Eltern-Kind-Strukturen, Veränderungen und Grenzen...

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C.
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Eltern-Kind-Strukturen, Veränderungen und Grenzen...

Beitrag von C. »

Hallo care4you, hallo alle,

ein thema was mich auch wieder einmal sehr umtreibt...

der anfang dieser überlegungen ist nachlesbar unter:

http://www.kompetenznetz-depression.de/ ... 1068299538

(ähm ja ich hoffe das mit dem link klappt - ein erster versuch *g*)

Grüsse,
Clara
C.
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Re: Eltern-Kind-Strukturen, Veränderungen und Grenzen...

Beitrag von C. »

Hallo Care4you,

"Ich bin der Meinung, dass es an der Zeit ist, die Eltern unmissverständlich mit ihren Nasen auf des Kindes Problem mit ihren Problemen zu stoßen."
ich denke nicht dass es sehr viel bringt, andere menschen "unmissverständlich mit der nase in probleme zu stossen"... zum lösen muss wollen vorhanden sein, denke ich. man kann anstossen, anregen, nahe bringen oder so...und oft kann das viel bewirken. aber "reinstossen" löst meistens nur abwehr-reaktionen aus, ist meine erfahrung.

auch wenn es nicht "richtig" ist wenn eltern sich wie die kinder benehmen, ist es denke ich nicht möglich, die eltern "anders zu machen". meine erfahrung ist, dass die haltung "die sollen sich ändern" meist zu nichts geführt hat. ausser zu verzweiflung bei mir.

was ich tun kann, ist, für mich: abstand zu nehmen. vielleicht einen anstoss zu geben, wenn ich mir (und/oder auch anderen) veränderung wünsche, und dann den raum zu geben für veränderung.

zu sagen, was einen quält, wenn einen etwas quält, ist wichtig, da stimme ich dir zu.

ich habe oft damit 2 probleme: zum einen, erstmal selbst genau zu wissen, was mich da eigentlich so quält, zum anderen, inwiefern und in welcher art da überhaupt "abhilfe" kommen könnte (und was z.B. mir die situation erleichtern könnte)(und ob das der "anderen seite" überhaupt möglich sein könnte, in ihrer position), und dann genug "loslassen" zu können, um nicht abhängig von meinem er-warten der veränderung zu sein.

viele gedanken dazu in mir, ein thema was mich derzeit wieder einmal sehr beschäftigt. leider nicht alle gedanken so gut sortiert und klar in mir wie ich das gerne hätte - und die umsetzung von erkenntnissen ist ja dann leider auch noch mal ein weiteres kapitel...

grüsse,
Clara
care4you
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Re: Eltern-Kind-Strukturen, Veränderungen und Grenzen...

Beitrag von care4you »

Hallo Clara,

ich freu mich über und auf den Austausch zu diesem Thema, das auch mich sehr beschäftigt, als Mutter und als "gewesenes" Kind (meine Eltern sind beide noch vor ihrem 60. Geburtstag gestorben).

Ich möchte erstmal auf Captains Posting eingehen.

Hallo Captain,

mag sein, dass wir uns missverstehen, aber vor dem Hintergrund, dass ich Diskussionen immer für fruchtbar halte, solange sie in Bewegung bleiben, kann´s nur besser werden.

Ich stimme Dir ja grundsätzlich zu in dem, was Du schreibst.
Ich gehe aber auch von dem aus, was ich selbst erlebt habe und von dem ich wünschte, dass ich das Übel viel früher erkannt und rechtzeitig meine Grenzen deutlich gemacht hätte/hätte machen können. Dass ich dazu allein nicht in der Lage war, hat mich in meiner Sichtweise bestärkt, dass es sinnvoll ist/sein kann, sich Unterstützung von außen zu holen, zuerst für sich selbst, dann für die Auseinandersetzung mit den anderen, in diesem Fall den Eltern.

Supervision ist hier eine gute Möglichkeit, das Gespräch zwischen den Beteiligten zu fördern, sich gegenseitig wirklich zuzuhören, die Sichtweise des anderen wahrzunehmen, aber auch die eigene klar zu äußern.

Um zu sich selbst zu finden, seine eigenen Bedürfnisse klar(er) zu erkennen und für sich zu entscheiden und dies auch eigenverantwortlich zu vertreten, ist Distanz notwendig.

Eine freie Wahl zu treffen setzt Unabhängigkeit voraus. Wie aber kann Unabhängigkeit - und am Beispiel von Igels Schilderungen die emotionale - erreicht werden, wenn von Seiten der Elternteile emotionaler Druck ausgeübt wird, dem man sich nicht gewachsen fühlt ob der jahrelangen Praxis, der man nachgibt, weil (möglicherweise) die Kraft fehlt, sich dagegen zu wehren?

Mein Statement "Ich bin der Meinung, dass es an der Zeit ist, die Eltern unmissverständlich mit ihren Nasen auf Igels Problem mit ihren Problemen zu stoßen" sollte nicht "brutal" oder unsensibel gewertet werden (Du und auch Clara haben darauf sehr stark reagiert), sondern es war im Sinne von klar vor Augen führen gemeint, ohne Schnörkel wie z. B. "entschuldige bitte, dass ich das jetzt sagen muss", sagen, was an einem nagt. Das muss nicht verletzen, es kann aber sehr wohl Augen öffnen mit Reaktionen wie "so hab ich das nie gesehen", "das ist mir gar nicht aufgefallen".

Zur Härte sich selbst und anderen gegenüber:
Ich habe fast den Eindruck (mag sein, dass ich wieder etwas missverstehe), dass das klare Äußern von Bedürfnissen, ohne schlechtes Gewissen und ohne Rechtfertigung, als hart, unangemessen und egoistisch empfunden wird.

Ich lerne erst langsam, mir diesen gesunden Egoismus zu Eigen zu machen, und es bekommt mir gut. Ich bekomme kein schlechtes Gewissen mehr, wenn ich meine eigenen Bedürfnisse nicht immer hintan stelle. Es gibt eine Ausgewogenheit im Kräfteverteilen, in der man selbst eben auch eine Rolle spielt und nur soweit gut ist, sein kann, wie man in sich selbst zuhause ist, sich selbst respektiert.

"Ich glaube jedenfalls nicht, dass Gleiches mit Gleichem geheilt werden kann."
Hier versteh ich tatsächlich nicht, was Du meinst. Wo siehst Du ein Gleiches mit Gleichem vergelten?
Es geht in Igels "Fall" doch um die "Elternproblem/Kind-Problematik" und den tiefen Wunsch, von den Eltern nicht mehr diesem Gezerre ausgesetzt zu werden.

"Ich denke, derjenige der die tiefere Einsicht besitzt und den Mut hat seinen Stolz für eine Weile zur Seite zu legen sollte den ersten Schritt tun und Veränderun herbeiführen. Ob das nun die Kinder oder die Eltern sind, ist wurscht."

Letztlich mag das wurscht sein. Vom Verursacherprinzip ausgehend wäre es wünschenswert, wenn die Eltern den ersten Schritt täten. Da sie aber offenbar keinen Anstoß zu diesem Schritt erhalten, weil sie gar nicht wissen, was sie tun, wäre es gut, ihnen einen Denkanstoß (das geht mitunter auch nett .. zu geben.

Freu mich auf Meinungen und Denkanstöße.
Care4You
care4you
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Re: Eltern-Kind-Strukturen, Veränderungen und Grenzen...

Beitrag von care4you »

Hallo Clara,

betrifft Dich das Problem als Kind oder als Mutter, oder beides?

Ich merke an Deiner Schreibweise, wie sehr es Dich beschäftigt. Wahrscheinlich hast Du hier schon darüber geschrieben und ich hab es nicht gelesen.

Zum Punkt "die (Eltern) sollen sich ändern" möchte ich anmerken, dass ich es so meinte, dass Eltern ihre Position nicht als unanfechtbar definieren sollten. Das wiederum bedeutet nicht, dass man die Verantwortung für alle Schwierigkeiten, die man im Leben hat, automatisch auf das Verhalten der Eltern abwälzt. Aber ich denke, man kann erwarten, dass Eltern ihr Elternsein reflektieren und ggf. zu Gesprächen darüber bereit sein müssen, wenn sich so gravierende Probleme einstellen, nicht zuletzt, um dem Kind das Gefühl zu geben, es als Erwachsenen ernst zu nehmen und als Menschen zu achten.

Ich habe als 20-Jährige versucht, Abstand zu gewinnen. 1 1/2 Jahre hatte ich keinen Kontakt zu meinen Eltern.
Als wir uns wiedergesehen haben, fingen die Sorge um sie und all meine Probleme damit, die Rollenverschiebung von neuem an.
Es hatte sich überhaupt nichts verändert, weil keine konstruktiven Gespräche zwischen uns stattfanden. Es wurde immer ein Weg gefunden, schnell auf ein anderes Thema zu kommen mit Ablenkungsmanövern, die auf mich wie ein Schlag ins Gesicht gewirkt haben.

Wenn Du magst und es nicht zu nah geht, schreib doch bitte mehr über Deine 2 Probleme.
Auch Deine Meinung zu meinen Ansichten oben interessiert mich.

Herzliche Grüße
Care4You
Captain Kirk
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Re: Eltern-Kind-Strukturen, Veränderungen und Grenzen...

Beitrag von Captain Kirk »

Hi Care, klar. Diskusion ist gut und verschiedene Perpektiven sind auch gut.

Wir gehen ja wahrscheinlich alle von dem aus, was wir selber erlebt haben und das färbt dann unsere jeweilige Interpretation des geschriebenen.Und so unterschiedlich unsere Erlebnisse und unsere Charaktere sind, so unterschiedlich können auch die jeweiligen Lösungswege aussehen. Diese Diskussionen hier können dafür jeweils ein Anstoß oder sowas wie eine Ideensammlung sein.

>Mein Statement "Ich bin der Meinung, dass es an der Zeit ist, die Eltern unmissverständlich mit ihren Nasen auf Igels Problem mit ihren Problemen zu stoßen" sollte nicht "brutal" gewertet werden (Du und auch Clara haben auf das Wort "stoßen" sehr stark reagiert), sondern es war im Sinne von klar vor Augen führen gemeint, ohne Schnörkel (z. B. "entschuldige bitte, dass ich das jetzt sagen muss" o. ä.), sagen, was an einem nagt. Das muss nicht verletzen, es kann aber sehr wohl Augen öffnen mit Reaktionen wie "so hab ich das nie gesehen", "das ist mir gar nicht aufgefallen".<

Ja, wenn es darum geht ein Problem direkt anzusprechen damit stimme ich überein, wenngleich ich persönlich nicht gleich eine verbale Konfrontation bevorzugen würde, sondern eher eine Art Gespräch im Sinne von einer fragenden Haltung einnehmen würde, die echtes Interesse an dem Verhalten des anderen voraussetzt. Und auch an seiner Andersartigkeit.

>Zur Härte sich selbst und anderen gegenüber:
Ich habe fast den Eindruck (mag sein, dass ich wieder etwas missverstehe), dass das klare Äußern von Bedürfnissen, ohne schlechtes Gewissen und ohne Rechtfertigung, als hart, unangemessen und egoistisch empfunden wird.<

Nein, das meinte ich damit nicht. Ich meine damit vielmehr eine unnachgiebige Haltung, eine gewisse seelische Härte die wohl als eine Abgrenzung und Selbstschutz entstanden ist und weitertransportiert wird. Auch die Depression sehe ich als Härte gegen sich selber an.

>Ich lerne erst langsam, mir diesen gesunden Egoismus zu Eigen zu machen, und es bekommt mir gut. Ich bekomme kein schlechtes Gewissen mehr, wenn ich meine eigenen Bedürfnisse nicht immer hintan stelle.<

Das ist ja auch gut so.


>"Ich glaube jedenfalls nicht, dass Gleiches mit Gleichem geheilt werden kann."
Hier versteh ich tatsächlich nicht, was Du meinst. Wo siehst Du ein Gleiches mit Gleichem vergelten?<

Ich meine Härte mit Härte. Also dieses Prinzip das man auch in Nachbarschaftsstreitereien findet... sollen die anderen sich sich doch erstmal ändern ... die haben doch angefangen ...usw.
Zu einem Streit gehören immer zwei. Alleine kann keiner richtig streiten. Und wenn man eine andere Haltung einnimmt und nicht in das Psychodrama einsteigt, dann reagiert man eben nicht mit gleicher Härte sondern mit Weichheit (die nicht mit Schlaffheit oder Unentschlossenheit verwechselt werden darf). Ein Streit ist dann nicht mehr möglich.Und der andere muß sich eine andere Strategie überlegen und sich selbst überdenken ohne dass ich keifend vor ihm stehe und ihm das sage.




>Letztlich mag das wurscht sein. Vom Verursacherprinzip ausgehend wäre es wünschenswert, wenn die Eltern den ersten Schritt täten.<

Dann müßten aber vielleicht erstmal die Eltern der Eltern den ersten Schritt tun, oder die Eltern der Großeltern usw. Warum kann nicht einfach der den ersten Schritt tun, der das krankmachende Prinzip erkannt hat?


soweit meine Überlegungen zur Nacht

c.
C.
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Re: Eltern-Kind-Strukturen, Veränderungen und Grenzen...

Beitrag von C. »

Hallo Care, Hallo Captain, und hallo alle anderen die sich vielleicht mit-austauschen möchten,

schön, dass ihr euch hier eingefunden habt

"Ich denke, derjenige der die tiefere Einsicht besitzt und den Mut hat seinen Stolz für eine Weile zur Seite zu legen sollte den ersten Schritt tun und Veränderung herbeiführen. Ob das nun die Kinder oder die Eltern sind, ist wurscht."
Ja. zumindest handle ich meistens immer noch und immer wieder so. und es bringt bewegung.
manchmal ist es halt anstrengend und schwierig. und manchmal denke ich dass auch hier wieder bestimmte (dieselben? "alte"??) strukturen zum vorschein kommen, und es also in dieser weise eine fortsetzung der schrägen situation ist? jedenfalls ein ähnliches muster... aber es muss ja nicht in den gleichen verhaltens-stereotypen enden. grade dieser ansatz birgt ja wirklich die hoffnung auf veränderung, finde ich. was daraus wird, wie es sich entwickelt, wann man pause macht, oder auch evtl. mal nicht mehr in der lage ist so weiterzumachen, und vielleicht auch erstmal wieder stehenbleibt, muss man denke ich im verlauf auch immer wieder neu bewerten/entscheiden.

Ich denke auch nicht, dass das "Verursacherprinzip" hier irgendetwas zu lösungen beitragen kann. "mit-arbeit", zusammenarbeit, ja. nur einseitig geht es nicht. aber auf erste schritte anderer warten weil die "angefangen" hätten (und sich ärgern)? den eigentlichen "anfang" wird man sicherlich kaum zu packen kriegen...

"Ich habe fast den Eindruck (mag sein, dass ich wieder etwas missverstehe), dass das klare Äußern von Bedürfnissen, ohne schlechtes Gewissen und ohne Rechtfertigung, als hart, unangemessen und egoistisch empfunden wird."
Ich denke beim "klaren äussern von Bedürfnissen" schwingt manchmal auch viel "Er-wartung" auf Erfüllung der eigenen Bedürfnisse mit - oder es wird von der anderen Seite so gesehen/empfunden (und schon ist man den strukturen von schuldgefühlen-unzulänglichkeiten-unerfüllten bedürfnissen-"verteidigung" (von standpunkten?) wieder näher als man eigentlich wollte?). Hier denke ich ist ein schwieriger Punkt. Klar äussern, ja. Möglichst so, dass es keine Forderung an den anderen ist (und der wieder re-agiert und sich "wehrt), denke ich.
Oft hilft viel fragen, herausfinden was für den anderen bedürfnisse sind, und "erzählen" (!) was die eignen sind (nicht "deklarieren"..), habe ich den eindruck. nicht so einfach...

weiter kann / mag ich für heute erstmal nicht mehr denken

Grüsse,
Clara
C.
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Re: Eltern-Kind-Strukturen, Veränderungen und Grenzen...

Beitrag von C. »

p.s., captain,

weisst dass der spruch "gleiches mit gleichem kurieren" auch anderweitig 'belegt' ist? allerdings in homöopathischer dosierung...

grüsse,
Clara
care4you
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Re: Eltern-Kind-Strukturen, Veränderungen und Grenzen...

Beitrag von care4you »

Hallo Captain,

ich fang mal "hinten" an und schreib nochmal etwas zum Verursacherprinzip. Mein Gedanke war, dass es *wünschenwert* wäre, wenn die Eltern anfingen, sich Gedanken zu machen, weil sie erkennen, welche Problematik sich aus ihrem Verhalten ergeben hat.

Insofern gehen wir hier absolut konform, wenn Du schreibst, warum kann nicht einfach der den ersten Schritt tun, der das krankmachende Prinzip erkannt hat. Also selbstverständlich auch die Person, die darunter leidet.

Hier sehe ich aber das Problem, dass die Ausgangsbasis für eine gefühlsbeladene Diskussion - Eltern/Kind - denkbar ungünstig ist ohne eine dritte Person, die den emotionalen Abstand hat, also nicht Teil der Familie ist und ein konstruktives Gespräch ermöglicht.
Das wechselseitige Zuhören ist ein schwieriges Unterfangen, wenn die Emotionen kochen. Mit Moderation kann das gut ausgeglichen und aufgefangen, gesteuert werden.

So banal wie "sollen die anderen sich doch erstmal ändern" wollte ich mich nicht verstanden wissen.
Ich meine einfach, es ist richtig und wichtig, aber auch gleichermaßen schwierig, seinen eigenen (erwachsenen) Standpunkt auch den Eltern gegenüber vertreten zu können, ohne wieder in das Kind-Muster zurückzufallen.
Insofern halte ich den Vergleich mit Nachbarschaftsstreitigkeiten für wacklig. Diese sind zwar auch emotionsgeladen; es wird wohl aber in der Regel nicht vorkommen, dass man seine eigenen Interessen zurücksteckt und die des anderen für berechtigter, wichtiger, angemessener hält und wieder zum Kind wird.

Um das mal zusammenzufassen:
Meiner Meinung nach ist es unter den gegebenen Umständen (und hier meine ich den Ausgangsthread mit dem Ausgangsbeitrag) äußerst schwierig, ohne eine dritte Person zu einem für beide Seite akzeptablen Ergebnis zu kommen. Ich habe I. Beitrag so interpretiert, dass sie ihre Position als immer verständnisvolle und zuhörende Tochter (sie hat hier also ihr "Soll an Fürsorglichkeit" mehr als erfüllt) daran hindert, ihrer Mutter klarzumachen, dass sie in die Auseinandersetzungen der Eltern nicht mehr hineingezogen werden will - weil sie da eben auch nicht reingehört.

Meinung?

Care4You
Captain Kirk
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Re: Eltern-Kind-Strukturen, Veränderungen und Grenzen...

Beitrag von Captain Kirk »

Hi Clara, ich stimme Dir in dem was Du sagst zu. Und was die homöopathischen Dosen betrifft, da habe ich auch dran gedacht



Hi Care,
ich will Dir nochmals meinen Ansatz deutlich machen. Ich habe nicht den Weg über einen
Mediator oder ähnliches gewählt.

Ich habe für mich den Weg gewählt, meine innere Einstellung zu ändern. Wenn die geändert ist, dann kochen auch keine Emotionen mehr hoch. Und mit meiner geänderten inneren Einstellung ändert sich auch mein Verhalten. Das merkt mein Gegenüber und spürt nunmehr selber den Wunsch nach Veränderung. So ist mein Weg.

Viele Wege führen nach Rom

Gruß
c.
care4you
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Re: Eltern-Kind-Strukturen, Veränderungen und Grenzen...

Beitrag von care4you »

Hallo Clara, hallo Captain,

ja, zum Glück gibt es individuelle Lösungen, es wäre falsch zu meinen, es gäbe einen Königsweg.
Das macht alles auch wieder so interessant und herausfordernd, immer wieder nach neuen Möglichkeiten zu suchen, Konflikten zu begegnen. Manchmal erscheint es aussichtslos, dann kommt die Sache plötzlich wieder ins Rollen, und diese Wendung gibt neuen Mut.

Ich hätte mir dieses Rollen in Bezug auf Gespräche mit meinen Eltern gewünscht.

Gern hätte ich die Rollenverschiebung (in Bezug auf meine Mutter) aufgehoben und die verletztenden Sticheleien meines Vaters, der in mir eine Angriffsfläche gefunden hatte, die Enttäuschung über meine Mutter, die ihn verlassen hatte, loszuwerden.

Das hängt mir immer noch nach.

Oft habe ich mir gewünscht, es hätte sich mal jemand die Zeit genommen, sich um meine verletzte Seele zu kümmern. Ich komme immer wieder zu dem Ergebnis, dass meine Depressionen oder die depressive Grundhaltung mit der Scheidung meiner Eltern begann. Ich habe völlig den Halt verloren, und das im Alter von 11 Jahren, ein denkbar schlechter Zeitpunkt - wenn es für Haltlosigkeit überhaupt einen gibt ..

Damals war alles, was mit "Psych.." anfängt, noch mehr stigmatisiert als (vielleicht noch) heute. Insofern wurde eine psychologische Unterstützung und Supervision, so es letztere denn schon gab, wohl nicht einmal angedacht.
Es wäre hilfreich gewesen.

Care4You
C.
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Re: Eltern-Kind-Strukturen, Veränderungen und Grenzen...

Beitrag von C. »

Hallo Care,

Es beschäftigt mich mit diversen Pausen schon seit sehr langer Zeit, immer mal wieder sehr.
Ich habe darüber hier nicht schon geschrieben. Ich möchte glaube ich auch gar nicht so viele Details erzählen. Es hilft mir mehr, wenn ich den "Abstand wahre", innerlich, beim nach Lösungswegen suchen, oder reflektieren, wie ich was tue und gemacht habe, und wie es weitergehen kann.

"Zum Punkt "die (Eltern) sollen sich ändern" möchte ich anmerken, dass ich es so meinte, dass Eltern ihre Position nicht als unanfechtbar definieren sollten."
Ich denke keiner, der ein klärendes/lösendes Gespräch erhofft oder daran arbeiten möchte, sollte seine Position "als unanfechtbar definieren". Das klingt für mich nach "ich habe das Monopol des rechthabens gepachtet", generell keine gute Basis für Austausch, denke ich. Für besser halte ich, aktiv zuzuhören, dem anderen die Möglichkeit zu geben das auch zu tun, vom eigenen Erleben zu sprechen - aber nicht die eigene Sichtweise als "die Wahrheit" im Sinne von "was du fühlst *kann* gar nicht sein" zu deklarieren.

"Aber ich denke, man kann erwarten, dass Eltern ihr Elternsein reflektieren und ggf. zu Gesprächen darüber bereit sein müssen,"
Hm...ich hab so ein bisschen Probleme mit diesem Ausspruch 'man kann doch erwarten' - erwartest du das von dir? erwartest du es von anderen? oder spürst du die erwartung an dich gerichtet?
Ich weiss nicht, was "man" erwarten "kann", zumindest sicher nicht darauf basierend, wer älter ist, oder wer wen geboren hat....
Meine Erfahrung (ganz allgemein) ist, das wohl niemand zu "Gesprächen bereit sein *muss*", zumindest kann ich es nicht erzwingen, ertrotzen, erwünschen, oder sonstwie herbeiholen wenn der andere nicht möchte. Die Gedanken sind frei, und die "Gesprächsbereitschaft" wohl ebenso? Ich kann es mir wünschen, ich kann darum bitten, ich kann erklären warum es mir so wichtig wäre. Dadurch muss noch lange kein anderer zu irgendetwas "bereit" sein. Wenn es so ist, oder wenn meine Erklärungen das bewirken können, dann ist es schön.
Das schmeckt mir oft auch nicht besonders gut, und ist oft schwierig und anstrengend, hat sich für mich aber als Realität herausgestellt mit der ich lieber versuche umzugehen als dagegen anzurennen.

Ich denke übrigens, mal ganz salopp gesagt, "egal wie Eltern es machen, machen sie es falsch" - gemeint ist: irgendetwas wird es immer geben, was die Kinder ihnen später vorwerfen können / könnten, und wo sie etwas hätten besser machen können, selbst wenn sie sich wirklich mühe gegeben haben. Sie können auch nicht alles sehen oder gar vorhersehen. Schwierig wird es, wenn die Vorwürfe ausgesprochen werden. Oft aber ein wichtiger Teil des Loslösungsprozesses. Ich denke auch das es v.a. genau dazu dann dienen sollte. Zur Lösung der Spannungen trägt es leider oft erstmal gar nicht bei, im Gegenteil denke ich. Die eigene Fehlerhaftigkeit anzunehmen gehört wohl zu den schwierigsten Übungen. "Auch Eltern sind keine perfekten Menschen" gehört wohl zu den schwierigsten "Erkenntnissen" für beide Seiten.

"Wenn Du magst und es nicht zu nah geht, schreib doch bitte mehr über Deine 2 Probleme."
Ich verstehe nicht ganz was du damit meinst, ich dachte ich hätte gesagt, welche 2 Probleme ich oft (ganz allgemein gesprochen) mit dem "zu sagen, was einen quält, wenn einen etwas quält" habe / sehe.

"Es geht in I.s "Fall" doch um die "Elternproblem/Kind-Problematik" und dem tiefen Wunsch, von den Eltern nicht mehr diesem Gezerre ausgesetzt zu werden."
Ich denke um "von den eltern diesem gezerre nicht mehr ausgesetzt zu *werden*" ist ein langer Weg der "Arbeit" zurückzulegen. Seltenst löst sich dies allein durch den Wunsch dazu. (dem nicht mehr ausgesetzt zu *sein* ist etwas anderes denke ich - mehr eigen-aktiver)
Meine Erfahrung in solcher Position ist, dass dies zunächst nur dadurch geht, selbst einen Schritt zurückzutreten. Das an sich "löst" noch nichts, schafft aber Raum, um Lösungswege suchen zu können, denke ich. Allerdings ist in diesem Abstand auch Abstand von den eigenen Bedürfnissen an die "Zerrenden" (zumindest einigen) enthalten, die man dann wohl meistens auch nicht erfüllt bekommen kann.
Klar, deutlich, freundlich und mit Abstand sagen, dass man dieses Gezerre nicht möchte, hat denke ich die meisten Chancen "gehört" zu werden. Vom Hören zur möglichen Änderung ist es wieder ein anderer langer Weg denke ich.
Auch gibt es ja die Möglichkeit, sich die Problematik des anderen anzuhören, sie "anzunehmen" als etwas worunter die andere Person leidet - ohne selber mitzuleiden. Das geht allerdings mit Abstand besser, denke ich.
Auch hier führt der Weg, meinen "Theorien" nach, darüber, nicht die Position des anderen selber einzunehmen, aber evtl. Verständnis signalisieren zu können - ohne die "lösung" für den anderen übernehmen zu "müssen". Das ist natürlich schwer, wenn die "andere Seite" so um "Beistand" kämpft. Als Kind wohl unmöglich. Als erwachsener Mensch gibt es mehrere Optionen denke ich. Ich denke jedoch in dem tiefen Wunsch, die Eltern mögen "endlich aufhören damit" liegen die wenigsten Veränderungschancen.

Mir geht auch grad durch den Kopf wie das mit diesen "klassischen" Mustern ist von in-alle-richtungen-gebunden... gibts in diesen situationen denke ich auch oft, und schwierig, sich da "richtig" *g* zu verhalten. Abstand?


Captain,

"Ich habe für mich den Weg gewählt, meine innere Einstellung zu ändern. Wenn die geändert ist, dann kochen auch keine Emotionen mehr hoch. Und mit meiner geänderten inneren Einstellung ändert sich auch mein Verhalten. Das merkt mein Gegenüber und spürt nunmehr selber den Wunsch nach Veränderung."

Meine persönliche Erfahrung (bei recht ähnlichem Weg) ist, dass trotzdem in der Praxis auch noch Emotionen hochkochen können. Interessant finde ich, dass mir mit der veränderten "inneren Haltung" auch ein anderer Umgang damit dann möglich ist. (z.B. stichwort "pause-taste", oder "palette angucken" - klappt aber auch nicht immer.. oft auch wieder einmal mehr Abstand.)
Siehst/merkst du eigentlich inzwischen schon solchen Wunsch beim Gegenüber?
Manchmal dauert es, ist langwierig und mühsam, ist meine Erfahrung.

"Und wenn man eine andere Haltung einnimmt und nicht in das Psychodrama einsteigt, dann reagiert man eben nicht mit gleicher Härte sondern mit Weichheit"
Ja, denke ich auch. Ist nicht ein "normaler Streit" eigentlich schon eine Veränderung gegenüber "Psychodrama"?

"Ein Streit ist dann nicht mehr möglich.Und der andere muß sich eine andere Strategie überlegen und sich selbst überdenken"
Eine gewisse Art von Streit kann denke ich auch stattfinden, wenn "nur einer streitet" (Vorwürfe, Agression, ... , was auch immer), so ganz emotionslos lässt *mich* sowas jedenfalls nicht. Und auch aus Haltung, Mimik etc oder einfach Interpretation des anderen kann sich "futter" ergeben denke ich.
Allerdings kann der Streit-Verlauf dann vom "typischen Muster" abweichen, wenn ich die Rolle nicht mehr spiele.
Leider auch hier, denke ich, "muss" der andere sich nicht selbst überdenken. Er hat aber dann die besseren Möglichkeiten dazu, und einen "anstoss". (Oder wie meintest du das?) manchmal wird der "Streit" dann wohl auch einfach auf andere Ebenen verlagert - oder der Kontakt abgebrochen? Oder meintest du das mit "neuer Strategie"?
Ich denke allerdings, dass einfach mehr "Raum" und Möglichkeit für neue überlegungen und überdenken für "den anderen" da ist, wenn der "keifende" oder "Rat-schläge" verteilende Gegenpart die Rolle nicht mehr einnimmt.


Zum Stichwort "Mediation" habe ich zu viele verschiedene Gedanken grad im Kopf, das vielleicht ein andermal.


Grüsse,
Clara
Captain Kirk
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Re: Eltern-Kind-Strukturen, Veränderungen und Grenzen...

Beitrag von Captain Kirk »

Ja, Clara, auch bei mir kochen dann und wann noch Emotionen hoch. das ist dann ein sicheres Zeichen für mich, dass etwas noch nicht den Weg ins Gefühl gefunden hat, also noch nicht verinnerlicht und neuronal vernetzt wurde. Dann ist bei mir wieder Analyse angesagt

>Siehst/merkst du eigentlich inzwischen schon solchen Wunsch beim Gegenüber?
Manchmal dauert es, ist langwierig und mühsam, ist meine Erfahrung. <

Ja. Ja es ist sehr langwierig und sehr mühsam. Aber ich sehe inzwischen deutliche Veränderungen bei meinen Gegenübern. Das ist für mich sehr interessant und es scheint der Mühe wert zu sein.


>Leider auch hier, denke ich, "muss" der andere sich nicht selbst überdenken. Er hat aber dann die besseren Möglichkeiten dazu, und einen "anstoss". (Oder wie meintest du das?) manchmal wird der "Streit" dann wohl auch einfach auf andere Ebenen verlagert - oder der Kontakt abgebrochen? Oder meintest du das mit "neuer Strategie"?<

Das stimmt, der andere muss sich nicht überdenken. Aber er ist erst mal irrritiert, wenn die alten Muster nicht mehr reibungslos ablaufen. Das wirft ihn ein bißchen aus der Bahn und er fragt sich vielleicht was los ist. Und dann, vielleicht, beginnt Veränderung. Das kann auch für den anderen mit einem guten Gefühl verbunden sein, weil etwas in bewegung kommt und er aus der alten Rolle herauskann. Vielleicht erfolgt auch ein Kontaktabbruch oder eine neue kranke Strategie, da hast Du recht. Dann muß ich diese neue Situation für mich wieder neu analysieren und sehen was mein Part dabei ist und wie ich mich verhalte.

anstrengend. auf jeden Fall wirds einem nie langweilig.
Gruß
c.
care4you
Beiträge: 74
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Re: Eltern-Kind-Strukturen, Veränderungen und Grenzen...

Beitrag von care4you »

Hallo Clara,

zur Frage, ob man Gesprächsbereitschaft von Eltern erwarten kann oder ob man seine Kindheit allein aufarbeiten muss - ich stell diese beiden Positionen einmal gegenüber -, vertrete ich die Ansicht, dass aufgrund der Tatsache, dass die Eltern die einzigen Menschen sind, mit denen man ein so enges Abhängigkeitsverhältnis in wichtigen Phasen des Lebens und in jeder Beziehung hat, sie die einzigen sind, denen man in Bezug auf die eigene Kindheit Fragen stellen kann, die sonst niemand beantworten könnte, eine Bereitschaft zur Beantwortung dieser Fragen erwartet werden kann.

Das bedeutet ja nicht, dass man sie an den Pranger stellt. Irgendwie komm ich wohl falsch rüber oder meine Wortwahl irritiert.

Es geht auch nicht darum zu sagen, egal, was ich als Elternteil mache, es ist sowieso verkehrt. Ich will niemanden auf die Anklagebank setzen und verurteilen. Aber ich möchte doch ein Plädoyer halten für die "Kinder", die ein Recht haben, Antworten auf ihre Fragen zu erhalten, sich selbst besser zu verstehen, weil es erklärbar wird, wenn Lücken im kindlichen Bewusstsein geschlossen werden. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Es geht mir absolut nicht darum, dass sich die Eltern für ihre Erziehung rechtfertigen. Da sich aus dieser Erziehung mitunter aber heftige Probleme ergeben, sehe ich eine Art "Verpflichtung" (ich ahne, dass dieses Wort wieder reizt .., sich Gesprächen hierüber nicht zu entziehen oder sie abzublocken.

Das Verhältnis Eltern/Kind ist ein einzigartiges, dass es mit keinem anderen Menschen im späteren Leben gibt (obwohl viele dann danach suchen, was auch einiges aussagt).

Die Wahl der Mittel, um Probleme, die sich aus diesem einzigartigen Verhältnis ergeben, anzugehen, bleibt selbstverständlich jedem selbst überlassen.

Du fragtest, ob ich so handeln würde - Moment, Handeln passt nicht ganz, weil ich nicht angefangen habe. Besser ist, ob ich auf Fragen geantwortet habe.
Ja, und ich kann Dir sagen, das war und ist mitunter sehr unangenehm, vor allem, wenn die vermeintlich sichere Eltern-Position anfängt, ins Wanken zu geraten und einem bei der Beantwortung der Fragen plötzlich einige Lichter über sich selbst aufgehen. Da stellt man sich "mal so ganz nebenbei" in Frage und sieht die Felle davonschwimmen.
Letztlich ist das aber gar nicht der Fall, wie sich dann herausstellt, vielmehr lösen sich, im günstigsten Fall, auf beiden Seiten Knoten.
Das Leben ist eines der schwersten.


Herzliche Grüße
Care4You
care4you
Beiträge: 74
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Re: Eltern-Kind-Strukturen, Veränderungen und Grenzen...

Beitrag von care4you »

Nochmal Hallo,

Clara schrieb:
> "Wenn Du magst und es nicht zu nah geht,schreib doch bitte mehr über Deine 2 Probleme."
Ich verstehe nicht ganz was du damit meinst, ich dachte ich hätte gesagt, welche 2 Probleme ich oft (ganz allgemein gesprochen) mit dem "zu sagen, was einen quält, wenn einen etwas quält" habe / sehe.

Gemeint hatte ich Näheres hierzu. Aber Du hattest eingangs dann ja bereits geschrieben, dass Du nicht so viele Details erzählen möchtest, was ich verstehe.


LG
Care4You
care4you
Beiträge: 74
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Eltern-Kind-Strukturen, Veränderungen und Grenzen...

Beitrag von care4you »

Hallo Clara und alle MitleserInnen,

um noch einmal zum Ausgangsthread bzw. -thema zurückzukehren, also am Beispiel des dortigen ganz konkreten Falls:
Es lag mir sehr am Herzen, I. in ihrem Empfinden der ganzen Situation und ihrer Einschätzung des Ganzen ernst zu nehmen und sie darin zu bestärken, ihren Gefühlen zu trauen und sich nicht in eine Position drängen zu lassen, die sie nicht (mehr) einzunehmen bereit ist.
Unterm Strich: (Ver)trau dir und deinen Gefühlen!

Mit dem tiefen Wunsch - und diese Erklärung, glaube ich, soll erstmal die letzte sein, denn ich müsste sonst jede meiner Forumulierungen unverhältnismäßig oft aufdröseln - war selbstverständlich nicht gemeint, dass man es sich nur ganz feste wünschen soll und dann geht der Wunsch in Erfüllung.

Der tiefe Wunsch = das tiefe Bedürfnis = der Leidensdruck ist neben anderen tiefen Empfindungen ein guter Motor, selbst etwas auf den Weg zu bringen, zu handeln, und auch hier geht selbstverständlich jeder den Weg, den er für sich für richtig und sinnvoll hält, also auch den des Abstandnehmens.

Was ich bedauere, ist, dass sich in unserem Land, also auch in den Familien - so jedenfalls ist mein Einduck - keine Streitkultur etablieren lässt.
Um Missverständnissen vorzugreifen:
Hier meine ich nicht, Leute, haut euch die Köpfe ein, sondern tatsächlich im Sinne einer Bereicherung unserer Kultur durch - mitunter auch heftig geführte - fruchtbare verbale Auseinandersetzung ohne den Anspruch der Allgemeingültigkeit des eigenen Standpunkts.

Care4You
C.
Beiträge: 412
Registriert: 4. Jun 2003, 22:28

Re: Eltern-Kind-Strukturen, Veränderungen und Grenzen...

Beitrag von C. »

Hi Care,

"hierzu" gibt es tatsächlich nichts "näheres" da es eine Art resumé ist, eine "generelle Betrachtung", meine kleinen Beobachtungen (und Gedanken dazu) und "allgemeine Schlussfolgerungen", wie das ist mit dem "klar sagen", wie ich das sehe.

Es sind also nicht "2 Probleme, die ich momentan habe", und über die ich vielleicht reden wollen / können würde, sondern es sind 2 meiner Sichtweise nach wichtige "Knackpunkte" / schwierige Bereiche, beim "sagen was einen quält". War vielleicht ne etwas ungünstige Wortwahl meinerseits.

Es ist nicht auf *ein* bestimmtes Erlebnis / Situation von mir bezogen. Auch nicht nur auf Eltern-Kind-Beziehungen, meine Beobachtungen / Gedanken, wobei es in den Eltern-Kind-Beziehungen oft eine Brisanz haben kann, die in anderen Beziehungen meist so nicht vorhanden ist (da ist ja auch oft mehr Abstand?)

Dies ist wie *ich* das sehe. Es gibt sicherlich noch viele andere Betrachtungsweisen.
Wahrscheinlich liegen wir auch gar nicht so weit auseinander? Ich denke auch, dass es sehr wichtig ist, zu sagen was einen quält.

Mir fällt halt auf, dass ich es sehr wichtig finde, klar sagen zu können, dass einen etwas quält, wenn einen etwas quält, dass es aber oft sehr schwierig ist (und manchmal ganz anders ankommt als gemeint)(und hierfür / hierbei sehe ich halt verschiedene Gründe und Zusammenhänge); ich beobachte es bei mir selbst, und auch bei anderen.
Ich habe hierzu kein konkretes Beispiel im Kopf, sehe aber in sehr sehr vielen Situationen Elemente dieser "Muster".

Ich denke halt, es *ist* nicht immer so einfach, das klar zu sagen, und erst recht nicht, dass es so verstanden wird wie gemeint.
Und ich find's wichtig, das so zu sagen, dass nicht wieder "typische Muster" anspringen... die eben möglichst zu umgehen... denn dann geht's ja wieder nicht mehr darum, was eigentlich quält, sondern wieder um ... hm, was eigentlich... "Positionen-Fechterei"(?) (im schlimmsten Falle "Psychodrama"? da könnte es zumindest manchmal reinrutschen, je nachdem wie "vorbelastet").

-> ich muss dazu selbst genau wissen, *was* es eigentlich ist, was mir auf der Seele drückt, um es ansprechen (oder über Änderungs-Möglichkeiten nachdenken) zu können.
Manchmal ist das einfach, klar und deutlich. Manchmal stecken aber auch noch ganz andere Dinger dahinter, und wenn dann das, was mich "vordergründig" quält, "gelöst" wäre, quält "es" mich immer noch, war schon des öfteren meine Beobachtung. (halt auch die Frage, was ist es eigentlich, was steckt dahinter - und auch, was hätte ich eigentlich gerne... Wenn ich mir wenigstens selbst drüber klar bin, wie z.B. es aussehen könnte und mich dann weniger quälen würde, habe ich für mich das gefühl, schon einen schritt weiter zu sein.)

-> es geht ja auch nicht nur darum, es selber zu erkennen, und "mal ausgesprochen zu haben" (auch wenn das vielleicht die ersten Schritte sind / sein müssen), sondern darum dass der andere es auch erkennen kann, sehen kann, verstehen kann. Hier kommt dann das ding mit der tricky kommunikation wieder mit rein. und da spielt halt noch viel mehr mit rein als allein mein "klar sagen wo mir der schuh drückt" (für mich z.B. ist oft was klar, was für andere nicht so ist, und umgekehrt).
Also, es so sagen, dass der andere es verstehen kann. (Ich denke hier gucken auch mal wieder die verschiedenen Kommunikations-Ebenen um die Ecke?)

-> die andere Frage ist denke ich, was macht "der andere" dann damit. Und, was ist überhaupt in der "möglichen Lösungs-Palette" enthalten? Was wäre denn möglich?
[konkret: das "du sollst anders sein" (wenn's denn beim anderen so ankam) führte zu nichts als Verteidigung und Verzweiflung (auf beiden Seiten).. Ein Mit-teilen, sich zeigen, öffnen, und ein Hinweis darauf, was mir denn z.B. gut tun würde / könnte (mit der Offenheit, dass es da auch noch anderes / mehr geben könnte, und auch zu schauen was denn möglich wäre, führte eher dazu, die für mich (und für den anderen meist auch) schwierige Situation zu verändern.]

Oft, in so Situationen die ich erlebt habe, war ein "einfach aufhören" so nicht einfach machbar. Aber ein angucken, und mit-"arbeiten", mit-suchen etwas zu verändern, neue Strukturen oder Reaktionsmuster aufzubauen, Veränderung dessen was mich quälte hat mir oft schon grosse "Linderung der Qual" gebracht (oh welch dramatische Worte *g* naja, in "Familiensituationen" (und vielleicht auch anderen) wird ja durchaus oft auch eine gewisse Dramatik erreicht.)

Wenn mir konkrete Beispiele dafür einfallen, die's wirklich gut verdeutlichen, kann ich's dir schreiben wenn du möchtest.


Care, zum rest schreibe ich dir (wenn ich's schaffe) ein andermal mehr...
jetzt nur soviel:

"Das bedeutet ja nicht, dass man sie an den Pranger stellt. Irgendwie komm ich wohl falsch rüber oder meine Wortwahl irritiert."

Ich sehe nichts "schlechtes" in deinen Worten, und Irritation ist meinerseits auch nicht dabei. Ich sehe es auch nicht so, dass du irgendwen an den Pranger stellen möchtest.

"Es geht mir absolut nicht darum, dass sich die Eltern für ihre Erziehung rechtfertigen. Da sich aus dieser Erziehung mitunter aber heftige Probleme ergeben, sehe ich eine Art "Verpflichtung" (ich ahne, dass dieses Wort wieder reizt .., sich Gesprächen hierüber nicht zu entziehen oder sie abzublocken."
Ich denke ich versteh schon, was du mit "Verpflichtung" meinst. Es "sollte" halt "eigentlich" so sein, oder?

Ja, es ist schön, wenn es so ist, so sein kann, denke ich. Manchmal ist es da, manchmal, aus welchen Gründen auch immer, nicht. Das muss nicht daran liegen dass irgendwer nicht "will", manchmal geht es auch einfach nicht (mehr) oder noch nicht.
Meine Gedanken beschäftigen sich halt mehr damit, was kann *ich* tun? Jemand seine "Verpflichtung" vorzuhalten, egal was ich meine das die Person tun müsste, hat in angespannten Situationen meist nur noch mehr Anspannung bewirkt, egal wiesehr ich meinte, dass das doch so sein müsste. Trotzdem denke ich nicht, dass es "falsch" ist, so zu denken. Vielleicht hat es etwas mit der eigenen Position zu tun? Die ich auch für mich vielleicht klar haben kann (können sollte???), ohne vom anderen zu erwarten, dass er sie mir "gibt"?

Vielleicht hat es in meiner Sichtweise auch mehr mit Verantwortung übernehmen zu tun denn mit Verpflichtung? Da will ich mal drüber nachdenken.

liebe grüsse,
Clara
care4you
Beiträge: 74
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Eltern-Kind-Strukturen, Veränderungen und Grenzen...

Beitrag von care4you »

Liebe Clara,

ich hoffe, Du bist gut ins Neue Jahr gerutscht. My private Jahreswechsel fand unfreiwillig im Liegen statt, und ich mochte nicht mal auf 2004 anstoßen. Schmerzen überall. Was auch immer es war, ich bin froh, dass es (fast) weg ist.

Heute wollte ich Dir nur schreiben, dass ich auf Dein letztes Posting noch eingehen möchte, wenn ich mich wieder vollständig zusammengepuzzelt habe.

LG
Care4You
igel
Beiträge: 924
Registriert: 26. Jul 2003, 11:19

Re: Eltern-Kind-Strukturen, Veränderungen und Grenzen...

Beitrag von igel »

Hallo,

hoffe, Ihr seid gut ins neue Jahr gekommen.

Jetzt möchte ich mich doch mehr an diesem Thread beteiligen. Habe Euch im anderen geschrieben - fiel mir an dem Tag leichter.

Mir kommt es auch nicht darauf an, meine Eltern an den Pranger zu stellen - auch wenn es manchmal vielleicht so wirkt. Sie können ja auch nur das weitergeben, was sie selbst erfahren haben!

"Das Verhältnis Eltern/Kind ist ein einzigartiges, dass es mit keinem anderen Menschen im späteren Leben gibt (obwohl viele danach suchen, was auch einiges aussagt."

Da sprichst Du mir aus dem Herzen, Care!

Und genau diese Eltern/Kind Beziehung fehlt mir und ich bin oft wütend und traurig, weil es sie immer noch nicht gibt/nicht möglich ist. Und alles soll an mir liegen.

Was tut man, wenn man seine Eltern einfach vermisst? Da ist eine Lücke. Klar, eigentlich bin ich erwachsen, aber Eltern habe ich ja immer noch und gerade in einer Krise braucht man doch auch seine Familie, wenn man noch keine eigene hat. Oder klammere ich da zu sehr?

Mich beindruckt Cares "Mutter-Dasein" jetzt. Mir fehlt es, zu meiner Mutter auch einmal aufschauen zu können. Ich denke nicht, dass ich nun auf sie herabblicke, aber ich bekomme ja mit, dass sie selbst gar nicht richtig erwachsen ist und sie sagt das auch selbst von sich. Irgendwie muss ich immer voran gehen.

Liebe Grüsse,
igel
C.
Beiträge: 412
Registriert: 4. Jun 2003, 22:28

Re: Eltern-Kind-Strukturen, Veränderungen und Grenzen...

Beitrag von C. »

Hi Care,

bin auch erstmal mit puzzeln beschäftigt...

gruss
Clara
care4you
Beiträge: 74
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Eltern-Kind-Strukturen, Veränderungen und Grenzen...

Beitrag von care4you »

Hallo Igel,

das ist wirklich ein Thema, mit dem sich ausnahmslos alle irgendwann beschäftigen, und obwohl es alle tun, bleibt es etwas ganz Besonderes.

Auch mir als Tochter fehlt die Eltern-Kind-Beziehung. Auch jetzt noch, wo meine Eltern nicht mehr leben, schleicht sich der Wunsch ab und zu ein, einfach mal in den Schoß zurückzukehren und die Eigenverantwortung für eine kleine Weile abzugeben in Hände, denen ich blind vertraue.
Ich ertappe mich manchmal dabei, dass ich sie suche wie das Küken die Glucke. Das Urvertrauen, die Geborgenheit, die bedingungslose Liebe. Diese für lange Zeit existenzielle Basis ist weg.
Vielleicht hat sich aber auch nur die Form verändert?
Ist der "Plan" vielleicht, dass ich nun mir urvertrauen soll? Die Geborgenheit = ich soll in mir zuhause sein und die bedingungslose Liebe, die Wurzel meines Lebens, soll ich genauso für mich selbst empfinden wie auch für andere?

Ich hab gelesen, dass Du Dir ein Buch mit dem Titel "Aussöhnung mit dem inneren Kind" gekauft hast. Vielleicht wäre das ja auch eine interessante Lektüre für Deine Mutter.

Ich seh es auch so, dass die Familie in Krisenzeiten füreinander da sein soll.
Zurzeit kämpft bei Euch aber wohl jeder heftig an der eigenen Front. Könntest Du Dir vorstellen, dass familientherapeutische Gespräche Euch und ganz besonders Dir etwas Klarheit verschaffen könnten?

Du wirst Deinen Weg finden, Igel. Vertrau Dir!

Herzliche Grüße
Care4You
igel
Beiträge: 924
Registriert: 26. Jul 2003, 11:19

Re: Eltern-Kind-Strukturen, Veränderungen und Grenzen...

Beitrag von igel »

Liebe Care,

danke!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Ich wünsche mir ein familientherapeutisches Gespräch bzw. könnte es mir als hilfreich vorstellen. Auch, wenn die Familie kaputt ist. Habe irgendwann einmal bei meiner Mutter deswegen "angetastet", aber da wollte sie nicht, weil ja eh alles kaputt ist. Aber ich glaube, sie wird auch nicht freier, bevor sie alles verarbeitet hat. Ich bin ganz froh, dass sie jetzt noch einmal eine Therapie für sich allein angefangen hat. Da muss ich mir nicht ganz so viele Sorgen machen, weil ich als ihre Gesprächspartnerin wegfalle! Die Therapeutin, bei der sie jetzt ist, macht auch Supervision. Das hatte meine Mutter bemerkt und ich glaube, Du hast das auch schon erwähnt. Ist das so eine Art Vermitlerrolle? Vielleicht könnte ich das mit ihr einmal machen. Mein Vater macht auch Therapie und ist sowieso für alles offen - neuerdings.

Ich bin hin- und hergerissen. Vielleicht ist es auch gut, dass jeder erstmal an der eigenen Front kämpft.

Und ich habe ja auch meine ganz eigenen Probleme und durch die Therapie lerne ich erstmal überhaupt so etwas wie Neutralität. Mitunter trenne ich meine Eltern nach gut und böse, was ja nicht heißt, das der eine gut und der andere böse ist! Das ist mein Problem. Ich muss lernen, alle beide mit Gutem und mit Fehlern zu sehen. Vielleicht kann ich mich dann auch mit dem inneren Kind versöhnen! Und darum geht es - erst muss ich mich mit mir selbst (früher und heute) versöhnen, dann kann ich mich auch mit anderen, mit dem Leben versöhnen.

War das jetzt nachvollziehbar?

Liebe Grüsse,
igel
igel
Beiträge: 924
Registriert: 26. Jul 2003, 11:19

Re: Eltern-Kind-Strukturen, Veränderungen und Grenzen...

Beitrag von igel »

...vielleicht möchte ich auch alles klären, weil ich weiß, dass meine Eltern irgendwann sterben. Das will ich mir gar nicht vorstellen. Ohne Eltern. Aber ich bin jetzt auch schon irgendwie ohne Eltern. Und das macht mich wütend und traurig.
igel
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