Wiedereingliederung mit Hürden

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nixsogut
Beiträge: 12
Registriert: 26. Jul 2015, 10:03

Wiedereingliederung mit Hürden

Beitrag von nixsogut »

Hallo zusammen,
Arbeite seit vielen Jahre als Projektleiter und habe dies auch gerne gemacht.
Die Arbeit wird von Jahr zu Jahr schwieriger. Ständiger Zeitdruck, Kostenverantwortung für unrealistische Projekte, ständige Telefonate und Mails. Eigentlich keine Zeit mehr für die eigentliche Arbeit.
Bin Ende 2011 das erste mal ausgefallen und war Anfang 2012 in Reha. Anschließend zurück ins Berufsleben. Da hat man mir schon von seiten der Vorgesetzten gesagt, ich wäre nicht mehr im Stande meine Arbeitssoll zu erreichen.
Ende 2012 war ich dann für ein Jahr arbeitsunfähig und wurde in dieser Zeit in eine Psychosomatische Klinik eingewiesen. Hier wurde das Thema Arbeit als Schwerpunkt betrachtet.
Ende 2013 dann Wiedereingliederung (ist gut gelaufen), dann viele kurze Wochen, wegen Abbau des alten Urlaubs und Mitte 2014 wieder arbeitsunfähig bis heute.
War seitdem nochmals in zwei Kliniken und habe mich von meiner Frau getrennt, da die Ehe mich viele Jahre mitbelastet hat.
Bin zurzeit alle zwei Wochen bei meinem Psychiater und neuerdings wöchentlich in der Einzeltherapie.

Meine aktuelle Diagnose:
Rezidivierende depressive Störung derzeit schwer ausgeprägt, Tinnitus, Insomnie, Psychosomatische Dysregulation

Zum aktuellen Thema:
Meine Therapeutin ist der Meinung, ein Start mit der Arbeit wäre gut für mich. Fühlte mich auch jetzt mal drei Wochen gut, nachdem nochmals die Medikamente angepasst wurden.
Also, ich einen Termin beim Arbeitgeber gemacht, wegen eventueller Wiedereingliederung.
Mein Vorgesetzter, der Personalreferent, der Betriebsarzt, die Sozialberaterin und die Betriebsratvorsitzende nahmen an diesem Gespräch teil.
Kurz und bündig, es wird von mir verlangt, voll leistungsfähig in die Wiedereingliederung zu gehen und meinen Job voll belastbar auszuüben. DAS GEHT ABER BEI NICHT!
Anschließend hatte ich eine Woche ein ziemliches Tief!!!!

Ich kann mir auch nicht vorstellen, meinen Beruf wie früher ausüben zu können.

Bin 52 Jahre alt.

Habe GdB 30 und habe jetzt beim Arbeitsamt einen Gleichstellungsantrag gestellt.

Habe den Integrationsfachdienst wegen Beratungstermin kontaktiert. Hier weiß ich aber noch nicht, ob es in meiner Situation sinnvoll ist.

Mit meinem Vorgesetzten habe ich noch einen Termin wegen der Arbeitspakete in der Wiedereingliederung. Würde ich am liebsten absagen.

Wer kann mir sagen, was der beste Weg für mich wäre?
Was habe ich für Rechte und muss ich voll Leistungsfähig in die Wiedereingliederung gehen?
arturo55
Beiträge: 25
Registriert: 17. Aug 2015, 18:27

Re: Wiedereingliederung mit Hürden

Beitrag von arturo55 »

Moin nixsogut,
kommt mir alles sehr bekannt vor. Habe einen ähnlichen Leidensweg hinter mir, bin jetzt 60 Lenze und leider in EU-Rente. Es ging nicht mehr anders. Siehe dich bitte mal hier http://www.diesonnenstrahlen2012.de" onclick="window.open(this.href);return false; in der Rubrik "Kompakt" um, damit du zunächst deine Absicherung klären kannst. Danch melde dich bitte wieder.

Müssen musst garnichts, das entscheidet dein Gesundheitszustand! Bei Widereingliederung gibt es auch das Hamburger Modell.

Herzliche Grüße
Arturo :hello:
nixsogut
Beiträge: 12
Registriert: 26. Jul 2015, 10:03

Re: Wiedereingliederung mit Hürden

Beitrag von nixsogut »

Hi Arturo,
danke für deine Info, werde mich dann mal schlau machen.
Habe heute auch noch einen Termin bei meinen Psychiater, mit ihm rede ich auch noch mal darüber.
Dann melde ich mich wieder

Beste grüße

nixsogut
Zarra
Beiträge: 5734
Registriert: 12. Mär 2010, 15:16

Re: Wiedereingliederung mit Hürden

Beitrag von Zarra »

Hallo,

Deine beruflichen Rahmenbedingungen kann ich schwer einschätzen. (Einerseits klingt das sehr "auf alles komm raus"-fordernd von seiten Deines Arbeitgebers, andererseits hast Du ja wohl noch keine krankheitsbedingte Kündigung, scheinst Du ja die Möglichkeit der Wiedereingliederung zu bekommen - der Arbeitgeber muß dem ja nicht zustimmen. ... oder ist das nur eine Scheinzustimmung??)

Aktuelle Fakten: Seit über einem Jahr krankgeschrieben. Erst seit ca. 3 Wochen fühlst Du etwas wie halbwegs Irgendwie-Stabilität. - Ambulante Psychotherapie erst seit kurzem?

"Voll leistungsfähig" - hm, man ist in der Zeit der Wiedereingliederung ja noch krankgeschrieben ...; irgenwie scheint mir, daß Deine Arbeitsstelle da ihre "Hausaufgaben" nicht ganz erledigt hat - ich kann mich aber auch täuschen. Als Wunsch ist das klar vorhanden, wäre ja auch schön, doch ... Die Wiedereingliederung soll ja ein stufenweises Herantasten ermöglichen. Allerdings sollte schon auch wieder etwas möglich sein. Man kann es ja aber auch als Probe sehen, ob und was wieder geht - und was mittelfristig nicht.

In Anbetracht der langen (!!!) Krankheitsphase können u.U. 3 Wochen ausreichend, aber u.U. auch völlig unzureichend sein. Was sagt denn Dein Eigen-Empfinden dazu? Das ist eine ernsthafte Frage (!!) Bei einem Knochenbruch oder auch einem Muskelfaserriß machen drei Wochen viel aus, bei der Psyche ...: kann; muß aber nicht.

Ein Termin beim IFD ist auf alle Fälle nicht verkehrt. - Von denen kann übrigens auch jemand mit zu Gesprächen beim Arbeitgeber mitkommen, wenn Du das möchtest. Je nach Situation und Arbeitsklima kann das recht sinnvoll sein. (Bei mir bot sich das damals nicht an, da alles "harmonisch" war und das eher kontraproduktiv gewesen wäre.)

Dann: Hast Du Dir mal Gedanken über Arbeitszeitreduzierung gemacht? (80 %, 75 %?) Würde Dir das helfen? - Es gibt übrigens auch die teilweise EM-Rente, wenn man nicht mehr voll erwerbsfähig ist, aber noch zwischen 3 und 6 Stunden arbeiten kann.

Der IFD hatte mir damals noch von möglichen Zuschüssen für den Arbeitgeber wegen "krankheitsbedingter Minderleistung" (o.ä.) erzählt, damit der Arbeitsplatz erhalten bleibt. Mal abgesehen davon, daß ich das damals als sehr kränkend empfunden hätte, stand das glücklichweise nicht an (ich habe allerdings keine Ahnung, wie meine Arbeitsstelle das gesehen hätte).

Erster Rat, auch wenn es mit Ratschlägen eine fatale Sache ist:
Falls sich die Frage stellt, würde ich Dir eher zu etwas Aufschieben, zu zumindest einem leicht späteren Termin raten. Nichts überstürzen.

LG, Zarra
nixsogut
Beiträge: 12
Registriert: 26. Jul 2015, 10:03

Re: Wiedereingliederung mit Hürden

Beitrag von nixsogut »

Hallo Zarra,
ich hatte 2013 schon mal eine Wiedereingliederung, war von den Aufgaben gut zu bewältigen. Dauer zweieinhalb Monate. Bin aber nach einem halben Jahr wieder ausgefallen.
Der Arbeitgeber hat einmal Angst, dass es wieder so ausgeht. Habe ihm auch gesagt, dass er eigentlich nichts gegen die Wiedereingliederung haben kann, da ich ja in der Zeit ja noch krank geschrieben bin und er nichts bezahlen muss.
Ich denke, mit drei Monaten Wiedereingliederung muss ich schon rechnen.
Mein Arbeitgeber ist nur fixiert auf mein Stellenprofil und dass er mich wegen der sehr anspruchsvollen Arbeit mit viel Stress krankheitsbedingt loswerden möchte. Alternativen gibt es keine.
Ich werde wohl das ganze nochmal verschieben und mit Psychiater, Therapeutin und IFD abklären.
Ob ich voll Leistungsfähig sein werde, kann ich ja nur in der Wiedereingliederung feststellen.
Also, Moto: Abwarten und Tee trinken, oder so.....

An eine Arbeitszeitreduzierung habe ich auch schon nachgedacht, würde ich aber vom Verlauf der Wiedereingliederung abhängig machen.

Mit der Bezuschussung wegen Minderleistung hat mir meine Therapeutin auch erzählt.

Termin beim IFD ist in einer Woche. Dann weiß ich mehr.

LG nixsogut :hello:
Zarra
Beiträge: 5734
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Re: Wiedereingliederung mit Hürden

Beitrag von Zarra »

Hallo,

ich würde auf alle Fälle auf den IFD hoffen, ggf. dort auch "drängen".

Die Angst Deines Arbeitgebers finde ich sehr verständlich und nachvollziehbar. Es dürfte allerdings auch Deine eigene sein. Und ich glaube, da hilft es zumindest ein wenig, wenn beide Seiten (!) sich klar machen, daß das nicht eine Willenssache von welcher Seite auch immer ist. Es kann einfach so oder anders ausgehen. Depression ist eine Krankheit.

Ich wünsche Dir ein gutes Herantasten.

LG, Zarra
nixsogut
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Re: Wiedereingliederung mit Hürden

Beitrag von nixsogut »

Aktuell sieht es nun wie folgt aus:

Ich warte jetzt auf die Gleichstellung von der Arbeitsagentur.
Wenn ich diese bekomme, kann der IFD mich unterstützen.

Habe am 2.November mit der Wiedereingliederung begonnen, werde aber vom Arbeitgeber nicht geschont, muss in meiner Tätigkeit wieder einsteigen, soll aber mit kleinen Projekten beginnen.
Die Wiedereingliederung ist bis Anfang Februar 2016 laufen.
Also werde ich jetzt mit Optimismus an die Arbeit gehen und schauen, wie es von der Belastung her machbar ist.

Im Dezember werde ich mich mit der internen Sozialberatung zusammen setzen, und die nächsten Schritte besprechen, eventuell auch Gespräch mit Schwerbehindertenbeauftragten.

Werde demnächst wieder mitteilen, wie alles läuft.
nixsogut
Beiträge: 12
Registriert: 26. Jul 2015, 10:03

Re: Wiedereingliederung mit Hürden

Beitrag von nixsogut »

Habe bis kurz vor Weihnachten mit 5x4 Stunden gerade so durch gehalten. Es war noch schwieriger als ich gedacht habe. Hatte glücklicherweise auch noch einen Psychiatertermin. Hätte ich nicht zwischen den Jahren frei gehabt, hätte ich die WE abgebrochen. Muss trotz WE doch ziemlich Gas geben, diverse Terminarbeiten.

Heute wieder angefangen und ich hatte einen ziemlich guten Tag mit viel Energie. Wäre schön, wenn es so bliebe. Leider kann es morgen auch schon anders aussehen.

Wie soll man in der Depression wieder über 100% Leistung bringen, ist doch paradox. Ich glaube kaum, dass ich dem Arbeitsdruck auf Dauer durchstehen kann.

???? Ich kann mich nicht damit anfreunden, eventuell die Rente zu beantragen.
Zarra
Beiträge: 5734
Registriert: 12. Mär 2010, 15:16

Re: Wiedereingliederung mit Hürden

Beitrag von Zarra »

Ich drücke Dir jetzt erst mal die Daumen.

Für mich war damals ja die teilweise (halbe) EM-Rente die Lösung. Doch das kann natürlich in Deinem Bereich und für Dich anders aussehen. (Und auch das war/ist nicht unproblematisch. Trotzdem bin ich wahnsinnig froh darüber; mehr ginge einfach nicht.)

LG, Zarra
nixsogut
Beiträge: 12
Registriert: 26. Jul 2015, 10:03

Re: Wiedereingliederung mit Hürden

Beitrag von nixsogut »

Hallo Zarra,
danke fürs Daumen drücken.
Bis bald.
LG
nixsogut
Beiträge: 12
Registriert: 26. Jul 2015, 10:03

Re: Wiedereingliederung mit Hürden

Beitrag von nixsogut »

Ich möchte mich nochmal zu meinem Thema Wiedereingliederung melden.
Anfang Februar 2016 war die Wiedereingliederung beendet mit folgendem Fazit.
Ich habe immer noch stark unter der Depression zu leiden. Arbeite aber momentan wieder in meinem Job als Projektleiter.
Ohne Unterstützung vom Vorgesetzten und sonstigen Beteiligten aus der BEM-Runde hätte ich es nicht geschafft.
Mein Vorgesetzter achtet heute noch darauf, dass ich mir nicht zuviel zumute, mach ich aber trotzdem, was nicht gut ist.
Wenn man Tief in der Krankheit steckt, ist es ohne Unterstützung gar nicht zu schaffen, vernünftig ins Berufsleben zurück zu kommen. Ich stecke mir oft die Ziele zu hoch, andere sagen dann hör auf damit, du brichst wieder zusammen.
Ich weiß, ich mache meine Arbeit gut, und mein Vorgesetzter bestätigt mir das auch. Er muss mich aber immer bremsen. Ich will auch die Arbeit machen und schaue mal, wie lange ich das ganze auf Dauer durchhalte.
Alle, die in der selben Situation stecken viel Erfolg.
LG
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