Gefühle während einer Depression / jahrelang depressiv?

Antworten
Sassy
Beiträge: 2
Registriert: 5. Jan 2015, 21:15

Gefühle während einer Depression / jahrelang depressiv?

Beitrag von Sassy »

Liebes Forum,

eigentlich müsste ich es ja selbst wissen, aber mich würde interessieren, wie ihr euch während einer depressiven Episode fühlt. Ist eure Stimmung durchgehend schlecht oder gibt es auch gute Stunden, Tage oder gar Wochen? Was heißt in diesem Zusammenhang überhaupt schlecht für euch?

Ich habe das Problem, dass ich eigentlich permanent um meine Stimmungslage kreise – und den Verdacht, sie gerade dadurch zu verschlechtern. Also ein Teufelskreis irgendwie. Andererseits habe ich auch ganze Tage, manchmal auch mehrere am Stück, an denen ich mich vollkommen normal fühle. Dann kommt wieder der Einbruch, häufig ausgelöst durch Gedanken wie „geht’s dir eigentlich gut? Wie genau geht’s dir?“ – also einem Kreisen um die eigene Stimmungslage. Bin ich abgelenkt, geht es mir besser. Passt das überhaupt zu einer Depression? Sind das depressive Tendenzen aber keine richtigen Depressionen? Was meint ihr dazu?

Interessieren würde mich auch, was es eigentlich heißt, jahrelang depressiv zu sein. Ich lese hier häufig „Ich leide schon XXX Jahre an Depressionen“ – heißt das, wirklich durchgehend krank zu sein oder gibt es auch in dieser Zeit Phasen, in denen es einem wieder gut geht? Ist damit also eher der Zeitpunkt von der ersten Depression bis heute gemeint – inklusive symptomfreier Wochen, Monate oder sogar Jahre?

Ich freue mich auf Antworten! :)

LG Sassy
timmie2002
Beiträge: 1706
Registriert: 2. Nov 2012, 13:32

Re: Gefühle während einer Depression / jahrelang depressiv?

Beitrag von timmie2002 »

hallo sassy,

ich möchte mich zum zweiten fragenteil äuern.

depression hat viele gesichter. auch chronische depression kann sehr unterschiedlich aussehen. von- es geht mir immer schlecht- bis -ich hatte meine letzte episode vor vielen jahren- ist wohl alles möglich.

ich stelle dir mal einen link eines früheren threads rein. mir haben die postings damals sehr großen aufschluss gegeben und geholfen, positiv und mit hoffnung mit meiner erkrankung umzugehen.

http://www.diskussionsforum-depression. ... +leiden%3F" onclick="window.open(this.href);return false;


glg final
Sassy
Beiträge: 2
Registriert: 5. Jan 2015, 21:15

Re: Gefühle während einer Depression / jahrelang depressiv?

Beitrag von Sassy »

Liebe Final,
danke für den interessanten Link - die Antworten dort geben Mut und machen mir gleichzeitig ein bisschen angst. Ich hatte immer gehofft, man wäre zwischen depressiven Phasen i.d.R. symptomfrei, dem scheint ja eher nicht so zu sein.
darf ich fragen, ob es dir mittlerweile besser geht bzw. in welcher Phase du dich befindest?
Sonnenblume14
Beiträge: 1038
Registriert: 16. Sep 2014, 18:36

Re: Gefühle während einer Depression / jahrelang depressiv?

Beitrag von Sonnenblume14 »

Hallo,

sicher äußert sich das bei jedem anders. Ich hatte z.B. abends meist sehr gute Phasen, die sich "normal" anfühlten. Das gab mir die Gelegenheit, zu diesem Zeitpunkt über meine Sorgen, die tagsüber riesig erschienen, nachzudenken und zu schauen, wie sie im "normalmodus" aussehen. Das hat nicht viel geholfen, aber etwas, vor allem, wenn ich es aufgeschrieben habe.

es gab immer bessere und schlechtere Tage, allerdings empfand ich die Abstürze immer als heftig. Man kämpft sich raus aus dem Loch, hängt mit beiden Händen an der Kante und dann tritt einem irgendjemand voll aufdie Finger, so dass man wieder reinfällt. So kam mir das vor.

LG SOnnenblume
"Depressionen sind kein Zeichen von Schwäche, sondern dafür, dass jemand zu lange zu stark sein musste" (Johnny Depp)

"Verstehen kann man das Leben nur rückwärts. Leben muss man es vorwärts." Sören Kierkegaard
ichbingut
Beiträge: 1015
Registriert: 6. Aug 2014, 00:45

Re: Gefühle während einer Depression / jahrelang depressiv?

Beitrag von ichbingut »

*
Zuletzt geändert von ichbingut am 5. Sep 2018, 19:56, insgesamt 1-mal geändert.
Der Weg ist das Ziel!
timmie2002
Beiträge: 1706
Registriert: 2. Nov 2012, 13:32

Re: Gefühle während einer Depression / jahrelang depressiv?

Beitrag von timmie2002 »

hallo sassy,

hoffnung ist für uns ganz besonders wichtig. mut ebenso. wir müssen uns der erkrankung stellen. und das ist richtig schwer. doch es lohnt sich!

zurzeit geht es mir richtig gut. nach einer schweren episode, die wieder ein halbes jahr andauerte und mich bis an die grenze brachte, darf ich eine gute zeit genießen. einzig müdigkeit und erschöpfung machen mir weiterhin zu schaffen. da ich noch krank geschrieben bin, kann ich damit recht gut umgehen. außerdem lasse ich diagnistizieren, ob vielleicht doch körperliche ursachen für die ständige müdigkeit vorliegen. so war ich heute beim hno-arzt und habe eine überweisung für die untersuchung im schlaflabor wegen verdacht auf schlafapnoe.

desweiteren liegen einige veränderungen bei mir an: teilrente beantragt und verkürzung der arbeitszeit, nochmaliger umzug. manchmal habe ich ein bisschen angst deswegen, doch überwiegt die hoffnung, mit diesen veränderungen weitere bessere umstände für die bewältigung der depri zu erringen.

es ist ein langerr weg und ein schwerer. immer wieder muss man kämpfen, obwohl man oftmals keine kraft mehr hat. aber wenn ich wieder eine gute phase wie im moment erreiche, dann weiß ich, dass es sich lohnt, nicht aufzugeben.

mein ziel ist zu erreichen, dass mich depressive phasen nicht mehr so stark herunterreißen. mit jeder phase habe ich auch etwas dazugelernt. und deshalb bin ich überzeugt davon, dass ich dies schaffe.

übrigens war und ist für mich der austausch hier im forum immer sehr hilfreich.

lass dich nicht entmutigen!

glg final
heinzpeter
Beiträge: 43
Registriert: 19. Jun 2015, 19:26

Re: Gefühle während einer Depression / jahrelang depressiv?

Beitrag von heinzpeter »

Hallo Sassy, wenn ich meinen Arzt frage oder wenn ich mich hier im Forum rumhöre - dann bin ich tatsächlich depressiv. Man könnte das sogar mit frühkindlichen negativen Erlebnissen begründen. Doch ich will mich nicht so einfach abstempeln lassen, das wäre so, als würde ich mich selber aufgeben. Kann ja sein, dass ich etwas wehleidig bin - das wird vielen Männern ja sowieso nachgesagt. Denn jede Kleinigkeit ärgert mich; es sind ja immer die anderen, die MICH ärgern. Nichts kann ich recht machen. Ich bin ein Versager. Und ein Gedanke, der mich in der letzten Zeit besonders umtreibt: Wozu soll ich in meinem Alter noch was machen? Was bringt das noch? Ja, solche Gedanken kommen mir immer wieder. Ich weiß nicht, ist das jetzt tatsächlich so oder nur Einbildung?
"Nur" ist gut. Das ist schlimm genug. Ich habe an anderer Stelle in diesem Forum schon mal geschrieben, ich sei ja gar nicht depressiv. Aber irgendwas muss da ja sein, denn manchmal geht's mir wirklich schlecht. Doch bin ich andererseits auch der Meinung, wenn man in einer schlechten Stimmung ist, sollte man versuchen, den Fluss der negativen Gedanken zu unterbrechen - das geht sicher. Dann ist man eben nicht depressiv, das klingt so negativ, man ist vielleicht etwas empfindsamer (nicht empfindlicher!) als andere. Und das ist doch eigentlich auch eine positve Eigenschaft, nicht wahr?
Sehe ich das zu naiv? Glaube ich nicht, ich versuche, positiv zu denken. Ich will nicht behaupten, dass das leicht sei.Ich will (mich) aber nicht aufgeben. Da bin ich viel zu neugierig, was das Leben noch bringt.
Liebe Grüße auch an alle, die hier mitlesen! Lasst euch nicht unterkriegen!
heinzpeter
ichbingut
Beiträge: 1015
Registriert: 6. Aug 2014, 00:45

Re: Gefühle während einer Depression / jahrelang depressiv?

Beitrag von ichbingut »

*
Zuletzt geändert von ichbingut am 5. Sep 2018, 19:55, insgesamt 1-mal geändert.
Der Weg ist das Ziel!
Botus
Beiträge: 2096
Registriert: 29. Mär 2014, 06:36

Re: Gefühle während einer Depression / jahrelang depressiv?

Beitrag von Botus »

Es heißt ja überwiegend, die Depression käme von innen. Die verschiedenen Arten der Depression nehmen in ihrer Definition auch immer Bezug auf bestimmte Vorgeschichten und Umstände, die für die jeweils Erkrankten typisch sind. Das ist auch bei Problemen, wie z.B. der Sozialphobie so.

Diejenigen, auf die das alles "passt", werden ihre Gefühle während der Krankheit klarer beschreiben können als die Erkrankten, auf die nichts passt.

Ich finde mich zum Beispiel in den Symptomen anderer Erkrankter gut wider, aber meine Vorgeschichte ist ganz anders. Auch meine Art zu reagieren, wenn es mir schlecht geht, ist stark abweichend von dem, was typisch wäre. Auch mein Alltag sieht völlig anders aus.

Es gibt da kaum Übereinstimmungen zu anderen Erkrankten. Dennoch sind meine Symptome identisch. Aus diesem Grund sind meine Gefühle auch ein einziges Hin- und Her.

Auf der einen Seite akzeptiere ich, dass ich diese Krankheit habe. Die Symptome sprechen für sich. Aber auf der anderen Seite sehe ich aber auch, dass ich gemäß der Defintionen kein typischer Kandidat für sowas bin.

Wenn ich mich z.B. mit typischen Vorgeschichten beschäftige, passen diese sehr gut, aber nicht auf mich, sondern auf Personen aus meinem heutigen Umfeld und auch auf meine beiden Elternteile. Das gilt auch für Dinge wie z.B. Selbstwertprobleme oder das Gefühl, als Kind nicht gewollt, bzw. nicht geliebt worden zu sein. Das trifft alles exakt auf Personen in meinem näheren Umfeld zu und meine Eltern haben auch darunter gelitten. Ich hingegen fühle sowas nicht, da kann ich so viel grübeln wie ich will.

Insofern wäre ich außer stande, meine Gefühle während der Krankheit einigermaßen klar zu definieren. Mein hauptsächliches Gefühl ist das Gefühl großer Ungerechtigkeit. Ich habe sehr oft das Gefühl, dass andere mir ihre Sachen unterschieben.

Das gilt auch für die ersten Reaktionen auf mich, mit denen ich gelegentlich konfrontiert bin und die mir stark zusetzen. Manche Leute reagieren spontan sehr negativ, aber die Betreffenden zeigen keine Antipathie, sondern beziehen sich ganz konkret auf Mängel, die sie in mir sehen. Sie "melden" diese Mängel oder sie machen sich lustig darüber (abfälliges Reden). Auch dann verspüre ich das Gefühl von Ungerechtigkeit. Schließlich sehen die nicht nur mich, sondern ich sehe sie ja auch und ich gucke genau hin. Dann sehe ich, dass die mir Sachen unterschieben wollen, die eher auf sie zutreffen als auf mich.

Das ist auch der Grund, warum meine Phasen nicht einfach so von selber kommen und gehen, sondern sehr stark davon bestimmt werden, mit wem ich es gerade zu tun habe. Wenn nichts ist, dann ist auch nichts. So ist das bei mir. Deshalb könnte man mein heutiges Leben als Slalomlauf beschreiben. Anstatt wie ein Gesunder den Kontakt zu anderen Menschen zu suchen, laufe ich Slalom. Ich habe den Eindruck, dass fast jeder irgendwas hat, das schwer auf seinem Rücken lastet und zu bestimmten destruktiven oder kontraproduktiven Mustern oder zu erhöhter Streitlust führt. Dann mache ich sicherheitshalber einen Bogen. Meine Kontakte zu anderen sind somit spärlich. Ich kenne aktuell nur eine Handvoll Menschen, die glücklich und zufrieden sind. Aber diese wenigen Kontakte sind sehr positiv und somit sehr erfreulich. Sie geben mir die nötige Kraft, weiter zu machen.

Liebe Grüße vom Dobi
Antworten