Seit 10 Wochen stationärer Aufenthalt mit Kontaktabbruch

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ruccola
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Registriert: 15. Mär 2016, 16:31

Seit 10 Wochen stationärer Aufenthalt mit Kontaktabbruch

Beitrag von ruccola »

Mein Freund ist seit 10 Wochen stationär in einer Klinik untergebracht - sein Leidensdruck war im Dezember so groß, dass er sich quasi selber hat einweisen lassen. Das ist ja erst einmal positiv - Vorgeschichte Reha, Verhaltenstherapie und Psychoanalyse in den letzten 3 Jahren, mehr oder weniger erfolgreich. Wenn es ihm besser ging, hat er versucht, sich selbst zu therapieren - hier garantiert wenig erfolgreich! Wir sind seit über 7 Jahren ein Paar, seit ca. 4 Jahren ist klar, dass er depressiv ist, wahrscheinlich schon viele Jahrzehnte damit zu tun hatte. Nach den ersten 4 Wochen der stationären Unterbringung war noch alles ganz in Ordnung, allerdings fiel mir schon auf, dass wenig bis gar keine Gespräche stattfanden - 1 Psychologin für 18 Depressive, diese dann auch noch zig Wochen erkrankt - Null Chance! Magnetstimulation hat auch für 3 Wochen stattgefunden, danach (kann Zufall sein) fiel er ins schwarze Loch... und das so tief, dass er mich seitdem nicht einmal mehr anrufen kann, geschweige denn mich zu sehen. Ich muss dazu sagen, wir haben IMMER viel Kontakt - ob per Email oder Telefon. Nun gut, da wir uns ja mittlerweile etwas mit der Krankheit auskennen (damit meine ich in erster Linie mich!) weiß ich, dass es keinen Zweck hat, ihn nach den Gründen zu fragen - er kann es einfach nicht. Seit 5 Wochen geht es nun schon so, dass er sich immer mal wieder "in Erinnerung" bringt, mir per email einen guten Morgen und mit ganz viel Glück am nächsten Tag auch per email eine gute Nacht wünscht. Ich habe es bislang so gemacht, dass ich ihm seine Email beantwortet habe, ganz kurz und knapp... so dass er einfach merkt, dass ich da bin. Ich muss es aber mal gerade heraussagen: ICH KANN DAS NICHT MEHR! Ich bekomme von ihm als Lebensgefährtin NULL Informationen, weiß eigentlich nur, dass er am Montag auf eine andere Station verlegt wird, dort gibt es endlich Einzel- und Gruppentherapie - täglich alle beiden. Es ist wirklich so, dass ich auch Angst habe... Angst davor, mit ihm zu telefonieren oder ihn zu sehen weil ich nicht weiß, inwieweit er sich verändert hat... und das hat er mit Sicherheit. Ich liebe diesen Mann über alles, aber ich fühle mich im Moment komplett aus seinem Leben geschmissen und hier auch ein JA!... Ich weiß, dass er es nicht so meint... nicht persönlich! Ich bin aber auch nur ein Mensch und kann damit nicht mehr umgehen. Ich möchte lieber gar keinen Kontakt zu ihm (er kann mir gerne schreiben, wenn es ihm dadurch besser geht - ich lese seine emails selbstverständlich, möchte mich aber nicht mehr einbringen und darauf antworten) als diesen besch....eidenen Kontakt, der mich fertig macht. Ich habe mich so kurz wie es geht gehalten, vielleicht versteht Ihr ja, was ich meine. Ich hätte gerne von Euch, die Erfahrungen mit depressiven Angehörigen haben wissen, ob es falsch oder auch ob es richtig ist, so zu handeln. Ich danke Euch für Antworten, die mir sehr helfen würden. Ich habe auch endlich nach zwei Jahren eine Selbsthilfegruppe für Angehörige von depressiven Menschen gefunden - die beginnt aber erst in ca. 4 Wochen und hilft mir im Moment so gar nicht weiter. Vielen Dank!
BaMe
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Registriert: 1. Mär 2016, 20:22

Re: Seit 10 Wochen stationärer Aufenthalt mit Kontaktabbruch

Beitrag von BaMe »

Hallo ruccola!
Ich kann mich gut in deine Lage versetzen- mir ging es fast ähnlich! Ich hatte irgendwann überhaupt keinen Kontakt mehr zu ihm-er hatte ihn für 7 Wochen komplett eingestellt- als es dann mit den Einzelgesprächen in der Klinik los ging, hatte ihm sein Therapeut geraten mit mir Kontakt aufzunehmen, weil er geäußert hatte, wie sehr es ihn doch belastet. Er hat es getan und wir haben danach mit Paargesprächen begonnen! Ich weiß wie schwer es ist, so ein Gefühl auszuhalten -man fühlt sich wie in den Schrank gestellt! Achte darauf, dass es dir dabei gut geht - und der Rest wird sich zeigen! Ich wünsche dir viel Kraft und alles Gute! LG Barbara
ruccola
Beiträge: 20
Registriert: 15. Mär 2016, 16:31

Re: Seit 10 Wochen stationärer Aufenthalt mit Kontaktabbruch

Beitrag von ruccola »

Guten Morgen liebe Barbara,

es ist für mich ein seltsames, aber schönes Gefühl, endlich nach all den Jahren einmal von jemandem direkt angesprochen zu werden, der sich in MICH hineinversetzen kann – nicht immer in meinen Partner, das geht ohnehin gar nicht - vielleicht gut so.

Herzlichen Dank erst einmal für Deine Antwort, die mich erst einmal beruhigt hat. Du schreibst, dass ihr 7 Wochen keinerlei Kontakt hattet. Meintest Du damit auch, dass er vorher ebenfalls schon stationär aufgenommen war, wie bei meinem Freund mit 10 Wochen Aufenthalt und bevorstehender Verlegung auf die andere Station, oder war das, bevor er überhaupt in die Klinik gegangen ist? Das mit dem „in den Schrank gestellt gefühlt“ ist ein sehr guter Vergleich für meine Situation, die ich immer „aus seinem Leben geschmissen“ deklariere – Dein Vergleich trifft es aber – sagen wir mal – „weicher“. Ich habe vor zwei Tagen die letzte Mail erhalten und darauf auch nicht geantwortet. Diese war selbsterklärend und musste meiner Meinung nach nicht beantwortet werden. Er hat mir vor der Einweisung in die Klinik geschrieben, dass er für sein Seelenheil professionelle Hilfe in Anspruch nimmt, mich braucht er ganz dringend für die „warmherzigen“ Bedürfnisse wie mal in den Arm nehmen, streicheln, küssen, riechen… das volle Programm eigentlich, wobei ich im Moment nicht einmal weiß, ob er Antidepressiva nimmt. Ich habe wirklich seit 5 Wochen keinerlei Informationen, nur ab und zu – wenn nicht nur ein Guten-Morgen oder Gute-Nacht Gruß mal, dass es ihm schlecht geht, die Pollenallergie hinzukommt und seine „Mitinsassen“ nach und nach entlassen werden… alles zieht ihn runter. Ich sehe nach 10 Wochen keinerlei Licht am Ende des Tunnels und bin mir nicht sicher, ob er Veränderungen überhaupt zulässt – denn das ist es, was ihm helfen würde. Er muss lernen Veränderungen zu akzeptieren, egal welcher Natur. Ich stecke im Moment all meine Hoffnung auf die Einzel- und Gruppentherapien auf der neuen Abteilung, danach weiß ich auch ehrlich gesagt nicht weiter und bin mit meinem Latein am Ende. Ich bin ein sozial gut eingestellter Mensch, kümmere mich selbstständig um mein Leben, dass ich sehr liebe. Aber Du kennst das sicherlich: man macht alles gerne mit sich alleine und weiß aber, dass man es viel lieber mit dem Partner den Du liebst, machen würdest. Das ist einfach schade und lässt einen dann doch nicht so glücklich sein, wie es eigentlich sein müsste. Ich bin schon 50 Jahre, er ist ein paar Jahre älter und wir haben schon so viel an Zeit hinter uns… haben uns auf eine gemeinsame Zukunft und über unsere „späte Liebe“ so sehr gefreut. Wie ist es denn bei Euch nach der Therapie weitergegangen? Ich danke Dir nochmal sehr für Deine Antwort! Liebe Grüße
BaMe
Beiträge: 5
Registriert: 1. Mär 2016, 20:22

Re: Seit 10 Wochen stationärer Aufenthalt mit Kontaktabbruch

Beitrag von BaMe »

Hallo ruccola!
Ein liebes Danke geht an dich zurück-auch mir tut es gut, eine fast Gleichgesinnte gefunden zu haben und mich mal austauschen zu können!

Sein Kontaktabbruch erfolgte 5 Wochen vor seinem Klinikaufenthalt-ich war es schon ein Stück weit gewohnt, allerdings nie so lange! Nach 2 Klinikuren und einer Selbsteiweisung in die Psychiatrie, dachte ich eigentlich er hätte davon etwas mitgenommen- falsche Annahme von mir. Sehe es als Glück an, wenn du wenigstens kurze sporadische Nachrichten bekommst! Die Paargespräche sind eine gute Form, deine eigene Seelenverletzheit mal zum Ausdruck zu bringen-zumindest war es bei mir so.Wir hatten einen ganz tollen Therapeuten,bei dem auch ich mal eine Rolle spielte. Er legte mir sehr nahe, auf mich zu achten und mich in meinem Wesen nicht zu verlieren -" gesund" zu bleiben! Anfangs lief alles super-solange er noch nicht in seinem Alltag und Zuhause war. Leider hielt dieser Zustand bei ihm nicht an-vielleicht auch, weil er es gar nicht möchte (meine Vermutung), da er schon solange mit Depressionen und seinem Psychiater zu Hause zu tun hat! Vor gut einer Woche, habe ich meine immer wieder kehrende Schranksituation beendet-ich war total am Ende -immer wieder Vorwürfe-Anschuldigungen-Unverständnis und diese ständige Vorsicht was ich sagen darf und was nicht- für alle unsere Schwierigkeiten die Schuld auferlegt zu bekommen! Jedes mal ist ein Stück von mir verloren gegangen! Ich liebe ihn und für mich war er mein "Endlich" -aber ich kann es nicht mehr für uns beide tragen!

Ich bin 49 Jahre alt-habe einige Schicksalsschläge in meinem Leben durch gemacht und möchte einfach nicht mehr kämpfen müssen,um sein zu dürfen wie ich bin! Ich weiß nicht ob wir uns irgendwann ein zweites Mal im Leben begegnen-bis dahin möchte ich Leben, denn ich liebe das Leben!

Gib nicht auf, aber achte sorgsam auf dich,denn auch du bist ein wertvoller Mensch!

Ich wünsche dir Kraft und Zuversicht und würde mich sehr freuen mit dir in Kontakt zu bleiben!

LG Barbara
ruccola
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Registriert: 15. Mär 2016, 16:31

Re: Seit 10 Wochen stationärer Aufenthalt mit Kontaktabbruch

Beitrag von ruccola »

Liebe Barbara, es gibt unglaublich viele Parallelen bei uns und unserer Situation - Du sprichst mir so sehr aus dem Herzen, ich bin wirklich erstaunt bei soviel Gleichheit. Ich bin gerade 50 geworden und bin ganz bei Dir, was vor allem Deine letzten Zeilen betrifft. Ich melde mich morgen vom PC aus, das Handytippen dauert mir zu lange, aber ich wollte mich wenigstens kurz gemeldet haben. Einen schönen Abend und bis bald!!!
ruccola
Beiträge: 20
Registriert: 15. Mär 2016, 16:31

Re: Seit 10 Wochen stationärer Aufenthalt mit Kontaktabbruch

Beitrag von ruccola »

Liebe Barbara,

ich habe gestern vormittag eine kurze Nachricht erhalten: "... auch wenn Du es gerade nicht merkst, ich denke sehr viel an Dich"... Ich liebe Dich. Es sind solch kleine Mails, die alle paar Tage kommen, damit ich ihn nicht vergesse. VIelleicht mehr, als manch anderer Angehörige in dieser Situation bekommt. Mittlerweile kann ich damit umgehen, ich habe jetzt über 5 Wochen "Übung" und lasse ihn komplett in Ruhe - ich schreibe ihm immer kurz auf eine Mail, die von ihm kam - aber auch nur 1 oder 2 Zeilen. Er soll wissen, dass ich da bin, aber dass ich nicht "leide". Ab Montag wird sich sein Aufenthaltsort immerhin ändern, dann bekommt er die lang ersehnten Gespräche, er hat Angst vor diesen Wochen und das verstehe ich auch. Ich habe eigentlich mehr Angst davor, dass ich ihn irgendwann einmal wiedersehe (oder am Telefon höre), ich habe Angst, dass er ein Andere3r geworden ist, so wie ich es hier schon des Öfteren im Forum gelesen habe. Wir wohnen nicht zusammen, wir werden wohl niemals zusammen wohnen, was auch besser ist. Wir haben schon 2x zusammengelebt, er hat sich jedesmal von mir getrennt, wenn es "eng" wurde und das schwarze Loch sich auftat. Mittlerweile kann ich gar nicht mehr sagen, wie oft er sich von mir getrennt hat. Das "Abstellen im Schrank" hat mich körperlich damals ziemlich zermürbt und deswegen habe ich auch keinen Wunsch, mit ihm zusammenzuleben, obwohl ich ihn von Herzen liebe, wirklich. Wenn ich ihn verlassen wollte, wäre JETZT nach diesem Abstand die größte Chance, aber ich möchte ihn auch nicht vor der Rückkehr in den Alltag verlassen. Ich hoffe, dass dieser stationäre Aufenthalt überhaupt irgendwas bringt, die Zeit wird es zeigen. Ich bin selber eine sehr bodenständige, humorvolle und auch extrovertierte Frau, die im Leben steht und weißü, was sie will. Ich wollte nie einen anderen Mann als diesen - seit 2009 bin ich immer an seiner Seite gewesen und habe alles mitgemacht, auch wenn Freund und Familie mich nicht wirklich verstehen. Ehrlich, manchmal verstehe ich mich selber auch nicht, aber ich bin an dieser Stelle nicht ganz zu "verstrahlt", denn ich habe ihm klar zu verstehen gegeben, dass ich nach der Stabiltätsphase von ihm erwarte, dass er seine privaten Baustellen abarbeitet. Diese wurden die letzten 7 Jahre natürlich nicht von ihm angefasst - heute weiß ich, dass er das gar nicht geschafft hätte. Ihm ist aber klar, dass mir diese Baustellen sehr wichtig sind und das ist natürlich ein zusätzlicher Druck bei ihm, der mir zwar leid tut, ich ihn aber nicht ändern kann. Natürlich ist das im Moment kein Gesprächsthema, ich weiß schon, wass ich tue. Aber irgendwann wird es wieder auf der Agenda stehen und wenn es dann nicht funzt, dann werde ich gehen - mir und ihm zuliebe, dénn dann reichen meine Kräfte nicht mehr aus. Ich möchte mein Leben sehr gerne mit ihm leben, aber wenn das nicht möglich ist, werde ich mein Leben ihm zuliebe nicht aufgeben, sondern in meinem Sinne leben. Manchmal muss man einen Menschen gehen lassen, auch wenn man ihn liebt.. das gilt sowohl für ihn als auch für mich.
BaMe
Beiträge: 5
Registriert: 1. Mär 2016, 20:22

Re: Seit 10 Wochen stationärer Aufenthalt mit Kontaktabbruch

Beitrag von BaMe »

Hallo ruccola!

Melde mich morgen bei dir-bin noch unterwegs!
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