nicht viel Gemurkse. Wenn der Arzt einem eine Einweisung ausstellt, dann geht man ins Krankenhaus. Wenn auch erst in ein paar Monaten.
Es kann also wirklich gut sein, dass diese Privatpraxis Termine innerhalb von Tagen anbieten kann; ihr müsst dann halt noch mal gucken, wie das mit der Kostenübernahme funktioniert. Wenn er aus eigener Tasche bezahlt, ist es eh egal, aber das würde sich dann mit der Zeit zu einer Riesensumme zusammenläppern - man geht da eben nicht bloß zwei-, dreimal hin und dann ist gut.

Am besten hört er bei der Auswahl auf sein Bauchgefühl. Fühlt er sich wahrgenommen, gehört, verstanden? Oder nicht ernst genommen wie von dem Neurologen, kleingeredet in seiner Problematik? Hat er einen Draht zu dem Therapeuten? Oder denkt er, was für ein blöder Typ?
Das Zwischenmenschliche ist der wichtigste Faktor, nur so baut sich ein Vertrauensverhältnis auf, und da tickt jeder anders. Ich finde meinen Therapeuten total super, eine andere Patientin konnte mit ihm überhaupt nicht. Wobei es auch nicht immer rund läuft, man muss sich schon so einiges Schwieriges sagen lassen und das ist nicht immer angenehm. Man hat normalerweise fünf Probestunden, bevor ein endgültiger Therapieantrag gestellt wird - ich glaube, das ist in der PKV auch so.

Hier kannst du mal gucken, ist nur halb scherzhaft gemeint, es steckt auch viel Wahres drin: https://www.psychotherapiepraxis.at/psy ... tern.phtml

LG, Salvatore
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Nona
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Re: Depressiver Exfreund - hat unsere Liebe noch eine Chance

Beitrag von Nona »

Vielen Dank für eure Antworten! Der Link ist wirklich sehr amüsant, salvatore, ich habe sehr gelacht und schon jetzt einiges wieder erkannt… Insbesondere den Punkt, dass man die Notwendigkeit einer Therapie in jedem Fall mit Gott und der Welt diskutieren sollte, bevor man eine voreilige Entscheidung trifft… vor circa drei Wochen hab ich da auch ziemlich die Geduld verloren und ihn recht sarkastisch gefragt, ob ihm gar keine entfernte Großtante mehr einfallen würde, mit der wir das Thema auch noch mal diskutieren könnten und dass er insbesondere daran denken soll allen auch jeweils eine Stellungnahme Frist von sechs Wochen zu setzen...
Ich bin sehr gespannt, was die nächsten Wochen bringen… Das mit der Schilddrüse war noch einmal eine sehr gute Idee, weil ich weiß , Dass er definitiv eine Unterfunktion hat, die er nur mit Jod behandelt und die locker zwei Jahre nicht mehr kontrolliert wurde…
Er ist privat versichern und hat Psychotherapie wohl im Vertrag… Der Plan ist jetzt aber sowieso erst mal, in der Praxis ein " Coaching" für Selbstzahler zu machen, weil er aus beruflichen Gründen vor Juli schlecht eine offizielle Therapie machen kann, Weil es beruflich sehr schwere Folgen haben kann, wenn jetzt eine psychische Erkrankung bekannt werden würde… Gottseidank will er aber auch nicht mehr bis Juli warten, sondern hat mich gefragt , Ob ich eine Idee für eine Zwischenlösung habe… Dieses Coaching bieten die ausdrücklich bei Lebenskrisen etc., die noch keine Psychotherapie erfordern an, und auf der Homepage steht, dass es da dann automatisch in eine Therapie ( die dann die Kasse zahlt) Übergeht, wenn die bei den Gesprächen eine psychische Erkrankung diagnostizieren… Er hat glaube ich noch die Hoffnung, dass er nur eine mit midlife Crisis oder so hat und nicht richtig krank ist und Coaching klingt für ihn halt besser als Therapie… Das kennt er von seinem Job, wo es als toll gilt, sich psychologisch coachen zu lassen, während er eine Psychotherapie glaube ich mit schwäche verbindet... Daher bin ich auf diese Zwischenlösung mit dem Coaching gekommen, wird ja von den selben Therapeuten gemacht, die sonst die normale Psychotherapie machen und man kann das Kind ja einfach anders nennen, wenn der Anfang für ihn dann einfacher ist…
Was machst du denn für eine Therapie Catrina? Ich hoffe, dass es deinem Freund bald besser geht!
ullkich
Beiträge: 11
Registriert: 27. Apr 2016, 11:55

Re: Depressiver Exfreund - hat unsere Liebe noch eine Chance

Beitrag von ullkich »

Hallo,
Wie du siehst kann dir keiner eine Antwort darauf geben ob eure Liebe noch eine Chance hat. Diese Frage kannst nur du dir selbst beantworten.
Mir hat vor drei Jahren ein Therapeut gesagt:" Es gibt nur zwei Möglichkeiten entweder sie verlassen ihre depressive Frau oder sie werden selbst depressiv."
Ich war sehr schockiert und habe dann ihn verlassen.
Heute weiß ich leider er hatte Recht.ich habe mich so sehr mit dem leiden und der Krankheit beschäftigt und wollte ständig meiner Frau helfen. Bis dann auch bei mir der Zusammenbruch kam und ich nicht mehr in der Lage war meiner beruflichen Tätigkeit nachzugehen.
Ich bin also Angehöriger und Betroffener.
Was ich damit sagen will ist - achte auf deine Gefühle,deine Gesundheit und deinen Körper.Nur ein gesunder und starker Partner kann für den anderen den kranken da sein.Heilen wirst du ihn nicht können und schon gar nicht in einer kurzen Zeit aber ihm zur seite stehen und für ihn da sein.
Egal welchen Weg du gehst ich wünsche dir sehr sehr viel Kraft
Catrina
Beiträge: 91
Registriert: 2. Apr 2016, 09:32

Re: Depressiver Exfreund - hat unsere Liebe noch eine Chance

Beitrag von Catrina »

Liebe Nona,

ich kam gerade von einem Treffen mit meinem "Freund", das so verheerend war, dass ich erst einmal Trost im Forum suchen wollte, als ich Ullkichs Part las.

Es ist so traurig, aber es ist leider wohl so wahr: Je intensiver du dich an die depressiv erkrankte Person hängst und hoffst, alles möge wie ein Alptraum schnell vorbei sein, desto tiefer zieht sie dich mit hinab.

Ich weiß noch, wie ich versuchte, ihn aufzubauen, von Therapien sprach (verdammt, der Mann ist ARZT!) und er dennoch immer tiefer versank und ich mit ihm, aus verschiedensten Gründen.

Heute dann, nach zwei Wochen und zwei Tagen (ja, ich zähle mit!) haben wir uns "mal wieder gesehen"... und ich weiß, er hat sich nur aus seiner Höhle herausgezwängt, weil ich sonst ausgerastet wäre.

Ich war erschrocken, dass ich mich schon heute vormittag, bei der WhatsApp-Bestätigung meines "Ich freu mich!" seinerseits durch zwei läppische Daumen-Zeichen, fragte: "Willst du ihn echt sehen? Er freut sich ja nicht mal!" ... und ja, so verlief auch das Treffen... er war pünktlich, freundlich... aber so unverbindlich bis unter der Gürtellinie "schwarzhumorig" ("Was? Hier laufen Exhibitionisten rum? Na, das ist doch fein, setzt du dich mit einem Bier auf die Bank und guckst zu, du magst das doch!" - weil ich ihn doch so oft gefragt habe, warum er keinen Körperkontakt mehr will, bin ich die sexwütige Bestie...).

Er hat ständig gegähnt und ganz ehrlich, ich wusste nicht, was ich reden sollte... alles verdreht er einem in Mund, ist negativ besetzt ("Du und deine Arbeit, du kriegst doch Geld für's Nichtstun!")... ich musste bestimmt mindestens 6x einen scharfen Kommentar hinunterschlucken.

So hab ich ihn dann nach 2 1/2 Stunden gefragt, ob er nicht nach Hause möchte... und shit, ja, er war happy über dieses Angebot! :(

Anstandshalber hat er noch gefragt, was ich denn dann machen würde... aber als er mir dann sagte, im Grunde würde er am liebsten weder ausgehen noch Besuch empfangen, woraufhin meine logische Schlussfolgerung war, dann würden wir uns ja nie mehr sehen... , da wusste ich jedenfalls, hier geht etwas zu Ende, was vor 6 Monaten genau wunderbar begonnen hat.

Wenn er mir ins Gesicht sagt "Mir geht es gut, ich fühle nichts", dann ist das für mich wie eine Ohrfeige.

Denn es zeigt, so interpretiere ich es, dass er NULL Interesse daran hat, diesen seinen Zustand zu ändern.

Und ich KANN und WILL seine Miesmacherei nicht mehr ertragen.

Das ist das, was Ullkich sagte, denke ich.
Er tut mir leid, ich bemitleide mich selbst, dass ich einen tollen Mann verloren habe.... diese Krankheit macht aus den Erkrankten Knete und formt sie, wie sie gerade mag.

Du (oder wer auch immer das liest) merkst, ich bin mitgenommen.

Ich habe 5 Monate an der Seite dieses Mannes um Papiere und gegen Behörden gekämpft; Montag ist der Tag, an dem er seine neuen Papiere erhält ... danach werde ich ihn nicht mehr anschreiben, nicht mehr AGIEREN, sondern nur noch REagieren.

Das Leben ist zu kurz und zu schön für diesen Klotz und Mühlstein, der sich nicht ändern WILL.

Meine Therapie? Ich wollte schon seit Jahren aus mir herausbekommen, warum ich so empfindlich auf Kritik reagiere... zudem hab ich die Last, drei Kinder allein zu erziehen... ich habe jedenfalls ohne Probleme diese Therapie bekommen.

Nun wohne ich allerdings auch in einer deutschen Großstadt, und meine Therapeutin ist noch in der Assistenzarztzeit... mir ist das egal, sie hat schon oft den Finger in die Wunde gelegt oder auf eine Stärke hingewiesen. Es tut mir gut, aber es löst auch viel aus.

Es ist schon interessant, Nona, gestatte mir zu lächeln, dass dein Freund es sich "beruflich nicht leisten kann, dass eine Therapie bekannt wird".
Wenn er sich den Fuß gebrochen hätte, würde er dann auch seinem Arbeitgeber vorgaukeln, es sei nur eine Verstauchung?
Jeder muss das für sich selbst wissen; ich habe z.B. meinem Chef klar gesagt, ich muss jetzt jeden Donnerstag ne Stunde weg, das ist mir wichtig. Ob das nun Psycho- oder Physiotherapie ist, weiß er nicht, geht ihn auch nichts an. Aber ICH bin es mir wert, dass ich dazu stehe zu sagen "Ich brauche und möchte diese Therapie, also sag ich das auch offen!"

Was sagt denn seine Familie eigentlich zu der Situation? Da ihr so lange zusammen seid, nehme ich an, du kennst sie gut?

Ich wünsche dir, dass dein Engagement und deine Kraft nicht verpuffen!

Ein schönes Rest-Wochenende,

liebe Grüße
C.
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