Ohne mich

Cyranoo
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Re: Ohne mich

Beitrag von Cyranoo »

Liebe Sonnenblume,

ich hatte auch nicht erwartet, in der Klinik persönliche Kontakte herzustellen, das war nicht mein Ziel. Ich hatte es nur erwähnt, weil von Therapeutenseite eben nichts angeboten wurde, dadurch fiel es doppelt auf, dass ich nie Anschluss an eine Gruppe finde.

Es war auch wirklich eine komische Konstellation bzw. Ausgangslage. Offiziell waren rund 30 Patienten auf der Station, aber viele waren ständig unterwegs (in der Stadt, zu Hause) und dann gab es eine größere Gruppe (vielleicht die von dir erwähnte "Lästerfraktion"? Für mich war es eher so etwas wie die soziale Kontrollgruppe ...), die immer zusammengehockt und gequatscht haben. Man konnte (musste) sich also entweder dieser Gruppe anschließen oder allein seine Runden drehen.

Ich habe auch mit anderen Gespräche geführt. Dabei ging es dann immer um den/die andere(n). In den gesamten zehn Tagen hat nicht ein einziges mal irgendjemand nach meiner Situation, nach den Hintergründen meiner Erkrankung gefragt, nicht ein einziges mal. Weder ein Therapeut, noch ein Mitpatient, noch sonst irgend jemand. Nur die Ärztin im ersten Gespräch und schon das verlief nicht so gut (die Ärztin, die das ausführliche Vorgespräch geführt hatte und meine Bezugsärztin sein sollte, war die gesamte Zeit krank, die "Ersatzärztin" ist ihre Aufzeichnungen mit mir durchgegangen).

Beim Stichwort "wahrgenommen" habe ich an die Therapeuten gedacht. Das Pflegepersonal war sehr gut, alle sehr freundlich und hilfsbereit und kompetent. Und deren Aufgabe ist es nicht, auf die Patienten zuzugehen, sie haben genug zu tun, das sehe ich wie du. Aber wenn in zehn Tagen kein einziger der Therapeuten (von denen gefühlte zwanzig groß von einer Bildwand grinsten) registriert, dass ich überhaupt da bin oder auch nur ein Wort mit mir wechselt, dann verstehe ich das Konzept einfach nicht.

Ach, jetzt schreib ich schon wieder nur negativ ... und ich merke, dass es mich auch jetzt noch aufregt ... das bringt ja alles nichts und du hast recht, ich sollte es (irgendwann ...) nochmal woanders versuchen. Vielleicht sind die Erwartungen dann realistischer.

Eine Mail habe ich der Frau noch nicht geschickt. Ich habe sie verloren, das spüre ich. Ich werde es heute tun. Denn das allabendliche Warten zermürbt mich noch weiter. Es ist kein schönes Gefühl, aber die Welt hält leider nichts Schönes für mich bereit. Und dabei würde auch ich mich über etwas Schönes so sehr freuen.


Liebe white hope,

ich danke dir von Herzen für deine mitfühlenden und tröstenden Zeilen. Ich wünsche mir auch sehr, dass für mich und für dich und für alle, denen es grad nicht gut geht, auch bald wieder die Sonne scheint.

Euch beiden und allen Mitlesenden liebe Grüße.
Bittchen65
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Re: Ohne mich

Beitrag von Bittchen65 »

Danke lieber Cyranoo für deine guten Wünsche.

Alles Gute für dich,wir machen weiter,es wird besser werden.

Liebe Grüße Bittchen
Cara Mia
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Re: Ohne mich

Beitrag von Cara Mia »

Lieber Cyranoo,

schön, dass Du schreibst!

Ich bin für mich zu dem Schluss gekommen, dass vieles Negative, dass sich ereignet, nicht mit mir persönlich zu tun hat, sondern mit dem Zufall. So ein Klinikaufenthalt, eine kranke Ärztin, die Mitpatienten, das liegt nicht in meiner Hand. Ist trotzdem enttäuschend, wenn sich einige negative Punkte sammeln und verstärken, aber mich entlastet es dann schon, wenn ich sagen kann: Ok, konnte ich nicht ändern, muss ich die nächste, bessere Situation abwarten.

Zu der Frau, egal, was sie schreibt oder nicht: Es ist ein Riesending, wenn sie die einzige in Deinem Leben ist, zu der Du liebevollen Kontakt pflegst. Mir (!) wäre das beispielsweise zu viel, egal wie liebenswert und nett und unkompliziert der Mann sonst wäre. Ich könnte das nicht aushalten, die einzige emotionale Versorgungsschnur für jemanden zu sein (egal ob Mann oder Frau). Ich würde auch versuchen, Abstand zu bekommen. Vielleicht ist sie da anders, ich wollte Dich nur gerne in mein mind-set gucken lassen, um eine Möglichkeit zu zeigen, die nur mit ihr zu tun hat und nicht mit Dir als Person.

Es gibt auch Besuchsdienste für Menschen, die sozial isoliert sind. Hört sich jetzt erstmal nicht so prickelnd an, wenn ich mir so ´n Omchen vorstelle, dass mit nem Stückchen Kuchen vor meiner Tür steht um mich jetzt mal ordentlich zu besuchen. Aber andererseits: Kuchen ist Kuchen, Omchen sind Omchen, warum nicht?

Liebe Grüße,
Zähneputzen.
Blumen gießen.
Bett aufschütteln.
Oder nur eins davon (dann die Zähne!),

Cara
Botus
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Re: Ohne mich

Beitrag von Botus »

Hallo Cyranoo,

ich hab` vor ein paar Wochen jemanden in HH gesehen, der mir ich echt gut gefiel und das kommt nicht oft vor. Die war bestimmt 15 Meter weg und kaufte irgendwas beim Bäcker, aber sie guckte irgendwann. Nach ihrem Einkauf ist sie direkt auf mich zu gekommen und hat mich angesprochen, alles mögliche gefragt usw., das war ein Volltreffer, was die Gemeinsamkeiten angeht. Das sind ja wohl echt gute Voraussetzungen, aber gemeldet hat sie sich dennoch nie.

Ich will damit sagen, dass Du diesen "Effekt" nicht auf Dich persönlich beziehen darfst. Es ist einfach so. Einen Grund dafür gibt es nicht. Deshalb bringt es auch nichts, einen Grund zu suchen oder danach zu fragen. Ich wusste das schon vorher, deshalb war ich nicht enttäuscht, sondern habe ich mich über diesen einmaligen Mini-Kurz-Kontakt gefreut.

Das Leben ist auch nur ein Mensch. Genau wie das Glück. Man muss Verständnis für die beiden haben.

Liebe Grüße vom Dobi
Haferblues
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Re: Ohne mich

Beitrag von Haferblues »

guten Morgen Cyranoo,

und auch den anderen Schreibern hier,

du bist ja schon früh auf!!!

Das war echt eine superblöde Erfahrung in dieser Klinik. Hak es ab. Da kannst du jetzt nix mehr dran ändern. Das lag nicht an dir, sonsern an der merkwürdigen Organisation dort.

Suchst du Mail-Kontakte?? Oder eine Frau für eine sogenannte eheähnliche Beziehung??? Das erste kann doch leicht verwirklicht werden. Mit dem zweiten hab ich schon lange nix mehr am Hut. Ich z. B. maile mit ein paar Forenmitgliedern. Nicht regelmmäßig, aber manchmal. Nur einmal hab ich dabei ins Klo gegriffen. Aber shit happens. Egal. Der Depressive an und für sich ist halt nicht immer ausgeglichen.

Ich hatte es auch immer schwer mit Gruppen. Es dauert oft laaaaange, bis ich so halb dazu gehöre. Eigentllich bin ich gar nicht so erpicht auf Gruppen. Bei der Arbeit muss das halt sein. Alla bin ich freundlich zu meinen Mitmenschen und versuche, mich mit blöden Bemerkungen zurückzuhalten. Die sind leider meine große Schwäche.

Die Welt hält IMMER was schönes bereit. Leider können wir das manchmal nicht sehen.

Ich wünsch dir einen schönen Tag.

Gruß Rifka
Lebenskünstler sind Menschen, die schon vollkommen glücklich sind, wenn sie nicht vollkommen unglücklich sind.
Danny Keye
riverflow
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Re: Ohne mich

Beitrag von riverflow »

Lieber Cyranoo,

tut mir leid, ich wollte Dir nicht das Gefühl geben, "ungebildet" zu sein und dafür halte ich Dich auch nicht - ehrlich nicht! Gerne würde ich Dir jetzt sagen: Los, ganz aufrecht hinstellen und Schultern straff. Und dann suchst Du den "Fehler" mal nicht bei Dir, sondern bei mir, weil ich Dinge vorausgesetzt habe, die Du nicht kennen konntest.
Und, wie ist diese Perspektive? ;-)

Ich mag das Zitat von Virginia Satir auch sehr gerne. Sie muss eine tolle Therapeutin gewesen sein. Die Familienskulptur (also das, was man fälschlicherweise unter dem Namen Familienstellen Hellinger zuordnet) geht auf sie zurück.

Das Thema Resilienz mag ich auch sehr gerne. Ich hätte es nur nicht voraussetzen sollen, tut mir leid. Es ist so, dass ich in dem Bereich studiert habe und dass viele Fachbegriffe (wie z. B. die so oft verwendete "Empathie") in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen sind. Resilienz war auch eine Zeit lang "en vogue", wie verbreitet der Begriff jedoch wirklich ist, kann ich nicht beurteilen. Ist vielleicht oft auch regional bedingt.

Dein Arzt hört sich toll an!!!! Ja, er ist bestimmt eine verlässliche Bezugsperson.
In Biografien finden sich ganz oft Menschen (Lehrer, Betreuer im Heim), von denen Betroffene in der Form berichten, dass diese an sie geglaubt haben und dass sie durch diesen Rückhalt die Kraft entwickelt haben, ihr Leben positiv zu verändern. Personen, die also als "Wendepunkt" in der Biografie gedient haben.

Vielleicht wäre es aber für Dich auch schön, eine solche Person auch noch im privaten Kreis zu finden?
Traust Du Dir zu, die Fühler auszustrecken?
Hast Du Hobbys/ Dinge, die Dich interessieren?

In einer regionalen wöchentlichen Zeitschrift habe ich z.B. von einer Kochaktion gelesen: Es tun sich immer 2 Leute zusammen (wenn man niemanden kennt, der mitmacht kann man die zweite Person über Facebook finden) und kochen entweder eine Vor- oder Hauptspeise oder bereiten einen Nachtisch zu. Es werden insgesamt also immer 3 "Pärchen" ausgelost, die bei einem von ihnen zu Hause das dreigängige Menü essen. Diese Aktion hat wohl ganz regen Zulauf und oft sollen schon Freundschaften entstanden sein.
Dann fällt mir noch ein Reparaturcafe ein: Bist Du technisch interessiert? Hast Du vielleicht noch irgendwo ein olles, kaputtes Elektrogerät? Das wäre vielleicht auch eine schöne Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen.
Ansonsten fallen mir noch VHS, Mehrgenerationenhäuser oder Laufgruppen ein. Oder bei den ebay-Kleinanzeigen könntest Du ein Inserat aufgeben.
Ich hoffe, die Aufzählung war Dir nicht zu stressig - ich denke halt nur, dass es Dir vielleicht gut tun könnte, auf diese Weise unter Menschen zu kommen - und das in einem ganz "normalen", alltäglichen Rahmen.

Bei mir selbst ist es so, dass ich vor ewig langer Zeit in der Schule ausgegrenzt wurde. Das hat leider immer noch die Spätwirkung, dass ich mich überall als nicht zugehörig empfinde. Und das bleibt wohl auch für immer so.
Eigentlich sollte man sagen könnnen: "Ok, ich nehme jetzt da und da teil und es ist mir schnurzegal, welche Wirkung ich auf andere habe!" Durch meine Vergangenheit weiß ich aber, dass es nicht so einfach ist, daher hoffe ich, Dich mit meinen Vorschlägen nicht überfordert zu haben.

Irgendwann habe ich mich zu einer "Beobachterin" entwickelt. An der Uni habe ich es gelernt, in ganz viele Veranstaltungen zu gehen, in denen ich vorher niemanden gekannt habe. Und ganz ehrlich - ich habe fast immer jemand Nettes gefunden und auch wenn es um Gruppenbildung ging, war ich nie alleine (eine Hauptangst von mir, die noch aus der Schulzeit persistiert). Ich bin dann also in Veranstaltungen gegangen, hab mich ruhig hingesetzt und die Situation erst mal beobachtet. Das musste ich lernen (erst bin ich kopflos in den Raum, hauptsache schnell einen Sitzplatz finden und nicht auffallen ;-) ), nach längerer Zeit hat es aber geklappt. Auch in Kursen, etc., die ich außerhalb der Uni besucht habe, oder auf Geburtstagen habe ich eigentlich immer jemanden zum Quatschen gefunden - einmal haben sich regelmäßige Kontakte entwickelt und es gab außerdem noch Angebote zu Treffen, die ich dann nicht wahrgenommen habe.
Das Blöde ist halt, dass ich echt das alte Gefühl aus der Schulzeit dabei nicht abgeschüttelt bekomme. Ich bin in solchen Veranstaltungen wohl gut integriert - fühle mich aber meistens nicht so.

Was ich damit sagen möchte ist, wirf die Flinte bitte nicht ins Korn. Es kann schwierig sein, mit Menschen in Kontakt zu kommen, aber es ist möglich und bestimmt ist es auch Dir möglich. Vielleicht nicht sofort und vielleicht braucht es ein wenig "Übung" (auch wenn sich das jetzt doof anhört), aber vielleicht bekommst Du ja ein wenig Motivation, mal die Fühler auszustrecken!?

Zur Sozialarbeiterin: Ich sehe das immer noch anders. ;-)
Natürlich hat sie viel zu tun und vielleicht müsstest Du tatsächlich mehr einfordern. Wenn sie allerdings sieht, dass Dir das nicht gelingt, dann sollte sie Dich genau dort, wo Du stehst, abholen.
Es kann ja auch nicht sein, dass Du dann halt das Nachsehen hast.
Ich mag es auch nicht sonderlich, wenn Dinge in Aussicht gestellt und dann nicht umgesetzt werden, da kann ich Dich verstehen.

Zur Kontakten allgemein: Ich weiß nicht, ob ich richtig liege, jedoch hatte ich irgendwie gedacht (weil Dich ein eventueller Verlust so hart trifft), dass Du für die Frau aus dem Internet mehr als rein freundschaftliche Gefühle hegst? Wenn man in jemanden verliebt ist, ist es doch auch ganz normal, viel Kontakt zu wollen. Verliebte sind doch anfänglich üblicherweise meist zusammen anzutreffen.
Ansonsten ist es bei mir so, dass es Menschen gibt, mit denen ich gerne und viel zusammensein kann und andere, die ich nicht immer um mich haben könnte. Da trennt sich wohl Familie und Freundschaft von bloßer Bekanntschaft.
Ich habe lange über diese Frau aus dem Internet nachgedacht. Vielleicht wäre es geschickt, ganz einfach unverbindlich nachzuhören: "Hallo ..., wir haben ja nun relativ lange nix voneinander gehört, daher möchte ich kurz nachfragen, ob alles in Ordnung ist?"
Dann kann sie sich äußern oder nicht...
Vielleicht ists auch doof, das waren halt nur so meine Gedanken.

Alles Liebe für Dich
riverflow
Cyranoo
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Re: Ohne mich

Beitrag von Cyranoo »

Liebe Bittchen,

danke auch für deine lieben Wünsche. Ob es besser wird, weiß ich nicht, aber die Hoffnung gebe ich nicht auf. Für alle, die hier schreiben und lesen.


Liebe Cara,

vieles Negative hat nichts mit uns persönlich zu tun, das ist klar. Im Leben gibt es für jeden Freud und Leid, Glück und Pech. Ich denke auch nicht, dass die enttäuschende Erfahrung mit der Klinik eine Verschwörung gegen mich war, so weit bin ich noch nicht. Mich hat nur geärgert (und da bleibe ich bei), dass nach außen der Eindruck vermittelt wird, als stehe der Patient im Mittelpunkt und in Wahrheit kümmert sich im Grunde niemand um den einzelnen. Ich finde das - völlig unabhängig von meiner Person - nicht in Ordnung.

Und zu der Frau ... wir hatten einen sehr liebevollen Kontakt, von beiden Seiten, der hatte sich über viele Monate aufgebaut. Ich hatte nie den Eindruck, dass ich sie emotional aussauge. Vielleicht irre ich auch da.


Lieber Dobi,

danke für die Teilung deiner Erfahrung. Wenn mich jemand spontan anspricht, ergreife ich innerlich sofort die Flucht und dann auch schnell in der Realität. Aber mich spricht auch niemand an, weil man mir die Depression ansieht, ich schaue verbittert, verwirrt, finster durch die Gegend. Ich bin gebrochen durch die vielen Jahre der Depression.

Dir wünsche ich noch viele schöne, spontane Mini-Kurz-Kontakte. Sie sind ein Zeichen, dass du offen bist und dass Menschen dich sympathisch finden, auf dich zugehen. Vielleicht wird aus einem der Kontakte ja ein neuer Anfang.

Den Satz "das Leben ist auch nur ein Mensch" finde ich sehr schön. Da ist viel dran, das Leben gibt sich Mühe, aber man darf nicht zu viel von ihm erwarten ...


Liebe Rifka,

ich weiß nicht, was ich suche. Das, was ich hatte, ist weg. Ich habe die Frau Anfang des Jahres in einem Partnerschaftsforum kennengelernt und ihr sofort gesagt, dass für mich wegen den schweren Depression eine Beziehung wohl unmöglich ist. Sie wollte trotzdem schreiben und so haben wir seitdem fast jeden Abend geschrieben. Für mich war es wirklich wunderschön, das Gefühl, nicht allein zu sein.

Die Depression hat mir wirklich viel Kraft geraubt, ich bin gar nicht in der Lage zu vielen Kontakten mit vielen Menschen. Deshalb vermutlich auch die übergroße Sehnsucht nach dem echten und tiefen Kontakt zu einem Menschen. Zu dem ich gut sein kann, der gut zu mir ist. Nicht mehr und nicht weniger. Ich weiß, dass das viele seltsam finden, aber so sieht es in mir aus.

Du schreibst, die Welt hält immer etwas Schönes bereit. Ich stimme dir zu. Für manche ist etwas Schönes nur leichter zu erreichen als für andere. Etwas Schönes sehen und etwas Schönes bekommen ist etwas anderes.

Wenn ein kleines hübsches blondes Mädchen mit einem strahlenden Lächeln durch die Welt geht, wird es viel Zuspruch und Freundlichkeit erfahren, wenn ein kleiner hässlicher fetter schmutziger Junge ohne Selbstbewusstsein durch die Gegend läuft, wird er finstere Blicke ernten. Freundliche Blicke sind schön, finstere Blicke sind nicht schön. Es ist für den Jungen schwerer, an das Schöne zu kommen.


Liebe riverflow,

ich sehe gerade, dass du zwischenzeitlich geschrieben hast, während ich die Antworten formuliert habe. Vielen Dank schon mal dafür, ich werde deine Worte sehr sorgfältig lesen und dann später antworten. Von Herzen lieben Dank.


Euch allen vielen Dank für die Aufmerksamkeit und die Mühe, die in euren Antworten stecken und viele liebe Grüße.

P.S.: Ich merke, dass ich der Frau heute nicht schreiben kann. Zu groß ist die Angst. Alles, was ich ihr schreiben könnte oder wollte, wäre, dass ich sie vermisse. Und damit würde ich sie unter Druck setzen und das möchte ich nicht.
balsamico
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Re: Ohne mich

Beitrag von balsamico »

Lieber Cyranoo,

ich habe Deine Geschichte gelesen und erlebe Dich als unglaublich warmherzig und mitfühlend. Trotz Deiner eigenen Sorgen hast Du für Jeden ein aufrichtig mitfühlendes Wort und mein Gefühl sagt mir, dass das eben nicht nur Worte sind, sondern es eben Deinem Wesen entspricht.

Als „nur“ Angehörige habe ich vielleicht nicht die wirklich nötige Einfühlung, um ganz umfassend verstehen zu können.

Ich mag Dir einfach nur mitteilen, wie sehr ich Deine Art, Dein Gegenüber wahrzunehmen und darauf einzugehen, achte und schätze. Das ist wahrlich selten anzutreffen – erstaunlicherweise auch in einem Umfeld wie diesem hier.

Liebe Grüße, balsamico


riverflow hat geschrieben: (eine Hauptangst von mir, die noch aus der Schulzeit persistiert)
Riverflow, ist nicht böse gemeint, aber das muss nicht sein (Du machst es sogar selbst noch zum Thema am Beginn Deines Beitrages) und es gibt ja reichlich Ausweichformulierungen.
riverflow
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Re: Ohne mich

Beitrag von riverflow »

Balsamico,

ist nicht böse gemeint, aber bist Du Richter?
Sollte der Begriff unbekannt sein, lässt sich gegebenenfalls aus dem Zusammenhang ziemlich leicht erschließen, was ich gemeint habe und es war nun mal das Wort, das mir als erstes eingefallen ist. Ich hätte also aus dem Schreibfluss heraus nach Alternativen suchen müssen. Bzw. hab ich mir überhaupt keinen Kopp darüber gemacht, dass das Wort nicht verständlich sein könnte.

Ich habe nicht nach Korrektur gefragt,
ich wollte lediglich behilflich sein!

Vielleicht solltest Du bei Dir bleiben anstatt Dich an der Wortwahl anderer aufzuhängen!
Babydoll
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Re: Ohne mich

Beitrag von Babydoll »

Ich denke sehr ähnlich wie Dobi.
Viele schleppen sich jahrelang unzufrieden zur Arbeit oder durchs Privatleben : unglücklich und oft zweifelnd am Job und Partner. Mit den Antreibern " mach schneller " und " streng dich an" halten Sie aber irgendwie mit zusammengebissenen Zähnen durch.

Dann begegnen Ihnen Menschen die nett und adrett und gesund aussehen und sind berentet / zu Hause / was auch immer. - mit einer unsichtbaren Krankheit .
Da kommt schnell Neid auf.

Ich denke das ist leider oft so und es ist nichts spezifisches . Will damit sagen der Mensch ist nun mal ost neidisch, vergleichend . Hätte man keine depression sondern ein Haus in bester Gegend um 1 Mio Euro wäre das genau das gleiche ........
Das sind so meinte Überlegungen zum Thema .
Babydoll
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Re: Ohne mich

Beitrag von Babydoll »

Oje letzter Post von mir gehört zum Thread " kleine Ohrfeigen im Alltag " - Bitte verschieben.
Sorry hab mich irgendwie vertan .
balsamico
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Re: Ohne mich

Beitrag von balsamico »

Hallo Riverflow,

ich möchte auf keinen Fall Cyranos thread belasten – daher nur ganz kurz: Ich hatte das in diesem ganz besonderen Zusammenhang (letzte Beiträge von Cyrano und Dir selbst) geschrieben. Niemals käme ich sonst auf die Idee, Jemandes Wortwahl in irgendeiner Weise zu kommentieren.
Sonnenblume14
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Re: Ohne mich

Beitrag von Sonnenblume14 »

Hallo Cyranoo,

hmm, da war meine Klinik deutlich kleiner - jedenfalls die Tagesklinik. Dort gab es zwei 12er Gruppen, das war alles. 2 Therapeuten und diverse Bezugspfleger (ich glaube 5 oder 6), dazu noch eine Psychiaterin und die entsprechenden Kursleiter, die aber auch stationäre Kurse machten.

Pro Woche gab es generell ein Gespräch (1 Stunde) mit dem Therapeuten, eines mit dem Bezugspfleger ODER der Psychiaterin. Dazu kamen zwei Gruppenstunden (12er Gruppe). die Themen legte die Gruppe jeweils fest, Leitung war bei Therapeutin und Bezugspfleger. Gespräch mit dem Bezugspfleger waren bei Bedarf möglich, da msuste man sich aber melden und dann klappte das meist am gleichen Tag.

Ich könnte mir vorstellen, wenn das Ganze zu groß wird, verliert auch das Personal den Überblick. Aber noch etwas anderes: erzählst du nur von dir, wenn du gefragt wirst? oder auch mal so, wenn es das Gespräch ergibt?

die Gruppen der Patienten waren bei uns sehr gemischt, bzw ich hatte das "Glück", dass sich die große Gruppe vom Anfang durch die Entlassungen der ersten Woche fast komplett auflöste und sich neue Konstellationen bildeten. Es wurde auch während meiner Wochen dort sehr stark durchgemischt, so dass sich immer neue Menschen zusammenfanden. Man hatte so seine Favoriten und eben auch menschen, die man nicht so mochte, aber für ein Gespräch reichte es immer.

Aber ich kann natürlich auch nur von der Tagesklinik berichten, da fährt man ja um 4 Uhr nachmittags wieder nach Hause. In der stationären Therapie fängt dann natürlich ein Haufen freie Zeit an - ich kann mir vorstellen,d ass das zwischenmenschliche dann ein anderes Gewicht hat.

LG Sonnenblume
"Depressionen sind kein Zeichen von Schwäche, sondern dafür, dass jemand zu lange zu stark sein musste" (Johnny Depp)

"Verstehen kann man das Leben nur rückwärts. Leben muss man es vorwärts." Sören Kierkegaard
Haferblues
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Re: Ohne mich

Beitrag von Haferblues »

Cyranoo hat geschrieben: Deshalb vermutlich auch die übergroße Sehnsucht nach dem echten und tiefen Kontakt zu einem Menschen. Zu dem ich gut sein kann, der gut zu mir ist. Nicht mehr und nicht weniger. Ich weiß, dass das viele seltsam finden, aber so sieht es in mir aus.
Lieber Cyranoo,

ich finde das gar nicht seltsam. Im Gegenteil. Ich glaube, die allermeisten Menschen haben diese Sehnsucht. Leider erwarten die meisten Menschen etwas perfektes - und das gibts nicht.

Nett, dass du dir mich als hübsches blondes Mädchen vorstellst. Ich war überhaupt kein hübsches Kind. Rote Haare, massig Sommersprossen und eine extrem helle Haut. Man hat mir immer gesagt, ich sei hässlich und außerdem so kratzbürstig, dass ich nie einen Mann finden würde. Das wusste ich schon vor der Einschulung. Ich bin ständig rot geworden. Als Kind war ich eigentlich ständig beschämt und/oder voller Angst. Selbstwertgefühl Fehlanzeige. Nicht schön.

TROTZDEM lasse ich mir von einer versauten Kindheit nicht das ganze Leben versauen!!!! Die Kindheit dauert vielleicht 15 Jahre - den Rest kann ich selbst beeinflussen. Zwischen meinen depressiven Einbrüchen hab ich immer versucht neue Wege zu gehen. Es ist erstaunlich: wenn mensch so tut als sei er/sie schön, dann halten einen andere Leute oft auch für schön. Wenn ich auf der Straße über einen blöden Witz laut lachen muss, dann grüßen mich auf einmal wildfremde Leute.

Erstaunlich ist auch wie die eigene Körperhaltung sich auf die Stimmung auswirkt. Probiers mal aus. Kopf hoch, auch wenn der Hals dreckig ist. So sagt man bei uns.

Der Satz "Das Leben ist auch nur ein Mensch" von Dobi ist echt genial!!!! Den werd ich zu meinen geliebten schlauen Sprüchen hinzufügen.

viele Grüße
Rifka
Lebenskünstler sind Menschen, die schon vollkommen glücklich sind, wenn sie nicht vollkommen unglücklich sind.
Danny Keye
Cyranoo
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Re: Ohne mich

Beitrag von Cyranoo »

Liebe Mitforisten,

ich merke, wie wieder alles schwerer wird. Die Traurigkeit und die Empörung, die mich im Ausgangsbeitrag bewegt haben, sind weg und die lähmende Leere nimmt wieder ihren Platz ein. Ich hoffe, dass die Kraft halbwegs reicht, auch nur annähernd die Antworten hinzukriegen, die ihr verdient. Denn eure Beiträge sind sehr gehaltvoll.


Liebe riverflow,

mir tut leid, dass dir was leid tut, das wollte ich nicht und das muss es wirklich überhaupt nicht, ganz im Gegenteil. Deine Worte sind sehr einfühlsam und klug und helfen mir sehr. Ich hatte mich wohl missverständlich ausgedrückt, dass ich mal einen Begriff nicht kenne, finde ich überhaupt nicht schlimm, dann schau ich kurz nach und bin schlauer als vorher!

Du hast mir keinesfalls das Gefühl gegeben, ungebildet zu sein. Ich weiß seit langer Zeit, dass ich anders denke und wahrnehme als andere und dass ich zwar relativ intelligent bin, aber große Bildungslücken habe, das ist einfach ein biografischer Fakt. Bildung ist ja Wissen über kulturelle und wissenschaftliche Erkenntnisse und die fehlen, aber das macht mir nicht viel aus. Ich erwähne es nur manchmal, damit das Gegenüber es besser einordnen kann.

Die Familienskulptur habe ich grad nachgeschaut (wieder was gelernt!) und ich kann mich erinnern, dass ich mal was Ähnliches in einer beruflichen Reha-Einrichtung gemacht habe, da ging es allerdings um Beziehungen am Arbeitsplatz und ich fand es damals sehr gut. Es hatte mir einige Dinge klarer gemacht.

Mein Arzt ist für mich wirklich so eine Art Fels in der Brandung. Auch wenn ich ihn nicht oft und dann meist nur kurz sehe, weiß ich, dass ich mich auf ihn verlassen kann. Ich hoffe, dass er nicht selbst mal (gesundheitliche) Probleme kriegt, er reibt sich für seine Patienten auf.

Es gab mal eine zweite solche Person, die zu einer Wende in meinem Leben hätte führen können. Damals habe ich leider die Chance nicht richtig genutzt. Es war auch eine Sozialarbeiterin, sie war schon älter und sehr erfahren und es hat sie damals bedrückt, dass ich schon Jahre in einem möblierten Zimmer ohne Heizung gelebt hatte. Zusammen mit dem Arzt hat sie mir damals (vor mehr als 10 Jahren) geholfen, eine Wohnung zu finden. Danach die berufliche Reha, danach eine Umschulung. Irgendwann gab es dann wieder einen Einbruch und ich habe damals den Fehler gemacht, mir nicht schnell wieder Hilfe zu holen.

Heute bin ich noch einmal zehn Jahre älter und ich habe das Gefühl, dass zwanzig Jahre Depression alle Kraft aus Mark und Knochen gesaugt haben. Ich fühle mich endlos erschöpft und am Ende des Weges angekommen. Die neue Sozialarbeiterin ist noch recht jung. Sie ist im allgemeinen sehr engagiert, aber in manchen Dingen vielleicht etwas unerfahren, ich weiß es nicht.

Du gibst viele Anregungen für mögliche Aktivitäten, danke dafür. Im Moment würden mich konkrete Unternehmungen mit anderen wohl überfordern, da muss ich erst wieder hin kommen. Acht Monate habe ich Sprachkurse für Flüchtlinge gegeben, das war ein Versuch, mal raus zu kommen, aber auch das hat mich am Ende überfordert.

Deine eigene Erfahrung (Ausgrenzung in der Schule) tut mir leid und das, was du dazu schreibst, kann ich zu 100% nachvollziehen. Das beschreibt im Grunde das ganze Dilemma. Ein in der Kindheit und Jugend erfahrenes Leidensgefühl (ein Gefühl von Minderwertigkeit) sitzt so tief, dass es einen tief im Inneren ein Leben lang begleitet. Man kann mit dem Verstand gegensteuern, aber das Gefühl bleibt. Kopf und Bauch kommen da nicht zusammen.

Ich finde mich in deinen Schilderungen wirklich wieder. Das Beobachten der Situation (einschließlich seiner selbst), das rationale "Managen" der Situation, die Erleichterung, wenn man wieder allein ist und ... das Nicht-Wahrnehmen angebotener Kontakte. Das kenne ich auch ... es gab nicht viele Angebote, aber wenn jemand Kontakt wollte, bin ich intuitiv innerlich geflüchtet.

Nochmal zu der Bekannten, die ich so sehr vermisse ... ich habe mich in letzter Zeit selbst gefragt, ob ich sie liebe. Ich weiß es nicht, die ehrlichste Antwort, die ich (aktuell) geben könnte: Die Depression hat mich an einen Punkt gebracht, an dem ich mit der Hoffnung auf eine positive Zukunft abgeschlossen habe, ich warte auf das Ende (von dem ich körperlich spüre, dass es in den nächsten ein, zwei Jahren eintreten wird, ich habe NIE Suizidgedanken, ich spüre einfach den nahenden Tod, das körperliche Ende, das Einschlafen). In einer solchen Situation weiß ich nicht, ob ich Liebe empfinden kann, denn Liebe bedeutet Hoffnung und Freude und Leben. Aber meine Gefühle für diese Frau sind sehr tief. Ich habe jede Sekunde genossen, die wir geschrieben haben, ich vermisse sie extrem, ich habe oft geträumt, sie lange im Arm zu halten (das habe ich ihr auch oft geschrieben).

Dein Vorschlag ist ganz sicher nicht doof, er ist richtig. Aber ich habe Angst. Dass sie gar nicht reagiert, dass sie sich verabschiedet oder dass sie schon von diesem Portal gelöscht ist. Ich habe Angst.


Liebe balsamico,

vielen Dank für deine freundlichen Worte, sie tun mir sehr, sehr gut.

Ich glaube, mein Wesen ist tatsächlich eher sensibel und mitfühlend. Das war aber nicht immer so. Ich habe in meinem Leben nicht viel geleistet, sondern mich vor allem vor dem Leben versteckt, aber ich habe viel Leid erfahren und kann deshalb anderer Leute Leid nachempfinden. Und leider habe ich auch Leid verursacht. Bei meiner Mutter, meinem Vater, meiner Schwester. Ich habe meinen Vater - damals selbst ein gebrochener Mann - mal zum Weinen gebracht, dieses Bild verfolgt mich bis heute im Schlaf. Ich habe mir damals geschworen, dass ich so etwas niemals wieder jemandem zufügen werde.

Nochmal vielen lieben Dank für deine Wertschätzung.


Liebe Sonnenblume,

danke für die Schilderung deiner Erfahrung. Sie hilft mir, alles etwas besser einzuordnen.

Die Klinik war insgesamt sogar noch viel größer, es gab mindestens fünf Häuser mit jeweils noch mal so viel Patienten.

Ich war vor vielen Jahren mal in einer Tagesklinik und da gab es Angebote. Gesprächsgruppe (jeden Morgen!), Werken, Malen, Kochen, Sport, Ausflüge, Einzelgespräche. Auf der Homepage und in den Flyern der Klinik werden auch jede Menge Angebote dargestellt, in der Realität war es eben anders.

Mit deiner Vermutung hast du recht. Ich erzähle nur von mir, wenn andere mich fragen. Ich habe ja nicht viel zu erzählen. Früher war ich vor allem der Spaßmacher oder eben der, der (scheinbar) interessiert die anderen gefragt hat. Zu beidem fehlt mir heute die Kraft.

Ich hab in der Klinik schon auch mit anderen gesprochen, aber wie gesagt, nie wollte jemand etwas über mich wissen. Am Abend vor meiner Heimreise haben sich zwei neue Patienten zu mir gesetzt und länger erzählt. Bei beiden hatte ich immerhin das Gefühl, dass sie in einer ähnlichen Grundstimmung waren. Vielleicht hätte sich da ein Kontakt ergeben können und vielleicht hätte ich länger durchhalten sollen, aber da war es leider schon zu spät, ich wollte nur noch nach Hause.


Liebe Rifka,

ich erwarte nichts Perfektes, ganz sicher nicht. Einfach nur, dass man zueinander gut ist und zueinander hält. Damit meine ich nicht, dass man kritiklos immer alles schön redet, sondern, dass man sich (grundsätzlich) einig ist, dass man den/die andere(n) stützt, auf seiner/ihrer Seite ist. Und dass man gerne zusammen ist, gerne Zeit verbringt. Sich freut, wenn der/die andere da ist. Ohne Druck, ohne Erwartungen, ohne Forderungen, alles viel zu anstrengend.

Mit dem blonden Mädchen meinte ich überhaupt nicht dich, bitte verzeih! Es war das Bild, das ich allgemein als totales Gegenbild zu mir immer im Kopf habe, wenn Leute sagen, ich soll lachen. Dann denk ich immer, wer schön ist und ständig angelächelt wird, dem fällt es leicht, selbst zu lächeln.

Nie würde ich dir unterstellen, dass du mit größter Leichtigkeit durchs Leben gehüpft bist und nie würde ich dich in irgend ein kitschiges Bild packen, das war nicht meine Absicht, es war eine allgemeine Vorstellung. Es gibt sicher sehr gute Gründe, warum du in einem Forum für Depressive schreibst und ich bewundere, dass du trotzdem immer so positiv und konstruktiv schreibst!

Ich maße mir keinerlei Urteil über dein Äußeres an, aber ich bin sicher, dass du eine attraktive Frau bist. Deine Kindheitserfahrungen tun mir leid, ich teile sie ja, auch ich wurde (wegen des Gewichts) oft verspottet. Wenn man dann erwachsen wird, sieht einem niemand mehr etwas von den frühen Erfahrungen an, viele, die als Kind irgendeine optische Auffälligkeit hatten, werden ja später schöne Menschen. Ich bin als Kind oft angestarrt worden, das fand ich schlimm. Ich war fett, meine Schwester war fett und wenn meine Mutter mit uns durch die Gegend gegangen ist, haben die Leute strafende und verachtende Blicke in unsere Richtung geschossen. Später habe ich lange nicht verstanden, dass ein Blick z.B. auch Interesse bedeuten kann, ich habe Blicke immer als Bedrohung empfunden.

Ich werd's mal probieren, den Kopf hoch zu halten, auch wenn es sehr schwer fällt. Der Hals ist zwar tatsächlich dreckig, aber ich habe ja einen Rollkragenpulli ...


Dir und allen anderen, die mitlesen und -schreiben vielen Dank und liebe Grüße.
Pummelchen
Beiträge: 1632
Registriert: 2. Sep 2015, 17:21

Re: Ohne mich

Beitrag von Pummelchen »

Hallo Rifka,
schön den Spruch wieder mal zu lesen "Kopf hoch auch wenn der Hals dreckig ist" das hat mein Vater immer zu mir gesagt, wenn es mir schlecht ging. Oder jetzt musst du was machen "sonst gehst du ein wie ein Zwetschgenmännle" kennst du das auch zufällig?
Das stimmt auch( wenn es einem möglich ist!) mit aufrechter Körperhaltung u. einem freundlichen Gesicht durch die Welt zu gehen bekommt man positive Resonanzen. Man hat dann eine ganz andere Ausstrahlung! Für mich ist ein Mensch schön, wenn er einen guten Charakter hat u. ein liebenswertes Wesen. Sicher bestimmt das Aussehen auch ein bisschen mit, aber das liegt immer im Auge des Betrachters.
LG Pummelchen
dieRuth
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Re: Ohne mich

Beitrag von dieRuth »

Cyranoo, ich hoffe, du findest das nicht blöd...aber wäre ein Haustier eine Möglichkeit? Vielleicht gehst du mal zum tierheim und schaust, ob da eine Katze oder ein Hund ist, der spontan dein Herz berührt. Wenn du wüsstest, was ich unseren Wellensittichen in einsamen Stunden schon erzählt habe. Nicht umsonst gibt es doch den netten spruch: seit dem ich die Menschen kenne liebe ich die Tiere. Mit einem Hund musst du jeden Tag raus und es ergeben sich viele Kontakte. Und ich glaube, das tierheim freut sich auch, wenn du erstmal das ein oder andere Hundchen stundenweise ausführst.

Ich weiss ja nicht, wie alt du bist. Aber hast du mit deiner Sozialarbeiterin mal über betreutes wohnen gesprochen?
Cyranoo
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Re: Ohne mich

Beitrag von Cyranoo »

Liebe Leute,

ich habe gerade der Bekannten geschrieben, die sich nicht mehr meldet. Ich habe ihr geschrieben, dass ich sie vermisse und dass ich mich frage, warum wir nicht mehr schreiben. Und dass ich hoffe, dass es ihr gut geht.

Jetzt ist mir schlecht, mein Kopf platzt. Der heutige Abend wird nicht schön, das fühle ich. Ich werde warten ... und warten ... und warten ... vermutlich vergebens, aber es war der richtige Schritt.


Liebe Ruth,

blöd ist die Idee ganz und gar nicht, ich hätte gerne ein Haustier und es würde mir bestimmt gut tun. Es ist aktuell nur so, dass es mir immer schwerer fällt, für mich selbst zu sorgen, ich bin sicher, dass ich mit einem Tier momentan überfordert wäre, ich muss erst mein eigenes Leben wieder in den Griff kriegen. Aber die Grundidee gefällt mir und vielleicht kann ich mal mit der Sozialarbeiterin zusammen zum Tierheim (obwohl ich mit Hunden keinerlei Erfahrung habe). Ich bin schon 47 Jahre alt und der Kontakt zur Sozialarbeiterin besteht im Rahmen des ambulant betreuten Wohnens.

Dir und allen anderen hier vielen Dank und alles Liebe.
dieRuth
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Re: Ohne mich

Beitrag von dieRuth »

Oh, cyranoo, dann probiere das doch mal aus, erstmal tageweise mit einem Hund spazieren zu gehen. Einfach mal machen. Das tut dir bestimmt sehr gut und die Verantwortung für einen kleinen freund kann dich vielleicht aus dem Loch reissen.

Gibt es denn keine Plätze in Wohngemeinschaften für psychisch kranke in deiner nähe? Dein Hauptproblem scheint mir die Einsamkeit zu sein, was ich sehr gut nachvollziehen kann
dieRuth
Beiträge: 400
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Re: Ohne mich

Beitrag von dieRuth »

Und P.s. den Schritt, bei der Dame mal nachzufragen finde ich wichtig und mutig und durchaus legitim, wenn man sich über längere zeit ausgetauscht und gut verstanden hat.

Persönlich kennt ihr euch aber nicht, oder?
riverflow
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Re: Ohne mich

Beitrag von riverflow »

Lieber Cyranoo,

ganz kurz nur...

Es war ganz bestimmt richtig, nachzufragen!
Ich freue mich, dass Du diesen Schritt, der Dir bestimmt unglaublich schwer gefallen ist, nun getan hast.
Das war sehr mutig.

Ich würde es Dir so sehr wünschen, dass Du eine schnelle und möglichst positive Rückmeldung erhältst.
Warten und warten und warten ist zermürbend.
Ich denke an Dich.

Alles Liebe
riverflow
dieRuth
Beiträge: 400
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Re: Ohne mich

Beitrag von dieRuth »

Cyranoo, wo bist du???
Cyranoo
Beiträge: 436
Registriert: 25. Aug 2013, 14:40

Re: Ohne mich

Beitrag von Cyranoo »

Liebe Ruth,

sorry, ich bin noch da, aber wieder im Tiefschlaf.

Die Idee mit dem Hund behalte ich im Hinterkopf, im Moment geht es nicht, ich werd von Tag zu Tag schwächer. Ich werd's der Sozialarbeiterin mal vorschlagen, wenn ich sie mal wieder sehe, in der letzten Woche war sie krank.

Die Bekannte antwortet nicht, wie ich's mir gedacht habe. Ich habe ihr eine Nachricht in dem Portal hinterlassen, in dem wir immer geschrieben haben und ich habe ihr eine E-Mail geschrieben. Keine Reaktion.

Seit Anfang des Jahres haben wir geschrieben, die meiste Zeit jeden Abend. Jetzt ist sie weg, einfach so. Wir haben uns auch einmal persönlich getroffen, unter besonderen Umständen, es war kein klassisches "Date". Jetzt hat sich mich aussortiert oder es ist ihr etwas passiert, beides ist schlimm und ich hoffe, es geht ihr gut. Die Ungewissheit ist schrecklich.

Es bleibt mir nichts als das was mir nach jeder Enttäuschung in meinem Leben bleibt. Aushalten, abwarten, drüber hinwegkommen.


Liebe riverflow,

danke für deine große Unterstützung und deinen Trost. Leider gab es kein Happy-End.


Euch beiden und allen, die mitlesen von Herzen lieben Dank und alles Liebe.
dieRuth
Beiträge: 400
Registriert: 23. Nov 2014, 15:49

Re: Ohne mich

Beitrag von dieRuth »

Cyranoo, das tut mir leid mit der Dame. Ich bin immer vorsichtig mit Internet Bekanntschaften. Und sich nichtmal ordentlich zu verabschieden...schwacher Trost, aber das ist ziemlich arm.

Hast du mal über eine therapeutische Wohngemeinschaft nachgedacht?

Ich hab heute noch an dich gedacht, als mein Sohn und ich unsere Wellensittiche auf der Hand hatten.

Danke, dass du dich gemeldet hast. Und versuche, den Kopf über Wasser zu halten.
Prenchi

Re: Ohne mich

Beitrag von Prenchi »

auch von mir eine solidarische Nachricht Cyranoo! Es war eine lange Zeit und es wäre schön wenn die Dame Ihre Position/Situation erklären würde.....

Aber gut, mehr als nachfragen kann man wohl nicht.

Ich wünsche Dir viel Kraft...

Prenchi
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