Antidepressiva bei Untergewicht - verminderte Wirkung?

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lucyannna
Beiträge: 5
Registriert: 1. Mär 2016, 00:11

Antidepressiva bei Untergewicht - verminderte Wirkung?

Beitrag von lucyannna »

Hallo ihr Lieben,

ich bin neu im Forum und möchte gerne eine Frage loswerden: Haben Antidepressiva bei Untergewicht eine geringere Wirkung? Ich habe Magersucht und eine schwere Depression diagnostiziert bekommen. Es fällt mir ziemlich schwer zuzunehmen, auch weil ich wegen der Depression weniger Appetit habe und deshalb habe ich deutliches Untergewicht. Meine Psychotherapeutin sagte, dass sie mal gehört hätte, dass Antidepressiva bei Untergewicht weniger stark wirken - sie ist aber Psychologin, keine Ärztin, daher habe ich alles, was die Medikamente betrifft mit meiner Hausärztin abgeklärt. Meine Hausärztin konnte mir dazu nichts sagen, sie meinte nur, dass ich zum Psychiater gehen sollte, falls das Medikament nach ein paar Wochen nicht wirkt. (Ich nehme Citalopram, 20mg.) Nun würde mich interessieren: Hat jemand von euch Erfahrungen damit? Haben die Medikamente bei euch besser gewirkt, wenn ihr wieder in den Bereich des Normalgewichts kommt? Bin sehr dankbar für Ratschläge/ Erfahrungen.

Liebe Grüße,
lucyannna
Handsan
Beiträge: 156
Registriert: 2. Jan 2013, 14:48

Re: Antidepressiva bei Untergewicht - verminderte Wirkung?

Beitrag von Handsan »

Hallo Lucyannna,

also als erstes ist auf jeden Fall der Ratschlag deiner Hausärztin anzunehmen in der nächsten Zeit - Termin bei einem Neurologen oder Psychiater machen. Hausärzte sind darin keine Spezialisten, das ist nicht ihr Fachgebiet.

Zu deiner Frage: ich denke nicht, dass das Gewicht ursächlich mit der Wirkung eines Antidepressivums zusammenhängt. Diese Medikamente werden über Stoffwechselwege abgebaut, Leberenzyme zum Beispiel. Dann spielt der Hirnstoffwechsel eine Rolle, denn der soll ja angesprochen werden. Jeder Mensch ist anders und deswegen wirken die Medikamente nicht bei allen gleich gut und es gibt ja verschiedene Antidepressiva-Klassen, die also unterschiedliche Neurotransmitter ansprechen können.

Was wichtig ist, dass dein körper die Nährstoffe kriegt die er auch braucht. Ich kann nachvollziehen, dass das Essen schwierig für dich ist. Ich hatte auch mal eine Essstörung. Mir hat der Gedanke beim Essen geholfen, dass mein Gehirn sich sozusagen umbaut und dafür braucht es auch Nährstoffe. Unser Gehirn besteht zum Beispiel zu 60 % aus Fett. Und auch Vitamine und alle anderen Nahrungsinhaltsstoffe sind wichtig für die Nerven und die Gemütslage. Zudem gibt es den Spruch "In einem gesunden Körper, wohnt ein gesunder Geist" (oder so ähnlich).
Bist du bezüglich der Essstörung auch in Behandlung? Denn Magersucht unbehandelt kann gravierende Folgen haben. Letztlich können sich beide Erkrankungen gegenseitig befeuern.

Jedenfalls hat das Untergewicht meiner Meinung nach nichts mit der Wirkung der Antidepressiva zu tun, sondern eher die Verstoffwechselung des Körpers.
Ich weiß jetzt nicht, wie lange du Citalopram schon einnimmst. Wichtig ist etwas Geduld. Die Medikamente brauchen ein paar Wochen, bis sich zeigt, ob die gewünschte Wirkung eintritt.


Liebe Grüße
Handsan
Bittchen65
Beiträge: 1853
Registriert: 16. Jul 2015, 11:38

Re: Antidepressiva bei Untergewicht - verminderte Wirkung?

Beitrag von Bittchen65 »

Hallo Lucyanna,

Handsan hat fachlich so kompetent geantwortet ,da kann ich dir nur noch gute Besserung wünschen.
Liebe Grüße Bittchen
lucyannna
Beiträge: 5
Registriert: 1. Mär 2016, 00:11

Re: Antidepressiva bei Untergewicht - verminderte Wirkung?

Beitrag von lucyannna »

Hallo!

Vielen Dank für die hilfreiche Antwort und die guten Wünsche! Jetzt bin ich erstmal beruhigt. :)

Ja, ich bin auch wegen der Magersucht in Behandlung. Im Moment ist allerdings Therapiepause, weil wir darauf warten müssen, ob die Krankenkasse die Therapie bezahlt (wir versuchen, das übers Kostenerstattungsverfahren abzurechnen) und es geht mit dem Essen wieder bergab, aber was du geschrieben hast war sehr hilfreich - dass das Gehirn Nährstoffe braucht, um gesund zu werden. Ich glaube das sollte ich mir aufschreiben und irgendwo aufhängen. :)

Muss man denn auch zu einem Neurologen/ Psychiater, wenn die Medikamente einem helfen, nur um nochmal sicherzugehen? Oder nur, wenn sie nicht helfen?

Vielen Dank für eure Hilfe!
lucyannna
aikido_1987
Beiträge: 1133
Registriert: 24. Jul 2011, 20:43

Re: Antidepressiva bei Untergewicht - verminderte Wirkung?

Beitrag von aikido_1987 »

Hallo Lucyanna,
mein heißgeliebtes Buch "Klinikleitfaden Psychiatrie und Psychotherapie" vom Urban und Fischer Verlag sagt folgendes zum Thema Pharmakotherapie bei Anorexie oder Bulemie:

Anorexie

"SSRI-Präparate sind im untergewichtigen Zustand eher nicht wirksam. Ein positiver Effekt von Fluoxetin bei remitierten Pat. zur relapse-prevention ist beschrieben."

Bulimie
"Die Wirksamkeit von Fluoxetin ist belegt. Der Effekt zeigte sich unabhängig vom affektiven Status der Patienten, konnte also nicht einer möglichen antidepressiven Wirkung zugeordnet werden. Die effektiven Tagesdosen lagen allerdings wesentlich höher, wie bei antidepressiver Behandlung, ca. 60 mg/d."

Liebe Grüße,
aikido
Zarra
Beiträge: 5734
Registriert: 12. Mär 2010, 15:16

Re: Antidepressiva bei Untergewicht - verminderte Wirkung?

Beitrag von Zarra »

Hallo lucyannna,

vielleicht als Ergänzung:

Bei Bulimie kann eines der Probleme sein, daß die Medikamente wegen des Erbrechens gar nicht im Körper landen. Davon scheinst Du ja glücklicherweise nicht betroffen zu sein.

Dann: Manche Antidepressiva, z.B. Fluoxetin und teilweise auch Citalopram, können als Nebenwirkung eine Appetitverringerung und leichte Übelkeit haben, haben es oft. Am Anfang u.U. stärker, so nach über zwei Wochen müßte es sich eingependelt haben. Citalopram ist ein gängiges AD, das häufig verschrieben wird, eben auch in Hausarztpraxen, sicher auch weil es meist wenig Nebenwirkungen hat. U.U. ist es aber nicht das für Dich am besten geeignete. Wie kommst Du denn inzwischen damit zurecht? - Es gibt jedenfalls andere AD, die eher den Appetit steigern können.

Wenn Du mit Citalopram gut zurecht kommst, kann Dir das vermutlich Deine Hausärztin weiter verschreiben und Du mußt zu keinem Psychiater. Psychiater verfügen aber eben über mehr Erfahrungen mit ADs und können so besser einschätzen, was passen könnte.

LG, Zarra
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