Liebe Irma, liebe Minya, liebe Jamba
vielen lieben Dank für Eure Antworten! Es tut gut, wenn man mit dieser Gefühlswelt verstanden wird, und ich bin froh, dass ich den Post abgeschickt habe. Es ist irgendwie ein Tabu, dass frau sich so fühlt und die Schuldgefühle, die man sowieso schon hat, werden durch Unverständnis von der Umwelt nicht gerade besser …
Die letzten drei Tage sind wieder Tage, die völlig in Ordnung sind; wir sind zur Oma (meine Mutter) gefahren (die erste längere Autostrecke), und zwei Tage bin ich sogar ohne meinen Mann dort, da er einen Termin hat. Ich habe lange gezögert, ob ich das möchte, auch dass mein Mann dann zu seinem Termin fährt, aber jetzt bin ich froh, dass wir gefahren sind: Wieder neue Dinge geübt (mit der Kleinen in einer fremden Umgebung schlafen, provisorischen Wickeltisch nutzen, mich alleine um die Kleine kümmern - aber mit Vollpension und weiteren Armen zum Tragen
![Zwinkern ;-)](./images/smilies/icon_e_wink.gif)
- etc.), die mir Sicherheit geben können für die Zeit, wenn mein Mann wieder arbeitet.
Minya, würde es nur um mich gehen, würde ich vermutlich auf andere Strategien ausweichen und nicht unbedingt in eine Beratung gehen, eben weil ich nicht unbedingt so positiv aus meiner letzten Therapie raus bin. Es ist ja auch so, dass ich in den letzten Jahren durchaus Strategien entwickelt habe, um klarzukommen, und es ging mir wirklich gut. Umso mehr werde ich von diesen "Aussetzern" jetzt überrollt. Und da es jetzt nicht mehr nur um mich geht, sondern auch um die Kleine, ist es mir wichtig, so schnell wie möglich Klarheit zu bekommen, wo ich stehe. Auch kann ich heute viel besser sagen "das bringt mir was, das mache ich weiter" oder "das bringt mir nichts, das mache ich nicht weiter", ohne dass ich davon tief enttäuscht werde wie damals in der Therapie. Daher denke ich, dass, auch wenn es eine andere Beraterin ist, es für mich gut sein wird, eine Einschätzung von außen zu kriegen und ggf. weitere Termine wahrzunehmen oder andere Schritte in die Wege zu leiten.
Irma und Jamba, ich denke (hoffe) nicht, dass ich mit Medikamenten anfangen muss. Ich möchte das ganz unabhängig vom Stillen nicht (mehr). Wenn es aber nötig werden sollte, werde ich mich natürlich nicht dagegen sperren.
Das Interessante ist, dass ich anscheinend auch jetzt wieder über Strategien verfüge: Ich habe mich um die Beratung gekümmert, habe mich schon in Kurse mit dem Baby und die Rückbildung angemeldet, damit ich raus und unter Leute komme. Ob da jetzt Leute dabei sind, mit denen ich warm werde, weiß ich nicht, aber alleine das Rausgehen und Leute in der gleichen Situation treffen ist vermutlich gut.
Ich glaube, das Wichtige an der Beratung wird für mich auch sein, die Gefühle, die ich mir kaum eingestehe, einfach mal aussprechen zu können und von einer neutralen Person einordnen zu lassen, ohne verurteilt zu werden. Ich denke nämlich, dass es wichtig ist für mich, diese ganzen Gefühle einmal zulassen zu können, um darüber "hinweg" zu kommen. Ich kann die Gefühle ja nicht wegzaubern, und im Inneren verschließen oder dann meinem Mann an den Kopf werfen sorgt nur für Stress und Schuldgefühle u.ä., was niemandem dient.
Es ist schon komisch: Ich habe das Gefühl, mein Körper ist völlig mit sich im Reinen mit dem Nachwuchskriegen und Elternsein: Die Geburt verlief wirklich völlig komplikationsfrei (Schmerzen gehören wohl dazu, aber es war irgendwie schaffbar und faszinierend, dass der Körper weiß, was er tut), ich sah nach nur einer Woche schon wieder fast wie vor der Schwangerschaft aus, das Stillen hat sofort funktioniert und macht mir keine Probleme, die Kleine macht keine großen Probleme etc.; nur mein Kopf hinkt dem Ganzen hinterher, so dass ich mich auch da fast wieder schlecht fühle, weil ich denke, dass ich "doch glücklich und zufrieden sein müsste" … Aber das ist wohl auch wieder die typische Denke. Umso wichtiger ist ein Raum, in dem ich mit meinen Gefühlen angenommen werde.
Minya, Dir wünsche ich, dass Deine zweite Geburt diesmal anders verläuft! Ich schätze mich diesbezüglich wirklich absolut glücklich, dass diese bei mir einfach gut verlief; es ist wirklich ein für meinen Mann und mich einprägsames Erlebnis gewesen, das wir gemeinsam als Paar geschafft haben. Ich möchte Dir damit Mut machen, dass es auch anders laufen kann, und Du bist nicht mehr Erstgebärende, weißt also vielleicht einfach auch besser, was Du möchtest! Mit dem Stillen sehe ich das auch so wie Du: Jede so wie sie es kann und möchte, es gibt da kein Richtig oder Falsch. Im entfernten Bekanntenkreis hat sich auch eine Frau, die im Sommer entbunden hat, dafür entschieden, nicht zu stillen, einfach, weil sie es nicht wollte. Heutzutage ist das sehr gut möglich, warum also auch nicht, wenn es zur eigenen Situation besser passt? Du weißt durch Dein erstes Kind doch schon viel besser, was für Dich und Deine Familie die beste Wahl ist.
Jamba, das was Du zu Deiner Tochter schreibst, hat mir eine Freundin (und dreifache Mutter) auch gesagt: Sie meint, man muss sich immer vor Augen halten, dass es "Phasen" sind, die auch wieder vorbei gehen, und sie werden vorbei gehen. Das ist auch ein Satz, den ich mir immer wieder vor Augen halte (da ich finde, dass diese Freundin es sehr gut mit ihren Kindern macht, hat ihre Aussage auch Gewicht für mich). Ich wünsche Dir viel Kraft für die nächste Zeit! Und es ist schön, dass Du Dich gemeldet hast, trotzdem Du die Angst hast, Dich wieder in die Situation reinzudenken.
Ich danke Euch fürs Lesen und für Eure Antworten! Ich werde Euch rückmelden, wie es weitergeht.
Einen schönen Sonntag noch, Samu