hoffnungslos XII - Der Prozeß/Neuanfang

Xenia
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hoffnungslos XII - Der Prozeß/Neuanfang

Beitrag von Xenia »

Ich habe beschlossen, "hoffnungslos" zu streichen und in Zukunft "meine" Fortsetzungen mit "Neuanfang" zu betiteln. Ich finde das irgendwie passender. Auch jetzt, wo ein neues Jahr begonnen haben und meine Karten neu gemischt werden.

Ich habe ein ganz intensives Gefühl, daß dieses Jahr wirklich etwas wie einen Neuanfang in sich birgt. Wäre ja schön, wenn wirklich ein Neuanfang möglich wäre für mich.

Aber ich hoffe, daß nicht nur für mich ein Neuanfang "drin" ist, sondern daß diejenigen von Euch, die etwas in dieser Art vor sich haben, den Nauanfang wagen können! Euch und mir wünsche ich alles Gute und viel Glück.

Jetzt hat also ein neues Jahr begonnen. Ich habe ganz friedlich mit meiner Freundin den Jahreswechsel verbracht. Wie eigentlich jedes Jahr. Und nachdenklich bin ich geworden seit gestern. Irgendwie überdenke ich gerade vieles in meinem Leben und spüre, daß die Zeit gekommen ist, aufzuräumen und mich von manchen Dingen bzw. Eigenschaften oder Erinnerungen zu trennen.

Dazu gehört in erster Linie natürlich meine supertolle Ehe. An Weihnachten 1996 hat das Grauen Ausmaße angenommen, die es mir in der Folge unmöglich gemacht haben, mein Studium zu beenden. Nein, erstmal mußte ich sieben Jahre Leiden überstehen. Aber jetzt ist die Zeit gekommen, dieses Kapitel abzuschließen. Auf dem Papier ist dieses Kapitel schon seit dem 08.09.1999 geschlossen, dem Tag meiner Ehescheidung. Aber zwischen den Zeilen auf diesem Papier hat dieses unerträgliche Brennen in meiner Seele nur zugenommen und mir ein normales Leben verboten.

In einer Woche ist der Prozeß. Ich werde also vieles aus meiner Beziehung zu diesem Psychopathen wieder aufrollen müssen und Geschichten, die ich bis vor zwei Jahren niemandem erzählen konnte, lauter fremden Leuten erzählen. Das wird ein ziemlicher Horror für mich werden, aber ich habe mir vorgenommen, alles zu tun, um nicht unterzugehen und eine Retraumatisierung weitgehend zu verhindern. Ich möchte versuchen, während der Aussage eine Beobachterposition einzunehmen und die Geschichten aus einer Distanz heraus zu erzählen. Ich bin eigentlich optimistisch, daß das auch klappen wird. Ich vermute nämlich, daß ich diese beobachterposition automatisch einnehmen werde. Weil meine Psyche wahrscheinlich diese innere Distanz für zwingend notwendig erachtet. So wie ich in manchen Momenten automatisch in eine Dissoziation verschwinde oder diese auch willentlich herstellen kann (z.B. beim Zahnarzt - äußerst hilfreich ), wird diese Distanz auch von mir herbeigeführt werden können. Ich werde mich darauf konzentrieren, daß ich die Chance, der ganzen Öffentlichkeit zu erzählen, was mir widerfahren ist, zu nutzen. Damit ich ein Ergebnis erreichen kann (d.h. mein Anwalt wird das in seinem Plädoyer für mich erreichen können), mit dem ich leben kann. Und wahrscheinlich ist es gar nicht nötig, alle Details preiszugeben. Obwohl ich immer noch unsicher bin, was den Verteidiger meines Ex-Mannes betrifft. Welche Strategie er anwenden wird. Denn bis jetzt hat sich mein Ex-Mann noch nicht zu den Geschehnissen, wie ich sie der Polizei geschildert habe, geäußert. Ich meine, er könnte es sich viel einfacher machen und ein Geständnis ablegen. Ich habe so viele Zeugen und/oder Atteste, daß es ausgeschlossen sein wird, mich als unglaubwürdig hinzustellen... Keine Ahnung, was da auf mich zukommt. Aber ich werde das schon überstehen. Und ich bin mir auch sicher, daß ich Fragen des Verteidigers, die als solche nichts mit den Vorwürfen zu tun haben, als solche erkenne und dann entsprechend darauf reagieren werde. Und wenn es mir nicht gelingt, wird mein Anwalt schon aufpassen, daß nichts unsachliches gefragt wird. Ich werde über irgendwelche Traumatisierungen, die mit meinem Ex nichts zu tun haben, schweigen. Ich habe in der Klinik schon öfter einen sog. Studentenkurs gemacht. Das geht dann so ungefähr 60 Minuten, ich erzähle den Studenten von meinen Symptomen und die müssen dann herausfinden, welche Diagnose ich habe. Einmal hat mich ein total bescheuerter Prof. absprachewidrig gefragt, ob ich erzählen könnte, wie die Krankheiten entstanden sind, was die Auslöser sind. Da habe ich damals erstaunlich schnell geschaltet und konnte sagen, daß ich dazu nichts sagen möchte. Und vielleicht wird es bei meiner Aussage ja ähnlich sein.

Ich werde es sehen.

So, fürs erste mache ich hier mal Schluß. Ich werde aber voraussichtlich nachher noch ein bißchen weiterschreiben.

Bis dahin liebe Grüße von Eurer

Xenia
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albert
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Re: hoffnungslos XII - Der Prozeß/Neuanfang, jetzt aber hoffnungsfroh

Beitrag von albert »

Hallo Xenia,
Es ist schon erstaunlich und ich finde gut für dich, dass du zu dem Geschehenen eine Haltung in Distanz einnehmen kannst. So ich deinem Posting entnehmen kann, gehst du gefasst in den Prozess. Du weißt, was dich erwartet, wie du auf Überrumpelungen reagieren kannst. Und die letzten Unsicherheiten über den Verteidiger der Gegenseite, die sind hinzunehmen, damit ist zu leben. Alles können wir nicht im voraus berechnen und bedenken. Aber du hast ja auch einen Rechtsbeistand, mit dem du jederzeit Rücksprache halten kannst.
Wenn ich mich einer neuen Situation gegenübersehe und ich weiß noch nicht, was werden wird, dann gehe ich z u r Situation, so als Beobachter und schicke einen Vertreter hinein. Der kriegt dann die schlimmen Dinge ab und ich sehe von außen zu. Ich denke, das solch eine Verfahrensweise oft möglich ist und damit die Retraumatisierung vermieden wird.
Mit deiner Haltung als Beobachterin kommst du da ziemlich nahe. Und das Verfahren wird ja von Staatsanwalt, Richter und den Rechtsanwälten bewältigt. Du kannst dich als Zeugin auf den Sachstand, die anderen Zeugen und deine eigenen Belege verlassen, beobachtend.
Ich wünsche dir alles Gute im Neuen Jahr, dass es tatsächlich ein Neuanfang für dich werden kann und wird.
Herzliche Grüße
Albert

PS: entschuldige, ich habe das Thema meines Postings ergänzt
Xenia
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Re: hoffnungslos XII - Der Prozeß/Neuanfang

Beitrag von Xenia »

So, Ihr Lieben, da bin ich wieder.

Lieber Albert,

ja, ich versuche, dem ganzen Prozeß eine Art Gelassenheit entgegenzubringen. Ich weiß ja, was gewesen ist und mittlerweile weiß ich auch, daß das Geschehene alles andere als in Ordnung war bzw. ist mir heute klar, daß ich die Übergriffe nicht verdient hatte. Niemand verdient so etwas. Insofern ist es vielleicht gar nicht so wichtig, daß ich alles erzähle. Und wahrscheinlich ist es doch wirklich so, daß die Prozeßbeteiligten gar nicht so wahnsinnig wild sind auf Details. Außerdem habe ich ja auch ein Attest von meinem Psychiater, in welchem von akuter Suizidalität die Rede ist, wenn ich im Beisein meines Ex-Mannes meine Aussage machen muß. Die wissen also alle, daß dieses Thema lieber doch mit Glacéhandschuhen angefaßt werden sollte. Und ich glaube, daß kein Verteidiger so blöd sein kann, bei dieser Beweislage zu versuchen, mich als unglaubwürdig hinzustellen. Mein Gott, die Hauptsache ist doch, daß ich und die Leute, die mit mir zu tun haben, wissen, daß etwas passiert ist, was mein Leben aus der Bahn geworfen hat. Ich habe mir des öfteren Gedanken gemacht, was für ein Urteil für mich nicht mehr nachvollziehbar wäre. Inzwischen denke ich jedoch, daß ich mir darüber lieber jetzt noch keine Gedanken machen sollte. Klar, es geht schon darum, welche Vorschrift angewandt werden sollte. Und angeklagt sind halt die Übergriffe, die in dem letzten Jahr unserer Beziehung stattgefunden haben (alles andere ist verjährt). Wenn er nach der Vorschrift verurteilt werden würde, die ich für einschlägig halte, dann steht keine Geldstrafe mehr zur Debatte, sondern Haft oder eben Unterbringung im psychiatrischen Maßregelvollzug. Aber ich werde versuchen, mir nicht im voraus so viele Gedanken zu machen. Ich möchte auf die Urteilskraft der Richter und Schöffen vertrauen. Ich glaube, daß ich letzten Endes nicht mit einem Freispruch - verständlicherweise - einverstanden wäre. Und einen Freispruch wird es definitiv nicht geben können. Dazu habe ich eben zu viele Beweise. Und mein Gedächtnis ist eben auch noch hervorragend, so daß ich mich an die allermeisten Dinge, die passiert sind, sehr gut erinnere. Wovor sollte ich also Angst haben? Okay, vor Retraumatisierung. Aber wenn ich Nutzen und Gefahr abwäge, überwiegt der Nutzen doch. Ich meine, die Chance, mit dem Prozeß abschließen zu können, ist nicht gering. Und ich befinde mich ja auch in therapeutischer Behandlung, so daß mit Hilfe der Therapeuten eine Retraumatisierungsgefahr vielleicht doch relativ klein bleibt. Sicherlich wird es mir nach dem Prozeß schlecht gehen. Vielleicht wäre es auch besser, wenn ich die nächsten Tage dann in der Klinik verbringen würde. Aber ich möchte abwarten und es zunächst ambulant versuchen.

Wenn alle Stricke reißen, kann ich immer noch in die Klinik. Ich möchte jedoch versuchen, diesen Horror ambulant zu überstehen, weil ich mir dann selbst beweisen kann, daß ich mittlerweile in der Lage bin, Sachen auszuhalten.

Ein bißchen mulmig ist mir aber - wie gesagt - doch. Vor allem, wenn ich lese, was ich hier gerade schreibe. Mache ich mir nur was vor oder bin ich tatsächlich so gefaßt??? Ich habe Angst, daß ich mich überschätze. Aber ich möchte jetzt auch nicht alles nur in den schwärzesten Farben sehen müssen. Ich habe durch die Therapie doch schon einiges gelernt. Und ich habe einfach auch schon so lange in Gedanken bei dem Prozeß geweilt. Vielleicht habe ich dadurch ein bißchen Gelassenheit finden können, wer weiß... Wird sich zeigen.

Themawechsel.

Heute hat mein "kleiner" Bruder (naja, was heißt "klein", er ist mittlerweile auch schon 27) ganz überraschend meinen PC gebracht. Er ist 200 km gefahren, nur um mir meinen PC zu bringen. Unser familieneigener Webmaster - mein großer Bruder - hat dann telefonisch Anweisungen erteilt. Leider ohne Erfolg, es hat sich herausgestellt, daß etwas mit meiner DSL-Leitung nicht in Ordnung ist. Komischerweise habe ich mit diesem PC irgendwie kein Glück. Eigentlich klappt nichts auf Anhieb. Naja, ich hatte so etwas schon befürchtet. Aber dann werde ich jetzt todesmutig in den Kampf mit der Telekom schreiten... Habe ich ja echt keinen Bock drauf, aber was soll's.

Ich sitze hier in meiner Wohnung und draußen ist endlich Winter geworden! Es schneit und was noch schöner ist: der Schnee bleibt liegen. Bisher zwar nur auf den Dächern und dem Garten vor dem Haus aber vielleicht schneit es ja heute nacht weiter, so daß morgen alles weiß ist. Ich mag den Winter, so es einen gibt, viel lieber als die heißen und wahnsinnig schwülen Sommer hier in Süddeutschland.

Meine Familie stammt aus dem heutigen Lettland, was ja schon ziemlich weit im Norden Europas liegt. Vielleicht mag ich deshalb lieber kühl (geht übrigens jedem in meiner Familie so). Vielleicht hat meine Familie mit den Generationen auch nordeuropäische Gene entwickelt. Das soll jetzt kein Witz sein! Ich war vor einigen Jahren mit einer Gruppe Jugendlichen für drei Wochen in Lettland, wir sind von Berlin aus mit dem Zug gefahren. Die Zugfahrt dauerte 32 Stunden. Als wir in die Hauptstadt Riga einfuhren, überkam mich und meinen älteren Bruder, der damals auch dabei war, ein seltsames Gefühl des sich-heimisch-fühlens. Obwohl wir - wie meine ganzen Geschwister und meine Mutter in Deutschland geboren wurden. Mein Vater lebte die ersten Jahre mit seinen Eltern in Breslau, bis sie Ende des 2. Weltkrieges in das heutige Deutschland fliehen mußten. Wir haben also keine wirklichen Wurzeln hier, obwohl wir Deutsche sind wie andere auch. Aber vor sehr vielen Generationen sind die Familien meiner Eltern ausgewandert und so hatten sie keine Bindung mehr nach Deutschland. Ich kann nicht sagen, wo mein Zuhause ist. Weil wir eben keine Wurzeln haben hier. Das ist auch mit ein Auslöser für meine Erkrankung (außerdem wimmelt es nur so von manisch-depressiven in meinen Vorfahren). Das ist erwiesen, daß die Flüchtlingsfamilien noch lange nach der Flucht Probleme hat, sich heimisch zu fühlen und das ist dann oft Auslöser für Depressionen oder psychosomatische Erkrankungen. Darüber habe ich vor längerer Zeit mal ein sehr interessantes Buch gelesen. Damals war ich verblüfft, wie typisch manche meiner Gefühle und Gedanken sind für Flüchtlingsfamilien.

Jetzt bin ich ganz schön abgeschweift... Will Euch ja jetzt mit dem Schiksal meiner Familie nerven... Das würde auch echt den Rahmen dieses Forums sprengen...

Also, mehr weiß ich nicht zu schreiben. Vielleicht ändert sich das im Laufe des Abends noch, dann melde ich mich nochmal.

Bis dahin liebe Grüße, Eure

Xenia
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Xenia
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Re: hoffnungslos XII - Der Prozeß/Neuanfang

Beitrag von Xenia »

Liebes Forum,

heute mußte ich arbeiten... Da war ich wieder den ganzen Tag mit irgendwelchen Straftaten konfrontiert und ich habe wieder einmal gemerkt, daß mich das ganze doch nicht so kalt läßt. Jeden Tag mit Straftaten zu tun zu haben ist irgendwie frustrierend. Aber ich habe versucht, mich bei Laune zu halten. Ich habe mir überlegt, was ich von meinem Schmerzensgeld alles kaufen würde. Das hat mir einigermaßen geholfen. Und irgendwie bin ich - trotz aller Angst - doch froh, daß der Prozeß nächste Woche stattfindet. Dann ist endlich mal ein Ende. Darüber "freue" ich mich.

Am Sonntag hat mein Krisentherapeut Dienst und ich kann bei ihm vorbeigehen. Auch darauf freue ich mich irgendwie. Wenn ich mit ihm rede, ist es oft so, daß es mir danach besser geht. Okay, oft ist es auch so, daß es mir danach erstmal viel schlechter geht. Aber in der Regel helfen mir die Termine bei ihm, egal, wie es mir danach geht. Und am Sonntag werden wir nochmal den Prozeß vorbereiten. Außerdem wird mir erst jetzt so langsam, wie sehr ich wieder mit meinem Leben gespielt habe Anfang Dezember. Irgendwie kommt jetzt langsam so eine Art Schock und auch Traurigkeit darüber. Nicht nur, weil ich ab jetzt eine ziemliche Narbe in meinem Gesicht habe. Auch das ganze Drumherum nimmt mich echt mit. Und Scham kommt auf. Daß ich so voll mit Benzos war, daß ich mich an fast nichts mehr erinnere. Zumindest nicht mehr an das, was in der Medizinischen Klinik veranlaßt wurde... Naja, damit muß ich wohl leben, habe es ja anscheinend mal wieder so gewollt. Ich habe seitdem weder Alkohol getrunken noch Benzos im Übermaß genommen. Wenn ich nur Alkohol rieche kriege ich zuviel. Ich habe echt keinen Bock mehr auf solche Aktionen und ich hoffe, daß ich so etwas nicht mehr so schnell machen muß. Natürlich habe ich Angst, daß ich nach dem Prozeß wieder am Durchdrehen bin und dann so etwas oder etwas ähnliches veranstalte. Davor habe ich echt Angst und ich denke, daß ich diese Angst am Sonntag bei meinem Termin auf jeden Fall auch ansprechen muß. Vielleicht kommen wir ja auf irgendeine Strategie, wie ich das Wochenende gut oder zumindest heil überstehe. Ich werde Euch aber nicht mit reinziehen, falls ich abdrehe, da könnt Ihr ganz beruhigt sein!

Heute habe ich bei der Telekom angerufen wegen meiner DSL-Leitung. Ich brauchte jedoch mit gar niemanden zu sprechen, da direkt eine Bandansage kam, daß zur Zeit die DSL-Leitungen nicht bzw. nur eingeschränkt funktionieren. Komischerweise hat mich das nicht aufgeregt, im Gegenteil, irgendwie hat es mich beruhigt. Ich hoffe, daß die DSL-Leitungen demnächst wieder funktionieren und ich dann endlich auch meinen DSL-Anschluß richtig nutzen kann...

Es hat den Anschein, als ob hier endlich richtig Winter eingekehrt ist. Der Schnee bleibt liegen (außer auf den Straßen) und es ist schön kalt. Die Luft riecht nach Schnee. Das mag ich echt, ist mir heute abend wieder richtig aufgefallen.

Ich bin froh, daß meine Kollegin am 12.01. wieder aus ihrem Urlaub zurück ist. Das "volle" Arbeiten ist nichts für mich, das schaffe ich auf Dauer nicht. Auf der einen Seite ärgert mich das total, auf der anderen Seite denke ich jedoch, daß es mir auch zusteht, nicht alles schaffen zu können. Wenn mir das Versorgungsamt eine 80 %ige Erwerbsminderung zugesteht, dann darf ich auch sagen, daß mir eine ganze Stelle zuviel ist. Vielleicht muß ich mir das öfter mal sagen, daß es in Ordnung ist, wenn ich nicht voll belastbar bin...

Ich hoffe, Euch geht es einigermaßen gut und Ihr laßt mal wieder etwas von Euch hören!

Liebe Grüße, Eure

Xenia
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




ТЪПАЦИ!!!
Annie
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Re: hoffnungslos XII - Der Prozeß/Neuanfang

Beitrag von Annie »

Liebe Xenia,
da kommt aber nächste Woche wirklich etwas auf Dich zu!!! Hut ab, vor Deinem Mut und Deiner Entschlossenheit. Ich weiß nicht, ob ich so gefasst auf das Ganze zugehen könnte, wenn man bedenkt, was Du alles mitgemacht hast. Meinen ganzen Respekt!!!

Der Exkurs über Deine Familie war aber interessant. Meine Vorfahren sind alle durchweg Süddeutsche, bis auf ein paar Schweizer und Südfranzosen. Ich kann mir schon vorstellen, daß es eine Rolle spielt, verwurzelt zu sein, einen Halt zu haben, um nicht wieder abzustürzen.

Ich freue mich ganz besonders über Deinen Neuanfang und wünsche Dir dazu alles, alles Gute.
Liebe Grüße
Annie
SRT
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Registriert: 1. Apr 2003, 19:24

Re: hoffnungslos XII - Der Prozeß/Neuanfang

Beitrag von SRT »

Liebe Xenia,
auf mich machst du im Moment einen ganz aufgeraümten Eindruck.Hoffentlich hälst du die paar Tage noch durch...und danach muss es vielleicht gar nicht die Klinik sein.

Du hast in deinem vorletzten Schreiben
von deiner Familie,deiner Herkunft deinen Wurzeln geschrieben.Das fand ich sehr schön und es interssiert mich ganz doll.Nicht nur weil meine Grossmutter die am gleichen Tag wie du Geburstag hat aus Breslau kommt.
Ich fände es schön wenn du mehr über deine
lettischen Ursprünge und deine Familie berichten würdest.Irgendwann...nach dem Prozess ?

Für heute sende ich dir liebe Grüsse
und esse die letzten Mon Cherie auf dein Wohl
INUIT
Xenia
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Registriert: 20. Apr 2003, 12:31

Re: hoffnungslos XII - Der Prozeß/Neuanfang

Beitrag von Xenia »

Liebe Annie,

>da kommt aber nächste Woche wirklich etwas auf Dich zu!!! Hut ab, vor Deinem Mut und Deiner Entschlossenheit. Ich weiß nicht, ob ich so gefasst auf das Ganze zugehen könnte, wenn man bedenkt, was Du alles mitgemacht hast.>

Ja, das stimmt, da kommt wirklich etwas auf mich zu. Und heute fühle ich mich auch gar nicht mehr so gefaßt wie in den letzten Tagen. Ich habe eine schreckliche Angst. Weniger vor meiner Aussage oder dem Verteidiger meines Ex-Mannes. Nein, vielmehr fürchte ich mich vor dem "danach". Meine Aussage ist ja an einem Donnerstag, also direkt vor dem Wochenende. Wochenenden hasse ich ja sowieso, aber vor diesem Wochenende habe ich nun wirklich Angst. Am Samstag auf Sonntag bekomme ich zwar Besuch, aber ich fürchte, daß mir das nicht viel hilft. Oder doch, es hilft mir insofern, daß ich zumindest tagsüber nicht durchdrehen kann. Aber nachts??? Ich hoffe nur, daß sich meine Anspannung dann nicht den Tag über so dermaßen anstaut, daß es nachts rund geht. Aber vielleicht sollte ich versuchen, mir nicht so viele Gedanken darüber zu machen, wie es mir gehen könnte. Vielleicht sollte die das "danach" erstmal ausblenden. Es wird sowieso irgendwie stattfinden, egal ob ich schon Tage davor nachdenke und mir Horrorgedanken mache...

>Der Exkurs über Deine Familie war aber interessant. Meine Vorfahren sind alle durchweg Süddeutsche, bis auf ein paar Schweizer und Südfranzosen. Ich kann mir schon vorstellen, daß es eine Rolle spielt, verwurzelt zu sein, einen Halt zu haben, um nicht wieder abzustürzen.>

Ja, denn die Tatsache, daß man tatsächlich kein wirkliches Zuhause hat, läßt einen ja zu recht irgendwie verlassen fühlen... Mit Zuhause meine ich einen Ort, in dem ich sagen kann, daß z.B. meine Oma dort geboren wurde oder daß auf dem Friedhof xy meine Vorfahren begraben sind. Irgendwie so etwas wie ein Nest. All das habe ich nicht. Als ich in Lettland war, habe ich auf dem Gut, was früher der Familie meiner Mutter gehörte geschlafen – in dem Kinderzimmer meiner Oma. Das war ein seltsames Gefühl. Es hat mich irgendwie auf eine seltsame Art berührt und traurig gemacht. Und auch das Gut meiner väterlichen Seite haben wir besucht. Das war auch echt seltsam für meinen Bruder und mich. Wenn man sich vorstellt, daß diese beiden Familiensitze eben dort sind, nicht besonders weit voneinander entfernt. Auch das Städtchen, das zu dem Gut meiner mütterlichen Seite gehört war eine seltsame Erfahrung für mich. Ich mußte die ganze Zeit daran denken, daß beide Familien dort unterwegs waren. Und das lustige ist: im heutigen Lettland (damaligen Baltikum) waren meine Familien sozusagen Nachbarn. Wie gesagt, die beiden Gutshäuser sind nicht so wahnsinnig weit von einander entfernt, vielleicht 30 km oder so. Und meine Eltern haben sich in Genf (!) kennengelernt, wo meine Mutter als Au pair war. Irgendwie ist das Schiksal, oder?! Ich meine, an Zufall mag ich da nicht so recht glauben...

In meiner Kindheit sind wir auch relativ häufig umgezogen, so daß ich erst recht kein wirkliches Heimatgefühl entwickeln konnte.

Oh Mann, heute ist wieder so ein Tag, an dem ich am liebsten die ganze Zeit im Bett bleiben muß. Leider geht das nicht, weil ich noch ein paar Sachen einkaufen muß. Ich glaube aber, daß ich mich zum einkaufen jetzt nicht besonders zurechtmachen werde, meine Haare stehen – wie jeden Morgen – in alle möglichen Richtungen. Aber das ist mir egal, ich gehe in den Supermarkt, der bei mir in der Nähe ist. Dort treffe ich garantiert niemanden, so daß es mir vollkommen egal ist, wie ich aussehe! Nur das Rausgehen ist heute so schwierig. Ich habe es vorhin gerade mal todesmutig bis zum Briefkasten geschafft... Scheiß Leben.

>Ich freue mich ganz besonders über Deinen Neuanfang und wünsche Dir dazu alles, alles Gute.>

Danke. Aber heute habe ich mal wieder das Gefühl, daß sich nichts ändern wird...

Ganz liebe Grüße, Deine

Xenia



Lieber Inuit,

>auf mich machst du im Moment einen ganz aufgeraümten Eindruck.Hoffentlich hälst du die paar Tage noch durch...und danach muss es vielleicht gar nicht die Klinik sein.>

Das mit dem aufgeräumten Eindruck war gestern... Heute fühle ich mich alles andere als gefaßt. Naja. Vielleicht ändert sich das ja wieder. Morgen habe ich einen Termin bei meinem Krisentherapeuten, vielleicht geht es mir danach ja besser, wer weiß. Im Moment bin ich einfach nur total angespannt, habe zu nichts Lust und werde wohl gleich wieder ins Bett gehen, nachdem ich eingekauft habe. Gott sei Dank hat der Supermarkt, der sich in meiner Nähe befindet, samstags bis 18.00 Uhr geöffnet, so daß ich mich nicht abhetzen muß. Und danach geht’s wieder in die Koje.

>Nicht nur weil meine Grossmutter die am gleichen Tag wie du Geburstag hat aus Breslau kommt.>

Das ist ja irgendwie witzig, ich kenne niemanden, der am selben Tag wie ich Geburtstag hat und erst recht niemanden, der aus Breslau kommt (außer meinem Vater natürlich).

>Ich fände es schön wenn du mehr über deine lettischen Ursprünge und deine Familie berichten würdest.>

Das mache ich gerne, wenn ich es nicht wieder vergesse. Obwohl ich einschränkend sagen muß, daß meine Familie nicht lettischen Ursprungs ist, sondern deutschen. In meiner Familie mütterlicher- und väterlicherseits gab es außer Deutschen nur ein paar Russen und einen oder zwei Italiener. Wie die Italiener allerdings in den hohen Norden kamen ist mir ein Rätsel .

Ich hoffe, die Mon Chèris haben Dir geschmeckt!

Liebe Grüße, Deine

Xenia
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




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Xenia
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Re: hoffnungslos XII - Der Prozeß/Neuanfang

Beitrag von Xenia »

Heute war ein scheiß Tag.

War die ganze Zeit im Bett und habe an die Wand geguckt. Dann habe ich ein wenig in die Glotze geschaut. Und jetzt bin ich immer noch müde. Naja, ich denke, daß ich bald schlafen gehe. Vielleicht sieht der morgige Tag ja besser aus. Ich bezweifle es allerdings.

Ich habe das Gefühl, wieder voll in die Depression zu rutschen. Der Prozeß? Ach, was weiß ich, wie das werden soll. Mein Kopf ist so leer und ich habe mal wieder gar keine Gefühle. Wenn ich wenigstens so etwas wie Traurigkeit spüren würde, dann wäre ich schon zufrieden. Aber diese Taubheit, die ist doch ganz schön ätzend. Ich hoffe nur, daß dieses Leersein nicht bis zum Prozeß bleibt. Denn mein Kopf ist so leer, daß ich gar nichts aussagen könnte. Meine Gedanken sind so gut wie verschwunden. Aber vielleicht ist das ja ein Schutzmechanismus. Vielleicht muß dieser Zustand so sein, damit ich die kommende Woche überleben kann. Vielleicht würde ich ja total durchdrehen, wenn ich jetzt die Gefühle loslassen würde. Vielleicht ist es momentan besser für mich, keine Gefühle zu haben. Andererseits spüre ich, daß ich gerne weinen würde. Aber das geht in diesem Nicht-sein nicht.

Morgen werde ich mit meinem Krisentherapeuten ein Gespräch haben, er hat ja Dienst. Aber wie ich mein Glück kenne, kommen nach 10 Minuten Gespräch tausend Krankenwagen und Polizeiautos, so daß wir das Gespräch abbrechen müssen. Vielleicht ist es am besten, wenn ich vormittags hingehe. Da schlafen die Verrückten vielleicht noch Ist jetzt nicht böse gemeint, ich bin ja auch schon mehrmals mit dem Krankenwagen in die Psychiatrie gebracht worden – allerdings nie am Wochenende.

Ach, ich habe so eine Angst, daß ich das alles nicht aushalte. Daß ich einfach durchdrehe und dann wieder nicht weiß, was ich mache. Ich weiß nicht, ob ich so darüber schreiben sollte. Aber meine Aktion im Dezember läßt mich einfach nicht los. Ich muß ständig daran denken, daß ich mal wieder mit meinem Leben gespielt habe. Das macht mich irgendwie traurig und wütend. Wütend, weil ich es einfach nicht sein lassen kann anscheinend. Ich habe mir schon so oft vorgenommen, so etwas nicht mehr zu machen. Ich hatte nach einer Überdosis mal ein sog. Nahtoderlebnis. Danach habe ich mir geschworen, so etwas nie mehr zu machen. Naja, hat nicht lange angehalten. Dieses Erlebnis ist jetzt schon viele Jahre her und ich habe mich nicht lange zurückhalten können. Gut, ich mische in solchen Fällen nicht mehr die Medikamente. Aber jetzt hat mir mein Krisentherapeut gesagt, daß es immer gefährlich ist, wenn Alkohol auch mit im Spiel ist. Klar wußte ich das schon vorher, bin ja nicht blöd und die Beipackzettel von Tavor und Konsorten kenne ich schon fast auswendig. Aber in diesem Moment, als ich Alkohol zu den Tabletten getrunken habe, habe ich einfach nicht mehr daran gedacht. So etwas darf mir nicht noch einmal passieren. Oh Mann. Meine frühere Kollegin hat einmal ganz trocken gesagt: "irgendwann erwischts Dich halt". Daran muß ich in letzter Zeit denken – sie hatte recht. Wenn ich nicht aufpasse, erwischt es mich irgendwann – aus Versehen. Ich habe in dem letzten Gespräch mit meinem Krisentherapeuten meine Angst angesprochen, daß meine letzten Aktionen unbewußt in suizidaler Absicht gestartet hat. Er aber beruhigte mich, indem er sagte, daß es sich für ihn eher so anhört, als ob ich das Leben hätte spüren wollen. Wenn er und auch der Oberarzt der Ambulanz, der am Tag nach der Medizinischen Klinik mit mir gesprochen hat, das Gefühl gehabt hätten, daß da ein unbewußter suizidaler Akt dahinter gestanden hat, dann hätten sie mich aber garantiert nicht nach Hause gelassen, sondern gleich dabehalten. Das konnte ich ihm damals auch glauben. Aber jetzt bin ich mir wieder so unsicher. Okay, ich mußte meinem Krisentherapeuten versprechen, mich nicht vor dem Prozeß umzubringen. Ich wäre ja auch wirklich schön blöd, wenn ich das machte. Denn dann wäre mein Ex fein raus. Und das möchte ich natürlich auf jeden Fall verhindern. Aber ich habe eben Angst vor meinem unbewußten Handeln... Und dieses Taubsein, was die Gefühle betrifft schreit geradezu danach, meine Gefühle wieder herzuholen. Bloß habe ich keine Ahnung, wie ich das anstellen soll.

Klar, ich habe mal wieder S.-Gedanken. Weil ich mal wieder keine Perspektive sehe. Wenn der Prozeß vorüber ist und mein Ex seine Strafe bekommen hat, ist doch wieder alles wie vorher auch. Nur, daß eben dieser Prozeß vorüber ist. Aber ansonsten hat sich ja nichts geändert, nicht wahr?! Und in 25 Tagen werde ich 34 Jahre alt sein. Das ist ganz schrecklich für mich – schon wieder ist ein Jahr an mir vorübergegangen, ohne daß ich etwas daraus gemacht hätte. Und in diesem Jahr? Ich habe momentan echt überhaupt keine Lust auf das Praktikum...

Wenn ich nur wüßte, was ich machen könnte, damit nicht immer diese Zweifel da sind. Warum kann ich nicht einfach ein normales Leben leben so wie viele andere Menschen auch? Warum können mich nicht einfach meine Erinnerungen in Ruhe lassen? Ich wäre so gerne einfach ein anderer Mensch ohne diese verdammten Erinnerungen und Probleme. Aber da kann ich lange darauf warten...

In einem Thread hier hat jemand ein Bild veröffentlicht von einem Seil, das er sich, so wie ich es verstanden habe, in suizidaler Absicht gekauft hat. Das Bild ist jetzt zwar weg, aber aus meinem Gehirn bekomme ich es nicht weg. Und dann kommen noch andere Erinnerungen wieder hoch: am 07.01.1993 hat mich der beste Freund, den ich jemals hatte, erhängt. Das war schrecklich für mich damals und ist es heute noch manchmal. Außerdem triggerte dieses Bild auch meine eigenen Impulse. Ich hoffe, daß ich dieses blöde Bild bald aus meinem Kopf schmeißen kann.

Ist irgendwie lästig, immer solche Gedanken haben zu müssen. Die Ärzte meinen, daß diese Gedanken bei mir chronisch geworden sind. Ist wirklich nicht lustig, ständig darüber nachzudenken, ob es besser ist, den folgenden Tag nicht mehr zu erleben oder doch.

Aber ich möchte diese innere Diskussion jetzt gleich mal stoppen und höre deshalb auf zu schreiben.

Liebe Grüße, Eure

Xenia
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




ТЪПАЦИ!!!
flora80
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Registriert: 24. Mär 2003, 18:48

Re: hoffnungslos XII - Der Prozeß/Neuanfang

Beitrag von flora80 »

Liebe Xenia!

Es hat geschneit!!!!!
Der erste Schnee in diesem Winter! Für dich klingt das wahrscheinlich nicht ungewöhnlich, aber hier kommt Schnee ziemlich selten vor, dabei mag ich das sooo! Warum ich dir das erzähle? - Weil ich für mich festgestellt habe, dass es weiter hilft, wenn ich versuche auch noch die "normalen" Dinge um mich herum wahrzunehmen und mich nicht komplett auf die problematischen Dinge zurück zu ziehen. Ich kann nur von mir reden natürlich, aber ich finde es sehr wichtig, diesen Bezug nicht zu verlieren. Also auch wenn es mir noch so schlecht geht, versuche ich zum Beispiel, das Radio beim Frühstück an zu machen, genau so, wie wenn es mir ganz gut geht, auch wenn ich in dem Moment vielleicht überhaupt keinen Nerv auf das Gebrabbel habe. Aber das ist so ein Stück Alltag, der mich dann auch festhält. Jetzt gerade habe ich eine Robbie Williams CD angeschmissen, obwohl ich eigentlich eher in Requiemstimmung bin die letzte Zeit. Das heißt nicht, dass dadurch alles gut wird, aber es zeigt mir, dass es da auch noch eine andere Stimmung in mir gibt, die zur Zeit nur ein wenig verschüttet ist.
Vielleicht kannst du was damit anfangen, vielleicht auch nicht. Ich wollte dir nur davon erzählen.
Ich unterstütze übrigens deine These, dass die Gefühllosigkeit eine Schutzfunktion sein könnte. Deshalb wäre es vielleicht sinnig, nicht all zu brachial zu versuchen, doch wieder zu den Gefühlen zu gelangen. Wenn es passiert, dann O.K. aber verwende nicht all deine Kraft darauf. Ich glaube, die brauchst du momentan für andere Dinge.

Liebe Grüße von Flora!
Xenia
Beiträge: 2051
Registriert: 20. Apr 2003, 12:31

Re: hoffnungslos XII - Der Prozeß/Neuanfang

Beitrag von Xenia »

Guten Morgen liebes Forum,

naja, ein bißchen traurig bin ich schon, daß Ihr Euch mit Antworten so zurückhaltet. Aber ich gehe mal davon aus, daß viele im Urlaub sind und erst in der kommenden Woche wieder zurückkommen...

Ich habe schlecht geschlafen und bin schon längere Zeit wach. Heute geht’s mir echt schlecht irgendwie. Kann Euch gar nicht so genau sagen, woran das liegt. Vielleicht ist's meine ganze Situation und mein Job, der mich unterfordert und meistens keinen Spaß macht. Außerdem sehe ich seit gestern wieder überhaupt nicht optimistisch in die Zukunft, irgendwie macht sich gerade mein alter Pessimismus breit, auch was den Prozeß betrifft... Aber wahrscheinlich habe ich jetzt am Wochenende einfach zuviel Zeit, um nachzudenken, was im Prozeß alles passieren könnte. Vielleicht sollte ich versuchen, die Anspannung wieder ein bißchen runterzuschrauben.

Ich gehe ja heute zu meinem Krisentherapeuten. Habe bloß irgendwie keine Lust, mich jetzt zu duschen und so. Würde mich viel lieber wieder hinlegen...Aber ich vermute, daß nachmittags mehr los ist als um die Mittagszeit. Also werde ich wohl oder übel gleich unter die Dusche springen...

So, das Duschen habe ich hinter mir. Jetzt habe ich auch gerade in der Klinik angerufen, wann ich kommen soll. Ich hatte gehofft, daß jetzt noch nichts los ist und daß ich deshalb gleich losfahren kann. Naja, war wohl nichts, mein Krisentherapeut hat mir gesagt, daß er gerade auf einen Notfall aus der Medizinischen Klinik wartet... Ich soll um 13.00 Uhr nochmal anrufen. Das finde ich irgendwie blöd, denn ich weiß nicht, was ich bis dahin machen soll... Mir fällt nur schlafen ein, das werde ich wohl auch machen. Obwohl ich dann aussehe wie ein Punk, so mit abstehenden Haaren und so. Macht nichts, paßt zu meiner Stimmung. Nur kann ich danach dann voraussichtlich nicht zu meiner Freundin, denn die kriegt um 16.00 Uhr Besuch...

So, jetzt schicke ich dieses Posting mal ab. Ich werde mich heute nachmittag noch mal melden, denke ich.

Bis dahin liebe Grüße, Eure

Xenia
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




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Xenia
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Re: hoffnungslos XII - Der Prozeß/Neuanfang

Beitrag von Xenia »

Liebe Flora,

ich habe Dein Posting eben erst gelesen. Meines hatte ich schon vor ein paar Stunden begonnen, aber nicht die ganze Zeit geschrieben.

Hier liegt schon seit Donnerstag Schnee. Und draußen ist es ziemlich kalt. Aber ich mag den Winter auch viel lieber als den schwülen Sommer. Und wenn dann noch Schnee liegt, ist der Winter für mich perfekt.

Das mit der Schutzfunktion ist klar. Ich werde auch auf gar keinen Fall mit Gewalt versuchen, meine Gefühle hochzuholen. Denn dann bin ich vielleicht gar nicht mehr in der Lage, irgendwas Vernünftiges von mir zu geben. Ich habe mir überlegt, dem Gericht diesen Schutzmechanismus zu erklären. Damit die nicht denken, daß ich aufgrund fehlender Emotionen die ganze Geschichte nicht schlimm finde. Und damit nehme ich auch seinem Verteidiger den Wind aus den Segeln, der sicherlich irgendwie versuchen wird, die ganze Geschichte als nicht so schlimm hinzustellen. Es ist ja während der ganzen Verhandlung ein psychiatrischer Sachverständiger dabei, um die Frage zu klären, ob mein Ex in den psychiatrischen Maßregelvollzug untergebracht werden soll oder nicht. Er hat sich in seinem schriftlichen Gutachten, das mir leider nicht vorliegt, anscheinend dafür ausgesprochen. Ich weiß nicht, ob er auch etwas über mich sagen darf, aber wenn, dann wird er wohl sagen, daß es typisch ist, daß ein Betroffener über seine Traumata gefühllos berichtet, so als ob über einen Film gesprochen wird. Ich habe da eigentlich keine Angst, daß man mir nicht glaubt. Daß ich eine Posttraumatische Erkrankung habe, steht auch in dem Attest von meinem Psychiater... Und so ähnlich auch in einem Arztbericht von meiner ehemaligen Therapeutin.

Ich hoffe nur, daß ich in Abwesenheit meines Ex aussagen kann. Aber wenn nicht, dann werde ich versuchen, ganz stur nur auf die Richterbank zu sehen, dann sehe ich ihn nämlich nicht. Und ich habe mir vorgenommen, auf irgendwelches Zwischenreinreden von seiten der Verteidigung oder meines Ex nicht zu reagieren.

Ich glaube, daß es ganz gut ist, daß ich jetzt schon weiß, wie so eine Verhandlung abläuft. Aber Angst habe ich auch vor meinen Schwiegereltern. Daß sie auch oder gerade meinetwegen vor dem Gerichtssaal warten und versuchen, mich irgendwie zu manipulieren... Aber ich werde meine Freundin mitnehmen, die dann für mich reden wird. Es wird alles halb so schlimm, hoffe ich. In fünf Tagen ist es soweit...

Mir geht es übrigens genauso wie Dir: wenn ich schlecht drauf bin, versuche ich meinen Alltag so gut wie es geht, aufrechtzuerhalten. Das heißt dann auch, daß ich trotzdem aufstehe und eben alles mache, was ich in "guten" Phasen auch mache. Denn ich weiß, daß im Bett liegen depressionsfördernd ist. Das einzige, was ich dann nicht schaffe ist mein Mittagsschlaf. Wenn ich nachts nicht schlafen konnte, dann brauche ich einfach einen Mittagsschlaf... Ich versuche aber, nicht allzu lang zu schlafen und nach dem Aufwachen gleich aufzustehen, auch wenn ich trübsinnig bin und den Horror kriege, weil ich nicht weiß, wie ich den restlichen Tag überstehen soll... Aber meines Erachtens ist es unheimlich wichtig, den Alltag aufrechtzuerhalten so gut es eben geht. In solchen Phasen versuche ich auch, mir das in den Kopf zu holen, was gerade ganz gut läuft oder was in der Vergangenheit gut gelaufen ist. Am Anfang einer Depression geht das ganz gut. Das Problem ist nur, daß das nicht mehr klappt, wenn ich schon zu tief gefallen bin. Dann sehen meine Tage grauenhaft aus: im Bett liegen und an die Decke zu starren. Und wenn es dann weiter bergab geht, klappen die alltäglichsten Dinge nicht mehr (waschen, duschen, essen und leider auch trinken). Aber in diesem Zustand sind meine Tage zu Hause gezählt - dann ruft die Klinik.

Ich wünsche Dir einen einigermaßen erträglichen Sonntag. Schade, daß Du so weit weg wohnst...

Ganz liebe Grüße, Deine

Xenia
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




ТЪПАЦИ!!!
SRT
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Re: hoffnungslos XII - Der Prozeß/Neuanfang

Beitrag von SRT »

Liebe Xenia,
das Posting von Flora finde ich sehr gut.
Auch für mich ist es wichtig die "normalen"
Sachen und Geschenisse des Daseins wahrzunehmen und ihnen wieder mehr Raum in meinem Leben einzuräumen.
Bei mir ist da die Hundepension wichtig,obwohl es mir zwischendurch auch zuviel ist.Ist aber Normalität und schützt mich ein Stück weit vor meinen depressiven
Denkkonstrukten.Gleich wird auch die letzte Hündin abgeholt und erst Dienstag kommen neue
Hunde.Da kann ich morgen mit meinem Hund zur Fährtengruppe gehen obwohl ich keine Lust habe und mich richtig zwingen muss.Aber ich darf diese Sache nicht auch noch wegbrechen lassen sonst wird es immer schwerer wieder einzusteigen.Ausserdem wäre es meinem Hund gegenüber gemein nicht zu fährten.

Du solltest wirklich nicht traurig sein wenn
du deiner Meinung nach zu wenig Post hier bekommst.An deinem Leben nehmen eine Menge Menschen teil auch wenn nicht jeder postet.
Ausserdem lebst du gerade im Endspurt zum Prozess und da möchte ich dich gerne stützen
und habe auch immer die Befürchtung was zu schreiben das dich runterzieht.Und das geht anderen vielleicht auch so.

Jetzt wird der Hund abgeholt.
Tschüss erstmal
INUIT
C.
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Re: hoffnungslos XII - Der Prozeß/Neuanfang

Beitrag von C. »

Liebe Xenia,

ich denke oft an dich.
schreiben tu ich nicht viel, es fällt mir grad mal wieder sehr schwer. Vieles geht mir auch zu nahe. In gedanken bin ich bei dir, und drücke ganz fest alle daumen, und wünsche dir ganz viel kraft, und gutes in-dir-bleiben, und gutes durchhalten und überstehen und die ängste im zaum halten... und natürlich einen möglichst guten ausgang dieser dinge jetzt, und danach wieder raum-für-dich-selbst im hier und jetzt und einen neuanfang

liebe Grüsse,
Clara
Annie
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Re: hoffnungslos XII - Der Prozeß/Neuanfang

Beitrag von Annie »

Liebe Xenia,
das stimmt wirklich, die kleinen Pflichten im Leben geben Halt, auch oder gerade weil es alltägliche, "langweilige" Dinge sind. Bei mir sind es die Hundeerziehungsspaziergänge. Bei dem Wetter (leichter Schneefall) gehe ich nicht gerne raus, aber ich muß einfach, schließlich möchte Heidi Auslauf und ihre Hundefreunde treffen. Mir tun die Spaziergänge auch gut, trotz des Wetters...

Wenn Du über Deinen Prozeß schreibst, merke ich erst, was da auf Dich zukommt. Das wird schon sehr anstrengend werden! Vielleicht ist es sogar gut, daß Du jetzt so wenig fühlst, denn Du brauchst Ruhe vor Deinen Gefühlen, um Dich auf den Prozeß und die damit verbundene Gefühlslawine vorzubereiten. Aber wenigstens hast Du es dann hinter Dir und kannst vielleicht etwas Neues beginnen.

Mehr weiß ich nicht zu schreiben, aber ich denke an Dich.
Viele liebe Grüße
Annie
Xenia
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Re: hoffnungslos XII - Der Prozeß/Neuanfang

Beitrag von Xenia »

Liebe Clara,

>ich denke oft an dich.>

Danke, so etwas tut gut zu lesen! Daß Du nicht viel schreibst, macht nichts, denn wenn Du etwas schreibst, ist es immer schön!

>Vieles geht mir auch zu nahe.>

Meinst Du, ich sollte gewisse Dinge lieber nicht mehr schreiben? Wenn das der Fall ist, scheue Dich bitte nicht, mir das zu sagen! Ich bin mir manchmal unsicher bei dem, was ich schreibe, ob das nicht ein bißchen zu weit geht.

>In gedanken bin ich bei dir, und drücke ganz fest alle daumen, und wünsche dir ganz viel kraft, und gutes in-dir-bleiben, und gutes durchhalten und überstehen und die ängste im zaum halten... und natürlich einen möglichst guten ausgang dieser dinge jetzt>

Ich danke Dir. So langsam bekomme ich ein bißchen Angst, was den Prozeß betrifft. Ich hatte heute ja meinen Termin beim Krisentherapeuten. Da haben wir nochmal darüber gesprochen, wie ich mit der Situation umgehe und was dann danach sein könnte. Ich habe nämlich eine furchtbare Angst davor, daß ich nach der Aussage bzw. einen Tag später (bei mir passiert so etwas immer einen oder zwei Tage später) durchdrehe. Und dann wieder so etwas anstelle wie Anfang Dezember. Mein Krisentherapeut meinte aber, daß er nicht glaubt, daß das wieder so enden wird. Er meinte, daß es damals eine ganz andere Situation war. Und er kann sich vorstellen, daß es mir nach dem Prozeß viel besser geht als vorher. Weil es z.B. dann endlich vorbei ist. Und daß diese Erleichterung schwerer wiegt als die Erinnerungen. Ich hoffe, daß er recht hat...Er hat mir nochmal erklärt, daß meine Aktion im Dezember richtig gefährlich war. Irgendwie schockiert mich das immer mehr und als ich meinen Krisentherapeuten heute nochmal mit dem Ablauf dieser Aktion konfrontiert habe, hat er mich ganz komisch angeschaut und meinte nur, daß ich's ja wohl ganz brutal gemacht habe. Scheiße, echt. Ich möchte nie mehr in eine solche Situation kommen. Ich kann kaum noch an etwas anderes denken. Ich möchte echt nicht aus Versehen sterben.

>und danach wieder raum-für-dich-selbst im hier und jetzt und einen neuanfang >

Ja, ich hoffe auch, daß danach die Zeit für einen Neuanfang gekommen ist.

Liebe Grüße

Xenia


Lieber Inuit,

>Du solltest wirklich nicht traurig sein wenn du deiner Meinung nach zu wenig Post hier bekommst.>

Ja, ich weiß, es sind wohl immer noch Ferien. Danach wird es hier vielleicht wieder ein bißchen lebhafter.

>Ausserdem lebst du gerade im Endspurt zum Prozess und da möchte ich dich gerne stützen und habe auch immer die Befürchtung was zu schreiben das dich runterzieht.>

Das ist lieb von Dir, ehrlich. Aber ich glaube, daß mich momentan nichts noch mehr runterziehen als ich es sowieso schon bin. Wenn mir Leute schreiben, dann freut mich das immer und oft hilft es mir auch.

Liebe Grüße auch an Dich

Xenia
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




ТЪПАЦИ!!!
C.
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Re: hoffnungslos XII - Der Prozeß/Neuanfang

Beitrag von C. »

Liebe Xenia,

"Meinst Du, ich sollte gewisse Dinge lieber nicht mehr schreiben? Wenn das der Fall ist, scheue Dich bitte nicht, mir das zu sagen!"
ich habe mit dem was du schreibst nicht so probleme. wenn dann würd ich's sagen.
lesen ok - mag/kann halt nicht viel zu sagen, weil möglichst nicht viel drüber nachdenken...so meinte ich das.

lg,
Clara
Xenia
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Re: hoffnungslos XII - Der Prozeß/Neuanfang

Beitrag von Xenia »

Guten Morgen Ihr Lieben!

In vier Tagen ist es also soweit. Langsam kann ich nicht mehr so gefaßt daran denken. Ich habe Angst davor, durchzudrehen. Vor allem, nachdem mir mein Krisentherapeut gestern nochmal erklärt hat, wie gefährlich meine Aktion war. Aber ich möchte lieber nicht hier so viel darüber schreiben.

Gott sei Dank habe ich am Tag meiner Aussage später einen Termin bei meinem Krisentherapeuten. Um 13.15 Uhr muß ich meine Aussage machen und ich habe einen Termin um 17.00 Uhr. Ich hoffe, daß ich rechtzeitig fertig bin. Oh je, ich habe richtig Bauchschmerzen, wenn ich nur daran denke, daß ich alles erzählen muß. Aber danach habe ich es hinter mir! Es sei denn, daß sein Verteidiger oder die Staatsanwaltschaft Revision einlegt und diese Revision nicht verworfen wird. Dann kommt die Sache wieder zur Verhandlung an das Landgericht, aber an eine andere Kammer (also mit anderen Richtern). Aber die Gefahr, daß das passieren wird, ist nicht so groß. Also gehe ich mal nicht davon aus. Und einen Freispruch wird es wohl auch kaum geben... Ich versuche mir zu sagen, daß ich nach der Aussage diese Geschichte erstmal hinter mir habe. Zumindest strafrechtlich. Mein Krisentherapeut meinte gestern auch, daß das doch ganz gut sei, denn dann könne ich jetzt mit der "richtigen" Traumaarbeit anfangen. Da hat er natürlich recht. Und vielleicht habe ich ja die Möglichkeit, durch die Traumaarbeit dieses Kapitel wirklich abzuschließen. Vergessen werde ich es wohl nicht, aber vielleicht schmerzen die Erinnerungen irgendwann nicht mehr so doll. Das ist, was ich hoffe. Ich möchte dieses Kapitel in meine Lebensgeschichte integrieren und zwar so, daß ich "normal", ich meine ohne Traurigkeit und Wut dran denken kann. Daß diese Erfahrung mich nicht mehr Tag und Nacht beschäftigt, das wünsche ich mir. Daß ich ein normales Leben leben kann. Und da meine Therapeutin auf dem Gebiet Traumaarbeit hier sehr bekannt ist und gut, stehen meine Chancen ja vielleicht gut. Es wäre sooo schön, denn vielleicht könnte ich dann mein Mißtrauen Männern gegenüber abbauen... Das würde mich glücklich machen.

Jetzt muß ich gleich zur Arbeit gehen. Ich habe mal wieder überhaupt keinen Bock drauf.

Liebe Grüße, bis heute abend, Eure

Xenia
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




ТЪПАЦИ!!!
C.
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Re: hoffnungslos XII - Der Prozeß/Neuanfang

Beitrag von C. »

Liebe Xenia,

"Vergessen werde ich es wohl nicht, aber vielleicht schmerzen die Erinnerungen irgendwann nicht mehr so doll."
Irgendwann wird es ganz sicher nicht mehr so sehr schmerzen wie jetzt.
Es geht ja auch nicht darum, alles vergessen zu können. Das geht nicht, denke ich. Es geht, soweit ich das verstehe, darum, dass es Vergangenheit werden kann, "ganz normale" Vergangenheit. Ein Teil deines Lebens, ein unschöner Teil, und Trauer, vielleicht auch Schmerz und Wut, werden sicherlich auch nicht sofort einfach verschwunden sein. Aber wenn es ein Teil der Vergangenheit geworden ist, dann kann auch wieder Raum da sein für andere Erlebnisse / Erfahrungen denke ich, für das Leben im Hier und Jetzt; und dieses andere Erleben kann dann / danach auch erlebt und "verarbeitet" werden (und auch echt als Positives 'verbucht'), ohne dass es alles gefärbt wird durch die negativen Erfahrungen. Weil das eine dann hier-und-jetzt sein wird, und das andere Vergangenheit. So denke ich mir das.
Es wird wohl etwas dauern, auch bis "normale Vergangenheit" dann "weiter nach hinten rutschen" kann, und sich ein gewisser innerer Abstand dazu 'von ganz alleine' einstellen kann. Ich denke die Traumatherapie kann da sehr viel bei helfen, dass es so werden wird, auch wenn's sicher auch nicht einfach wird - aber ich denke das ist der Weg, und das wird nach dem Prozess ja dann auch so langsam in Bewegung kommen können.

liebe Grüsse,
Clara
igel
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Re: hoffnungslos XII - Der Prozeß/Neuanfang

Beitrag von igel »

Liebe Xenia,

Du drehst nicht durch! Denke ich auch immer .

Lass´den Prozeß auf Dich zukommen. Ich weiß, ist leicht gesagt. Aber an dieser Stelle fällt mir eine Bemerkung meines Vaters ein, die mir schon oft geholfen hat:"Du kannst nicht immer die Strippen ziehen." Hat mir erst wehgetan die Erkenntnis, aber es ist so! Ich WILL auch gar nicht immer die Strippen ziehen, bzw. stark sein und alles in der Hand haben.

Du schaffst das; bei Deinem Überlebenswillen! Dann ist wieder ein Schritt geschafft............

Alles Liebe,
igel
igel
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Re: hoffnungslos XII - Der Prozeß/Neuanfang

Beitrag von igel »

...ach, mir geht es auch scheisse. Das muss ich mal so sagen!

Xenia, versuche gleich mal, Dir eine Mail zu schreiben.
igel
Xenia
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Re: hoffnungslos XII - Der Prozeß/Neuanfang

Beitrag von Xenia »

Liebe Clara,
liebe Igel,

Vielen Dank für Eure mutmachenden Mails. Ich kann dazu jetzt gar nicht viel sagen, denn das, was Ihr geschrieben habt stimmt. Und ich gebe mir alle Mühe, nicht durchzudrehen und ich hoffe sehr, daß ich diese Phase meines Lebens in meine Vergangenheit integrieren kann, ohne jeden einzelnen Tag daran denken zu müssen. Ehrlich, ich glaube es ist kaum ein Tag seit damals vergangen, an dem ich nicht an diese Phase gedacht habe bzw. an die verschiedenen Übergriffe... Das ist kein Leben... Aber vielleicht werde ich ja irgendwann ein Leben haben, in dem ich nicht ständig an meine Traumata denken muß. Ich habe die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben. Und vielleicht hast Du recht, liebe Clara, die Traumaarbeit kann mir sicherlich helfen, diesen Schock zu verarbeiten im Sinne von ins Leben integrieren. Ich hoffe es so sehr.

Heute habe ich von meinem Anwalt eine "Zusammenfassende Beurteilung für die Hauptverhandlung (Psychiatrische Gutachten vom 11.03.2002, 23.12.2002 und 02.09.2003)" erhalten. Darin faßt der Gutachter alles nochmal zusammen, was in den einzelnen Gutachten steht.

Seit ich das gelesen habe, geht es mir sehr, sehr schlecht. Es ist wieder sehr viel hochgekommen und ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht. Fühlen? Gefühle, die habe ich seit 12.00 Uhr – als ich die Zusammenfassung per Fax bekommen habe, nicht mehr. Es stehen in dieser Zusammenfassung auch Dinge, von denen ich gar nichts wußte und die mich irgendwie belasten. Ich wußte bisher, daß er Zwillinge gekriegt hat. Das hat er mir damals freudestrahlend erzählt und mir stolz ein Ultraschallbild unter die Nase gehalten, als ich gerade schwer depressiv war. Das war ganz toll. Aber jetzt habe ich gelesen, daß er noch ein drittes Kind hat. Ich bin zwar heilfroh, daß ich kein Kind von ihm habe, aber irgendwie stimmt es mich traurig, daß er drei Kinder, die mir im übrigen sehr leid tun, hat und ich bin nicht mehr in der Lage, eine Beziehung einzugehen. Und ich werde auch nicht jünger. Ich möchte auch mal ein Kind haben, sehe aber schwarz, weil ich keine Partnerschaft mehr eingehen kann. Ich bin sofort mißtrauisch und unterstelle jedem Mann, daß er nur darauf aus ist, mich irgendwie zu verletzen. So stoße ich natürlich alle vor den Kopf und bleibe alleine. Okay, vielleicht ändert sich das ja wieder. Aber in ungefähr drei Wochen werde ich 34 Jahre alt. Und mit 40 will ich nicht unbedingt mein erstes Kind bekommen.... Das macht mich alles so traurig.

Der Gutachter spricht sich dafür aus, daß mein Ex in den Maßregelvollzug (=forensische Psychiatrie) untergebracht wird, sofern das Gericht die Taten, die er gemacht hat, als erheblich ansieht. Und das Gericht hat schon einmal geschrieben, daß es sich um "erhebliche rechtswidrige Taten" handelt. Der Gutachter schreibt auch, daß eine Psychotherapie wohl wenig Sinn machen wird, da mein Ex keinerlei Krankheitseinsicht habe. Das stimmt, er findet ja nicht, daß er Probleme hat. Für ihn sind immer die anderen Schuld... Und der Gutachter geht davon aus, daß es auch in Zukunft zu Eigentums- und/oder Gewaltdelikten kommen wird.

Mit so einem Monster habe ich es so lange ausgehalten. Ich verstehe das heute kaum noch. Ich mache mir aber keine Vorwürfe, das habe ich inzwischen verinnerlicht, daß ich nicht verantwortlich bin.

Ich weiß nicht, wie ich die kommenden drei Tage überstehen soll. Vielleicht versuche ich morgen, in der Klinik mit dem diensthabenden Arzt zu sprechen. Je nach dem, welcher Arzt Dienst hat.

Jetzt mache ich erstmal Schluß. Vielleicht melde ich mich aber später nochmal. Jetzt muß ich erstmal versuchen, meine Anspannung runter zu kriegen und zwar ohne dysfunktionales Verhalten...

Liebe Grüße, Eure

Xenia
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




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Re: hoffnungslos XII - Der Prozeß/Neuanfang

Beitrag von Xenia »

mir geht's zwischenzeitlich total beschissen... Ich habe keine Ahnung, wie ich die nächsten Tage heil überstehen kann. Ich weiß nicht, was ich tun soll.

Ich habe jetzt schon meine Schlafmedikamente genommen und werde versuchen, gleich schlafenzugehen. Das wird wohl das beste sein für heute. Ich kann heute sowieso nichts mehr mit mir anfangen, ich fühle mich ja noch nicht einmal mehr. Scheiß Dissoziationen, ich will sie nicht mehr haben.

Wenn mich das Gutachten schon so mitnimmt, wie soll es dann erst in der Verhandlung werden??? In dem Gutachten steht auch, daß mein Ex sich dem Gutachter gegenüber nicht zu meinen Vorwürfen geäußert hat. Das heißt, daß der Gutachter während der Verhandlung entscheiden muß, wie mein Ex während dieser ganzen Übergriffe "drauf" war, ob voll schuldfähig oder nicht. Also gehe ich davon aus, daß sie doch Details wissen wollen.

ICH KRIEGE DIE KRISE!

Was soll ich denn bloß machen? Und das Blöde ist, daß ich mich auch noch mit dieser Zusammenfassung herumschlagen muß, denn mein Ex hat dem Gutachter irgendwelche Geschichten erzählt, die überhaupt nicht stimmen. Seine Mutter auch. Ich weiß nicht, wie ich das verkraften soll...

Liebe Grüße von Eurer Xenia, die hoffentlich bald schlafen kann....
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




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igel
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Re: hoffnungslos XII - Der Prozeß/Neuanfang

Beitrag von igel »

Liebe Xenia,

halt´ durch!!!!! Alles war (leider) wie es war und Du kannst es heute nicht gross
ändern. Was über das Monster gesagt wird, ist doch positiv.

Schlaf´gut und ruhe Dich aus, Du brauchst die Kraft!!
igel
flora80
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Re: hoffnungslos XII - Der Prozeß/Neuanfang

Beitrag von flora80 »

Liebe Xenia!

Kann im Moment nicht so viel dazu sagen, aber ich denke an dich und drücke immernoch fest die Daumen!

Ganz viele liebe Grüße von

Flora
Xenia
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Re: hoffnungslos XII - Der Prozeß/Neuanfang

Beitrag von Xenia »

Guten Morgen Ihr Lieben!

Es tut gut, wenn ich lese, daß Ihr an mich denkt. Ehrlich.

Die vergangene Nacht war sehr schlecht und ich bin schon seit 06.00 Uhr wach... Habe versucht, nicht zu grübeln, was mir nich so gut gelungen ist. Scheiß Leben, ich habe gar keine Hoffnung, daß es irgendwann einmal besser wird. Ja, ich weiß, wenn der Prozeß vorüber ist und ich wirklich mit der Traumaarbeit anfangen kann, dann habe ich eine Chance. Aber wann wird das sein? Werde ich es so lange noch aushalten können? Ich weiß, daß man Traumata in sein Leben integrieren kann. Aber mir ist so vieles passiert, nicht nur in der Beziehung mit meinem Ex, daß ich ehrlich gesagt so meine Probleme damit habe, zu glauben, daß ich diese ganzen Geschichten irgendwann in mein jetziges Leben zu integrieren. Es wird wohl immer wieder passieren, daß irgendeine Geschichte wieder ans Tageslicht tritt. Und ich kann das einfach nicht mehr so gut aushalten. Ich kann den Deckel nicht mehr auf den Topf drücken.

Seit ich gestern diese Zusammenfassung der Gutachten gelesen habe, geht es mir brutal schlecht und ich habe Angst, durchzudrehen. Nein, eigentlich ist es keine Angst mehr, sondern inzwischen eine richtige Gewißheit. Ich denke, daß ich nachher unbedingt mal in der Klinik anrufen sollte, wenn es mir nicht besser geht. Denn jetzt bin ich wieder irgendwie müde geworden und ich versuche, noch ein wenig zu schlafen. Leider habe ich aber schon eine Waschmaschine angemacht, so daß es vielleicht zu laut ist... Naja, vielleicht auch nicht, ich bin schon des öfteren eingeschlafen, während die Waschmaschine lief.

Bis später mal, Eure

Xenia
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




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