roter Faden fehlt

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puks
Beiträge: 47
Registriert: 13. Dez 2003, 10:50

roter Faden fehlt

Beitrag von puks »

Hallo Ihr da draussen,

ich bin heute zum ersten Mal in diesem Forum, nachdem ich mich schon seit Wochen auf dieser Homepage "rumtreibe". Mir geht es nicht gut und eigentlich gibt es keinen Grund dafür - ich bin glücklich verheiratet und habe 2 super süsse Kinder. Inzwischen bin ich schon fast soweit, dass ich akzeptieren kann, dass ich eine Depression habe, aber ich bin unfähig etwas zu tun - aus Angst vor den Konsequenzen. Ich habe Angst zum Arzt zu gehen. Ich bin gerade umgezogen und habe sozusagen keinen Arzt des Vertrauens und weiss nicht wohin. Obwohl ich langsam glaube, dass das nur eine Ausrede vor mir selbst ist. Ich habe Angst, dass mich der Arzt in eine Klinik steckt und ich habe Angst davor Antidepressiva zu nehmen. Ich suche im Internet ständig nach negativen Gründen, nach den Nebenwirkungen und dergleichen. Ich fühle mich total überfordert, alleine schon mit der Suche nach einem Arzt oder jemandem, der mich einfach an die Hand nimmt.

Ich hoffe irgend jemand von Euch kann mir einen Rat geben, der nicht gleich wieder an mir abprallt ...

Lieben Gruß,

puks
Emily
Beiträge: 1217
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: roter Faden fehlt

Beitrag von Emily »

Hallo Puks,

diese Angst vor dem Arztbesuch und den evtl. Konsequenzen ist ganz normal, jeder Betroffene kennt sie. Oft ist die Erwartungsangst wirklich heftig, und aus dieser Erwartungsangst heraus traut man sich nicht, etwas zu unternehmen. Das löst aber die Probleme leider auch nicht.
Versuche es doch mal mit ganz kleinen Schritten. Suche dir vielleicht zuerst einen Hausarzt, dann könnte dieser dir evtl. schon Tipps geben, wohin du dich danach wenden könntest. Da du gerade umgezogen bist, könntest du die Nachbarn nach guten Ärzten fragen. Über die Angst vor der Klinik und vor den ADs kannst du ja mit dem Arzt dann sprechen. Du kannst auch hier gerne über deine Ängste reden, sofern du das möchtest.

Du sagst, es geht dir nicht gut, aber es gäbe eigentlich keinen Grund dafür. Wenn es einem nicht gut geht, gibt es bestimmt auch Gründe dafür, auch wenn sie manchmal sehr versteckt sein können und nicht deutlich zu sehen sind. Mit der Hilfe eines Arztes oder Therapeuten könntest du versuchen, sie herauszufinden. Wenn du sie wüßtest, könntest du auch selbst besser an der Situation arbeiten.

LG, Emily.
puks
Beiträge: 47
Registriert: 13. Dez 2003, 10:50

fällt mir schwer

Beitrag von puks »

Hallo Emily,

danke für die schnelle Antwort! Ist schon ein schönes Gefühl, wenn einem jemand "zuhört" und auch noch was passendes zu sagen findet!

Einen Hausarzt zu suchen ist wahrscheinlich schon sinnvoll, aber mir ist nicht wohl bei dem Gedanken. Ich mag nicht einfach zu einem wild fremden Menschen gehen und ihm mein halbes Leben erzählen. Zumal ich mir immer so unzulänglich vorkomme. Mein Mann ist der beste Mann der Welt, er liebt mich und er ist super sensibel und er findet mich sexy und schlau. Na ja und ich denke dann immer nur, wenn er erst mal rausgefunden hat, wie ich "wirklich" bin, verlässt er mich bestimmt. Ich bin immer so im Zwiespalt und da fällt es mir einfach schwer mich bei irgend einem Arzt "auszukotzen". Vielleicht schäme ich mich auch dafür, so zu sein, wie ich bin. Wie gesagt, ich habe so ziemlich alles, was sich jede andere Frau nur wünschen würde - nur keine Freude dran.

Nachbarn nach Ärzten zu fragen kann ich nicht, da würde ich mich wohl auch nur schämen. Außerdem schaffe ich es im Moment kaum vor die Tür, das würde mich ziemlich überfordern.

Was mir bei mir so schwer fällt ist, dass ich "klare Momente" habe. Da sage ich mir, also, Du bist depressiv, Du musst was tun. Du musst zum Arzt gehen, vielleicht 'ne Therapie machen. Und dann fange ich immer an mich selber zu bescheissen, weil ich mir im nächsten Satz erzähle, dass ich, wenn ich so klar darüber nachdenken kann, überhaupt nicht depressiv sein kann, sondern einfach nur eine länger andauernde schlechte Stimmung habe. Dann suche ich mir immer Ausreden dafür, dass ich nicht depressiv bin und schon sind alle guten Vorsätze etwas zu unternehmen erst mal abgeschwächt.

Das liegt wohl auch an der Stellung, die diese Krankheit hat - wer hat schon gerne "einen an der Klatsche". Gerade neulich habe ich einen Artikel darüber gelesen, dass die meisten Menschen in Deutschland es befürworten und für gut befinden, wenn sich jemanden seinen Problemen stellt und eine Therapie macht, dass das aber für sie selbst nicht in Frage kommen würde.

Mir fällt es so schwer was zu tun. Im Moment schaffe ich es gerade, die Kinder morgens in den Kindergarten zu bringen und sie wieder abzuholen. Ich nehme mir dann "kleine Dinge" vor - heute gehst Du gleich, nachdem die Kinder im Kindergarten sind einkaufen! Dann sind die Kinder im Kindergarten und ich verschiebe den Einkauf auf später und fahre nach Hause. Und irgendwann schreibe ich meinem Mann auf der Arbeit eine email und bitte ihn dieses und jenes zu besorgen und wieder ist ein Tag verstrichen.

Ich weiss, dass ich mich selber unheimlich unter Druck setze, ich weiss aber nicht, wie ich das überwinden kann.

Lieben Gruß,

Puks
Conny37
Beiträge: 244
Registriert: 24. Mai 2003, 21:34

Re: roter Faden fehlt

Beitrag von Conny37 »

Liebe Puks.

Als Antwort auf einige deiner Fragen sende ich dir ein altes posting zu, das ich vor einem halben Jahr geschrieben habe:

"...vielen Dank für Deine Zeilen. Am interessantesten fand ich deine Gedanken zur Prävention- so dass ich Dir gleich antworten will. In Anbetracht der immer jünger werdenden Patienten auf der Psychatrie wäre ein Fach in der Schule "Seelenpflege" ein genialer Gedanke. Eine Freundin von mir ist Oberstufenlehrerin, und im Laufe der letzten 2 Jahre sind aus ihrer Schule 7 Jugendliche vorübergehend in die geschlossene Psychatrie eingewiesen worden. Und spätestens nach der Entbindung meines zweiten Kindes wäre es an der Zeit gewesen, auf solche Gefahren hinzuweisen.
Ich persönlich hatte vorher noch NIE mit einem wirklich depressiven Menschen zu tun, die gesamte (und große) Familie meines Mannes kennt diese Problematik nicht. Und somit war es nicht gerade einfach für mich- allen klarzumachen- das dies eine Krankheit ist. Ständig kamen diese wohlbekannten Sprüche vom "Wollen" und "Sich zusammenreißen"."Du hast doch eigentlich gar kein Problem"
Vielleicht sind inzwischen alle etwas schlauer, aber richtig begriffen hat es nur eine Schwägerin von mir, die lange Jahre als Krankenschwester in der Psychatrie gearbeitet hat.
Da ist unser Wissen um Aids größer, obwohl die Chance- es zu bekommen- geringer ist, als eine Depression zu kriegen.
Um deinen Hinweis aufzunehmen- was mir geholfen hat....
Ich glaube, es war das zurücklehnen und einfach krank sein können in der Klinik. Ich habe immer geglaubt, ich bin unersetzbar und es geht nicht ohne mich. Und da hat dann die ganze große Familie (meines Mannes) zugepackt und durch Taten bewiesen, daß wir alle gemeinsam es schaffen. Da sollte ich mir schon wieder mehr Gedanken um meinen Mann machen, der seine Kraft für unerschöpflich hält. Auch das hat mir geholfen, der große, starke Mann an meiner Seite.

Nun aber mal was anderes- schliesslich bin ich in der Sparte Medikamente- nehmt ihr noch welche? Kann ich mich auf Dauermedikation einestellen? Ich persönlich lebe lieber mit dieser des öfteren im Netz angesprochenen Krücke als mit einer Depression..."


Mir ging es genau wie Dir. Antidepressiva und ein Klinikaufenthalt haben mir geholfen. Inzwischen bin ich auch "clean"

Einen lieben Gruss
Conny
kobi
Beiträge: 33
Registriert: 13. Dez 2003, 19:59

Re: roter Faden fehlt

Beitrag von kobi »

Hallo Puks,

bin ebenfalls neu hier und lese auch schon seit Wochen im Forum. Als ich deinen Beitrag gelesen habe dachte ich dies könnte ich auch genauso schreiben. Mir gehts genauso. Müsste mir auch dringend einen Arzt suchen. Hab genauso diese Angst.

Gruß kobi
puks
Beiträge: 47
Registriert: 13. Dez 2003, 10:50

so geht es mir manchmal

Beitrag von puks »

Hallo Conny,

viele Deiner Empfindungen hätte ich so auch sagen können! Ich fühle mich manchmal so schwach und so falsch in dieser Leistungsgesellschaft. Was mir auch ganz besonders so geht - ich habe das Gefühl, ich "darf" nicht depressiv sein! Mein Kinder brauchen mich. Das ist bei mir sozusagen noch ganz besonders so, weil mein Ehemann nicht der leibliche Vater der Kinder ist. Der leibliche Vater schickt mir ständig Anwälte auf den Hals, um die Kinder zu sich zu kriegen und wenn ich nun ins Krankenhaus ginge, hätte er wesentlich bessere Karten! Das wäre vermutlich ein "Schicksalschlag", den ich nicht ertragen könnte. Ich MUSS eben stark sein. Meine Familie spiegelt das auch wieder und lässt es mich auch nur zu deutlich wissen, dass sie stark sein für besonders wichtig hält. Gerade mein Vater: Mr. 200%ig himself: gerade neulich hat er zu mir gesagt, ich wäre maßlos. Er hat keine Ahnung, was er mir damit antut, aber er ist so übermächtig für mich, dass ich mich dem nicht erwehren kann.

Lieben Gruß,

puks
puks
Beiträge: 47
Registriert: 13. Dez 2003, 10:50

Komische Sache

Beitrag von puks »

Hallo Kobi,

wenn es um andere geht, hat man wieder einen klaren Kopf! Geh' zum Arzt, es wird Dir helfen. Es ist schon merkwürdig, dass ich Dir diesen - wirklich ernst gemeinten - Ratschlag geben kann, aber so wahnsinnige Probleme habe, ihn für mich zu befolgen.

Ich habe einen Freundin - meine beste, seit mehr als 25 Jahren - die ist manisch-depressiv. Sie ist voll die schlaue, hat Abitur und hat echt was drauf im Kopf. Außerdem sieht sie super sexy aus, ist gross, schlank, hat wunderschöne lange Haare. Die kriegt immer depressive Phasen und redet sich dann ein, dass sie es im Leben zu nix gebracht hat, weil sie von Sozialhilfe lebt. Der kann ich Ratschläge geben und ihr sagen, dass sie super viel aus ihrem Leben gemacht hat, weil sie ihre Krankheit angenommen hat und seit Jahren Stärke dadurch zeigt, dass sie immer zu ihrer Therapeutin geht und ihre Medikamente einnimmt. Zu ihr sage ich immer - Süsse, Du bist Dein Massstab, nicht ich oder sonst wer!

Mich kann ich leider nicht so motivieren.

Dir alle Gute und lieben Gruß,

puks
puks
Beiträge: 47
Registriert: 13. Dez 2003, 10:50

es geht weiter

Beitrag von puks »

Hallo Ihr Lieben,

jetzt bin ich erst seit ein paar Tagen hier und war schon so mutig, dass ich nächste Woche zum Arzt gehen wollte - alles dahin, ich schaffs nicht.

Gestern ging es mir "normal". Mein Mann hat mir alles abgenommen - er war mit dem grossen einkaufen und der kleine war mit seinem Eltern unterwegs. Ich war alleine zu Hause, ein bisschen weinerlich, aber ansonsten ganz ok. Heute kann ich schon wieder nicht mehr. Ich war seit Wochen nicht draussen und heute wollten wir mit Freunden von meinem Mann, deren Kindern und noch 2 Ehepaaren mit Kindern einen Weihnachtsbaum schlagen gehen. Ich hatte mich gestern noch drauf gefreut. Ist das doch eine Sache, wo man mit niemanden reden "muss", aber mal raus kommt. Und außerdem wäre es eine super Kinderbeschäftigung gewesen - meine kleine brülle ich in letzter Zeit immer öfter an, weil mir die Kraft fehlt. Heute Vormittag wollte ich schon nicht mehr los und hab' mich ins Bett verkrochen. Ich konnte vor lauter "Verzweiflung" gar nichts essen und dass wo mein Mann ein so richtig schönes Sonntagsfrühstück gezaubert hat - ich hab' so gar nichts machen müssen. Na ja, wir haben nicht weiter drüber geredet und dann habe ich mich dem Schicksal gefügt. Ich weiss, dass mein Mann es nur gut meint, damit ich mal raus komme, unter Leute - ich kann aber manchmal einfach nicht. Wir sind dann los und dann waren die Kinder von den anderen Ehepaaren keine Kinder sondern Teenager. Mein kleiner also der kleinste und ich nur Stress an den Hacken gehabt. Ich weiss vom Kopf her, dass ich mir den Stress nur selber gemacht habe, aber das Resultat war, dass ich mit niemandem geredet habe. Ich habe ein/zwei witzige Bemerkungen fallen gelassen, damit mir keiner was Anlasten kann und habe mich ansonsten abgesondert.

Da mein Mann mir das "eingebrockt" hat, bin ich jetzt voll auf Kontra. Er war letzte Woche - mit meinem Einverständnis - bei der Psychologin in seine Firma, um mir Adressen zu besorgen, damit ich Anlaufpunkte habe. Vorhin wollte er mir die geben und das ein oder andere besprechen und ich war gleich auf Krawall gewürstet. Ich fühle mich schon wieder so schlecht und undankbar und weiss genau, dass ich nächste Woche kaum einen Fuss vor die Tür kriegen werde.

Gruss,

puks
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