Depression und Beziehung

Antworten
TeemitHonig
Beiträge: 3
Registriert: 27. Aug 2015, 01:03

Depression und Beziehung

Beitrag von TeemitHonig »

Hallo Leute,

ich bin neu hier im Forum und hab mich angemeldet, weil ich gerne Leute um mich hätte, die meine Situation nachvollziehen können.
Ich bin 20 Jahre alt und Student. Vor etwas mehr als einem Jahr wurde eine Depression bei mir festgestellt. Ich habe seitdem immer wieder gute und schlechte Tage. Manchmal gehts mir eine Woche gut, dann mal wieder eine Woche schlecht.
Es gibt keinen genauen Rhythmus, das kommt und geht und ist mehr oder weniger unvorhersehbar.

Ich nehme im Moment täglich Venlaflaxin und beginne (hoffentlich) bald auch eine Therapie bei einem Psychologen.

Ich habe gelernt, ganz gut mit der Situation klarzukommen, zwar nagt es immerzu an mir und ist ermüdent und wirkt sich auch auf meine Noten aus, aber es geht schon.

Ich mache mir nur Sorgen um meine Partnerin, mit der ich seit etwa einem halben Jahr zusammenwohne. Wir haben das bisher alles zusammen durchgemacht und sie ist immer für mich da, aber sie ist oft sichtlich erschöpft und ich weiß, dass ich mich zu wenig um sie kümmere, wenn ich meine schlechten Tage habe.
Ich habe Angst, dass unsere Beziehung daran zerbrechen könnte. Habt ihr selbst Erfahrungen damit gemacht? Was hat euch geholfen?

Ich freue mich auf jede Antwort und werde heute regelmäßig zurückkommen und schauen.

Liebe Grüße, TeemitHonig :)
Cara Mia
Beiträge: 235
Registriert: 24. Aug 2015, 09:15

Re: Depression und Beziehung

Beitrag von Cara Mia »

Hallo Tee mit Honig,

ich kann mich auch nicht nach Belieben in einen gesunden Menschen verwandeln, von daher kann ich gut nachvollziehen, dass Du Dir Gedanken machst, wie es Deiner Partnerin in Deinen schlechten Phasen geht. Ich denke, dass das Leben mit depressiven Menschen anstrengend ist für die beteiligten Partner.

Ich sorge für meine Angehörigen, indem ich Verantwortung für mich übernehme. Das heißt bspw. dass ich weiß, wohin ich mich im Notfall wenden kann. Und dass ich frühzeitig Bescheid gebe. Dass ich durchaus sage "gerade ist die Depression wieder nah", statt die Angehörigen raten zu lassen, wie sie meine Schwarzmalereien interpretieren sollen. Mir bringt das auch was. Ich geh in eine gewisse Distanz zu meinen Gedanken. Die Gedanken sind Ausdruck der Depression.

Sorgen für den anderen kann ich auch, in dem ich ihm Freiräume zugestehe. Den anderen zu Beziehungen mit anderen Menschen ermutige. Geh mal ruhig los, triff Dich mit soundso. Mach den Kurs, geh ruhig ins Kino.

Das mir das nicht angenehm ist, ist auch klar. Ich mag nicht gerne alleine sein, wenn ich krank bin. Sage ich auch manchmal, wenn ich einen ganz schlimmen Tag habe "Heute bitte ich Dich, bei mir zu sein". Aber ansonsten: Nur weil ich Heuschnupfen habe, werde ich doch meinem Partner die Fahrradtour nicht verwehren.

Das allerwichtigste ist für mich, dass meine Angehörigen nicht verantwortlich für meinen Gesundheitszustand sind (solange sie sich normal benehmen :-) ). Ich bin ich und Du bist Du.

So ungefähr... Lg,
Cara
Cara Mia
Beiträge: 235
Registriert: 24. Aug 2015, 09:15

Re: Depression und Beziehung

Beitrag von Cara Mia »

Hallo Tee mit Honig,

ich kann mich auch nicht nach Belieben in einen gesunden Menschen verwandeln, von daher kann ich gut nachvollziehen, dass Du Dir Gedanken machst, wie es Deiner Partnerin in Deinen schlechten Phasen geht. Ich denke, dass das Leben mit depressiven Menschen anstrengend ist für die beteiligten Partner.

Ich sorge für meine Angehörigen, indem ich Verantwortung für mich übernehme. Das heißt bspw. dass ich weiß, wohin ich mich im Notfall wenden kann. Und dass ich frühzeitig Bescheid gebe. Dass ich durchaus sage "gerade ist die Depression wieder nah", statt die Angehörigen raten zu lassen, wie sie meine Schwarzmalereien interpretieren sollen. Mir bringt das auch was. Ich geh in eine gewisse Distanz zu meinen Gedanken. Die Gedanken sind Ausdruck der Depression.

Sorgen für den anderen kann ich auch, in dem ich ihm Freiräume zugestehe. Den anderen zu Beziehungen mit anderen Menschen ermutige. Geh mal ruhig los, triff Dich mit soundso. Mach den Kurs, geh ruhig ins Kino.

Das mir das nicht angenehm ist, ist auch klar. Ich mag nicht gerne alleine sein, wenn ich krank bin. Sage ich auch manchmal, wenn ich einen ganz schlimmen Tag habe "Heute bitte ich Dich, bei mir zu sein". Aber ansonsten: Nur weil ich Heuschnupfen habe, werde ich doch meinem Partner die Fahrradtour nicht verwehren.

Das allerwichtigste ist für mich, dass meine Angehörigen nicht verantwortlich für meinen Gesundheitszustand sind (solange sie sich normal benehmen :-) ). Ich bin ich und Du bist Du.

So ungefähr... Lg,
Cara
TeemitHonig
Beiträge: 3
Registriert: 27. Aug 2015, 01:03

Re: Depression und Beziehung

Beitrag von TeemitHonig »

Hallo Cara,

danke für deine Antwort. Ich finde deine Einstellung sehr lobenswert, oft fällt es mir schwer mir selbst und meinen Angehörigen zuzugestehen, dass es mir wieder schlecht geht. Aber du hast mir einen Denkanstoß gegeben und ich werde mir das zu Herzen nehmen.

Was machst du denn in Momenten, wenn du alleine bist und es dir schlecht geht? Ich hatte schon Momente, in denen ich studenlang Löcher in die Wand gestarrt habe. Das ist aber nur an den ganz schlimmen Tagen so. Immer öfter schaffe ich es mich aufzuraffen und etwas zu machen, auch wenn ich nur die Küche aufräume oder die Wäsche mache.

LG
Cara Mia
Beiträge: 235
Registriert: 24. Aug 2015, 09:15

Re: Depression und Beziehung

Beitrag von Cara Mia »

Lieber TeemitHonig,

>> Was machst du denn in Momenten, wenn du alleine bist und es dir schlecht geht? Ich hatte schon Momente, in denen ich studenlang Löcher in die Wand gestarrt habe. Das ist aber nur an den ganz schlimmen Tagen so. Immer öfter schaffe ich es mich aufzuraffen und etwas zu machen, auch wenn ich nur die Küche aufräume oder die Wäsche mache. <<

Das ist eine ganz fiese Frage, was ich dann mache :-) Ich schleppe mich halt irgendwie so durch. Meine Wände haben auch schon Löcher. Ich bin konfus. Stehe auf. Gehe ins Bad. Gehe zurück zum Sofa. In die Küche. Mache den Kühlschrank auf. Habe vergessen, was ich da wollte. Was essen sollte ich. Nichts da, auch kein Appetit. Ich muss einkaufen. Nehme eine Tasche. Lege sie wieder hin. Setze mich auf´s Sofa.

Das ist schlimm. Ich bin innerlich unter Stress und komme nicht in Aktion. Komme in Untätigkeit, aber nicht in Ruhe.

Wenn ich noch klar genug bin, zu erkennen, was los ist, versuche ich das leichteste zu realisieren, was Besserung verspricht. Am besten funktioniert ein Treffen mit jemandem, das mich dazu bringt, das Haus zu verlassen. Aber das geht nicht immer. Manchmal bleibe ich also in diesem Zustand. Es bessert sich dann, wenn jemand kommt, bspw. mein Mann. Wenn ich aber in dieser Schleife hänge, ist die Erleichterung nur oberflächlich. Der ist jetzt zwar da, aber ich bin nicht fähig, mich zu unterhalten. Und außerdem ist er morgen früh wieder weg. Und dann sitze ich wieder da.

Egal. Ich versuche die kleine Verbesserung dazu zu nutzen, mich zu entspannen. Schlafen zu gehen. Und zu hoffen, dass es am nächsten Morgen besser wird. Irgendwann ist es bislang immer wieder besser geworden.

Ich habe gestern von Bittchen hier den Tipp bekommen, nach "positiven Aktivitäten bei Depression" zu googlen und habe eine wirklich wundervolle Liste mit über 300 möglicherweise angenehmen Tätigkeiten gefunden. Die könnte mir nützlich sein, denke ich. Da stehen wirklich einige Sachen drauf, auf die ich in dunklen Zeiten nicht von alleine kommen würde, die ich aber vielleicht gerne machen werde, wenn es mal wieder so weit ist. Kann ich Dir empfehlen und Deine Erfahrung damit würde mich interessieren!

Herzlich,
Cara
Lana_del_rey
Beiträge: 29
Registriert: 27. Aug 2015, 10:56

Re: Depression und Beziehung

Beitrag von Lana_del_rey »

Hallo Tee mit Honig,

Diese Angst kenne ich. Ich merke auch, dass mein Partner sehr unter meiner Depression leidet und ihm auch häufig das Verständnis dafür fehlt, warum ich mich in machen Situationen so und so verhalte. Das Problem ist, dass ich häufig selber gar nicht weiß, warum ich mich so verhalte. Ich habe anfänglich versucht, meinem Partner von meinem Gemütszustand nichts zu erzählen, weil ich ihn damit nicht "nerven" wollte. Das ist aber definitiv der falsche Weg. So wusste ich irgendwann gar nicht mehr, was ich sagen sollte und habe mich sehr zurück gezogen, was auch eher schädlich für die Beziehung ist. Deswegen kann ich nur raten, dass du auf jeden Fall mit deiner Partnerin offen sprechen solltest und vielleicht auch offen deine Angst ansprechen solltest, sie aufgrund deiner Erkrankung zu verlieren und dass du Angst hast, ihr nicht gerecht werden zu können.

Liebe Grüße
Lana
aikido_1987
Beiträge: 1133
Registriert: 24. Jul 2011, 20:43

Re: Depression und Beziehung

Beitrag von aikido_1987 »

Hallo TeemitHonig (schöner Name!),

ich kann dich sehr gut verstehen, meine Depression war und ist manchmal auch eine Geduldsprobe für meinen Partner. Wir sind jetzt 10 Jahre zusammen und genau vor 10 Jahren begann schleichend meine Depression. Was aber nichts mit meinem Partner zu tun hat. Ganz im Gegenteil, er hat mich zum durchhalten bewegt und mich unterstützt.

Mit den Jahren wurde meine Depression immer schlimmer, vom Hausarzt fühlte ich mich nicht ernst genommen und die Schicksalsschläge nahmen ihren Lauf. Am Ende habe ich mich nur noch zur Arbeit geschleppt (und heimlich im Dienstzimmer geschlafen) und Zuhause ging gar nichts mehr außer schlafen. Mein Partner hat zu diesem Zeitpunkt PC-Spiele gezockt und war beschäftigt. (Heute würde er mich niemals mehr so lange im Bett lassen) 2012 ging ich dann in die Klinik und das war recht schwer, denn mein Partner war gegen Medikamente (die ich bereits nahm) und gegen einen Klinikaufenthalt. Ich ging in die Klinik und wusste nicht, ob meine Partnerschaft bestehen bleibt, oder ob wir uns trennen.

Es gab mehrere Paargespräche und oftmals auch Unverständnis von meinem Partner mir und meiner Situation gegenüber. Wir sind bis heute zusammen geblieben und wir haben gemeinsam diese besonders schwere Zeit überstanden. Heute weiß ich, was mein Partner in der Zeit alles erleiden musste: 5 Monate allein Zuhause ohne mich und wenn ich am Wochenende mal Beurlaubt war, wollt ich meine Ruhe und war gereizt. Ich habe meinen Partner viel vernachlässigt, weil ich zu schwer krank war und viel zu sehr mit mir selbst beschäftigt. Aber unsere Beziehung hat das ausgehalten und heute habe ich Respekt vor dem, was mein Partner durchgemacht hat.

Ich weiß nicht, worin das Geheimnis liegt. Vielleicht war es die viele Zeit, die er allein war und die ihn zum Nachdenken angeregt hat. Aber auch die Paargespräche, in denen er auch Verständnis für seine Situation erfuhr, aber gleichzeitig gesagt bekam, was ich jetzt brauche. Und das ich nach 5 langen Monaten in die Tagesklinik kam und somit nachts wieder Zuhause war. Ein Dankeschön geht aber auch an unsere Katze, die meinem Partner in der schweren Zeit wo ich weg war, treu zur Seite stand (es ist ja was anderes, ob man alleine Zuhause ist, oder ob da noch ein Lebewesen ist).

Ich wünsche dir für deine Partnerschaft alles Gute!!! Möge sie stabil genug sein, auch die schweren Zeiten durchzustehen!!!

Liebe Grüße
aikido
TeemitHonig
Beiträge: 3
Registriert: 27. Aug 2015, 01:03

Re: Depression und Beziehung

Beitrag von TeemitHonig »

Liebe Cara,

bei mir ist es anders. Wenn ich meine Phasen habe, bin ich innerlich nicht aufgewühlt sondern eher taub, abgestumpft und müde. Ich habe oft keine Motivation etwas zu tun. Meine Partnerin versucht dann oft, mich aus dem Bett zu holen, mit mir raus zu gehen, Fahrrad fahren oder einkaufen. Irgendwas machen. Das hilft meistens ganz gut. Manchmal kann ich mich aber selbst nicht mal dann dazu überwinden, das ist natürlich auch ermüdend für sie. In dem Moment merke ich das leider nicht und im Nachhinein tut es mir dann leid.

Mich mit jemandem zu treffen ist schwierig, die meisten meiner Freunde wissen nicht von meiner Depression. Ich habe Angst, dass sie dann nicht mit mir umzugehen wissen. Ich weiß ja selber nicht, wie ich mit mir umgehen soll. Ich habe mir aber vorgenommen, bald mit engen Freunden darüber zu reden, auch um ein bisschen Last von den Schultern meiner Partnerin zu nehmen.

Diese Liste werde ich gleich auch mal suchen und mal schauen, ob sie hilft.


Hallo Lana,

ich habe auf die harte Tour gelernt, dass es besser ist, sofort Bescheid zu geben, wenn ich merke, dass ich wieder Depressionen habe. Leider schaffe ich es dann doch nicht immer und das führt selbstverständlich zu Unverständnis. Aber wir reden viel und offen darüber, vor allem wenn ich klar denken kann. Ich habe ihr schon gesagt, dass ich Angst habe sie zu verlieren und wir haben viel darüber geredet, was ich machen kann, damit sie weiterhin für mich da sein kann.
Das Problem ist nur, dass ich an besonders schlimmen Tagen ehrlich gesagt (und das ist mir sehr unangenehm) nur an mich denke. Ich kann das irgendwie nicht ändern. Ich sitze schweigend da und schreie mich innerlich an, dass ich ihr antworten soll aber ich bekomme kein Wort heraus.
Aber ich hoffe, das ändert sich in der Zukunft.

Liebe Grüße, TeemitHonig


Hallo aikido,

Den Namen habe ich genommen, damit ich immer an etwas schönes denken muss, wenn ich mich hier einlogge, egal wie es mir geht. :)
Über Paargespräche haben wir auch schon nachgedacht und wollen in Zukunft so etwas auch machen.
Wenn ich solche Geschichten wie deine lese frage ich mich, wie du das alles durchgehalten hast. Denn ich bin jetzt seit einem Jahr schon manchmal am Rande des Wahnsinns und kurz vor dem Aufgeben.
Meine Partnerin lässt mich jetzt auch nicht mehr einfach nur im Bett rumliegen, wenn es mir schlecht geht und das ist gut so. Ich habe mir angewöhnt früh aufzustehen und erstmal ein bisschen zu lesen, um den Tag gut zu starten und komplett auszuschöpfen. Ich habe das Gefühl das hilft mir sehr.

Ich wünsche auch Dir und deinem Partner alles Gute für die Zukunft und freue mich sehr, dass du mir Deine Geschichte erzählt hast. :)

Liebe Grüße, TeemitHonig
Antworten