Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

W_Blake
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Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von W_Blake »

Hallo Moni,

ich bin auch noch ganz frisch hier im Forum, leide aber schon länger und nicht das erste Mal an Depressionen. Ich weiß auch gar nicht, ob „Traurigkeit“ trifft, was ich empfinde, aber es kommt der Empfindung vielleicht sehr nahe. Ich bin nicht traurig über irgendetwas, aber empfinde doch so etwas wie eine abstrakte, ungerichtete Traurigkeit, ich könnte vielleicht auch „Freudlosigkeit“ sagen, aber das klingt in meinen Ohren nicht negativ genug, um meine Empfindung auszudrücken – es ist eben nicht nur Abwesenheit von Freude, sondern eher das Gegenteil von Freude.

Danke für den Buch-Tipp, werde ich mir mal anschauen – meine Konzentration ist leider auch nicht die beste …

Viele Grüße
Blake
W_Blake
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Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von W_Blake »

Heute ist wieder so ein Tag, an dem ich mich fühle, als fließe schweres, zähflüssiges schwarzes Blei in meinen Adern und als hätte man mir einen Bleimantel angelegt – eine quälende Schwere, die mich nach unten drückt, mich schwer atmen lässt und mich unbeweglich macht.
Bittchen65
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Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von Bittchen65 »

Hallo lieber Blake,

tut mir leid, das es dir Heute wieder so schlecht geht.
Lebst du alleine ?
Dann kann das Wochenende sehr belastend sein.
Gelingt dir keine Ablenkung?
Bei mir wird es gegen Abend immer besser.
Heute habe ich für meine Verhältnisse einen guten Tag,obwohl ich ziemlich wenig gemacht habe.
Aber das, ohne schlechtes Gewissen.
Auch dieser Tag geht für dich vorbei.
Manchmal muss man über seinen eigenen Schatten springen
und sich trotz aller Widrigkeiten helfen lassen,Arbeitgeber hin oder her.
Diese Entscheidung kannst nur du treffen.
Solange du deine Struktur behälst und in ärztlicher Behandlung bist,kann es ja wieder besser werden.
Ich wünsche dir baldige Erleichterung von deinem Bleimantels,den kenne ich zu gut. Da wiegt die Zahnbürste 10kg.
Liebe Grüße Bittchen
W_Blake
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Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von W_Blake »

Hallo Bittchen,

danke für deine lieben Worte! Ich lebe in einer festen Beziehung, aber das macht die Sache – das mag jetzt absurd klingen – nicht unbedingt immer einfacher. Meine Lebensgefährtin ist sehr verständnisvoll, aber es kommt dennoch immer wieder zu schweren, kräfteraubenden Auseinandersetzungen …

Ich habe mich gestern und heute dazu aufraffen können, ein bisschen Sport zu treiben – das hat wirklich sehr gut getan und währenddessen ging es mir sogar gut. Aber die Halbwertszeit des positiven Effekts ist sehr kurz, soll heißen, die negative Stimmung kommt nach der sportlichen Tätigkeit wieder zurück (manchmal sogar noch heftiger). Ansonsten fällt mir Ablenkung eher schwer. Am ehesten hilft noch Freunde treffen, aber die Menschen, die ich in solchen Situationen überhaupt gut um mich ertragen kann, haben ja auch nicht immer Zeit.

Herzliche Grüße
Blake
Bittchen65
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Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von Bittchen65 »

Lieber Blake,

da gebe ich dir recht ,eine Beziehung zu leben in der Krise, ist nicht immer leicht.
Ich bin schon 40 Jahre verheiratet,mit allen Höhen und Tiefen.
Wenn es mir schlecht geht ,wünsch ich mir manchmal alleine zu leben.
Diese Gedanken kommen mir nur in der dunklen Zeit.Ist das vorbei ,bin ich froh,nicht alleine zu sein. Denn ich kann zu meinem Mann ganz schön verletzend sein,wenn es mir schlecht geht. Er teilt dann auch gut aus und so gibt ein Wort das Andere.Mein Mann kennt ja meine Krisen schon sehr lange,es ist auch für ihn nicht einfach.
Sport war noch nie mein Ding, auch wenn es immer wieder als Allheilmittel genannt wird.
Er macht mir keinen Spaß,wenn es mir besser geht,mach ich Gartenarbeit, oder geh in ein Hallenbad mit Sauna.Nur zu etwas zwingen, damit man beschäftigt ist,liegt mir auch nicht.Trotzdem versuche ich immer wieder in die Gänge zu kommen. Wenn du deiner Arbeit noch nach gehst und Du dich dabei nicht überforderst ,ist das doch schon sehr viel.
Ein Anruf bei einer guten Freundin tut mir auch gut,da habe ich auch nur zwei,alle Anderen sind für mich nur Bekannte und da öffne ich mich selten,obwohl sie nach so langer Zeit Bescheid wissen.Wenn es mir sehr schlecht,tue ich mir da ein Treffen nicht an.
Du siehst, viele Gefühle und Probleme entstehen durch die Krankheit oder lassen sich nicht lösen ,wenn man noch in der schlechten Phase ist.Für mich ist immer die Hoffnung wichtig, dass es wieder besser wird .Es war ganz wichtig für mich ,immer wieder über die Symptome zu lesen und mich schlau zu machen. Das wichtigste Grundwissen habe ich durch das Buch der Stiftung Warentest "Depressionen überwinden"erlangt. Das konnte ich auch mit sehr wenig Konzentration lesen.Es ist ein Sachbuch und trotzdem leicht verständlich geschrieben.

Einen Guten Sonntag,und lieben Gruß Bittchen
W_Blake
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Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von W_Blake »

Bittchen65 hat geschrieben:Wenn es mir schlecht geht ,wünsch ich mir manchmal alleine zu leben.
Ja, das kenne ich zu gut! Mir wird ’s dann manchmal einfach zu viel, ich möchte mich nur noch zurückziehen, öffne mich nicht mehr … Und die ständigen Reibereien kosten so verdammt viel Kraft.
Bittchen65 hat geschrieben:Denn ich kann zu meinem Mann ganz schön verletzend sein,wenn es mir schlecht geht. Er teilt dann auch gut aus und so gibt ein Wort das Andere.
Ja, es ist quasi eine von Vorwürfen und Verletzungen angetriebene Spirale bergab … Mich irritiert das total, weil ich irgendwann einfach nicht mehr weiß, ob die Beziehung (unabhängig von der Krankheit) an sich nicht mehr in Ordnung ist oder ob die Beziehung mehr oder weniger wegen der Krankheit nicht in Ordnung ist. Ich weiß dann selbst irgendwann einfach nicht mehr, was ich fühle, welche Bedürfnisse ich habe usw. Das alles trägt natürlich wieder zu der Abwärtsspirale bei … Ich empfinde dann manchmal einen ganz starken Impuls, die Beziehung hinzuwerfen, weiß aber nicht, ob ich es nicht bereuen werde, wenn es mir besser geht …

Geht es außer mir noch jemandem so, dass er oder sie eigentlich nicht mehr weiß, was er bzw. sie will? Wie geht ihr damit um? Es ist manchmal einfach zum Verzweifeln!
Pummelchen
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Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von Pummelchen »

Hallo lieber Blake
kann dich gut verstehen. Bin jetzt 27 Jahre verheiratet, aber an die manchmal ruppige Art, die nicht böse gemeint ist von meinem Ehemann ,werde ich mich nie gewöhnen. Er ist sonst herzensgut, aber in der Depression bin ich überempfindlich u. denke mein Mann müßte jetzt besonders lieb zu mir sein. Ich habe dann auch so Gedanken vielleicht würde mich ein anderer Mann viel besser verstehen, aber der hat wahrscheinlich wieder andere Macken. Mein Mann ist halt sehr direkt u. ich denke ich gehe ihm auch manchmal auf den Geist "dass Sensibelchen"! Ohne Depression kann ich ihm ganz anders entgegentreten, z.Z. sage ich bei manchen Entscheidungen ja obwohl ich nein sagen möchte, habe keine Kraft mich durchzusetzen ist sonst ganz anders. Aber ich denke in der Depression ist alles anders, man ist verunsichert.
Alles Gute für dich!! Viele liebe Grüße Pummelchen
W_Blake
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Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von W_Blake »

Hallo Pummelchen,

danke für deine Rückmeldung.
Pummelchen hat geschrieben: Ich habe dann auch so Gedanken vielleicht würde mich ein anderer Mann viel besser verstehen, aber der hat wahrscheinlich wieder andere Macken.
Hm, so ist es bei mir eigentlich nicht. Meine Lebensgefährtin ist schon sehr verständnisvoll, und ich glaube nicht, dass eine andere Beziehung eine verständnisvollere Beziehung wäre (vielleicht aber eine liebevollere). Es ist eher so, dass ich völlig verunsichert bin und nicht weiß, was ich glauben soll: Ist die Liebe zwischen uns noch stark genug, wenn auch von den Depressionen überschattet? Oder ist da einfach nicht mehr genügend Liebe, selbst dann, wenn die depressive Phase vorbei ist? Manchmal habe ich das Gefühl, dass meine Partnerin mich eigentlich nicht mehr (genug) liebt, aber in meiner Situation auch nicht mit mir Schluss machen möchte, mich aber provoziert und verletzt, damit ich dann vielleicht irgendwann die Beziehung selbst beende … Ich weiß es einfach nicht! Dann wieder die Zweifel an der eigenen Liebe: Liebe ich sie noch (genug)? Ich weiß es nicht, ich weiß es einfach nicht! Wie aber soll ich herausfinden, was wirklich ist? Ich denke oft genug, dass es so nicht weitergehen kann … dass wir die Beziehung beenden sollten … aber wenn die Beziehung doch nur wegen der Depressionen so läuft, wie sie läuft, wäre das vielleicht wiederum auch ein Fehler. Ich weiß es einfach nicht!
Bittchen65
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Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von Bittchen65 »

Lieber Blake,

da ich schon sehr lange erkrankt bin,habe ich schon einige Krisen mit oder auch durch meinen Mann durchgestanden.
Es ist ja nicht immer so, das eine Beziehung nur nicht mehr so gut läuft,weil ein Partner an Depressionen erkrankt ist.
Es kommt ja auch darauf an ,welche Symptome gerade im Vordergrund stehen.
Auch wenn beide Partner gesund sind,kommt es ja oft zu Trennungen.Mein Therapeut hat immer betont,dass ich in einer Krise, nicht so weitreichende Entscheidungen treffen soll.
Erst wenn sich meine Gefühlswelt wieder "normalisiert" hat,sollten mein Mann und ich darüber entscheiden.
Bis jetzt leben wir noch zusammen und ich bin froh darüber, denn wenn ich wieder klar denken kann,liebe ich ihn und möchte ihn ,trotz einiger Dinge die mich stören,nicht missen, auch fühle ich mich geliebt. Probleme gibt es immer mal,aber das in jeder Beziehung so.

Liebe Grüße Bittchen
W_Blake
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Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von W_Blake »

Liebe Bittchen,

danke für deinen Erfahrungsbericht, der etwas hoffen lässt. Vermutlich hast du bzw. dein Therapeut recht: weitreichende Entscheidungen sollte man nur treffen, wenn man wieder klar sieht. Das höre ich immer wieder. Am besten wäre also, sich zu gedulden und abzuwarten, bis es einem besser geht und man wieder klar sieht (fraglich wäre noch, wann man weiß, ob man wieder klar sieht) … Ist nur eben nicht immer leicht, wenn gerade die Beziehung selbst in der Beziehung Thema ist und man immer weniger weiß, was die eigenen Bedürfnisse/Wünsche sind, wie man empfindet usw. und sich unsicher ist, wie der andere empfindet, wenn die ewigen Streitereien dazu führen, dass man sich immer weiter von sich selbst und voneinander entfremdet … Das macht mich traurig und bringt mich zur Verzweiflung!

Herzliche Grüße
Blake
Cara Mia
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Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von Cara Mia »

fraglich wäre noch, wann man weiß, ob man wieder klar sieht
Lieber Blake,

diese Frage stelle ich mir typischerweise auch immer, wenn es mir nicht gut geht. Aber, dass ich wieder klarer sehe, das weiß ich so sicher wie dass das Meer salzig ist, wenn es mir wieder besser geht. Wenn ich wieder rauskomme aus der depressiven Phase, war das bislang jedes mal ein sehr angenehmes "aaahhh, mir geht es besser, sooo fühlt sich das an, wie konnte ich das nur vergessen?" Gefühl :-)

Und: Es passiert. Ganz sicher.

Herzliche Grüße,
Cara
W_Blake
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Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von W_Blake »

Liebe Cara,

danke! Ja, ich habe tatsächlich vergessen, wie es sich anfühlt, nicht depressiv zu sein. Klar, es gibt schlechte und weniger schlechte Tage und hin und wieder auch wirklich gute Momente, aber die Grundstimmung ist eben doch immer irgendwie tiefgestimmt … Du hast aber wahrscheinlich recht, dass man diesen Moment, in dem es einem besser geht, nicht verpasst – nicht verpassen kann. Auch das lässt hoffen.

Herzliche Grüße
Blake
W_Blake
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Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von W_Blake »

Ich habe das Gefühl, dass ich jeden Schritt, den ich nach vorne gehe, mit drei Rück-Schritten bezahlen muss … Nachdem es mir an einem Tag etwas besser ging, geht es mir jetzt seit mehreren Tagen umso schlechter. Gestern und heute fühle ich mich, als stünde mein Rücken in Flammen – oder vielleicht fühlt es sich doch eher so an, als würde es in meinem Rücken brennen. Mein ganzer Oberkörper zieht sich zusammen, schnürt mir die Luft ab; jeder Atemzug fällt mir schwer und fühlt sich heiß an. Diese alles lähmende, quälende Spannung! – Als würde mein Oberkörper in jedem Moment zerspringen.
Bittchen65
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Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von Bittchen65 »

Lieber Blake,

Diese Beschwerden hatte ich auch schon.Wir sind dann zum Notarzt gefahren,weil ich dachte es wäre was körperliches. Mit der Ärztin hatte ich Glück,sie hat gleich die Depression diagnostiziert
und mir geraten in Behandlung zu gehen.Ich hatte da schon einen Psychiater in einer Akutklinik
(Pia),der riet mir in die Klinik zu gehen. Das habe ich gemacht und es war gut so. Es war das erste mal ,das ich in der Psychiatrie war.Mehr kann ich dir dazu auch nicht sagen,aber
von alleine geht es nicht weg.
Rufe deinen Arzt an,ich hatte sehr große Angst dabei und in der Klinik fühlte ich mich sicher.
Alles Gute für dich!!!
Liebe Grüße Bittchen
W_Blake
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Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von W_Blake »

Liebe Bittchen,

danke für deine Einschätzung und viel mehr noch für deine Anteilnahme und Sorge. Vielleicht wäre ein Klinikaufenthalt der richtige Weg, aber ich kann diesen Weg einfach nicht gehen – alles in mir sträubt sich gegen einen Klinikaufenthalt. Es muss für mich einen anderen Weg geben, jedenfalls hoffe ich das.

Mir hat es vorerst geholfen, Fahrrad zu fahren. Am ersten Tag musste ich mich regelrecht zwingen, aufs Fahrrad zu steigen und die ganze Fahrt war eine einzige Quälerei – zum Teil hatte ich den Impuls, einfach irgendwo stehen zu bleiben, und hätte mich am liebsten keinen Zentimeter weiterbewegt. Aber irgendwie habe ich es geschafft weiterzufahren. Das hat mich dann zunächst noch verzweifelter gemacht, weil ich es gewohnt bin, dass Sport mir wenigstens kurzfristig gut tut. Am zweiten Tag habe ich mich wieder gezwungen, den Wiederstand gegen körperliche Aktivität zu überwinden, der aufgrund des Misserfolgserlebnisses vom Vortag noch größer war. Und siehe da, es hat schon wieder etwas besser getan, wenn sich auch immer noch nicht der gewohnte Effekt eingestellt hat. Heute bin ich wieder gefahren und mein Befinden hat sich zumindest zu einem erträglicheren Zustand stabilisiert; immerhin sind die krassen körperlichen Symptome weitestgehend weg.

Liebe Grüße
Blake
W_Blake
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Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von W_Blake »

Was soll ich sagen? Jeder gewonnene Kampf gegen die Krankheit scheint am Ende doch nicht mehr als eine nichtige Etappe in einer Schlacht zu sein, die ich sicher verlieren werde, die ich nicht gewinnen kann. Ich fürchte, dass diese Krankheit ein Teil von mir ist und bleibt und nicht überwunden werden kann – sie ist und bleibt immer da, vielleicht nicht immer so mächtig, aber mindestens eine Drohung wird immer von ihr ausgehen. Jedes Aufbäumen gegen sie bleibt am Ende vergeblich.

Ich bin gestern einer Einladung zu einer Feier gefolgt, obwohl ich hätte wissen können, dass es keine gute Idee ist, schon gar nicht in der Verfassung, in der ich mich befinde. Aber ich hatte auf Ablenkung gehofft und diese Hoffnung hat mich verleitet, meine „Wohlfühl“-Zone (in der ich mich auch nicht wohl fühle) zu verlassen. Ich kannte nicht viele von den Partygästen, die sich zudem auch wenig integrativ gezeigt haben, und fühlte mich völlig unfähig, Kontakt zu fremden Menschen aufzunehmen – eine Unfähigkeit, unter der ich schon immer litt, an der ich verzweifeln könnte. Ich fühle mich in solchen Situationen wie ein fremdes Wesen unter Menschen, das nicht der Sprache der Menschen fähig ist. Kurzum, einmal mehr habe ich die Erfahrung gemacht, dass es keinen Ort für mich gibt, nirgends. Ich bin schon immer der Fremde gewesen, der merkwürdige Typ, der – wenn er überhaupt dabei war – am Rand stand oder saß, der nicht viel geredet hat … Selbst hier im Forum fühle ich mich letztlich fremd unter Gleichen – der Typ, der einen distanzierten, analytischen Blick auf die Dinge hat, der nicht fähig ist, Verständnis zu zeigen (wohl gemerkt: zu zeigen, nicht: zu haben!) …

Wenn ich mich frage, ob es nur ein einziges Erlebnis in meinem Leben gab, das es wert ist, dieses Leben zu leben – ich weiß es nicht! Die Erlebnisse, derer ich mich erinnere, haben keinen bleibenden, allenfalls einen flüchtigen Wert. Das Leben scheint nicht viel mehr zu sein, als ein mehr oder weniger erfolgreicher Versuch, sich von dem Verfallens- und Sterbensprozess, in dem wir uns letztlich befinden, abzulenken. Letztlich waren und sind wir einsam und jede unserer Regungen verhallt in der Belang- und Sinnlosigkeit. –

Bitte entschuldigt diesen, meinen zweiten stream of consshitness! Ich wollte diese Gedanken, die sich mir relativ gefasst aufdrängen, einfach loswerden. Falls jemand gelesen hat: Danke!
Bittchen65
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Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von Bittchen65 »

Lieber Blake,
ich habe dich gelesen ,warum auch nicht ?
Du hörst dich sehr verzweifelt an.
Leider kann ich dir keinen anderen Rat geben, wie schon vorher.
Suche dir professionelle Hilfe,
du selbst stigmatisierst die Krankheit.
Wie ich das Risiko eingegangen bin ,offen zu meiner Krankheit zu stehen ,wurde vieles besser.
Irgendwann kannst du nicht mehr und du wirst handeln müssen.
Darum wünsche ich dir sehr ,dass du das Richtige tust,sprich mit einem Freund über deine negative Sicht der Dinge (das kommt einzig und alleine durch deine Erkrankung).
Viel Kraft für dich,dir mit den medizinischen Möglichkeiten helfen zu lassen.

Liebe Grüße Bittchen
hazmagetmaton
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Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von hazmagetmaton »

W_Blake hat geschrieben:die ich sicher verlieren werde
Hallo, nichts ist sicher, schon wieder vergessen? :P

Ich würde mich Bittchen in Hinsicht auf professionelle Hilfe anschließen. Wie lief denn die Suche nach einem Therapieplatz? Und was hält dich davon ab, in einer Klinik Hilfe zu suchen?
Verzweiflung lese ich auch heraus, weiß aber nicht, ob ich dem Begriff der Stigmatisierung zustimmen würde.
Ich kann diese Perspektive auf die Dinge einigermaßen nachvollziehen. Ich bin die letzte Zeit emotional stabiler gewesen und konnte dadurch wieder konzentrierter nachdenken, was mich wieder schnell auf eine Meta-Ebene gebracht hat, wo Werte momentan und flüchtig sind und das Leben kein begründbar besserer Zustand als Tod ist. Und was ich da so denke kommt mir insgesamt sehr rational vor, auch wenn mir klar ist, dass es nicht gerade gesundheitsförderlich ist. Und vor allem habe ich solche Gedanken auch in nicht depressiven Phasen nicht revidiert, sie sind für mich ein wahrer (?) Teil meiner Realität. Ich glaube also nicht, dass diese Perspektive unbedingt krankheitsabhängig ist, aber dass sie einen so fertig macht wahrscheinlich schon. Aus meiner Erfahrung ist es auch mit einer solchen Sicht der Dinge möglich, sich wohlzufühlen. Zumindest potentiell, hö.

Ich lese deine streams of consshitness glaube ich ganz gerne, da ich mich teilweise selbst darin erkenne.

hazmagetmaton
Bittchen65
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Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von Bittchen65 »

Hallo hazmagetmaton,

Stigmatisierung in dem Zusammenhang mit einem früheren Schreiben von Blake.
Er will sich seinem Arbeitgeber usw nicht öffnen.Bei einem Klinikaufenthalt ,wäre das nicht zu vermeiden.
Da ich nicht mehr berufstätig bin ,erlaube ich mir jetzt mal eine viel mildere Aussage.
Keiner weiß wie Arbeitgeber reagieren,den Beruf kenne ich auch nicht.
Also halte ich mich da mal zurück,das kam mir ,wie ich deine Antwort gelesen habe.
Zu verlieren gibt es unter Umständen viel, aber professionelle Hilfe wäre angebracht,denn
bei der schweren Krankheit geht es oft um sehr viel mehr,wie nur um die Arbeit. Das sollte sehr genau bedacht werden.

Liebe Grüße Bittchen
szegfue75
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Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von szegfue75 »

Hallo Blake,
ich habe mich heute krank gemeldet und etwas im Forum gestöbert. Unter anderem habe ich jetzt auch deinen Thread gelesen und möchte auch etwas dazu beitragen.
Du hast übrigens einen schönen Schreibstil und ich habe den Eindruck, dass du einen wachen Verstand hast. Wie geht es dir aktuell? Zuletzt hast du geschrieben, dass du ein brennendes Gefühl auf dem Rücken hattest. Hast du das mal ärztlich abklären lassen? Es könnte ja sein, dass das so eine Art Panikattacke war.
Ich kann so vieles was du schreibst nachvollziehen. Unter anderem das was du zu deiner Beziehung schreibst. Da ist mir spontan "im Zweifelsfall für den Angeklagten" eingefallen. Aber sowas in der Art haben auch schon die anderen geschrieben. Also nicht handeln bevor du dir nicht sicher bist, was du eigentlich fühlst und willst.
Aber ich kann auch die Episode nachempfinden, die du über die Feier geschrieben hast, zu der du eigentlich nicht gehen wolltest. Du schreibst, dass du dich oft als Fremder fühlst und es dir manchmal schwer fällt mit den Menschen zu kommunizieren. Und dass das ein schreckliches Gefühl ist, auch das kenne ich nur zu gut. Vor ein paar Tagen erst habe ich das gedacht. Ich fühle mich als wäre ich auf einem Planeten gelandet und würde immer noch nicht zurecht kommen. Bei mir ist es allerdings so, dass ich gerade ziemlich einsam bin.
Ich hab mich im Mai von meinem Freund getrennt. Wir waren nicht lange zusammen. Aber wir waren schon dabei die Zukunft zu planen (bin ja auch schon etwas älter). Nach den ersten 3 Monaten in der Beziehung (es war im Januar) habe ich wohl zu meiner Mutter gesagt, dass mich dieses und jenes an ihm stört. Es waren oberflächliche Sachen. Sie meinte, dass das kein gutes Zeichen wäre, wenn einem schon am Anfang solche Oberflächlichkeiten stören. Ich sollte doch mal darüber nachdenken, ob ich wirklich solche tiefen Gefühle für ihn habe, wie ich denke.
Darüber musste ich dann immer wieder nachdenken und habe mich schlecht gefühlt. Zum Einen kann man doch nicht mit jemanden, mit dem man gerade anfängt sich etwas aufzubauen, belügen oder etwas vormachen was nicht da ist oder worüber man sich nicht sicher ist. Zum Anderen habe ich mich schlecht gefühlt, dass ich mit ihm Zeit verbringe und ihn so daran hindere jemanden zu treffen, der ihn genau so liebt wie er es verdient. Es war schrecklich. Irgendwann habe ich ihn eingeweiht. Er hat es gelassen angenommen. Überhaupt hatte ich den Eindruck, dass er den Ernst der Lage nicht erkennt. Das ganze ging noch ein paar Wochen. Mir ging es ja zu der Zeit gesundheitlich auch nicht so gut. Vielleicht war ich gerade am Ende einer manischen Phase und mein Körper hat nicht mehr mitgespielt. Auf jeden Fall haben wir uns Anfang Mai in einem Café getroffen und ich habe die Beziehung beendet. Ich habe es bis heute nicht bereut. Aber seitdem bin ich ziemlich einsam.
Ab und zu schaffe ich es zum Sport bzw. Fitness. Dort habe ich mich mit einer Trainerin angefreundet. Aber der Kontakt ist oberflächlich.
Viele raten dir hier eine stationäre Therapie zu machen. Die Idee dabei ist ja auch, dass du dann in dieser Zeit einfach mal für ein paar Wochen raus aus deinem Alltag kommst und dich gezielt auf deine zentralen Fragestellungen wie Krankheit, Beziehung, soziale Kontakte und Arbeit auseinander setzen kannst. Es würde dich eher bereichern. Und deinem Arbeitgeber müsstest du ja auch nicht vollständig einweihen. Arbeitgeber sind dazu verpflichtet ihre Arbeitnehmer eine Rehamaßnahme zu gewähren. Danach würdest du ja gestärkt wieder in das Arbeitsleben zurück kehren. Außerdem ist man für die Arbeit oft nur sowas wie ein Salatblatt, das man bei Bedarf einfach entsorgen kann. Wieso soll man denn dann so lange weiter machen, bis man auf dem Zahnfleisch geht? Also ich meine, jeder ist ersetzbar.
Aber letztendlich kannst du das nur selbst beurteilen. Manchmal tut es ja auch einfach gut, wenn man die Arbeit hat und sich mal mit etwas anderem beschäftigen kann als mit sich selbst. Du solltest auf jeden Fall etwas therapeutisches machen.
LG,
Szegfue

P.S. Es gibt ja auch Selbsthilfegruppe wie Emontional Anonymous. Die arbeiten nach dem 12 Schritte Konzept der AAs. Ich war dort selbst ein paar Mal. Könnte auch eine Möglichkeit sein die Zeit zu überbrücken bis du einen Therapieplatz gefunden hast.
http://allone.com/12/ea/?SelectState=y" onclick="window.open(this.href);return false;" onclick="window.open(this.href);return false;
"Glücklichsein ist eine Angelegenheit rein persönlicher Anpassung an ihre Umgebung."
Zitat aus Cluny Brown auf Freiersfüßen
W_Blake
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Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von W_Blake »

Liebe Bittchen, leiber hazmagetmaton,

vielen Dank für eure Rückmeldungen und Anteilnahme! Ich versuche mal, auf eure Punkte einzugehen (und entschuldige mich jetzt schon einmal für die Länge meines Posts).

Ich bin nicht akut verzweifelt, vielmehr resigniert. Es ist in der Tat so, wie hazmagetmaton schreibt, dass es sich auch um eine Art philosophische Weltansicht handelt: Ich glaube, dass wir Menschen (so unglaublich uns das erscheinen mag) ein Zufallsprodukt der Natur sind. Es gibt keine höhere Bestimmung, keinen höheren Sinn unserer Existenz. Wir sind in diese Welt geworfen und müssen uns irgendwie zurechtfinden. Am Ende eines jeden Lebens (oder Sterbensprozesses, wie man eben auch sagen könnte) steht der endgültige Tod und damit das Nichts. Das einzige, was von den meisten von uns bleibt, sind ein paar Erinnerungen anderer an uns, aber auch die schwinden irgendwann. Die empfundene Belang- bzw. Sinnlosigkeit ist also nicht einfach nur Symptom der Krankheit, sondern zählt zum festen Kern meiner Weltauffassung. Und ich glaube, dass wir nicht frei wählen können, was wir glauben. Was wir glauben, hat mit unseren Erfahrungen, den Evidenzen usw. zu tun.

Zugegeben, die Kombination einer solchen Weltauffassung mit einer Depression ist vermutlich denkbar ungünstig, weil diese Krankheit einem beinahe jede Möglichkeit der Freude oder subjektiven Sinnsetzung raubt. Was mein Pessimismus betrifft, stimmt es wiederum, dass nichts im strengen Wortsinn sicher ist. Aber bestimmte Überzeugungen treffen eben doch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu. Ich habe in drei Jahrzehnten meines Lebens dreimal die Erfahrung machen müssen, dass dieses, mein Leben vergänglich ist – also im Schnitt jedes Jahrzehnt einmal. Und abgesehen von diesen wirklich krassen Konfrontationen mit der Vergänglichkeit meines eigenen Lebens, habe ich oft genug die Erfahrung gemacht, dass der eigene Körper anfällig und verletzlich ist. Sagen wir es so, ich habe von klein auf die Erfahrung gemacht, dass Vergänglichkeit und Krankheiten zu meinem Leben dazugehören. Zusammen mit dem Wissen, dass es im Alter mit der Gesundheit i.d.R. nicht besser wird und dass mit bestimmten Krankheiten das Risiko für andere Krankheiten steigt, sind meine Aussichten – ganz realistisch betrachtet – nicht besonders rosig. Mein Pessimismus ist also auch durchaus gut begründet und nicht bloß ein Symptom der Depression.

Dennoch möchte ich die depressive Episode bekämpfen, aber das ist eben nicht das erste Mal, dass ich unter Depressionen leide, und wir wissen, dass das Risiko, erneut in eine depressive Episode zu rutschen, mit jeder durchlebten Phase steigt. Mein Optimismus hält sich also auch diesbezüglich in Grenzen. Und ich frage mich, wofür soll dieser Kampf, selbst wenn er erfolgreich ist, gut sein! Es wird wiederkommen, genauso, wie ich früher oder später wieder erkranken werde. Sicher ist es nicht, aber eben doch wahrscheinlich. Und die guten Momente, an die ich mich erinnere, sind eben auch nur flüchtig. Alles ist eben vergänglich …

Trotz meiner Resignation und der Verzweiflung, die ich zwar nicht akut, aber doch oft genug empfinde, möchte ich nicht aufgeben. Es gibt irgendwo in mir die abstrakte Hoffnung, dass ein Leben mit unbeschwerten Momenten möglich ist und dass diese unbeschwerten Momente die beschwerten aufwiegen. Ich habe mittlerweile nach ca. einem Jahr ((!) zugegeben, ich habe mich nicht permanent um einen Therapieplatz bemüht, weil kaum noch ein Therapeut Wartelisten führt und es frustrierend ist, Woche für Woche dieselben Therapeuten anzurufen, um sich dieselbe An- und Absage anzuhören) eine Therapeutin gefunden, die mir einen Therapieplatz anbieten kann. Sie meinte zwar auch, dass ich eher ein Fall für eine Psychoanalyse sei, die sie nicht anbiete, aber ich habe zunächst das Gefühl, dass die Chemie stimmt, wie man so sagt. Und mir ist die Beziehung zum Therapeuten wichtiger als das Verfahren. Ich setzte also meine Hoffnung jetzt erst einmal darauf. Darüber hinaus gehe ich in meinem Freundeskreis sehr offen mit meiner Krankheit um und stoße dankenswerterweise auf großes Verständnis. Allerdings habe ich auch das Gefühl, dass diese Offenheit meine Situation zunächst verschärft hat, aber das gehört vielleicht dazu …

Was meine Verweigerung eines Klinikbesuchs betrifft, ist die Furcht davor, welche Konsequenzen das für mein Beschäftigungsverhältnis hat, nur ein Baustein. Im Moment läuft nichts richtig in meinem Leben, und das Gefühl, meinen Alltag noch einigermaßen auf die Reihe zu bekommen, ist vielleicht das einzige Erfolgserlebnis (zugegeben, ein ernüchterndes), das ich überhaupt noch habe. Daran hänge ich irgendwie und ich bin (noch) nicht bereit, es aufzugeben. Außerdem finde ich hin und wieder Ablenkung im Alltag. Ich fürchte mich auch davor, dass sich dann alles nur noch um meine Krankheit dreht, womit ich vielleicht überfordert wäre. Letztlich weiß ich es nicht, aber das sind alles Beweggründe, es zunächst auf einen anderen Weg zu versuchen … Was die Stigmatisierung betrifft, so glaube ich, dass ich selbst die Krankheit nicht stigmatisiere, aber es ist eben m.E. auch Fakt, das psychische Krankheiten in einem Großteil der Gesellschaft immer noch tabuisiert und banalisiert werden. Das ist eben eine soziale Realität, die man als Betroffener in seinen Entscheidungen mitbedenken muss.

Jetzt habe ich wirklich einen halben Roman verfasst, den zu lesen vermutlich eine Zumutung ist. Entschuldigt bitte! Ich hoffe, ich bin wenigstens auf die wichtigsten Punkte eingegangen.

Herzliche Grüße
Blake
W_Blake
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Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von W_Blake »

Hallo Szegfue,

vielen Dank für dein Verständnis und dein Zuspruch!

Es tut mir leid, dass du dich einsam fühlst und nicht die Unterstützung in deinem sozialen Umfeld findest, die du dir wünschst. Ich habe zum Glück sehr verständnisvolle Freunde und eine sehr verständnisvolle Lebensgefährtin. Einsam fühle ich mich dennoch eigentlich ausnahmslos, aber immerhin lassen mich meine nahen Mitmenschen nicht alleine mit meiner Krankheit stehen. Ich wünsche dir auch jemanden in deinem nahen Umfeld, der dir das gibt.

Sport ist jedenfalls eine Aktivität, die mir auch gut tut und ich versuche mich auch in den schlimmen und schlimmsten Phasen dazu durchzuringen, mich sportlich zu betätigen. Der positive Effekt verpufft zwar auch immer wieder schnell, aber mit Sport geht es mir durchschnittlich doch einfach besser als ohne.

Was deine neue Bekanntschaft betrifft, musst du der Beziehung vielleicht auch einfach etwas Zeit geben. Bekanntschaften fangen ja i.d.R. oberflächlich an. Du kannst ja, wenn du dich dazu überwinden kannst, vorsichtig versuchen, die Beziehung zu intensivieren. Aber klar, dabei läuft man auch immer Gefahr, verletzt zu werden. Gibt es denn sonst niemanden in deinem nahen Umfeld, der oder dem du dich anvertrauen kannst?

Was mein Gefühl im Rücken betrifft, glaube ich nicht, dass es eine Panikattacke war. Depressionen äußern sich bei mir immer auch sehr stark körperlich (Gefühl der körperlichen Schwere und/oder Spannung) und ich befand mich vermutlich einfach in einem extremen Tief. Die körperlichen Symptome haben sich wieder auf eine für meine Krankheit „normale“ Intensivität reduziert. Ich fühle mich derzeit eher wie in einer Seifenblase, nicht so wirklich beteiligt am Leben und ich kann mich nach wie vor zu kaum etwas aufraffen.

Was du über die Arbeit und den Klinikaufenthalt schreibst, hast du in allen Punkten recht: Klar, ich könnte mich sehr konzentriert auf all die Baustellen konzentrieren – aber davor fürchte ich mich eben auch. Es ist in der Tat so, dass mir das Gefühl, meinen Alltag noch irgendwie bewältigen zu können, so etwas wie ein Erfolgserlebnis gibt. Da ich sonst keine Erfolgserlebnisse habe, möchte ich nicht auch das noch aufgeben müssen. Aber die Furcht vor den beruflichen Konsequenzen spielt natürlich auch eine Rolle und der Umstand, dass ich auf der Arbeit ersetzbar bin, macht es ja nicht leichter. Denn eigentlich bin ich froh, Arbeit zu haben.

Vielen Dank auch für den Tipp mit der Selbsthilfegruppe. Darüber werde ich mich mal schlau machen.

Bitte entschuldige, wenn mein Beitrag zusammenhanglos/unstrukturiert/unmotiviert/unvollständig oder dergleichen wirkt – meine Konzentration ist gerade nicht mehr die beste.

Herzliche Grüße
Blake
szegfue75
Beiträge: 494
Registriert: 17. Mai 2006, 22:17

Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von szegfue75 »

Hallo Blake,
eigentlich wollte ich das schon in meinem vorherigen Beitrag in deinem Thread schreiben.. ich empfinde dich überhaupt nicht zusammenhanglos, unstrukturiert, unmotiviert oder nicht eingehend auf andere. Du machst das meiner Meinung nach sogar sorgfältig. Ich frage mich gerade, ob ich das vielleicht bin :))
Ja, das mit dem einsam sein ist irgendwie blöd. Der Herbst kommt und dann auch gleich Weihnachten. Und ich stehe mal wieder am Anfang. In ein paar Wochen werde ich 40 und eigentlich wünschte ich mir, ich wäre jetzt woanders. Aber naja..
Ich verstehe dich sehr gut, dass du deine Arbeit nicht gefährden möchtest. Und so wie du jetzt schreibst, glaube ich auch, dass es eine normale Therapie auch tun würde. Lustigerweise habe ich wie deine vielleicht zukünftige Therapeutin auch an eine Psychoanalyse gedacht als in Frage kommende Therapieart. Da würdest du bestimmt eine Menge rausziehen können. Ich habe auch mal eine Analyse gemacht und ich fand das toll. Es war aber auch anstrengend. Leider habe ich neben der Depression auch andere Probleme und so muss erstmal ein neuer oder anderer Ansatz her.
Vielleicht habe ich dir das mit der stationären Therapie auch vorgeschlagen, weil ich selbst sowas machen werde. Ich bin gerade dabei das alles in die Wege zu leiten. Eigentlich bin ich jetzt schon seit Ende Juli dabei. Naja, ich nehme immer gerne den steinigen Weg. Ich habe auch große Angst, was nach der stationären Therapie passiert mit meiner Arbeit. Ich habe die letzten Jahre so an ihr festgehalten. Sie hat mir viel Halt gegeben. Also die Struktur dadurch. Aber ich muss auch sagen, dass ich meiner Arbeit gegenüber auch ambivalent bin. Daher habe ich mir jetzt vorgenommen mal was Neues auszuprobieren und loszulassen. Die einen machen eine kleine Weltreise, und ich mach eine intensive Therapie. Danach mache ich mich auf alles gefasst. Eigentlich kann ich nichts mehr verlieren. Ich muss die Komfortzone verlassen.
Den Kontakt zu der Trainerin versuche ich zu halten. Das klappt ja ganz gut eigentlich weil wir uns oft beim Sport sehen. Leider habe ich in den letzten Monaten ziemlich an Fitness abgebaut, das frustriert, wenn man das mal besser drauf hatte. Aber ich gebe nicht auf.
Ansonsten gibt es noch eine Freundin, die ich über meinen Ex-ex Partner kenne. Wir sehen uns nicht oft und bestimmt ist es auch gut so. Irgendwie glaube ich, dass sie nicht der Umgang für mich ist, den ich langfristig anstrebe. Ich mag sie gerne, wir gehen ab und zu zusammen auf Ausstellungen. Und das macht auch Spaß, aber eine tiefere FReundschaft wird das wohl nicht werden. Hört sich vielleicht arrogant an, aber ich bin es nicht. Ich möchte nur auf mich aufpassen.
Ich hoffe, ich habe dich nicht vollgetextet. Aber ich glaube, dass ich mehr helfen kann, wenn ich meine persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen kund tue als wenn ich Ratschläge gebe. Vielleicht passt das eine oder andere nicht. Aber das ist mir so in den Sinn gekommen beim schreiben und vielleicht hilft es ja trotzdem etwas.
Alles Gute.
LG,
Szegfüe
"Glücklichsein ist eine Angelegenheit rein persönlicher Anpassung an ihre Umgebung."
Zitat aus Cluny Brown auf Freiersfüßen
W_Blake
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Registriert: 7. Sep 2015, 18:21

Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von W_Blake »

Hallo Szegfue,
szegfue75 hat geschrieben:Ja, das mit dem einsam sein ist irgendwie blöd. Der Herbst kommt und dann auch gleich Weihnachten.
Ja, Herbst und Winter sind nicht unbedingt die besten Jahreszeiten, wenn man depressiv ist. Obwohl ich dem Herbst, wenn er uns mit Sonne verwöhnt, durchaus etwas abgewinnen kann. Das Licht im Herbst ist einfach sensationell! Ich finde, keine andere Jahreszeit übertrifft das Herbstlich an Intensivität; und dann das Zusammenspiel mit den prächtigen Farben der Laubbäume – da komme ich ja beinahe ins Schwärmen … Aber auf den Herbst folgt der Winter, und dieser Jahreszeit kann ich nun wirklich gar nichts abgewinnen. Und Weihnachten ist selbst für mich, als bekennenden Atheisten, hart. Ich hoffe, du findest noch Gelegenheiten, Energie aufzutanken, um gut durch die dunkleren Jahreszeiten zu kommen!
szegfue75 hat geschrieben:Lustigerweise habe ich wie deine vielleicht zukünftige Therapeutin auch an eine Psychoanalyse gedacht als in Frage kommende Therapieart. Da würdest du bestimmt eine Menge rausziehen können. Ich habe auch mal eine Analyse gemacht und ich fand das toll. Es war aber auch anstrengend. Leider habe ich neben der Depression auch andere Probleme und so muss erstmal ein neuer oder anderer Ansatz her.
Hm, interessant – ich habe auch schon eine Psychoanalyse (allerdings im Sitzen) hinter mir und ich bin alles andere als zufrieden gewesen. Aber gut, vielleicht war der Therapeut auch für mich ungeeignet oder ich war damals einfach noch nicht so weit. Wie auch immer, ich würde jetzt doch mal ein anderes Verfahren ausprobieren wollen (auch wenn dann nicht alle meine Baustellen Gegenstand der Therapie sein können). Du schriebst, dass du auch manische Phasen hast. Meinst du das mit „andere Probleme“? Dazu kann ich gar nichts sagen, weil das in der Tat völlig außerhalb meines Vorstellungsbereichs liegt. Aber auch zu bipolaren affektiven Störung gibt es doch bestimmt etablierte Therapieverfahren, oder? Und mit der stationären Therapie gehst du ja schon einmal einen wichtigen Schritt, vor dem ich großen Respekt habe!
szegfue75 hat geschrieben:Ich muss die Komfortzone verlassen.
Schön gesagt! Ich glaube, dass der Kampf gegen die Depression tatsächlich viel damit zu tun hat, die eigene, gewohnte Komfortzone immer wieder aufs Neue zu verlassen … Nur ist das eben so verdammt anstrengend.
szegfue75 hat geschrieben:Den Kontakt zu der Trainerin versuche ich zu halten. Das klappt ja ganz gut eigentlich weil wir uns oft beim Sport sehen. Leider habe ich in den letzten Monaten ziemlich an Fitness abgebaut, das frustriert, wenn man das mal besser drauf hatte.
Dass die eingeschränkte Fitness frustriert, kann ich gut verstehen, aber deine Fitness kommt bestimmt wieder! So hast du auch einen guten Grund, oft zu trainieren, was ja für den Kontakt zur Trainerin förderlich sein kann. Ich denke, neue Kontakte muss man langsam und unverkrampft angehen (das ist natürlich leichter gesagt als getan, vor allem, wenn man sich eine Freundschaft so dringend wünscht). Wenn es persönlich zwischen euch gut passt, wird sich daraus auch bestimmt eine gute Freundschaft entwickeln.

Es stimmt mich traurig, dass du sonst niemanden hast, dem/der du dich anvertrauen kannst. Aber hier im Forum triffst du auch auf viele verständnisvolle Menschen, und vielleicht bist du ja schon bald einen Schritt weiter, was die sich neu entwickelnde Freundschaft zur Trainerin angeht. Ich wünsche dir jedenfalls, dass du bald eine gute Freundin/einen guten Freund gewinnst!
szegfue75 hat geschrieben:Ich hoffe, ich habe dich nicht vollgetextet.
Hast du nicht, keine Sorge. Außerdem darf ich mich bei meinen ständigen Posts mit Überlänge ganz bestimmt nicht beschweren.

Herzliche Grüße
Blake
szegfue75
Beiträge: 494
Registriert: 17. Mai 2006, 22:17

Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von szegfue75 »

Hallo Blake,

ich danke dir für deinen Beitrag heute. Es tut gut das zu lesen. Der Herbst kann in der Tat schön sein. Es ist nur etwas beklemmend, weil dann so schnell Weihnachten vor der Tür steht. Und es ist irgendwie auch nicht sehr schön, wenn man morgens aufsteht und es ist noch dunkel. Weihnachten mag ich schon seit ein paar Jahren nicht mehr. Es ist bei den Eltern doof, aber auch alleine doof, weil alle bei ihren Familien sind und ich mich dann besonders wie ein Alien fühle. Ja, und die Kirche. Da bin ich etwas zwiegespalten.

Achso, du hast schon Therapieerfahrung? Eine Psychoanalyse im Sitzen stelle ich mir sehr anstrengend vor. Die hätte ich, glaube ich, nicht gerne gemacht. Meine Analytikerin.. Sie hat mich irgendwann raus geworfen. Nach 2 Jahren. Davor hatte ich oft das Gefühl, dass sie mich nicht mag. Aber darauf komme ich später noch zu sprechen.

Ich weiß nicht ob ich bipolar bin. Aber ich habe Phasen, da bin ich sehr aktiv. Mache dann sehr viel Sport. Alles unter Kontrolle. Die Wohnung ist top, Ernährung klappt, treffe Freunde (damals hatte ich noch eine Beziehung und auch noch ein paar Freunde). Ich hab auch nie lange im Bett gelegen. Ich habe es gehaßt, immer diese Angst in Lethargie zu verfallen. Vielleicht hat mir das auch mein Ex-ex hinterlassen mit dem frühen aufstehen und aktiv sein. Denn es ist furchtbar, wenn man aus dem Bett nicht raus kommt und sogar tageweise seine eigene kleine Welt aus diesem Ort heraus steuert. Vor ein paar Monaten (nach einer aktiven Phase) aber wurde ich langsam träger. Migräne-Attacken, Rückenschmerzen, Bauchkrämpfe. Eine Odyssee begann. Zuerst vemutete ich eine Nahrungsmittelunverträglichkeit. Dann eine Darmdysbiose. So langsam geht es besser mit dem Bauch.
Aber die Trägheit ist geblieben. Nachdem Sport brauche ich länger um mich zu erholen. Zugenommen habe ich leider auch. An da sind wir auch schon bei meiner nächsten Baustelle: Essstörungen. Es ist immer wieder mal Thema. Manchmal habe ich Phasen, da klappt alles ganz gut. Dann wieder Phasen, wo ich nur essen könnte und es auch tue. Oder Phasen, wo ich kaum esse. Die letzte Phase ist mir eigentlich die angenehmste.

Eine weitere Baustelle ist ein Suchtproblem. Ich hatte immer wieder Phasen in meinem Leben, wo ich Cannabis geraucht habe. Während meiner Diplomarbeit habe ich täglich konsumiert, um abschalten und schlafen zu können. Später hatte ich immer wieder Partner, die konsumiert haben und ich natürlich mit. Auch in meiner letzten Partnerschaft war das auch so. Aber, die Psychoanalyse (wurde wegen des Cannabis-Konsums abgebrochen) hatte seine Spuren in meinem Bewußtsein hinterlassen: Ich konnte und wollte nicht mehr Konsumieren. Daher war das mitunter auch ein Punkt, warum ich die letzte Beziehung beendet habe und auch einige Freundschaften. Ich lebe in der Hauptstadt und es ist schwer für mich sich der Feiermentalität zu entziehen. Selbstverständlich gibt es auch andere Möglichkeiten sich zu Sozialisieren. Aber es fällt mir nicht leicht. Ich bin eher schüchtern.

Ja, also die Trainerin ist schon nett. Es liegen nun fast 10 Jahre Altersunterschied zwischen uns. Das ist doch eine ganze Menge und sie geht auch gerne aus. Sie hat mich auch das ein oder andere Mal zu sich eingeladen. Einmal bin ich sogar hin. Zuerst haben wir ein paar alkoholische Getränke zu uns genommen und sind danach noch in einen Club tanzen gegangen. Das war auch ganz nett, aber ich war umgeben von ganz viel jungem Gemüse.
Man sagt mir immer wieder, dass ich mind. 10 Jahre jünger aussehe, aber das spielt eigentlich keine Rolle. Also weiß ich nicht, wie und ob überhaupt ich die Bande mit der Trainerin weiter ausbauen möchte und kann. Wenn ich das so schreibe, fällt mir auf wie passiv ich mich eigentlich verhalte. Es scheint wirklich auch in der Freizeit so zu sein, dass das Leben mich lebt anstatt ich das Leben lebe.

Einsamkeit hin oder her.. Zunächst möchte ich gerne mal einen anderen Weg ausprobieren. Andere Wege finden mich zu bespaßen. Vielleicht einfach mal alleine ins Theater oder in eine Ausstellung. Vielleicht einen Kochkurs oder einen Fotografiekurs. Leider sitzt mir die noch nicht angefangene stationäre Therapie im Nacken, um sowas in der Art zu starten. Ich habe einfach nach wie vor noch nicht meinen Weg gefunden. Und so lange ich das nicht weiß, werden es auch andere schwer haben den Weg zu mir zu finden.

Die Entscheidung mit der stationären Therapie ist mir schon nicht leicht gefallen. Aber immer wieder gibt es Momente in denen ich zweifle was meine Arbeit angeht. Ich habe sehr oft das Gefühl das man mich duldet, aber nicht wertschätzt. Auch mir selbst fällt die Wertschätzung schwer. Immer wieder habe ich Schwierigkeiten mich zu konzentrieren, zweifle an meinen Fähigkeiten, fühle mich von meinen eigenen Anforderungen überfordert. Vielleicht versuche ich etwas gut zu können, was ich gar nicht gut kann. Aber ich habe mich bisher nicht getraut etwas Neues anzufangen. Immer wieder kommen die Depri-Phasen dazwischen und das lässt mich wieder erneut zweifeln. Und so ist es ein ewiger Kreislauf.

Vor fast 10 Jahren hatte ich einen Versuch unternommen und wollte eine Schneiderlehre anfangen. Einen Tag war ich dort. Ich war mir nicht mehr sicher. Letztes Jahr habe ich gesehen, das eine Bekannte von mir, die auch diese Lehre machen wollte, aber nicht angenommen wurde, heute ein eigenes Attelier hat und ihr selbstgeschneiderten Kleider verkauft. Ich gebe es nicht gerne zu, aber ich bin neidisch und ich ärgere mich und denke: du hättest das auch haben können.

So, und jetzt habe ich dich aber wirklich zugetextet. Hast du schon eine Idee welche Therapieart du gerne ausprobieren möchtest? Und wie soll dein Therapieziel lauten, wenn du nicht alle Baustellen bearbeiten kannst?

Wünsche dir noch einen schönen Abend.

Liebe Grüße,

Szegfue
Zuletzt geändert von szegfue75 am 29. Sep 2015, 22:03, insgesamt 1-mal geändert.
"Glücklichsein ist eine Angelegenheit rein persönlicher Anpassung an ihre Umgebung."
Zitat aus Cluny Brown auf Freiersfüßen
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