Depressive leiden nicht, sondern sie kämpfen

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Latinwoder
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Registriert: 26. Sep 2015, 20:25

Depressive leiden nicht, sondern sie kämpfen

Beitrag von Latinwoder »

Folgende Darstellung stammt aus den Tiefen von social-media-Foren des Internets:
Kein Schrei nach Hilfe

Ein Therapeut stellte im Wartezimmer seiner Praxis ein Schild auf, das vermutlich einige Leben gerettet hat:


Ich mag den Ausdruck: »Ein Schrei nach Hilfe" nicht. Er vermittelt einen falschen Eindruck. Wenn jemand zu mir sagt, "Ich denke über Suizid nach, ich habe sogar schon einen Plan. Ich brauche nur einen Grund, es nicht zu tun", dann ist Hilflosigkeit das Letzte, was ich sehe.

Ich denke dann: Deine Depression macht Dich schon seit Jahren fertig. Sie schimpft Dich schon so lange hässlich, dumm und armselig, dass Du vergessen hast, dass es nicht wahr ist. Du siehst das Gute in Dir nicht und hast keine Hoffnung mehr.

Aber dennoch bist Du hier. Du bist zu mir gekommen, hast an meine Tür geklopft und gesagt: "Hey! Es ist gerade echt nicht einfach, am Leben zu bleiben! Gib mir etwas, womit ich kämpfen kann! Selbst wenn es nur ein Stock ist! Gib mir einfach einen Stock und ich kann am Leben bleiben!"

Was ist daran hilflos? Ich halte das für unglaublich. Du bist wie ein Soldat, der seit Jahren hinter den feindlichen Linien festsitzt. Deine Munition ist aufgebraucht, die Waffe hast Du auch verloren, Du bist am Verhungern und hast Dir wahrscheinlich noch irgendeinen fiesen Dschungel-Virus eingefangen, der Dich von gigantischen Spinnen halluzinieren lässt.

Und dennoch sagst Du: "Gib mir einen Stock. Ich werde hier draußen nicht sterben!"

»Ein Schrei nach Hilfe« lässt es klingen, als sollte ich Mitleid mir Dir haben, aber Du brauchst mein Mitleid nicht! Du hast den Willen zu überleben! Genau dieser machte den Menschen zur dominanten Spezies.

Ohne eine Garantie auf Erfolg bist Du bereit, Dich durch hunderte Kilometer lebensfeindlichen Dschungels zu kämpfen, mit nichts weiter als einem Stock, wenn Du dadurch die Chance hast, in Sicherheit zu gelangen.

Alles was ich tue, ist Stöcke verteilen. Du bist derjenige, der am Leben bleibt!
Ich finde dieser Text eröffnet eine Sichtweise auf die Eigenschaft einer Depression, die viel treffender und auch leichter verständlich ist - sowohl für Depressive, als auch für Dritte im Umgang mit Depressiven:

Depressionen sind kein "bloßes Leiden". Depressionen sind Ausdruck des inneren Kampfes den ein depressiver permanent führt; 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche, monatelang manchmal jahrelang. So wie der Soldat in dem Text. Depressionen sind eher vergleichbar mit einem körperlich schwer kranken Menschen, dessen Körper z.B. gegen ein lebensgefährliches Virus kämpft. Dieser schwerkranke Mensch liegt den ganzen Tag im (Krankenhaus-)Bett und "ruht" körperlich, damit er alle Energie auf den Abwehrkampf verwenden kann.
Ein Depressiver kämpft ebenfalls rund um die Uhr einen Abwehrkampf gegen einen nicht greifbaren inneren Feind. Jeder der rund um die Uhr kämpft, wäre ständig erschöpft und müde und bräuchte viel mehr Ruhe und Zeit, die in der Regel im Bett verbracht wird. Das ist der Grund warum Depressive am liebsten im Bett liegen und "nichts tun". Denn ihr Inneres tut dagegen extrem viel. Es kämpft. Und dieser innere Kampf führt zu starker geistiger Erschöpfung, weshalb ein Depressiver ein viel stärkeres Bedürfnis hat "sich auszuruhen" als ein Nicht-Depressiver. Jedoch ist das Bedürfnis vergleichbar mit einem körperlich Erkrankten, der auch keine Kraft hat groß etwas zu unternehmen und daher überwiegend im Bett bleibt.

Außenstehende, denen die Depression auf diese Weise beschrieben wird, reagieren instinktiv richtig. Sie erkennen den Erschöpfungszustand und seine Folgen an, weil sie ihn nunmehr eher nachvollziehen können. Sie zeigen viel eher Verständnis für die Situation eines Depressiven. Ja sie zeigen evtl. sogar Respekt und Achtung vor dem Verhalten von Depressiven, die trotz ihres auslaugenden inneren Kampfes, versuchen darüber hinaus ihren Alltag, Ihren Job oder sonst welche Aktivitäten aufrechtzuerhalten, obwohl sie dies ein x-faches an Kraft kostet, im Vergleich zu Gesunden. Und genau das vorgenannte ist auch der Grund, warum Depressive meistens keine/wenig Motivation haben für eben jene Aktivitäten. Sie haben schlicht "keine Kraft mehr", um neben ihrem inneren Kampf noch Energie für Derartiges aufzubringen.

Da man als Außenstehender sehr wenig tun kann, um Depressiven zu helfen, ist es um so wichtiger Depressiven zu zeigen, dass man ihre innere Erschöpfung versteht und vollstes Verständnis für ihre Gefühle und Verhalten hat und man ihnen beisteht und (metaphorisch oder tatsächlich) ihre Hand hält als Zeichen der Verbundenheit.
malu60
Beiträge: 4143
Registriert: 28. Dez 2014, 11:31

Re: Depressive leiden nicht, sondern sie kämpfen

Beitrag von malu60 »

Hallo,die Betrachtungsweise hat was.
In Köln gibt es einen Psychiater namens Lütz (Irre wir behandeln die Falschen),
der sagt als erstes zum Depresionspatient,dass er es bewundert,dass mit so einem schrecklichen Leid der Depressive es bis zu ihm geschafft hat.Dann schaut er mit dem Patienten sich dessen Potenzial an.Er lenkt den Blick auf die Stärken.es würde den Patienten zum erstenmal ein wenig Licht in die Augen bringen.Er kann anerkennen,ja es ist eine Leistung,ich will "das" Überleben.

Mit diesem Fünkchen Stolz und Hoffnung geht,s dann viel besser an die Arbeit,denn es wird anerkannt,was der Patient aus eigener Kraft da leistet,er sucht sich Hilfe.

Ein guter Ansatz wie ich finde,auch wenn der schwarze Hund weiter bellt und es ihm nicht gefällt
liebe Grüße malu
Leben ist mehr
mib2011
Beiträge: 109
Registriert: 1. Nov 2011, 17:42

Re: Depressive leiden nicht, sondern sie kämpfen

Beitrag von mib2011 »

Hallo Latinwoder,

die Betrachtungsweise hat sogar sehr viel.
Nur 'sehen' scheinbar viel zu wenig Aussenstehende es so.
Wenn es sich nicht erledigt hätte, würde ich "meinen" Aussenstehenden
diesen Text schicken, damit Sie vielleicht etwas besser verstehen.

Aber es gibt ja immer noch Aussenstehende, die verstehen möchten, und denen hilft es sicherlich ein Stück weiter.

Danke für den Post.

Alles Gute vom mib
Cyranoo
Beiträge: 436
Registriert: 25. Aug 2013, 14:40

Re: Depressive leiden nicht, sondern sie kämpfen

Beitrag von Cyranoo »

Hallo Latinwoder,

noch mehr als in der kurzen Erzählung finde ich mich in deinen erläuternden Worten wieder. Sie treffen es sehr gut.

Depression ist ein Kampf, ein permanenter, nicht enden wollender, jede Faser des Körpers zermürbender Kampf. Nicht ohne Grund ist das Infarktrisiko bei Depressiven erhöht, weil sie andauernd unter einem innerem selbstinduzierten Stress stehen.

Selbstinduziert, denn der Kampf ist - leider - vor allem ein Kampf gegen sich selbst. Endlose, sich wiederholende oder neu generierte Zweifel oder Sorgen oder Selbstbeschimpfungen oder Selbstvorwürfe alles betreffend, was war oder ist oder bald sein wird. Da bleibt nicht viel Kraft für anderes.

Eine Sozialarbeiterin, zu der ich gehen darf, fragt mich hin und wieder, was ich mir denn eigentlich am meisten wünsche. Ich antworte dann immer ganz automatisch, dass ich mir am meisten mehr Kraft wünsche. Denn Kraft ist das, was ich am wenigsten habe und am meisten brauche, um etwas zu ändern.

Die Kraft ist verbraucht durch den von dir geschilderten Kampf. Die Erschöpfung wird immer größer, obwohl ich (äußerlich) immer weniger mache.

Vielleicht sollte man Depressiven raten: Hört erst mal auf zu kämpfen, diesen Kampf gegen euch selbst. Gönnt euch eine Pause. Sammelt neue Kräfte für einen anderen, einen lohnenderen Kampf. Für etwas, nicht gegen etwas.

Danke für die dargestellte Sichtweise.
Bine36
Beiträge: 44
Registriert: 11. Sep 2015, 14:03

Re: Depressive leiden nicht, sondern sie kämpfen

Beitrag von Bine36 »

Hallo,

ich als Angehörige ist es auch wirklich schwer zu verstehen was mit dem Partner in einer Depression geschieht.

Ich bin immer für jede Hilfe dankbar und würde es so gerne verstehen. Aber dieser oftmals komplette Rückzug (oft auch mit einer Trennung verbunden) ist einfach schwer zu ertragen. Wie steht man jemanden bei der sich nicht meldet. Oder nur kurz auf Nachrichten Antwortet. mib2011 was hättest du dir gewünscht?

Der Text und auch deine Erklärungen Latinwoder sind echt klasse. Ich habe immer versucht meinen Partner zu zeigen wie toll ich ihn finde und wie viel er Wert ist. Leider ist das bisher nicht bei ihm angekommen und er umgibt sich mit Menschen die ihm das Gegenteil sagen. Das ist für den Angehörigen schwer zu ertragen...

Lieben Gruß,

Bine
Bittchen65
Beiträge: 1853
Registriert: 16. Jul 2015, 11:38

Re: Depressive leiden nicht, sondern sie kämpfen

Beitrag von Bittchen65 »

Hallo Latinwoder,

dieser Text ist sehr aufschlussreich.
Sich viel Ruhe gönnen, ist glaube ich sehr wichtig.
Obwohl auch immer von positiven Aktivitäten gesprochen wird.
Manchmal sind mir auch schöne Dinge einfach zu viel.
Für mich ist es sehr wichtig, dass ich nur dann was unternehme
oder mache ,wenn ich das will.
Jeder Druck ,jeder Zwang tut mir nicht gut.
Das habe ich auch aus den Büchern von Josef Giger -Büttler so raus gelesen.
Vielen Dank für deinen Beitrag.

Liebe Grüße und ein gutes neues Jahr
Bittchen
mib2011
Beiträge: 109
Registriert: 1. Nov 2011, 17:42

Re: Depressive leiden nicht, sondern sie kämpfen

Beitrag von mib2011 »

@Bine

Was ich mir gewünscht hätte ?
Dass meine Angehörigen, nachdem sie wussten, warum ich so war, wie ich war,
sich z.B. schlau machen, was Depressionen sind.
Dass sie vielleicht mal hier und da etwas lesen, um zu sehen,
dass nicht nur ein Beinbruch weh tut und einen einschränkt,
dass es sich nicht um eine Verstimmung handelt und man eben nicht nur
"nicht gut drauf " ist.
Vor allem aber wäre es schön gewesen, hätte man mich weiter in
das Leben mit einbezogen, mich gefragt, ob ich mal mit ausgehe oder
ähnliches, auch wenn ich öfter nein gesagt habe, weil es einfach nicht ging.
Klar, ich habe mich auch zurückgezogen.
Ich habe aber auch gesagt, dass mir Besuche gut tun, dass ich froh bin, wenn jemand da ist.
Wenn ich einfach reden kann, wenn ich sagen kann, was in mir vorgeht, wie es aussieht,
eben auch damit sie vielleicht etwas besser verstehen können/lernen, und trotzdem zu mir stehen.
(Ich weiß, dass dies nicht jeder kann, ich war jedoch in der Lage über meine Situation zu reden)
Statt dessen wurde ich mit Vorwürfen überschüttet.
Das ist natürlich genau das, was du brauchst, wenn es dir eh schon schlecht geht...

Ich weiß, dass es für Angehörige auch nicht leicht ist, das sagt auch niemand.
Aber es wäre, zumindest für mich, gut gewesen (habe ich in nur 1 Fall erlebt),
dass man, wenn man nicht (mehr) unterstützen kann, dies auch sagt.
Dann weiß ich, dass der Wille zu helfen ja da ist. Das war für mich dann nicht ganz so schlimm.
Andere haben sich einfach gar nicht mehr gemeldet. Und wenn ich mich aufraffen konnte
und mich gemeldet habe, gab es immer ausreden, so dass ich zu dem Schluss kommen musste,
dass sie nicht mehr wollen.
Wer will schon etwas zu tun haben, mit Menschen, denen es nicht gut geht, die nicht fröhlich sind,
die nicht lachen. Ich will nicht sagen keiner, aber es gibt nur ganz wenige.

Deswegen ist es mir wichtig, dass ich hier auch Worte an Angehörige richten kann,
Ihre Betroffenen nicht aufzugeben, immer am Ball zu bleiben, einfach da zu sein.
Das muss nicht immer auch vor Ort heißen, es hilft einfach auch ungemein,
wenn man weiß, dass da jemand ist, jemand der zu einem steht, auch wenn es mal "nicht so gut" geht.
Für mich war reden immer wichtig, für andere Betroffene ist es sicher anders,
deshalb: Ich schreibe hier nur aus meiner Sicht.

Liebe Grüße vom mib
Bine36
Beiträge: 44
Registriert: 11. Sep 2015, 14:03

Re: Depressive leiden nicht, sondern sie kämpfen

Beitrag von Bine36 »

Vielen Dank mib,

es ist gut mal die Sicht einen Betroffenen zu lesen.

Ich versuche immer da zu sein wenn ich gebraucht werde. Habe viel gelesen und habe immer gesagt das ich für ihn da bin. Ich kämpfe auch heute noch. Aber gerade wenn nichts zurück kommt weiß man irgendwann nicht mehr ob es überhaupt gewünscht ist. Ich bleibe weiterhin am Ball und werde den Menschen den ich liebe so schnell nicht aufgeben. Ich habe einfach die Hoffnung das durch Beginn der Therapie im Dezember sich etwas verändern wird und dadurch wieder mehr möglich ist. Zudem ist es gerade für alle eine schwere Zeit.

Auch ich bin einfach ein sehr unsicherer Mensch und dadurch ist es nicht immer leicht nicht alles auf mich zu beziehen. Also vielen Dank noch einmal für Deine Worte. Es hilft das ganze noch einmal aus einer anderen Sicht zu sehen!
Gerbera
Beiträge: 619
Registriert: 31. Mär 2013, 00:24

Re: Depressive leiden nicht, sondern sie kämpfen

Beitrag von Gerbera »

Hallo mib,

Du sprichst mir aus der Seele! Menschen, die zu einem stehen - mein größter Wunsch, und der (außerhalb der Familie, die sich mustergültig benommen hat) am schwersten zu erfüllende. Ich habe einen völlig neuen Blick auf meine Freundschaften bekommen oder auf das, was ich einmal dafür gehalten habe.

Aber, und das finde ich noch immer sehr erstaunlich: ich habe neue Freunde gefunden, die mich so kennengelernt haben, wie ich damals war, mich trotzdem gemocht, mir ihre Wertschätzung gezeigt, mich unterstützt haben und am Ende einen großen Anteil daran hatten, dass es mir heute wieder gut geht.

Rückzugsphasen kennt wohl jeder Depressive, und ich kann aus heutiger Sicht gut nachvollziehen, dass sich Angehörige sehr schwer damit tun. Ich kann nur an alle Angehörigen appellieren: glaubt an Eure/n Depressive/n und daran, dass er/sie irgendwann wieder der Mensch sein wird, der er/sie vorher war. Nicht der Mensch verändert sich (sozusagen absichtlich) bis zur Unkenntlichkeit, sondern die Krankheit ist es, die ihn verändert.

Viele Grüße an Euch alle,
Gerbera
Prenchi

Re: Depressive leiden nicht, sondern sie kämpfen

Beitrag von Prenchi »

Hallo,

irgendwo habe ich hier schon mal den Satz gelesen: Einige Menschen mussten zu lange, zu stark sein.
Wie Cyranoo bereits sagt ist die fehlende Kraft ein sehr mühsamer Zustand.

Ich habe Depression nie als rein pathologischen Zustand verstanden. Depressionen können als gesunde Reaktion auf eine ungesunde Situation angesehen werden. Kann, muss nicht. Das heißt nicht, dass ich in diesem Zustand verharren sollte. Manchmal müssen Verhältnisse auch verändert werden.


Gruß
Darkangel1979
Beiträge: 10
Registriert: 25. Dez 2015, 06:10

Re: Depressive leiden nicht, sondern sie kämpfen

Beitrag von Darkangel1979 »

Ich war wohl nie wirklich einfach, da ich der Typ Mensch bin, der eher sehr ehrlich & geradeaus ist, vielleicht teils etwas ungefiltert, wenn auch immer freundlich- kommt trotzdem leider nicht gut an heutzutage - Menschen scheinen belogen werden zu wollen oder sind leider unzuverlässig- zumindest sind das Erfahrungswerte, die mich sehr mißtrauisch gegenüber Menschen werden ließen, so das ich mich nahezu nur Zuhause verschanze, wenn ich nicht gerade mein Pflichtprogramm erfüllen muß - ich werde von den wenigen, die mich mal hier und da antreffen oder von der Familie ständig als runterziehend, terrorisierend & und nicht mehr liebenswert beschrieben, nur weil ich zur Zeit viel weine, was ich selber hasse, aber schwer abstellen kann und sehr nervös bin, nachts nicht schlafen kann- Außenstehende verstehen es tatsächlich nicht- zumindest hier nicht- man wirft mir Absicht vor, anderen das Leben schwer machen zu wollen! Ich habe immer alles gemanagt, meine Familie- alles drum herum, bin sehr pflichtbewusst , jetzt wo ich durch diverse Einbrüche im Leben , einmal richtig schwächel, fühle ich mich unendlich alleine, wo es mir gut ging, habe ich immer auch gerne geholfen bei Dingen, wo ich wusste, das konnte ich besser, war auch für mich kein Problem, schön wenn jmd geholfen hat, selber hätte ich nie groß irgendwen nach was gefragt- das bestätigt mein Mißtrauen, das leider viele Menschen oberflächlich sind, womit ich nicht viel anfangen kann & man sobald man angeschlagen ist, nicht sonderlich interessant ist für andere
mib2011
Beiträge: 109
Registriert: 1. Nov 2011, 17:42

Re: Depressive leiden nicht, sondern sie kämpfen

Beitrag von mib2011 »

Hallo und guten Morgen,

@Bine
Ja Du hast Recht, wenn nichts zurück kommt, ist es natürlich schwerer.
Ich denke mir aber gerade ganz spontan, wenn man danach fragt,
ob es weiter gewünscht wird, kann diese Frage ja mit einem kurzen Ja oder Nein
vom Betroffenen beantwortet werden. Vorrausgesetz er ist ehrlich und sagt nicht Nein,
um vielleicht die Angehörigen nicht (weiter) zu belasten, in Wirklichkeit wünscht er
sich aber weiter Zuspruch, Hilfe.
Ich drücke Dir die Daumen.

@Gerbera
Kann ich sehr gut verstehen, ist mir auch passiert.
Zwar nicht im großen Rahmen, aber es sind Menschen dazugekommen,
die mich so genommen haben, wie ich eben war.
Man kann das fast nicht glauben, weil man es so vielleicht noch nicht erlebt hat
und weil man auch viel auf eben die bis dahin vorhandenen Menschen gesetzt hat.
Wenn die dann wegbrechen bzw. man selber sieht, dass diese Menschen eben nur in guten Zeiten für Dich da sind, ist es schwierig.
Man selber verändert sich nicht absichtlich, richtig. Aber man verändert sich eben.
Wahrscheinlich passt es deswegen für einige Menschen nicht mehr.
So ähnlich wie in einer Beziehung. Es kann viele Jahre gut gehen,
wenn man in die gleiche Richtung blickt.
Verändert man sich oder der/die Partner/in oder beide Verändern sich in andere
Richtungen, dann passt auf einmal nicht mehr das zusammen, was vorher mal zusammen gefunden hat.
Und wenn man sich verändert hat, tauchen "auf einmal" Menschen auf, die eben genau mit diesen Veränderungen klarkommen.
Siehe auch der Post von Prenchi.

@Prenchi
Deinen letzten Absatz finde ich sehr schön.
Ich glaube da steckt sehr viel Wahrheit drin.
Und eigentlich kann ich das auch bestätigen.
Es war sehr schmerzhaft für mich, mich von den (teilweise) Familienangehörigen
zu trennen. Aber seit kein Kontakt mehr besteht, geht es mir viel besser.
Ich denke immer mal wieder darüber nach, aber es tut nicht mehr weh.
Ist nur komisch, weil man Jahrzehnte zusammen war und ich gedacht habe,
dies bleibt immer so. Nun, die Wirklichkeit sieht manchmal anders aus.
"Manchmal müssen Verhältnisse auch verändert werden" - Danke

@Darkangel
"Ehrlich und gerade aus" ist doch super. ICH finde das klasse, ich mag ehrliche Menschen
sehr. Heute denke ich, dass manche Menschen vielleicht selber nicht ehrlich sind,
weil sie Ihr Gegenüber nicht "kränken" wollen oder so ähnlich.
Man verstellt sich dann vielleicht ein bisschen, ist nicht der, der man eigentlich ist,
warum auch immer.
Auf jeden Fall gibt es Menschen, die einen trotz Ehrlichkeit und "gerade aus sein",
liebenswert finden. Manchmal sind das leider nur nicht die Menschen, von denen man es
eigentlich "erwartet" hätte.
Ich war auch immer für jeden da, habe geholfen, wo ich konnte.
Erwartet habe ich dafür nichts. Aber ich habe mir gedacht, als es mir schlecht ging,
dass ich nun auch mal etwas Hilfe bekomme. Leider war das nicht der Fall.
Das ist dann wahrscheinlich der Punkt, wo Veränderungen angesagt sind.
Ich habe gelernt, dass ich so sein kann/darf, wie ich bin und es gibt "sogar" Menschen,
die damit gut klarkommen ;-)

Für Euch alles Gute und morgen einen guten Übergang in das neue Jahr,
welches wieder anders, als das vergangene sein wird.

Viele Grüße vom mib
Bine36
Beiträge: 44
Registriert: 11. Sep 2015, 14:03

Re: Depressive leiden nicht, sondern sie kämpfen

Beitrag von Bine36 »

Danke mib,

wenn ich mich melde kommt immer was zurück.
Momentan macht er nur nicht den ersten Schritt. Ich werde mich weiterhin bei ihm und gucken wie es sich entwickelt. Wenn wir uns dann mal wieder treffen sollten, werde ich ihn direkt fragen wie und was und wie er sich das in der Zukunft wünscht. Es wäre einfach schön wenn wir einen Weg finden, der uns beiden hilft....

Ich wünsche Euch allen einen guten Rutsch ins neue Jahr!!!!
Darkangel1979
Beiträge: 10
Registriert: 25. Dez 2015, 06:10

Re: Depressive leiden nicht, sondern sie kämpfen

Beitrag von Darkangel1979 »

Danke !
Das wünsche ich auch...
Diese Erkenntnis ist nur leider sehr traurig, das, wenn man selber vielleicht mal Unterstützung braucht , sei es nur das jmd da ist, keiner letztlich kann bzw môchte....- änder kann man daran nichts, nur selber kann man Dinge für sich ändern, aber es prägt auch, macht vielleicht einen etwas komisch bzw verschroben wirkend, ich bin es ja nicht, nur bin ich vorsichtig , vielleicht manchmal zu viel mittlerweile...
Allen einen guten Rutsch!
mib2011
Beiträge: 109
Registriert: 1. Nov 2011, 17:42

Re: Depressive leiden nicht, sondern sie kämpfen

Beitrag von mib2011 »

@Darkangel

Natürlich wird man vorsichtig.
Man erlebt nicht viel Gutes in der Zeit.
Zu sehen bzw. zu erleben, dass Menschen, zum Teil aus dem engsten Kreis,
nicht für einen da sind, wenn es einem schlecht geht, ist traurig, unverständlich.
Und natürlich möchte man so etwas nicht öfter erleben.
Deswegen wird man manchmal auch zuu vorsichtig, kenne ich auch.
Das wiederum wird einem dann auch teilweise als "Ablehnung" ausgelegt.
Dabei ist es so gar nicht gemeint, wir sind eben nur vorsichtig.
Es ist besonders schwer, wenn "neue" Menschen dazukommen,
die man vielleicht näher kennenlernen möchte. Sie kennen halt nicht die ganze Geschichte "dahinter".
Mit der Tür ins Haus fallen, will man aber auch nicht.
Es ist nicht einfach. Und wie Du selber sagst, nur selber kann man Dinge für sich ändern.
Oft geht es aber nicht so schnell, wie man es gerne hätte.
Von daher muss man sich in Gedult üben.
Heute da zu stehen, wo ich stehe, hat mich Jahre gekostet.
Am Anfang habe ich gedacht, ich überlebe keine 3 Monate...
Ich möchte hier nur aufzeigen, dass sich Kämpfen lohnt.

der mib
Gerbera
Beiträge: 619
Registriert: 31. Mär 2013, 00:24

Re: Depressive leiden nicht, sondern sie kämpfen

Beitrag von Gerbera »

Hallo mib,

hattest Du auch manchmal das Gefühl, dass Du Freunde (oder evtl. auch Angehörige) hattest, die Dir kein Wort geglaubt haben, was die Depression betrifft und sich ihre eigenen Erklärungen für Dein verändertes Verhalten gebastelt haben?

Deinen Gedankengang, dass man sich in eine Richtung verändert, die dazu führt, dass es für manche Leute nicht mehr passt, habe ich schon einmal gehört. Es fällt mir allerdings noch immer schwer, ihn für mich zu akzeptieren.
Ich versuche noch immer zu begreifen, wie es manche Leute schaffen, einen genau dann fallen zu lassen, wenn man sehr buchstäblich um sein Leben kämpft. Aber vielleicht gibt es da nichts zu begreifen, vielleicht muss man das einfach akzeptieren. Hat mir jedenfalls schwer zu schaffen gemacht, damals, und es beschäftigt mich noch heute.

Kämpfen lohnt sich, unbedingt. Da stimme ich Dir voll zu. Leider habe auch ich mehrere Jahre gebraucht, um wieder dahin zu kommen, wo ich heute stehe. Als meine Thera mir Anfang 2012 gesagt hat, ich müsse etwa 1 Jahr rechnen, dachte ich noch, sie übertreibt... Wie sich herausgestellt hat, hat sie eher untertrieben. Heuer im Herbst habe ich die Antidepressiva ausgeschlichen...

Ich wünsche Dir und allen anderen, die hier mitlesen, einen guten Rutsch und ein gesundes, glückliches Jahr 2016!

Viele Grüße,
Gerbera
sabse33
Beiträge: 553
Registriert: 13. Feb 2015, 10:25

Re: Depressive leiden nicht, sondern sie kämpfen

Beitrag von sabse33 »

Hallo Ihr Lieben,

ich möchte es als (Ex-?)Partnerin bestätigen. Erkrankte werden oft als Menschen die nur Aufmerksamkeit benötigen gesehen, die einfach keine Lust haben sich den Leben zu stellen und den A*** nicht hoch bekommen.

Wie oft wurde mir als Partnerin von anderen geraten "Trenne dich, er belügt dich und spielt mit dir".

Natürlich habe ich in Momenten der Hilflosigkeit,des großen Schmerzes drüber nachgedacht, stimmt es was er dir erzählt oder möchte er dich nur warm halten....
Doch diese Gedanken verwarf ich schnell, denn ich spürte sein Leid..

Ich steh zu und hinter ihm und zu meinen Gefühlen, egal was andere sagen...

Ich weiß zwar nicht wo ich genau stehe, aber er sucht den Kontakt zu mir,nachdem er diesen Komplett abbrechen wollte...

Er kämpft und ich werde da sein, wenn es so sein soll, dann auch nur als Freundin.

LG
Sabse

sorry,dass ich mich hier einfach so zwischen dränge.
"Ich bin wie Unkraut - ungewollt und unkaputtbar"
mib2011
Beiträge: 109
Registriert: 1. Nov 2011, 17:42

Re: Depressive leiden nicht, sondern sie kämpfen

Beitrag von mib2011 »

Hallo Gerbera,

absolut, sie haben sich Ihre eigenen Erklärungen gebastelt,
ohne auf meine Erklärungen - aus erster Reihe sozusagen - gehört zu haben.

Dass es Dir schwer fällt, zu akzeptieren, dass es Menschen gibt,
die dich fallen lassen, genau dann, wenn du es am wenigsten brauchen kannst, spricht für Dich :-)
Aber Du musst dir keinen Kopf darum machen.

Schön, dass Du die AD ausschleichen konntest/durftest.
Ich habe damals eigenmächtig abgesetzt, weil sie nicht den von mir gewünschten Erfolg hatten.

Alles Gute und liebe Grüße vom mib
mib2011
Beiträge: 109
Registriert: 1. Nov 2011, 17:42

Re: Depressive leiden nicht, sondern sie kämpfen

Beitrag von mib2011 »

@sabse
Hier kann ich gar nicht viel sagen, ausser danke.
Auch wenn es als Partnerin nicht mehr reicht,
bist Du als Freundin da. Gibt nicht viele von Deiner Sorte...
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