Gefühlskalt

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Sidewalker
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Gefühlskalt

Beitrag von Sidewalker »

Hallo zusammen,
die Depression läst den Mensche ja gefühlskalt wirken. Ich erlebe es selber immer wieder und auch hier im Forum habe ich es oft gelesen. Bei meinem Mann kam diese Entwicklung schleichend, aus einem um seinen Freund weinenden liebevollen Menschen wurde ein Mensch, welcher eher menschenverachtend rüber kommt. Früher waren immer viele Menschen um ihn herum, ein ehemaliger Vorgesetzter sagte von ihm, dass er ein sensibelchen wäre. Bis seine Depression als soche erkannt wurde, vergingen ein paar Jahre und anfangs habe cih oft gedacht, dass er sich negativ entwickelt.
Dann nahm er seine Medikament und vieles wurde wieder besser. So richtig stabil wird er wohl nie werden, Freunde sind keine mehr da und solange ich"gut drauf" bin ist alles ok.
Doch an den Tagen, an denen ich einfach nur jemanden zum anlehnen brauche, i h bin krank, oder wenn Sensibilität auch bei anderen Mensch gefragt ist, versagt er kläglich. Er sagt er kann es nicht, kann nicht damit umgehen,weiß nicht was dann von ihm erwartet wird.
Wenn ich dann also wegen irgendeiner Sache traurig bin, kommt dann oben drauf eine Verzweiflung, weil er mich nicht auffangen kann. Habe mich aus diesem Grunde, wegen der tiefen Verzweiflung auch in psychatrische Behandlung begeben.
Meine Frage, verändert die Depression einen Menschen so nachhaltig oder gibt es da Hoffnung?
Was habt Ihr erlebt?

Vielen Dank und Grüße
Sonnenblume14
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Re: Gefühlskalt

Beitrag von Sonnenblume14 »

Hallo Sidewalker,

ich kann dir als Betroffene erzählen, wie ich das erlebe. Natürlich verändert sich etwas - muss es auch, denn die Depression kommt nicht aus dem Nichts, sondern hat einen Grund.

Oft sind es Aufopferung, Anteilnahme am Schicksal anderer und Überlastung (seelischer oder körperlicher Art), die die Menschen erkranken lassen. Sie achten ihre eigenen Grenzen nicht bzw haben es völlig verlernt, sie zu erkennen. "Stell dich nicht so an", ".... kann das auch", "reiss dich mal zusammen" "geht nicht, gibts nicht", alles Leitsprüche, die sehr oft in der Erziehung verwandt werden. Leistung und Härte werden bereits vom Kindesalter an gefordert - wer schwach ist, geht unter.

Seit ich gelernt habe, auf diese Grenzen der eigenen Belastbarkeit zu achten, schaue ich auch etwas neugieriger in die Umwelt und stelle fest, dass viele Menschen in der Lage sind, ihre Grenzen ganz klar zum Ausdruck zu bringen. Die sagen "nein" und fertig ist. Es wird auch nicht diskutiert.
Ich wurde aber vorher anders wahrgenommen. Es war selbstverständlich, dass ich immer zur Verfügung stand und bereit war, für andere Aufgaben zu übernehmen. "Frag mal Sonnenblume, die macht das schon". Und so schmolz die Freizeit , meine ICH-Zeit dahin. Das geht ganz lange gut - bis der Zusammenbruch kam.

Mühsam lernte ich in der Klinik, meine eigenen Grenzen zu erkennen und zu achten. Meinen eigenen Wert zu erkennen und MEINE Zeit als wertvoll zu erachten. Was passiert jetzt mit der Umwelt? Wenn ich "nein" sage, wird diskutiert, hinterfragt, plötzlich gelte ich als egoistisch. Dabei mache ich das Gleiche wie andere, nur möchte die Umwelt viel lieber die "alte" Sonnenblume zurück. Die, die hilft und ihre Zeit opfert.

Für mich ist das ein übler Weg. mir schlägt aus allen Richtungen Negatives entgegen. Innerlich kämpfe ich gegen die alten (gewohnten) Muster, die eigenen Hilfsbereitschaft. immer wieder muss ich die Richtung korrigieren, hinterfragen. Und, das gebe ich offen zu: diese Balance zu finden, ist schwer.

Man ist nicht gefühlskalt, sondern versucht, eine innere Balance zu finden zwischen dem alten, aufopfernden Leben und dem neuen, das eine gewisse Ich-Zeit berücksichtigt. Von außen wird das als negative Veränderung wahrgenommen. Tatsächlich ist sie aber notwendig, damit der Depressive sich selbst wieder achten lernt und zu einer inneren Ausgeglichenheit kommt. Je mehr man in diese Ausgeglichenkeit kommt, desto stabiler wird die Situation und desto belastbarer wird man auch wieder. Das alles braucht viel Zeit.
Emotional kommt noch hinzu, dass viele Antidepressiva Gefühle blockieren.

Ich frage mal ganz ketzerisch: Warum sollte er die Erwartungen anderer erfüllen, wenn er es nicht kann? Vermutlich hat er gelernt, sich gefühlsmäßig abzugrenzen, indem er sich nicht zu sehr mit der Situation identifiziert. Das ist für dich ungewohnt, für ihn vielleicht eine Lösung. Nicht alle Erwartungen müssen erfüllt werden, das kriegt niemand hin.

Wenn du Anlehnung brauchst, dann sag es ihm klar und deutlich. Musste ich in der Partnerschaft auch erst lernen. Gleichzeitig bleibt di eMöglichkeit, dass der andere nicht bereit ist, darauf einzugehen. Das heißt nicht weniger Liebe, sondern einfach, dass er seine eigenen BEdürfnisse schützt.

Für mich selber (eure Situation kann ja eine völlig andere sein) würde ich antworten: Ja, die Depression hat mich verändert. Für mich ist das Leben dadurch lebenswerter geworden, da ich gelernt habe, kleine Dinge zu sehen, zu achten und vor allem mich selber anders wahrzunehmen. Ohne Veränderung wäre die Depression geblieben, also war sie notwendig. Während der Depression habe ich die Aussicht darauf allerdings sehr negativ gesehen. Mir ist das erst später klar geworden.

LG Sonnenblume
"Depressionen sind kein Zeichen von Schwäche, sondern dafür, dass jemand zu lange zu stark sein musste" (Johnny Depp)

"Verstehen kann man das Leben nur rückwärts. Leben muss man es vorwärts." Sören Kierkegaard
mirabella
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Re: Gefühlskalt

Beitrag von mirabella »

Du hast das super erklärt, Sonnenblume14!

Diese totale Veränderung, zum Schutz, um wieder die Balance zu finden, fällt uns Angehörigen allerdings sehr schwer zu verstehen.
Der Partner sagt zu allem ja, um uns nicht zu verletzten weil er so erzogen wurde und das weitere Leben ihn geprägt hat.
Auf einmal kommt der Zusammenbruch und alles was vorher schön war, will er nicht mehr!
Weil jetzt sagt er erstmal zu allem "nein" und denkt nur noch an sich.
Aus der Sicht der Erkrankung kann ich das verstehen.
Aber es bleiben die Angehörigen mit ihrem Leid und "die Welt geht jetzt unter, was passiert da jetzt"
zurück!
Nicht nur emotional, sondern oft auch finanziell und völlig überfordert jetzt mit allem alleine da zu stehen.

Mein Mann hat versucht in der Klinik zwischen totalem Egoismus, was ich ihm auch vorgeworfen habe, und Selbstaufgabe, eine Balance zu finden.
Sodass er mich wenigstens finanzielle unterstützt.
Das hat er seines anfänglichen Aufenthaltes nicht eingesehen.
Gefühle waren irgendwann wieder da, allerdings nicht für mich, sondern für eine Andere die sich ihm
gegenüber Verständnisvoll dazwischen drängte.
Diese Gefühle sind auch während der Therapie wieder verschwunden!

Ja, er war überfordert mit sich, mit seiner Behinderung, die er nie akzeptiert hat.
Nachher war er überfordert was von ihm erwartet wurde (ganz normale Dinge)
Da er nie darüber geredet hat, vielleicht war es ihm auch nicht bewust, konnte auch nichts geändert werden und alles andere nahm seinen Lauf... Bishin zum totalen Zusammenbruch!
Wirrwarr im Kopf!
Mir wird in meiner Geschichte so nach und nach einiges klar und fange langsam an zu verstehen was ich nicht verstanden habe.

Ich denke auch das das Problem nicht "nein" sagen zu können die Ursache ist.
Immer das zu tun was andere erwarten, verlangen oder gut da zustehen. Immer der Gute, Nette, Liebe zu sein.
Das ist mir bei meinem Mann so oft aufgefallen, dass er immer beliebt sein wollte. Um beliebt zu sein muss man ja immer das machen was andere erwarten.

Ich glaube mein Mann versucht die Balance zu finden, zumindest bei mir. Ob er es auch bei andere macht, weiß ich nicht.

Jetzt verstehe ich auch den Zusammenhang in einer Therapie!
Erst alles reseten, dann die Balance finden!

Und das leider ohne Rücksicht auf Verluste :-(.
Und deshalb sollten die Angehörigen mit in einer Therapie!

Ich war 2 mal mit, habe Fragen gestellt und blöde, unbefriedigte Antworten bekommen.
Warum wird man nicht aufgeklärt?

LG
mirabella
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Re: Gefühlskalt

Beitrag von mirabella »

Sidewalker,
Mir ging es auch so, das er mich nicht auffangen konnte, als ich unten war und es mir aus beruflichen Gründen sehr schlecht ging.
Er konnte nicht damit umgehen und sagte einmal, dass er dieses Jahr am liebsten aus seinem Gedächnis streichen möchte!
Als er das sagte, war uns seine Depression noch nicht bekannt.
Ich dachte eigentlich das war mit der Auslöser.
Ich verstand die Welt nicht mehr!
Ja, er war damit überfordert!

Es war nicht der Auslöser, sondern die Depression war schon voll im Gange, mit zwischenzeitlich guten Phasen!

Dann kann nur der Auslöser der Mobbing seines Jobs gewesen sein ... OMG, kurz danach haben wir geheiratet. Unsere Ehe wurde mit dem Anfang seiner Depression geschlossen!
riverflow
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Re: Gefühlskalt

Beitrag von riverflow »

Ich kann nur als Betroffene sagen, ich war nie so egoistisch und ich werde es auch hoffentlich niemals werden und zum Glück ist mir an der Uni auch ein anderes Bild von Therapie vermittelt worden.
Ich bezweifle, dass es ein Fortschritt ist, überall anzuecken, weil nur noch die eigene Person zählt.
Das geht vielleicht als Single mit vielen unterschiedliche Bekanntschaften, die eher oberflächlich strukturiert sind.
Eine Partnerschaft wird so wohl nicht gelebt werden können, da gehts in einem gewissen Maß um Resonanz, ums Beantwortetwerden von Bedürfnissen.
Vielleicht ist ein Fehlen von Verlässlichkeit dann der Preis fürs "neue Ego".
mirabella
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Re: Gefühlskalt

Beitrag von mirabella »

Es kommt wahrscheinlich auch immer darauf an, welche Ursache die Depression hat!

Es wurde meinem Mann zB in der Therapie nahe gelegt nur an sich zu denken!
Ohne Rücksicht auf Andere. Nur das zu machen was ihm gut tut und erstmal alles hinter sich zu lassen was ihm nicht gut tut.
Das muss doch einen Grund haben.
Es wurde ihm nachher wohl auch vermittelt das er wohl doch für Einiges Verantwortung tragen muss. Deshalb kam er dann doch auf einmal zu der Einsicht, sich wenigstens Zt. an den Kosten zu beteidigen.
Das wird wohl mit Balance finden gemeint!

LG
mirabella
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Re: Gefühlskalt

Beitrag von mirabella »

Es kommt wahrscheinlich auch immer darauf an, welche Ursache die Depression hat!

Es wurde meinem Mann zB in der Therapie nahe gelegt nur an sich zu denken!
Ohne Rücksicht auf Andere. Nur das zu machen was ihm gut tut und erstmal alles hinter sich zu lassen was ihm nicht gut tut.
Das muss doch einen Grund haben.
Es wurde ihm nachher wohl auch vermittelt das er wohl doch für Einiges Verantwortung tragen muss. Deshalb kam er dann doch auf einmal zu der Einsicht, sich wenigstens Zt. an den Kosten zu beteidigen.
Das wird wohl mit Balance finden gemeint!

LG
Sonnenblume14
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Re: Gefühlskalt

Beitrag von Sonnenblume14 »

Hallo,

ich glaube, zunächst mal ist es therapeutisch so gewollt, das Umfeld auszublenden. Diese Ich-Fixierung muss erlernt werden. Denn Fakt ist: der Depressive ist krank und braucht Zeit (und nicht Verpflichtungen) um zu gesunden. Bei jeder anderen Krankheit wird das auch akzeptiert - niemand verlangt von jemandem, der einen Herzinfarkt hatte, dass er sich sofort wieder allen Verantwortungen widmet.

Gut, hier sind Emotionen im Spiel, das macht es kompliziert. Und es ist vermutlich leichter, ein gebrochenes Bein zu akzeptieren als eine Depression.

Das Ich-bezogene ist m.E. ein Schritt auf dem Weg. Gleichzeitig raten Therapeuten, sämtliche schwerwiegenden Entscheidungen aufzuschieben. Wenn der Heilungsprozess fortschreitet, kann man sich (in Maßen) ja wieder Verpflichtungen widmen. Ich kann von mir nicht sagen,d ass ich egoistisch geworden bin - aber ich denke über Zusagen nach - ob ich diese Zeit opfern möchte oder nicht. Ich helfe inzwischen wieder, aber ich bemühe mich, dabei gewisse Grenzen einzuhalten. Vieles, das ich früher "nebenbei" mit erledigt habe, lässt sich delegieren, ohne dass beiden Parteien ein großer Nachteil entsteht.

Ab einem bestimmten Zeitpunkt muss man ins Leben zurück. War bei mir genauso - aber das dauert. Ich habe im September letzten Jahres mit der Wiedereingliederung in meinen Job begonnen. Erst im April konnte ich wieder alte Belastungen tragen. Und selbst jetzt brauche ich noch Auszeiten - aberim gegensatz zu früher übergehe ich sie nicht mehr, sondern nehme sie an. Die komplette Balance habe ich aber auch noch nciht gefunden.

LG Sonnenblume
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mirabella
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Re: Gefühlskalt

Beitrag von mirabella »

Du hast Recht Sonnenblume14,
Man akzeptiert ein gebrochenes Bein und jeder weiß das er damit nicht zB mit den Hunden Gassi gehen kann!
Eine Depression wird nicht so schnell akzeptiert, da fragt sich jeder, warum kann er denn nicht mit den Hunden Gassi gehen?

Man weiß einfach zuwenig darüber.
Früher dachte ich auch immer, Depression ist, da kommt man nicht aus dem Quark, ist müde und lustlos.
Das es solche Auswirkungen haben kann, wusste ich bis vor kurzem auch nicht!

Ich kann es einfach nur wiederholen, dass Angehörigen sofortige Aufklärung bedarf!
Jede Depression ist auch anders und bei jedem Depressiven kommt es auch noch darauf an welche Charaktereigenschaften er hat oder ob noch andere phsychischen Probleme bestehen, das wirkt sich auch auf der Depression aus.
Sowas liest man nicht in Infoblätter.

LG
riverflow
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Registriert: 4. Apr 2014, 11:30

Re: Gefühlskalt

Beitrag von riverflow »

Mmmmmh,
dass bei Depressionen eine Ich-Fixierung erlernt werden muss, ist mir weder in Seminaren, Vorlesungen noch im Praktikum oder in der eigenen Therapie vermittelt worden.
Im Praktikum war vielmehr eine Menge Betroffener so einsam, dass sie Angst vorm Wochenende hatten, weil sie sämtliche sozialen Kontakte verloren hatten. Menschen sind dialogische Wesen, Sie können sich nicht allein das geben, was sie durch andere erhalten können, auch wenn das ein verführerischer Gedanke ist.

Ich denke, es kommt auch immer darauf an, was Betroffene in der Therapie heraushören möchten! Ob sie hören möchten, dass sie rücksichtslos nur noch auf sich schauen sollen.
Wenn ich jetzt eine spitze Bemerkung machen wollte, würde ich hinterfragen, wem es zugute kommt, wenn der nun gänzlich Ich-fixierte Betroffene überall aneckt und nur noch vom Therapeuten verstanden wird?

M. E. geht es darum, vorhandene Ressourcen zu stärken, damit der Betroffene lernt, mit allem umzugehen, besser klarzukommen. Eine ganz wichtige Ressource ist z.B. das soziale Umfeld. Und bei einem guten solchen ist Kontakt und Hilfe ja nicht einseitig. Jeder so, wie er im Moment kann.
Ein stabiles soziales Umfeld kann durchaus zur Genesung beitragen, außerdem kann es guttun, wenn sich jemand kümmert und auch das eigene Kümmern ist nicht altruistisch, sondern vielmehr durch positives Feedback und das Gefühl, gebraucht zu werden, förderlich fürs Selbstwertgefühl. Im Praktikum lag der Fokus darauf, dieses zu stärken, indem in verschiedenen Bereichen von den Betroffenen im Rahmen ihrer Möglichkeiten Verantwortung übernommen wurde. Und die waren alle so krank, dass sie z. B. nicht mehr arbeiten konnten. Aber dass wirklich gar nichts mehr geht, kommt ja zum Glück nicht so oft vor und ist meist auch auf einen zeitlichen Rahmen begrenzt.

Es sind so viele Faktoren, die einfließen. Die Ausrichtung des Therapeuten bestimmt z. B. dessen Annahme über den Auslöser der Depression.
Die Psychoanalyse geht von einem frühen, unbewussten Verlust aus (bei egoistischem Verhalten würde man also genau diese Verlusterlebnisse nur weiter "füttern"), es gibt die Theorie von erlerntem Verhalten, die biologische Sicht und die Annahme, dass depressives Verhalten in einer früheren Situation mal Sinn gemacht hat und dann beibehalten wurde, obwohl sich die Lage längst "entschärft" hat. Eine gängige Lehrmeinung geht auch davon aus, dass durch den Rückzug positive Verstärkung wegfällt, was letztendlich in einer Negativspirale endet.


In der systemischen Therapie wird z. B. gezielt die Frage gestellt, woran der Partner merken würde, wenn sich etwas zum Guten verändern würde. Es ist wichtig, das soziale Umfeld miteinzubeziehen (dieses auszublenden wäre m.E. ein fataler Fehler!), so dass dieses eventuelle Faktoren die die Störung aufrechterhalten verändern kann, andernfalls wird es wohl kaum zu einer dauerhaften Veränderung des Betroffenen kommen.

Ich denke nicht, dass es pauschal so ist, dass Menschen mit Depressionen ausgelaugt sind, weil sie sich bis zum Gehtnichtmehr aufgeopfert haben. Die Gründe der gängigen Lehrmeinungen sind mir plausibler.
Solange eine Balance zwischen Geben und Nehmen vorhanden ist, bzw. das Geben durch Dankbarkeit "belohnt" wird, denke ich nicht, dass es eine ungesunde Entwicklung nach sich zieht.
Sonnenblume14
Beiträge: 1038
Registriert: 16. Sep 2014, 18:36

Re: Gefühlskalt

Beitrag von Sonnenblume14 »

Hallo Riverflow,

leider wird geben eher selten mit Dankbarkeit "belohnt". Ich gebe zu, ich gehe natürlich sehr stark vom eigenen Erleben aus, daher kann das nur eine Variante des Ganzen sein - die jedoch bei diversen Patienten in der Klinik zutraf. Sorry, wenn ich das zu stark verallgemeinert habe.

Das Verlieren der Sozialkontakte, die Unfähigkeit, den Alltag zu meistern, sehe ich als Auswirkungen der Depression. Diese Aufopferung hat ja auch einen tieferen Grund - der mangelnde Selbstwert soll dadurch wettgemacht werden, dass andere einen positiven Eindruck haben und der Betroffene daraus die Aufwertung zieht. Mit einem Rückzug (auf Grund von Antriebslosigkeit) bricht auch das weg und es setzt damit eine Negativspirale ein. Ws im Kopf abläuft, kommt noch hinzu - Ängste, negative Gedanken usw.

@Mirabella: Es gibt durchaus Angehörigen-Selbsthilfegruppen, in denen vieles vermittelt wird. ich bin da ganz bei dir: diese Informationen sind enorm wichtig und ich finde es wirklcih toll, wenn die Anghörigen sich so Hilfe holen.

LG Sonnenblume
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mirabella
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Re: Gefühlskalt

Beitrag von mirabella »

Hallo,
Ich kann auch nur für meinem Mann sprechen oder wie ich das empfinde oder er mir das vermittelt.
Er fühlte sich auch überfordert weil er das Gefühl hat zuviel gegeben zu haben, aber nichts bekommen hat. Auch er wollte es allen Recht machen.
Natürlich hat er sich nicht aufgeopfert, aber er empfand das so.
Wenn er sein empfinden so in der Therapie übermittelt, klar wird ihm dann empfohlen, sich erstmal zurückzuziehen und nur an sich zu denken, um dann eine Balance zu finden.

Ja, diese Selbsthilfegruppen gibt es. Aber bis sich die Angehörigen auf dem Weg dort hin machen, ist es meist schon zu spät, bzw sind sie dann schon so ausgelaugt und haben vieles im Umgang mit dem Erkrankten falsch gemacht!

LG
Sidewalker
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Registriert: 24. Jun 2015, 20:18

Re: Gefühlskalt

Beitrag von Sidewalker »

Hallo zusammen,
danke für die rege Beteiligung.
Doch ist es bei uns ein wenig anders , als bei den meisten Schilderungen. Mein Mann hat sich niemals aufgeopfert, er konnte sehr gut nein sagen. Im Gegenteil er lies sich bei Freundschaftsdiensten meist zweimal bitten. Er hatte den Standpunkt: wem etwas wichtig genug ist, der fragt mich auch ein zweites mal. Dieses Veralten wurde im Laufe seiner Erkranungung auch schlimmer.
Seine Depri kam nicht aus diesem Grunde. Er nimmt Tabletten, ist damit auch konsequent, aber jede Form der Psychologischen Hilfe lehnt er ab. Reden und dann noch über Gefühle oder auch noch über sich, sieht erals Bedrohung.
In den letzten Jahren habe ich mich oft sehr klein gemacht, um ihn, uns und mich zu halten. Unsere Beziehung hat auch heute noch noch viel Erhaltenswertes und ich galube einfach, dass in ihm noch etwas von dem liebevollen Menschen steckt, den ich kennen gelernt habe.
Eine meinerr Ängste ist auch, dass ich mich vielleicht vertan habe, dass er gar nicht so sensibel ist, wie es vor 30 Jahren schien.
Ich kennne meine Bedürfnisse sehr gut und ich kann mitten in einer traurigen Phase, mich selber auf Seite schieben und ihmerklären, dass ich ihm nichst will und er auch gar nichts grißes tuen muß, sondern nur die Arme um mich legen und dasein.
Ich bin körperlich krank.
Es sind soviele Bezieheungen wegen dieser Erkranung in die Rüche gegangen, das will ich vermeiden.
Ich habe den Standpunkt, ich herrsche über meine Erkrankungen und nicht diese über mich. Doch über seien kann ich nicht herrschen.
Ich habe gefühlte Millionen Bücher gelesen, über depri, Gefühle, Reselienz etc. Ich versuche üb die Bücher durchzudringen, keine Chance.
Er: wenn Du glaubstDu könntest mich dazu bingen diese Saxhen zumlesen, dann liegst Du falsch.
Ich weiß das die Krankheit ihn dazu bingt, dass er sich nicht auf andere, mich einstellen kann, dass er Dinge nicht nachempfinden kann. Macht dieses Wissen es leichter für mich?
Nein! Ich habe die Hoffnung, dass es ein Schlupfloch gibt und dort dringe ich durch und er ist bereit sich mit den Mentalen Dingen im Leben auseinanderzusetzen.
Und mit dieser Hoffnung iehenndie Monate und Jahre vorbei. Manchmal denke ich, aha kleine Schritte um dann wieder ab zu stürzen. Und meine Traurigkeit wird immer mehr zur Verzweiflung.
Aber ich will nicht psychisch krank werden. Also laufe ich zum Therapeuten und ab nächsten Monat zur Selbsthilfegruppe. All dies kann zumindest nicht schaden.
Ich mache auch viele Dinge aus denen ich Kraft ziehe und ich würde meinem Mann so gerne helfen.
Ich wünsche mir so sehrein Leben in Ruhe, in Ausgeglichenheit.
Heute ist es so: ich bin ein Schrank und alle meine Türen und Schubladen stehen offen, Auch seine und das fühlt sich toll an. Dann plötzlich, wie aus dem Nichts ein Wirbelsturm und alle Türen und Schubladen gehen zu. Ich bin draußen und allein. Plötzlich, ohne Vorwarnung. Alleine und verlassen. Und schlimmer, er richtet sich dann gegen mich, irgendwas ist ja auch zu finden. Das tut so weh.
Und das ist meine ursprüngliche Frage: ist das wieder hinzubiegen?
LG
mirabella
Beiträge: 780
Registriert: 1. Jul 2014, 20:43

Re: Gefühlskalt

Beitrag von mirabella »

Hallo Sidewalker,
Ich lebe bewust mit dieser Krankheit meines Mannes erst seit 1 Jahr. Er ist noch lange nicht über dem Berg und über Heilung will ich erst gar nicht reden.
Deshalb kann ich dir auch diesbezüglich nicht wirklich helfen.
Meiner Meinung nach, nach dem ich viel in Foren, im Internet und durch Bücher herausgefunden habe, kommt es auch immer darauf an welcher Ursprung eine Depression hat.
Eine Depression ist ja nur eine Begleiterscheinung vom Erlebten. Verhaltensmuster und Erlebtes zB aus früheren Jahren oder Unfall, kommt noch hinzu.
Ich denke auch das AD für den Moment richtig und sinnvoll ist, allerdings betäubt es nur wie ein Schmerzmittel. Die Ursache ist noch vorhanden.
Deshalb ist auch eine Therapie so wichtig um einiges aufzuarbeiten oder verstehen lernen und mit verschiedenes besser umgehen zu können.

--- falls ich falsch Liege mit meiner Vermutung/Meinung darf korrigiert werden! ---

Da dein Mann eine Therapie ablehnt, wird es schwierig anzunehmen das er wieder dar Alte wird.
Vorallem weil er schon so lange diese Krankheit hat.

Obwohl ich auch nicht unbedingt davon überzeugt bin das diese Krankheit komplett geheilt werden kann. Man liest es zwar immer. Meiner Meinung nach kann sie immer wieder, falls irgendwas wieder schief läuft im Leben, auftreten.

Ich bin mir nicht mal mehr sicher wann die Depression bei meinem Mann aufgetreten ist.
Bemerkt wurde sie im Nachhinein, dass er sich verändert hat vor 2 Jahren.
Seit 1,5 Jahren ist er in Behandlung.
Davor hatte er vor 9 Jahren eine schwere Depression mit Suidzid, die nicht austherapiert wurde.
Also waren 7 Jahre dazwischen unbehandelt.
Sein Therapeut sagte, sie schlummerte nur und hat auf den nächsten Ausbruch gewartet.

Ich hoffe die Frage oder Hoffnung auf mehr wiederkehrende Gefühle Können dir Foraner beantworten, die schon länger mit einem Erkrankten zusammenleben oder schon länger mit dieser Krankheit Leben.

LG
Sonnenblume14
Beiträge: 1038
Registriert: 16. Sep 2014, 18:36

Re: Gefühlskalt

Beitrag von Sonnenblume14 »

hallo Sidewalker,

ich empfinde deine Situation als sehr schwierig. Wenn er keine Therapie will und alles von sich weist, dürfte Hilfe schwierig sein.

Nicht jeder Mensch kann sich anderen öffnen und mag sein INneres nach außen kehren. Für die Therapie ist das vermutlich notwendig, denn wie sonst soll ein Therapeut wissen, wie es in ihm aussieht.

Ich finde es gut, dass du dir Hilfe holst, vielleicht kannst du irgendwann deinen Mann überreden, die Sache gemeinsam in Angriff zu nehmen?!

LG Sonnenblume
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Sunshine90
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Re: Gefühlskalt

Beitrag von Sunshine90 »

Auch mit dem gemeinsam gibt es ein Problem, zumindest ist das bei mir so. Wenn er es nicht für sich selbst tun will, hat man quasi keine Chance. Man kann das so gut meinen wie man will und formulieren wie man will, wenn die Gefühle und die Empathie weg ist und man nicht mehr zu ihnen durchdringt, hat man einfach keine Chance, das ist ein absolut fürchterliches Gefühl. Ich habe ja das Glück, dass er sich Hilfe sucht, aber es noch dauern wird, bis die richtige Therapie beginnt, mindestens wohl noch bis Oktober und ich würde so gerne mit, auch lernen, Anteil nehmen, wissen, dass ich auch stattfinde und Informationen bekommen und zu lernen damit umzugehen, natürlich alles zur gegebenen Zeit, weil er andere und vielleicht auch dringendere Probleme als soziale Beziehungen hat, die dafür erstmal bearbeitet werden müssen. Ich habe aber Angst und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich da gar nicht stattfinden werde und auch niemals mitkomme, ich bin ja nicht seine Freundin er liebt mich nicht etc pp. volles Programm halt, aber ich bin ihm sehr wichtig, das weiß ich auch.

Ihm fehlt eindeutig Empathie und das Feingefühl im Umgang mit anderen Menschen, seien es Kellner oder auf Parties, Tanzlehrer usw. es wirkt als würde er versuchen da was zu überspielen. Er hat meine Freunde teilweise jetzt erst kennengelernt und die sind auch entweder genervt oder finden ihn komisch oder merkwürdig, er scheint das nicht zu bemerken, dass er sich tatsächlich komisch benimmt. Zu allem Überfluss hat er sich auch noch einen ausgesucht mit dem er gerne mehr machen möchte und den er näher kennenlernen will, der ihn nicht mag und auch von der Art her nicht passt, der sagt es ihm nur leider nicht...blöde Situation, ich sags ihm vielleicht einfach mal, wenn der andere das nicht auf die Reihe bekomme.

Ich scheife ab, tut mir Leid.

Liebe Grüße
Sunshine
"Life isn't about waiting for the storm to pass...
it's about learning to dance in the rain."
-Vivian Greene-
Sidewalker
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Re: Gefühlskalt

Beitrag von Sidewalker »

Ja, wenn er denn will. Das ist ja das wo es sich immer drum dreht. Da er oder sie aber nicht gesund ist, kann er/sie das ja gar nicht richtig beurteilen. Und bis jetzt war ich immer der Meinung, dass in so einer Situation der Gesunde gefragt ist. Das bedeutet, der Gesunde muss den Erkrankten in die richtige Richtung drehen. Das hat sehr viel mit Kraft und Selbstaufgabe zu tun, ich weiß. Sehr viele Gefühlsausbrüche sind auch dabei. Aber solange noch Hoffnung da ist.......?
Bekanntlicherweise stirbt diese zuletzt.
Es hat auch mit dem Erfüllen der eigenen Bedürfnisse zu tun, die ja in den Hintergrund gestellt werden. Und doch sind sie da! Und sie gehen auch nicht weg!
Es ist doch eine Gradwanderung zwischen dem alles machen für den Erkrankten, zwischen den eigenen Bedürfnissen und dabei selbst nicht krank werden, hoffnung und vielleicht doch keine Besserung, zwischen Bleiben, Aushalten der Liebe wegen, man weiß ja auch dass es mal anders war und villeicht doch wieder wird?
Zwischen helfen wollen, da sein, weil man einen Erkrankten ja nicht im Stich läst und leztendlich vor dem Wissen, dass es keine Erkrankung auf der ganzen Welt gibt, die mehr in die zwischenmenschliche Beziehung eingreift.
Man macht sich klein, obwohl man in Wirklichkeit gaaanz grooooß ist, da man der Erkrankung die Stirn bietet und ja bewußt das Leben gemeinsam weiterführt. Obwohl dr Ausgang für die eigene Sicherheit, für da eigene Leben sehr ungwiß ist.
Wenn dr Partner am Krebs erkrankt, weiß man dass dieser sterrben kann und man fortan alleine ist.
Wir wissen gar nichts. Es ist eine riesengroße Trostlosigkeit und Verzweiflung, da wir alles tun um den Partnerr zu stärken, aufzufangen usw. Wir lassen es zu, dass wir beschimpft werden, dass nicht mit uns gesprochen wird, dass wir den ganzen Dreck zusammen kehren. Dass wir das gemiensame Leben schmeißen, Verantwortung übernehmen, stark sind. Und meistens sehen sie es noch nicht einmal. Denn gleichzeitig sind wir Blitzableiter, die Verursacher der schlechten Gefühle, die Auslöser. Von uns, die eigentlich die Arbeit haben, die bereit sind sich auf alles einzulassen, über Grenzen gehen, neue Wege gehen, alles tun damit es besser wird fühlen sie sich kontrolliert und in die Enge getrieben. Das ist aus allen Aussgaen heraus zu lesen und genau das erlebe ich auch.
Es hört sich so hart an und es ist für die Erkarnkten mit Sicherheit extrem hart. Aber wir sind auch noch da. Und keiner kann sagen, das wird schon wieder.
Aber ist gehen, weggehen das richtige? Quält einen die Situation dann nicht auch den Rest des Lebens? Vor allem nach langer Ehezeit.
Aktuell versuche ich meinen Partner davon zu überzeugen, dass die Mauer nicht für alle Zeiten da sein muß, das es an ihm liegt sie einzureißen. Das seien Tabletten ihm im Laufe der letzten Jahre den weg geebnet haben. Er wieder gute Gefühle kennt. Dass unsere Ehe erhaltenswert ist. Wir kennen gar keine typischen Paarprobleme.
Ich habe ihm keine Zeit gesagt, aber mir eine gegeben. Und dann werde ich nach 30 Jahren einen Schlußstrich ziehen müssen. Oder ich muß einen Weg finden, mit meinem Bedürfniss nach Nähe, nach Dialog, nach aufgefangen werden wenn es mir schlecht geht klar zu kommen, dass ich es von ihme niur dann bekommen, wenn er bereit ist es zu geben. Und nicht wenn ich es brauche.
Und ich denke, dass kann ich nicht.
Gute Nacht und liebe Grüße
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