Ich bescheisse mich selbst

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puks
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Ich bescheisse mich selbst

Beitrag von puks »

Hall Ihr Lieben da draussen,

wisst Ihr was - manchmal glaube ich, ich bescheisse mich selbst. Ich werd mal ein bisschen über meine "Aktivitäten" schreiben, vielleicht erkennt sich ja jemand wieder und kann was dazu sagen:

Ich fühle mich Scheiße, ich denke ich bin depressiv. Dann denke ich über mich nach, über meine Situation. Mir geht es gut! Ich war lange alleinerziehend, habe 2 kleine Kinder. Nun habe ich einen Mann, schon seit längerem, alles ist euphorisch, ich bin glücklich. Seit letztem Sommer ist alles "anders". Er hat eine super Job, Kilometer von uns weg, die Fernbeziehung ist zermürbend. Ich habe eine befristete Tätigkeit, also habe ich meinen Vertrag nicht verlängern lassen, bin zu ihm gezogen. Perfekt Infrastruktur - Schwiegereltern (Babysitter) auf dem gleichen Grundstück. Bei dem, was er verdient "müsste" ich nicht mal arbeiten. Ich versuche mich einzuleben und erlebe "kleinere" Krisen. Inzwischen bin ich am Ende! Ich fühle mich wertlos, nutzlos. Eigentlich habe ich es leicht. Ich habe einen Ehemann, der mich 100%ig unterstützt und der sehr sensibel ist, aber ... "Damals" war ich die Starke. Alle Leute habe mir das immer wieder bestätigt - wie Du das nur schaffst, alleine mit 2 Kinder, bewundernswert. Nun bin ich nur noch die Hausfrau, finde keinen Job und finde keine Freunde. Inzwischen gehe ich nicht mal mehr aus dem Haus ...

Ich bin viel im Netz, die Anonymität gibt mir Sicherheit. Ich lese viel über schlechte Stimmunge, lande bei Depressionen. Es KANN/DARF nicht sein - ich habe keinen an der Klatsche! Dann mache ich die ganzen Tests, auf den diversen unterschiedlichen Seiten. Vermutlich habe ich schon alle gemacht, zumindest kann ich sie nicht mehr zählen - Sie haben eine sehr schlimme Depression, konsultieren Sie einen Arzt! ICH WILL NICHT! Ich will mit meinen Problemen alleine fertig werden, ich werde es einfach aussitzen. Ich mache weitere Test, vielleicht finde ich ja ein Ergebnis, das abgeschwächt ist - es kommt nicht.

Warum wehre ich mich so? Warum nehme ich keine Hilfe an? Ich habe "klare Augenblicke", in denen ich sage, ich gehe zum Arzt. Dann sage ich, wenn ich so klare Augenblicke habe, KANN ich gar nicht depressiv sein.

Mir geht es so schlecht. Mir fehlen meine Gefühle ...

puks
tomroerich
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Re: Ich bescheisse mich selbst

Beitrag von tomroerich »

Hallo Puks,

ja, sieht ganz so aus, dass du dich selbst bescheißt. Für mich klingt es so, als hättest du die Rechnung ohne den Wirt gemacht, als du dich auf ein Leben eingelassen hast, dass dich so aufs Häusliche reduziert. Es mag doch so sein, dass dir das überhaupt nicht entspricht, dass du gerne unter Menschen willst, einen Beruf ausüben möchtest. Und nicht, gut behütet von tollem Mann und Schwiegereltern (auf gleichem Grundstück? *schauder*) in Isolationshaft sitzen.
Nun ist ja die Schwierigkeit bei diesen behüteten Konstellationen immer die, dass man (frau) doch zufrieden sein MUSS, weil mans ja so schön hat. Jede Unzufriedenheit wird ruckzuck zur Undankbarkeit umgedeutet, also hält man das Maul.
Ja, du bescheißt dich selbst oder besser, dein abgeschobenes Selbst, das anderes möchte. Sieh es doch als Zeichen von Wahrhaftigkeit an, dass du darunter leidest und dich nicht so anpassen kannst, wie man es von dir erwartet.

Und dass daraus eine Depr. entstehen kann, ist ohne Zweifel möglich. Du hast ja auch nichts an der Klatsche sondern du verfehlst deinen Weg mit einer für dich ungeeigneten Lebensweise und das bedeutet Konflikt. Vielleicht bist du nun mal nicht der Typ, der mit der Faust auf den Tisch haut und kundtut, dass es so nicht geht. Dann wendet sich dein Frust eben gegen dich selbst.

Du soltest einfach anfangen, dich damit aktiv auseinanderzusetzen. Es deinem Mann erklären und aushalten, dass er vielleicht sagt "Aber du hast doch alles" oder "Ich schufte hier für dich und du..." Oder, wenn dich das überfordert für den Moment, dann gehe zu einem Profi.

Auf jeden Fall würde ich dir einen Arztbesuch empfehlen. Es gehört zur Krankheit zu glauben, man selbst müsse sich da rauswurschteln. Hier ist kaum einer, der das nicht kennt. Aber dadurch geht wertvolle Zeit ins Land. Bevor du noch mehr solche Tests machst, die dir sowieso nicht dabei helfen, anzuerkennen, dass etwas nicht stimmt, mach lieber den Schritt nach vorne und geh mal zum Doc.
Du bist nicht schwach, hast auch keine an der Klatsche sondern du bist nicht schwach genug, dich widerspruchlso in ein Leben zu fügen, dass dir etwas ganz Wichtiges nicht zu bieten scheint. Das scheint dich zu kränken und krank zu machen. Nimm es ernst!

Gruß von

Thomas
Betroffene für Betroffene

http://www.depressionsliga.de
puks
Beiträge: 47
Registriert: 13. Dez 2003, 10:50

halb und halb

Beitrag von puks »

Hallo Thomas,

ja, zu einem grossen Teil hast Du Recht. Es sieht bloss so aus, dass es nicht anders ging. Kurz erklärt - ich war alleinerziehend, Vollzeitjob und natürlich von allen bewundert, wie ich das nur schaffen würde. Mein Mann wohnte am anderen Ende Deutschlands. Nach diverser Zeit in Fernbeziehung, haben wir beschlossen zusammen zu ziehen. Dass ich umgezogen bin liegt an unterschiedlichen Dingen, die auch was mit finanzieller Sicherheit und Möglichkeit zu tun haben. Das jetzt alles im einzelnen zu erläutern würde zu weit führen.

Wenn ich alles logisch durch denke, dann weiss ich schon, was mit mir abgeht. Es zieht mich aber trotzdem manchmal ganz schön runter und den Boden unter den Füssen weg. Die eigentlichen Umstände habe ich schon verstanden, brauche wohl aber ein bisschen länger, mir dabei helfen zu lassen.

Die Vorsätze sind aber gut. Für heute habe ich mir vorgenommen, einen Allgemeinarzt anzurufen. Ein bisschen zweifelnd bin ich noch, rede mir ein, ich werde so "kurzfristig" sowieso keinen Termin bekommen. Das übliche "Spiel" ...

Lieben Gruß,

puks
Dendrit
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Re: Ich bescheisse mich selbst

Beitrag von Dendrit »

Liebe Puks!

Ich sehe mich in Deinem Beitrag wirklich wieder. Auch ich ziehe mir gelegentlich eine Fassade auf. Als bei mir die "bipolare Störung, manische Depression" diagnostiziert wurde, sagte mir das überhaupt nichts. Vor kurzem las ich einige Artikel und die Empfindungen, Ansichtsweisen etc. wurden dort so beschrieben - es sprach das aus, was ich (und Du) so erklären versuchen. Vielleicht hast Du die selbe Diagnostik. (Vielleicht hilft Dir mein Beitrag "Alle Jahre wieder" ...).

Ich wünsch Dir jedenfalls alles Gute und viel Kraft!

Liebe Grüße, Manuela
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