Suche nach einem Medikament mit wenig Nebenwirkungen

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Orchidee
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Suche nach einem Medikament mit wenig Nebenwirkungen

Beitrag von Orchidee »

Hallo, ich leide seit Jahren an depressiven Episoden und seit 1 Jahr auch an generalisierten Angstzuständen und nehme seit über 10 Jahren Sulpirid. Damit geht es mir einigermaßen. Vor allen Dingen habe ich keinerlei Nebenwirkungen. Seit 1 Jahr bin ich in neurologischer (psychotherapeutischer) Behandlung und der Arzt versucht jetzt Antidepressiva und angstlösende Medikamente einzusetzen. Aber auf alle reagiere ich mit starken Nebenwirkungen. Kennt von euch jemand ein Mittel, was gut verträglich ist? Das Sulpirid würde ich dann austauschen, weil es in manchen Phasen zu schwach wirkt.
nubilus
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Registriert: 11. Dez 2014, 18:59

Re: Suche nach einem Medikament mit wenig Nebenwirkungen

Beitrag von nubilus »

Hallo,

es wäre gut zu wissen, was du bereits ausprobiert hast.

Davon abgesehen wird es sehr schwer bis unmöglich, dir einen konkreten Rat zu geben. Jeder Mensch reagiert ja anders auf die Medikamente.
Ich hatte auch nur Nebenwirkungen und/oder überhaupt keine Wirkung. Mit Elontril/Bupropion kann ich gut leben.
Aber man versteht das Gehirn und die Vorgänge noch lang nicht ausreichend gut, um wirklich zielgenau ein Medikament anzusetzen.
Meist beginnt man mit Medikamenten, die im Allgemeinen bei vielen Patienten gut wirken. Und wenn die nicht helfen, geht man zu den seltener verschriebenen Medikamenten über.
gvman
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Registriert: 20. Okt 2015, 10:35

Re: Suche nach einem Medikament mit wenig Nebenwirkungen

Beitrag von gvman »

Hallo. Ich kenne diese Situation nur zu gut. Nehme auch Sulpirid seit über 10 Jahren, aber irgendwann half es nur noch wenig bzw. nur bei bestimmten Symptomen. Ich habe bei 15 Medikamenten als Alternative aufgehört zu zählen. Die NW waren kaum auszuhalten. Ein Absetzen von Sulpirid ging übrigens auch nicht. Bei mir funktionierten nur Benzodiazepine. Wenn sie vernünftig und ohne stetige Dosiserhöhung eingesetzt werden, können sie in schweren Phasen erleichternd wirken. LG
Orchidee
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Re: Suche nach einem Medikament mit wenig Nebenwirkungen

Beitrag von Orchidee »

Vielen Dank für deine Antwort, ich hatte bis jetzt Venlafaxin, Anxut, Pregabalin und noch ein anderes, wovon ich den Namen nicht mehr weiß. Die Medikamente soll ich ja einschleichen aber schon während der Phase treten die ganzen Nebenwirkungen auf, so dass ich dann die Einnahme wieder stoppe. Ich bin ein sehr ungeduldiger Patient. Mit Lorazepam komme ich super klar. Aber der Neurologe und mein Hausarzt sagen, es macht süchtig.
nubilus
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Re: Suche nach einem Medikament mit wenig Nebenwirkungen

Beitrag von nubilus »

Benzos sind nichts für eine Dauermedikation. Und ja, sie können sehr schnell abhängig machen.
Die Abhängigkeit kann sich sehr schnell entwickeln und das Absetzen kann der Horror sein.

Ich glaube fast, dass es sehr schwierig wird, ein Medikament zu finden, wenn du so ungeduldig bist. Die Nebenwirkungen kommen fast immer vor der erwünschten Wirkung. Die Wirkung braucht oft genug ein paar Wochen, weil sich im Körper erst einmal die notwendige Konzentration erreicht werden muss.
Und viele Nebenwirkungen verschwinden wieder komplett, andere schwächen deutlich ab. Aber die ersten Wochen muss man auch die Zähne zusammenbeißen und durchhalten.
Es gibt natürlich Nebenwirkungen, die zum Abbruch des Einschleichens führen, aber man muss dem auch Zeit geben.
Ich hatte am Anfang bei Elontril mit starker Übelkeit und fiesen Kopfschmerzen zu tun, ich habe wirklich gelitten. Aber davon spüre ich nichts mehr. Ich habe keine Nebenwirkungen mehr.

Benzos sollten Notfallmedikamente bleiben.
Sie helfen auch nicht gegen Angststörung oder Depression. Sie sind kurzfristig in der Krise richtig und sinnvoll, um Schlimmeres zu verhindern.
neilya
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Registriert: 21. Aug 2015, 19:58

Re: Suche nach einem Medikament mit wenig Nebenwirkungen

Beitrag von neilya »

Hallo. Also ich nehme seit einem halben Jahr Valdoxan 50mg. Es hilft aber nur gegen die Depressionen nicht gegen Angstzustände. Bei der Einführung hatte ich etwas Probleme wie zum Beispiel Schwindel und erstmal eine Verschlechterung der Stimmung. Aber als ich das AD 2 Wochen lang genommen habe, sind die Nebenwirkungen weg gegangen. Ich habe zur Zeit gar keine Nebenwirkungen aber auch sonst hat das Medikament kaum welche. Liebe Grüße
sk17
Beiträge: 47
Registriert: 31. Mär 2015, 16:18

Re: Suche nach einem Medikament mit wenig Nebenwirkungen

Beitrag von sk17 »

Derzeitige Antidepressiva sind extreeeem unbefriedigend. Die Nebenwirkungen sind oft viel zu stark (oft fühlt man sich zu gedämpft, schwitzt stark oder nimmt zu, etc) UND: sie wirken kaum. Ich habe persönlich jedenfalls noch keinen kennengelernt, der mir sagte, dass seine Depression durch das AD komplett verschwunden ist.
Bei mir ist es auch so, dass das einzige Medikament, das mir einen normalen Tag bescheren kann, Lorazepam (Tavor) ist, was ich aber wg. Abhängigkeitspotential und Gewöhnung nur alle paar Wochen (max 1x/Woche) nehme, wenn ich extrem schlecht dran war.

Was uns hier allen Mut machen kann, ist die Aussicht auf die nächsten Medikamente, welche 2016-2017 erscheinen werden, v. a. die NMDA-Rezeptor-Antagonisten, zu denen Ketamin als erstes zählt (aber zu viele Nebenwirkungen aufweist). Ganz vorne dran sind 2 Kandidaten, GLYX-13 und NRX1074, die kaum Nebenwirkungen zu haben scheinen und selbst bei therapieresistenten Depressionen erstaunlich viel Wirkung zeigen.

Weiterhin werden derzeit Opiate erforscht, die ein gemindertes Abhängigkeitspotential verursachen, v. a. Tramadol und Buprenorphin. Diese scheinen auch insgesamt sehr gut verträglich und mit hoher Wirksamkeit ausgestattet zu sein.

Wie gesagt, alles erst 2016 und 2017...
nubilus
Beiträge: 113
Registriert: 11. Dez 2014, 18:59

Re: Suche nach einem Medikament mit wenig Nebenwirkungen

Beitrag von nubilus »

Sk17, wer erwartet denn, dass die Depression allein von den Medikamenten verschwindet? Dieser Wunsch ist wohl utopisch.

Das mit den neuen Medikamenten klingt gut. Hast du Links zu Studien?
sk17
Beiträge: 47
Registriert: 31. Mär 2015, 16:18

Re: Suche nach einem Medikament mit wenig Nebenwirkungen

Beitrag von sk17 »

Hallo Nubilus,

ein besseres Medikament gegen Depressionen ist m. E. nicht utopisch. Man sollte unterscheiden zwischen verschiedenen Formen der Depression (was den Psychiatern anscheinend noch nicht gelingt). Ich halte die Depression für genau so ein undurchsichtiges Konglomerat an verschiedenen (Hirn/Psychologischen) Erkrankungen wie z. B. Reizdarmsyndrom.
Derzeit wird ja nur zwischen mild, mittel und schwer unterschieden, ich würde das aber eher auf molekularer / Rezeptorebene auseinander dividiert sehen wollen.
Nur als Beispiel: bei einem Menschen stirbt ein lieber Angehöriger. Er /Sie wird reaktiv depressiv und sieht die Welt schwarz als natürliche Trauerreaktion. Vielleicht ißt die Person weniger, schläft schlechter und hat pessimistische Gedanken, das ganze für mehr als 2 Wochen. Dann steht im Prinzip schon die Diagnose Depression, obwohl das nicht mit dem Terror einer major depression zu vergleichen ist. Dass hier kein Medikament richtig hilft, ist verständlich, denn der Mensch ist eben traurig wg. des Ereignisses.
Bei mir (und vielen anderen) ist es aber so, dass ich mich morgens häufig elend (wie grippal) fühle, ich habe Angst, teilweise Derealisation, habe keine Hoffnung, irgendwann wieder gesund zu werden und empfinde keine Freude. Gegen nachmittags / abends helle ich auf und fühle mich oftmals wieder normal. Bei mir gibt es keinen Zusammenhang zwischen Ereignissen und einer besseren / schlechteren Stimmung. Ich kann eine deutliche Verbesserung durch Lorazepam (wie erwähnt) erreichen. Also bin ich mir sicher, dass ich eine rein biologische (Stoffwechsel/Rezeptor/Zell)-Problematik im Hirn habe. Es gab bei mir außer Stress keinen klaren Auslöser und eigentlich "sollte" es mir gut gehen, da es mir an nichts mangelt (außer im Hirn :).
Interessanterweise führen die NMDA-Rezeptor-Antagonisten zu einer Neuroplastizität, d. h. in kürzester Zeit bilden sich neue Zellen im Hippocampus! Es ist bekannt, dass bei Depressiven tatsächlich Zellen im Hirn zugrundegehen, die aber glücklicherweise wieder spriessen können.

Sorry für den langen Text, hier jetzt zu den Studien:

Tramadol Kandidat:
http://www.businesswire.com/news/home/2 ... 6103-Major" onclick="window.open(this.href);return false;
Da hatte ich Kontakt zur Firma, vermutlich müssen die noch eine Phase III Studie machen, dauert also mind. bis 2017 oder länger :(

Dann zu Buprenorphin:
http://mentalhealthdaily.com/2014/08/05 ... ilability/" onclick="window.open(this.href);return false;

Dann zu NMDA-Antagonisten:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25782764" onclick="window.open(this.href);return false;
Mehr zu GLYX-13 und NRX1074 kannst Du ergoogeln, die Firma Naurex wurde gerade von Allergan gekauft, jetzt ist also wirklich finanzielles Kapital dahinter.

Das Mut machende ist übrigens, dass oben genannte Medikamente SOFORT und nicht erst nach unerträglichen 2-6 Wochen wirken. Man stelle sich vor, man würde einem Patienten mit stärksten Schmerzen ein Schmerzmittel verabreichen, was erst nach 2-6 Wochen wirkt!!


sk17
nubilus
Beiträge: 113
Registriert: 11. Dez 2014, 18:59

Re: Suche nach einem Medikament mit wenig Nebenwirkungen

Beitrag von nubilus »

Ich habe dir doch gar nicht widersprochen ;)
Ich teile die Meinung, dass Depressionen verschiedene Ursachen hat. Und deswegen ein AD, das auf den Stoffwechsel wirkt, nicht bei jedem wirkt/wirken kann. Deswegen finde ich es utopisch, dass ein AD bei jedem ausschließlich zu einer Verbesserung führen kann.

Mich würden Zahlen interessieren (wenn es sie denn gibt), bei wie vielen Menschen die Depression tatsächlich eine reine Stoffwechsel-Geschichte ist.
Für solche Menschen ist es natürlich entscheidend, dass die Medikamente weiter entwickelt werden.
Aber ich denke, wenn man anfängt in der Psyche zu kramen, wird man auch etwas finden. Muss ja nix Schlimmes sein. Und auch gar nicht bewusst. Jeder hat eine andere Vulnerabilität.

Ich bin auch "schlagartig" und "ohne Grund" depressiv geworden. Eigentlich war auch alles in meinem Leben in Ordnung. Ich kam zurecht. Es lief. Hätte Pläne usw.
Dumm gelaufen. Ich hänge jetzt seit 4 Jahren in der Depression (ohne dass man da einzelne Episoden ausmachen könnte) und den Großteil (mehr als 90% würde ich sagen) schwerst depressiv. Es gab praktisch keinen Auslöser. Nicht mal Stress würde ich sagen.
Es gab dann einen Auslöser, mit dem das ins bodenlose kippte.
Ich habe alle Wirkstoffklassen durch in diversen Kombinationen, habe mich sogar zur EKT breitschlagen lassen (dümmster Fehler, den ich je gemacht habe, obwohl ich echt viele kennen gelernt habe, die davon extrem profitiert haben).
Meine schlechte Tageszeit ist seit Anfang an der Nachmittag/Abend. So ab 16/17 Uhr. Morgens habe ich dafür selten Schwierigkeiten. :D


Welchen Effekt hast du beim Lorazepam? Bzw. welcher Effekt ist positiv für dich?


Herzlichen Dank für die Links, ich werde mal lesen.

Darf ich fragen, was für einen "Hintergrund" du hast? Kommst du aus der (Fach)ecke oder bist du "nur" Betroffene(r), der sich für die wissenschaftlichen Grundlagen interessiert?
nubilus
Beiträge: 113
Registriert: 11. Dez 2014, 18:59

Re: Suche nach einem Medikament mit wenig Nebenwirkungen

Beitrag von nubilus »

Habe mir die Links angesehen und bin nicht überzeugt.
Es sind eben keine Links zu Studien. Zwei Links enthalten nur eine kurze Info darüber (das ist eine Blog einer Person). Der Dritte führt zwar zu einer Studie, die aber nicht zugänglich ist.
Und mich wundert es nicht, wenn Pharma-Unternehmen ihre Produkte anpreisen. Kapital heißt ja nicht, dass da objektive Einschätzungen rauskommen.
Cathy007
Beiträge: 1
Registriert: 26. Nov 2015, 12:59

Re: Suche nach einem Medikament mit wenig Nebenwirkungen

Beitrag von Cathy007 »

Hallo!
Kenne das Problem mit den Nebenwirkungen, habe eine ganze Reihe Antidepressiva durch, immer wieder schlimme Nebenwirkungen durchgemacht, die ich hier jetzt nicht alle aufführen mag. Seit einem Jahr nehme ich Tianeurax, das Medikament ist erst seit 2012 auf dem Markt. Das Mittel hat NICHT die üblichen Nebenwirkungen wie Gewichtszunahme, Hungerattacken, etc. Ich vertrage es richtig gut. Man muss es pünktlich einnehmen, 3x täglich vor den Mahlzeiten. Das einzige was ich zu bemängeln habe, ich habe den Eindruck, dass mit der Zeit die Wirkung nachlässt. Ich hatte es dieses Jahr für mehrere Monate abgesetzt und nehme es jetzt wieder seit einer guten Woche. Erste Wirkung zeigt das Medikament nach 7-14 Tagen. Trevilor/ Venlaflaxin habe ich auch recht lange genommen (gegen Ängste und Depression). Leider habe ich davon stark gezittert, wurde aggressiv (ich bin sehr introvertiert und schüchtern). Alles Gute für dich!
gvman
Beiträge: 287
Registriert: 20. Okt 2015, 10:35

Re: Suche nach einem Medikament mit wenig Nebenwirkungen

Beitrag von gvman »

Ich möchte mich an der Stelle mal melden. Also weder Tramadol noch Buprenorphin sind Innovationen.Tramadol ist genau wie viele AD ein Serotonin/Noradrenalin Wiederaufnahmehemmer und Buprenorphin ein Opiat. Ich kenne depressive Schmerpatienten die v.a Buprenorphin nehmen und nur bei Schmerzen profitieren. Klar sediert das..mehr aber auch nicht. Sobald es als reines Opiat gegeben wird , macht es wohl auch wieder abhängig. Als NW machen die alle Übelkeit. Und übel ist mir um Rahmen meiner Erkrankung nun schon lange genug. Ich warte endlich auf ein richtiges AD , das mal keine!!Übelkeit erzeugt und meinen Magen in Ruhe lässt. Gr
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