Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

W_Blake
Beiträge: 184
Registriert: 7. Sep 2015, 18:21

Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von W_Blake »

Hallo,

ich bin eigentlich nicht der Foren-Typ, weiß auch gar nicht genau, was ich davon erwarte, probiere es aber doch einfach mal aus, weil in mir immer wieder eine überwältigende Verzweiflung hochkommt, von der ich nicht weiß, wohin ich damit soll.

Ich empfinde eine tiefe ungerichtete Traurigkeit und gleichzeitig so etwas wie endlose Leere, habe kaum noch Interesse, geschweige denn Freude an irgendwelchen Tätigkeiten, empfinde meine Existenz als sinnlos und habe eigentlich keine Lust mehr auf mein Leben – so etwas wie eine Sehnsucht nach Nicht-Existenz –, aber auch nicht die Absicht, es zu beenden (weil ich doch noch irgendwie die sehr abstrakte Hoffnung habe, dass es so nicht sein muss). All das merken mir die meisten Menschen in meinem Umfeld nicht an, weil ich es immer noch irgendwie schaffe, das „alltägliche Geschäft“ einigermaßen am Laufen zu halten. Hinter dieser Fassade, so mein Eindruck, baue ich mehr und mehr ab, wächst die Verzweiflung, frisst sich die Leere und Sinnlosigkeit immer tiefer in meinen Leib.

Ich weiß nicht mehr, was ich eigentlich will, was meine echten Bedürfnisse usw. sind bzw. was nur der Krankheit geschuldete Impulse sind … Manchmal glaube ich, dass ich alles hinter mir lassen und neu anfangen muss, dass dann schon alles besser werden wird – dann denke ich aber wieder, dass alles mehr oder weniger genauso wird, wie es jetzt ist, weil es in mir liegt, dass die Dinge so laufen, wie sie laufen … Keine Ahnung, wie ich das beschreiben soll … Keine Ahnung, was es bringen soll … Vielleicht stimmt es, dass man nicht nicht kommunizieren kann – aber dennoch scheint die Kommunikation, wenn überhaupt, nur in den seltensten Fällen wirklich zu gelingen.

Sorry für diesen stream of conshitness, danke fürs Lesen!
Lurina
Beiträge: 11
Registriert: 14. Aug 2015, 08:11

Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von Lurina »

Hi, ich möchte nicht unhöflich sein, aber befindest du dich deswegen in Behandlung?
hazmagetmaton
Beiträge: 160
Registriert: 8. Aug 2015, 21:39

Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von hazmagetmaton »

Na, das ist mal eine Beschreibung, in der ich mich richtig gut wiederfinden kann. Willkommen im Forum, Blake.

Selbst habe ich mir, nachdem ich schon einmal eine ähnliche Phase durchlebt habe, dieses Mal Hilfe von außen geholt. Ich habe nach dem ersten Mal gelernt, dass Erfahrungsaustausch einem durchaus unbekannte Perspektiven aufzeigen und angenehm sein kann. Allein schon, weil man die Gedanken irgendwie formuliert ausdrückt (ob die Formulierung nun richtig war, das merke ich manchmal hinterher).

hazmagetmaton
W_Blake
Beiträge: 184
Registriert: 7. Sep 2015, 18:21

Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von W_Blake »

Lurina hat geschrieben:Hi, ich möchte nicht unhöflich sein, aber befindest du dich deswegen in Behandlung?
Ja, irgendwie schon, soll heißen: medikamentöse Behandlung. Außerdem bin ich auf der beschwerlichen Suche nach einem Therapieplatz – obwohl ich skeptisch bin, was die Erfolgsaussichten einer Therapie betrifft …
dine31
Beiträge: 169
Registriert: 5. Jan 2015, 09:21

Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von dine31 »

Hallo

willkommen im Forum...

Also ich muss sagen du hast mir aus der seele geschrieben....ich stimm allem zu...

Bist du in Therapie?? Das würde ich dir auf jedenfall raten...
nachdem ich zweimal in ein großes Loch gefallen bin sitze grad immernoch drin...hab ich mir hilfe geholt....
der Anfang war schwer aber auch ein muss...
Und ich hab die erfahrung gemacht das kommunikation sehr hilfreich sein kann...egal ob persönlich mit einer engen person oder vll. Auch nur anonym hier im Forum....oder mit einem Therapeuten/Arzt
Schweigen ist nicht immer die beste Variante...

lg diene
W_Blake
Beiträge: 184
Registriert: 7. Sep 2015, 18:21

Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von W_Blake »

hazmagetmaton hat geschrieben:
Selbst habe ich mir […] dieses Mal Hilfe von außen geholt. Ich habe nach dem ersten Mal gelernt, dass Erfahrungsaustausch einem durchaus unbekannte Perspektiven aufzeigen und angenehm sein kann. […]
Hallo hazmagetmaton,

dass es eine Frage der Perspektive ist, höre ich immer wieder und vielleicht ist auch was dran. Mein Eindruck ist aber dennoch, dass man sich nicht einfach für die eine oder gegen die andere Perspektive entscheiden kann … Jedenfalls wüsste ich nicht wie. Die Dinge nicht so negativ zu sehen, ist eben leichter gesagt, als getan. Vielleicht kann man in einem langen und schwierigen Prozess lernen, die Dinge anders zu sehen – ich weiß es nicht, aber ich hoffe es.
Zuletzt geändert von W_Blake am 14. Sep 2015, 22:57, insgesamt 1-mal geändert.
W_Blake
Beiträge: 184
Registriert: 7. Sep 2015, 18:21

Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von W_Blake »

Hallo dine,

ja, Kommunikation kann vermutlich hilfreich sein, sehr sogar, aber ich habe immer wieder den Eindruck, dass sie eben nur sehr selten gelingt. Wahrscheinlich liegt es sehr stark an mir, an meiner gehemmten Bereitschaft, mich zu öffnen usw., dass Kommunikation so oft zu misslingen scheint. Aber auch diesbezüglich kann man, meine ich, nicht einfach aus seiner Haut raus … Immerhin, ich arbeite daran, gehe neue Wege (z.B. hier im Forum) oder begebe mich ein weiteres Mal auf alte Wege (ein erneuter Therapieanlauf). Ich habe noch, wie gesagt, die sehr abstrakte Hoffnung, dass Leben auch anders sein kann, und bin bereit, etwas dafür zu tun. Aber es ist eben auch sehr schwer, „am Ball zu bleiben“, wenn jede Regung so mühsam ist, die Erfolge ausbleiben oder, wenn überhaupt, nur von geringer Dauer sind usw. Manchmal überkommt mich dann die Furcht, dass mein Lebensgefühl vielleicht einfach so bleibt (mal schlimmer, mal nicht ganz so schlimm, aber eben nie unbeschwert ist), und das erfüllt mich mit einer überwältigenden Verzweiflung …
Lurina
Beiträge: 11
Registriert: 14. Aug 2015, 08:11

Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von Lurina »

Hast du das denn Gefühl das die Medikamente dir helfen? Ich habe lange Zeit das falsche Medikament bekommen und dachte mir immer das is dann halt das Höchste der Gefühle. Seitdem ich andere Medikamente bekomme geht es zumindest mir schon allein dadurch besser ... durch den Antrieb den ich wiedergefunden habe, habe ich Möglichkeiten ergriffen mein Leben zu ändern. Vllt. nicht so schnell wie ich es gerne hätte, aber so das sich doch spürbar etwas getan hat.

Ansonsten klingt deine Situation exakt so wie ich mich vor ein paar Wochen noch gefühlt habe. Vllt. wäre es für dich sinnvoll, wegen einem stationären Aufenthalt zu überlegen? Auch wenn man es schwer hat auf andere zuzugehen ist es oft deutlich einfacher mit anderen Patienten ins Gespräch zu kommen und das tut wirklich gut und ggf. entstehen neue Freundschaften die das eigene Leben ja doch auch wieder etwas schöner machen :)

Diesen Wunsch nach 'nicht existieren' in deinen Gedanken solltest du ernst nehmen und handeln. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen das es sonst wirklich kritisch wird wenn dich irgendwas mal aus der Bahn wirft.
omena55
Beiträge: 16
Registriert: 3. Sep 2015, 00:42

Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von omena55 »

Hallo W.Blake,
Du beschreibst ein auch mir vertrautes Erleben mit treffenden Worten. "...ich empfinde eine
eine tiefe ungerichtete Traurigkeit und gleichzeitig so etwas wie eine endlose Leere."
Dieses Bild der endlosen Leere verstehe ich vielleicht ja völlig falsch; mit Sicherheit anders, als von Dir gedacht!
Und trotzdem, plötzlich ist es da, dieses wohlig warme ...da-ist-einer-der-versteht-wie-es dir-geht- Gefühl. Und dies Gefühl setzt Wegmarken in der Leere. Wenn wir wenigstens Bilder dieser .Sprachlosigkeit der Krankheit gegenüberstellen können. Mit neuen Blildern im Kopf weiterhin über die Krankheit reflektieren können und nicht wie sonst grübelnd sich im Kreis zu drehen.
Ob kommunikation nun möglich ist, ob sie sinnvoll ist? Keine Ahnung, aber in dem Moment da sie stattfindet, ist sie es.
Und wenigstens in diesem Forum kann man ein verbindendes Interesse am Thema voraussetzen; der Leidensdruck läßt uns ein Stück näher zusammenrücken . Und beim lesen hier, fühl ich mich nicht mehr so allein in dieser Leere.
Du siehst W. Blake, für mich war es auf jeden Fall sinnvoll, das Du hier geschrieben hast.

Danke. Gruß Omena55
malu60
Beiträge: 4143
Registriert: 28. Dez 2014, 11:31

Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von malu60 »

Hallo Omena,
genau dieses Gefühl hatte ich auch.Dieses Forum hat mir auch aus meiner Isolation und Sprachlosigkeit heraus geholfen.Hier werden meine Gefühle geteilt und verstanden.
Es hilft sehr sich wieder alsTeil einer Gemeinschaft zu sehen.
Wer es annehmen kann erfährt Möglichkeiten der Hilfe und später kann man auch Hilfestellungen geben.

Willkommen W.Blake im Forum und ich wünsche Dir einen guten Austausch
Einen guten Tag von malu
Leben ist mehr
Bittchen65
Beiträge: 1853
Registriert: 16. Jul 2015, 11:38

Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von Bittchen65 »

Hallo Blake,

willkommen hier im Forum.
Lange bin ich noch nicht dabei,ich habe schon oft mit gelesen,aber das Selbstbewusstsein ,mich hier einzubringen, hatte ich lange nicht.
Meine Gefühle zu formulieren,fällt mir immer noch schwer,aber der Austausch mit Betroffenen hat mich weiter gebracht.
Es heißt hier Umgang mit der Krankheit,das ist es auch. Lernen ,wie andere die Krankheit
bewältigt haben,oder zumindest besser damit leben.Auch manchmal eine kleine Stütze sein,wenn es jemanden schlechter geht wie mir im Moment.
Für mich sind die Beiträge hier eine Bereicherung,ich wünsche dir,das du das auch so sehen kannst.

LG Bittchen
W_Blake
Beiträge: 184
Registriert: 7. Sep 2015, 18:21

Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von W_Blake »

Liebe alle,

herzlichen Dank für euren Zuspruch, eure Anteilnahme und euer Verständnis! Ich habe selten das Gefühl, dass ich mich offen über meine Empfindungen aussprechen kann (weswegen ich meist schon den Versuch unterlasse) und dabei auf so viel Anteilnahme und Verständnis stoße wie hier, danke!
W_Blake
Beiträge: 184
Registriert: 7. Sep 2015, 18:21

Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von W_Blake »

Hallo Lurina,

aufgrund anderer Erkrankungen/organischer Probleme bin ich bei der Medikamentenwahl sehr eingeschränkt. Aber immerhin, es gibt Tage, an denen ich das Gefühl habe, dass sie wenigstens ein bisschen wirken, dass das Blei, das in meinen Adern fließt und sich um meinen Körper legt und mich nach unten drückt etwas leichter, beweglicher geworden ist. Es sind bisher nur einzelne Tage, aber das ist besser als nichts.

Ein stationärer Aufenthalt kommt für mich (derzeit) nicht in Frage. Ich würde das, glaube ich, als totalen Verlust meiner Autonomie wahrnehmen, worauf ich, denke ich, nicht gut klar käme … Zur Zeit bekomme ich meinen Alltag noch einigermaßen auf die Reihe, und das ist mir im Moment auch sehr wichtig. Aber klar, bevor gar nichts mehr geht, würde ich diese Option in Erwägung ziehen.

Es macht mir Hoffnung zu lesen, dass es bei dir, wenn auch in kleinen Schritten, Fortschritte gibt. Manchmal frage ich mich nämlich, ob das irgendwann noch einmal besser wird und der Gedanke, dass es immer so bleiben wird, ist furchtbar …
Lurina
Beiträge: 11
Registriert: 14. Aug 2015, 08:11

Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von Lurina »

Hallo Blake, dass du einen stationären Aufenthalt nur ungern machen würdest kann ich gut verstehen. Ich bin auch kein Fan davon und würde auch nicht ewig bleiben wollen.

Ich war allerdings für 3 Wochen auf einer Kriesenstation und habe mich dort mehrfach gefragt ob ich vllt. doch früher mal in Erwägung hätte ziehn können stationär zu gehen.
Ich weiß nicht inwiefern sich diese Stationen von den 'normalen' stationären Aufenthalten unterscheiden aber ich kann ja einfach mal etwas erzählen :)

Meine Abneigung dagegen in einem Krankenhaus und dann noch in einem Mehrbettzimmer zu schlafen habe ich zwar nicht ablegen können aber generell hatte ich auf der Station viele Freiheiten. Ich durfte mich auf dem gesamten Gelände frei bewegen, durfte zum Einkaufen und nach Absprache war es bis zu 3x in der Woche mögliche sogenannte Stadtausflüge zu machen ... also vllt nach Hause um was zu erledigen, zum Schwimmen an den See zu fahren, ein Stadtbummel usw ... An den Therapien konnte ich teilnehmen, aber ich musste nicht. Ich muss gestehen bis auf Therapeuten-Gespräche habe ich dort wirklich kaum was wahrgenommen, bin lieber täglich eine schöne Runde mit meinem mitgebrachten Fahrrad auf dem Gelände gefahren :) Ich hatte immer jemanden zum Reden, entweder andere Patienten oder eben das Personal und konnte immer mit Hilfe rechnen wenn ich kurzzeitig das Gefühl hatte den Boden unter den Füßen zu verlieren. Ich konnte schlafen gehen wann ich wollte, lediglich das Aufstehen war unter der Woche festgelegt, was aber nicht unbedingt verkehrt war.
hazmagetmaton
Beiträge: 160
Registriert: 8. Aug 2015, 21:39

Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von hazmagetmaton »

Mir fiel noch ein: Der Perspektivenwechsel scheint bei mir manchmal stimmungsabhängig zu sein. Wenn ich eher in einem Tief bin, dann belasten mich meine Gedanken mithin sehr. Wenn es mir besser geht, dann habe ich zwar immer noch die gleichen Gedanken, aber sie belasten mich nicht auch nur ansatzweise in der Art.
Ich weiß auch nicht, ob ich diesen Perspektivwechsel von schlecht nach gut schonmal geschafft habe.

hazmagetmaton
W_Blake
Beiträge: 184
Registriert: 7. Sep 2015, 18:21

Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von W_Blake »

Hallo Lurina,

vielleicht wäre ein stationärer Aufenthalt das Beste, aber ich kann mich z.Zt. noch nicht dazu durchringen – wie gesagt, ich empfände das als enormen Autonomieverlust (gar nicht so sehr, weil man keine Freiheiten mehr hat, sondern einfach, weil man es nicht anders geschafft hat – keine Ahnung, ist vermutlich auch nur falscher Stolz, aber so ist es nun mal); außerdem hätte ich viel zu viel Angst vor den Konsequenzen (z.B. für die Arbeit usw.). Ich weiß nicht, wie ich das beschreiben soll, jedenfalls sträubt sich in mir alles gegen einen stationären Aufenthalt. Aber ich verstehe und respektiere diesen Schritt!

Die Strukturen des Alltags finde ich auch eher entlastend als beschwerend – schlimm sind für mich die Zeiten, in denen ich keine von außen aufgegebene Aufgabe habe und/oder alleine bin. In diesen Zeiten fällt es mir wirklich schwer, irgendetwas zu tun … dann habe ich das Gefühl, dass mich diese innere Einöde lähmt und zu ersticken droht. Es ist wirklich quälend, aber ich kann auch nichts anfangen, was mich ablenkt, beruhigt oder diese innere Leere füllen würde … Dann ist da nur diese Traurigkeit und Leere, das volle Bewusstsein darüber, dass meine Existenz sinnlos, jede Regung und Bemühung am Ende doch vergebens ist und in der Belanglosigkeit verhallt –
W_Blake
Beiträge: 184
Registriert: 7. Sep 2015, 18:21

Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von W_Blake »

Bittchen65 hat geschrieben: […] das Selbstbewusstsein ,mich hier einzubringen, hatte ich lange nicht.
Hallo Bittchen,

ich habe auch mehrere Anläufe an mehreren Tagen gebraucht, um meinen ersten Post wirklich abzusenden. So oft kam es mir lächerlich vor, was ich schrieb … dann irgendwann habe ich es einfach gemacht, und es war gut so. Ich habe hier die Erfahrung gemacht, ernst genommen zu werden, auf Verständnis und Zuspruch zu stoßen, was wirklich großartig ist!
W_Blake
Beiträge: 184
Registriert: 7. Sep 2015, 18:21

Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von W_Blake »

Hallo hazmagetmaton,

Perspektivwechsel fällt mir wirklich schwer. Manchmal bekomme ich gesagt, dass das Leben ja auch schöne Seiten hat, es andere Menschen gibt, die ärmer dran sind usw. Das ist alles zutreffend, aber es ändert nichts, einfach gar nichts an diesem Gefühl der inneren Leere, der Sinnlosigkeit und der Verzweiflung. Ich würde die Dinge gerne in einem anderen Licht sehen, mehr Freude an den Kleinigkeiten des Lebens entwickeln usw., aber es will mir einfach nicht gelingen. Dinge, mit denen ich mich mal gerne beschäftigt habe, sprechen mich nicht mehr an, berühren mich einfach nicht mehr, erfüllen nicht diesen lähmenden Raum der inneren Leere.

Mir geht es da ähnlich wie dir, denke ich: Manchmal ist es schlimmer, manchmal weniger schlimm, aber es ist eben nie oder allenfalls sehr selten gut. Die Intensitäten der Symptome scheinen zu variieren, aber die Tendenz bleibt immer die gleiche – immer ist dieses Gefühl der Belanglosigkeit da, dieses Infragestellen der eigenen Handlungen, ja letztlich der ganzen eigenen Existenz. Nichts ist selbstverständlich. Vielleicht könnte man sagen, dass ich es mir manchmal einfach selber nicht ganz so stark anmerke, wie in schlechteren Phasen.
omena55
Beiträge: 16
Registriert: 3. Sep 2015, 00:42

Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von omena55 »

Hallo W.Blake
Ich sollte Dir jetzt ein paar gute Ratschläge, und ich kenne einige! geben Es ist ja auch relativ leicht die Gedankenfehler aufzuspüren, dies Positivprogramm herunterzuspulen; für andere.
Aber jetzt kann ich Dir nur sagen, dass ich Dich sehr gut verstehe. Dich so verdammt, Scheiße nochmal,gut verstehe!
Bleibt einzig Dein Satz:" Nichts ist selbstverständlich." Also auch nicht das es so bleiben muß
Gruß Omena
W_Blake
Beiträge: 184
Registriert: 7. Sep 2015, 18:21

Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von W_Blake »

omena55 hat geschrieben:[…] " Nichts ist selbstverständlich." Also auch nicht das es so bleiben muß
[…]
Danke, das ist ein wirklich sehr hoffnungsvoller, schöner Gedanke!
hazmagetmaton
Beiträge: 160
Registriert: 8. Aug 2015, 21:39

Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von hazmagetmaton »

"Manchmal ist es schlimmer, manchmal weniger schlimm, aber es ist eben nie oder allenfalls sehr selten gut."
Ganz so schlimm ist es bei mir zum Glück nicht. Ich schwanke eher zwischen gut, geht so und schlecht als zwischen schlecht und noch schlechter. Ich habe aber auch wenn es mir ganz gut geht manchmal das Gefühl, ich lenke mich nur von der unterbewusst drohenden Traurigkeit und der Beschäftigung mit meinen Problemen ab.

Und so wie es mir manchmal unerwartet schlechter geht, geht es mir manchmal auch unerwartet wieder besser. In der Tat schön geschrieben, Omena.
Salvatore
Beiträge: 3868
Registriert: 10. Feb 2010, 18:35
Kontaktdaten:

Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von Salvatore »

Hallo William ;) ,

hast du schon mal von Tageskliniken gehört? Vielleicht wäre das was für dich, da verbringt man als Patient den Tag in der Klinik und fährt Nachmittags/Abends nach Hause. Kein Autonomieverlust, kein Zimmerteilen, kein Schlafen in fremden Betten... Es gibt hier einige Threads dazu, falls es dich interessiert, schau mal über die Suchfunktion. Das Therapieprogramm ist in der Regel abwechslungsreich und relativ eng getaktet, was ein intensiveres Arbeiten ermöglicht als eine ambulante Psychotherapie mit 50 Minuten pro Woche.

Alles Gute für dich,
Salvatore
Blog: http://www.oddyssee.de
Instagram: Oddysee@meine_oddyssee
W_Blake
Beiträge: 184
Registriert: 7. Sep 2015, 18:21

Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von W_Blake »

hazmagetmaton hat geschrieben:"[…] Ich habe aber auch wenn es mir ganz gut geht manchmal das Gefühl, ich lenke mich nur von der unterbewusst drohenden Traurigkeit und der Beschäftigung mit meinen Problemen ab. […]
Ja, den Gedanken kenne ich: Wenn es mal nicht so schlimm ist, dann ist es meistens, wenn die Ablenkungsstrategien mal einigermaßen funktionieren, aber im Hintergrund schwelen Traurigkeit, Unzufriedenheit, Leere und Sinnlosigkeit weiter … Es ist also auch dann (wenn ich mich mit Freunden/Bekannten treffe, ausgehe oder sonst einer Ablenkung nachgehe) nie wirklich gut. Und hinterher fühle ich mich dann oft noch schlechter, weil alles letztlich so unbefriedigend bleibt. Trotzdem bin ich ein Freund der Ablenkung – ich weiß nicht, was ich ohne sie wäre.

Es ist schon ein bisschen komisch: Die meisten Menschen, die mir begegnen und nicht von meiner Krankheit wissen, kämen nie auf die Idee, dass ich unter Depressionen leide. Ich beherrsche es ganz gut, mir eine Maske anzulegen.
W_Blake
Beiträge: 184
Registriert: 7. Sep 2015, 18:21

Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von W_Blake »

Hallo Salvatore,

ja, habe ich, aber auch dagegen sträubt sich alles in mir. Aber es hat eben auch viel damit zu tun, dass ich die Konsequenzen fürchte. Ich müsste meinem Arbeitgeber meine Krankheit offenbaren und das ist etwas, was ich wirklich nur im allerschlimmsten Fall tun möchte.

Meine Situation ist vielleicht wirklich ein wenig paradox: Nach außen scheint bei mir alles einigermaßen zu funktionieren; die Menschen, die nichts von meiner Krankheit wissen, kämen, wie gesagt, gar nicht auf die Idee, dass ich unter Depressionen leide. Dieses Schauspiel hilft mir, glaube ich, selber mit der Krankheit besser klar zu kommen – irgendwie gibt mir das alles das Gefühl, dass ich immer noch Kontrolle in meinem Leben habe. Klar, die Kehrseite davon ist vermutlich, dass das Schauspiel mich jede Menge Kraft kostet.

Ich weiß nicht, ob das jemand nachvollziehen kann, aber so ist das, glaube ich, bei mir.

Danke & Gruß
William (allerdings eher als Anspielung auf die Hauptfigur bzw. den Titel eines Jarmusch-Films gedacht)
monimoni
Beiträge: 256
Registriert: 6. Sep 2015, 15:12

Re: Traurigkeit, Leere, Verzweiflung

Beitrag von monimoni »

Hallo W_Blake,

ich bin noch nicht lange hier im Forum und weiß erst seit 4 Wochen, dass ich unter Depressionen leide (ohne Traurigkeit, "nur" das Bleigefühl und starke Schlafstörungen) und vormittags mittlere bis starke Ängste.
Da ich also neu dabei bin, kann ich keine ganz tollen Tipps gegeben, ich lerne ja selbst noch. Aber mir ist ein Buch empfohlen worden, dass man auch in "Bleisituationen" durchblättern kann. Ein Buch ohne viel Text, denn die Konzentration ist bei mir sehr eingeschränkt. Ein Buch, dass mir Hoffnung gemacht hat. Vielleicht trifft nicht alles auf jeden zu, aber ich kann es empfehlen:

Mein schwarzer Hund, von Matthew Johnstone.

Also lass Dich nicht von schwarzen Hund niederdrücken, leg ihn an die Leine ;-).

Viele Grüße
Moni
Antworten