Brauche Rat von Betroffenen (Arbeit, Psychosomatik usw.)

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T Ally
Beiträge: 595
Registriert: 30. Jul 2014, 14:34

Re: Brauche Rat von Betroffenen (Arbeit, Psychosomatik usw.)

Beitrag von T Ally »

Hallo Owly Chan,

ich kann Dich sehr gut verstehen, da es mir genau so ging bzw. geht. Ich bin Dir nur ein paar Monate voraus.

Hier im Forum wird gern des sozialpsychiatrische Dienst empfohlen. Den findest Du bestimmt auch in Deiner Stadt.

Ansonsten versuche ich mal, mich an Deine Fragen und Aussagen zu erinnern. Ich wurde Anfang dieses Jahres vom Psychiater krank geschrieben und habe mir total den Kopf gemacht, was mein Chef und meine Kollegen denken. Der Arzt ist ja auf dem gelben Schein vermerkt. Im Endeffekt ist mir überhaupt nichts passiert. Ich war drei Monate krank geschrieben und bin nun seit Anfang Mai in der Eingliederung und weiterhin AU. Ich bekomme Krankengeld, das anfangs noch aufgestockt wurde vom Arbeitgeber, nun aber nicht mehr. Diese Einschränkung ist schon deutlich, aber es tut mir gut, mich mittags aus dem Büro verabschieden zu können. Im Juni muss ich Vollzeit wieder ran und habe noch Bedenken.
Meine Kollegen sind nicht dumm, bei einer langen AU-Zeit wissen die schon, was dahinter steckt. Offen ausgesprochen habe ich die Diagnose ggü. Kollegen un Arbeitgeber nicht, aber man muss sich nichts vormachen...

Einen Kündigungsgrund hat der Arbeitgeber bei längerer Krankheit keinesfalls. Wenn Du schon sieben Jahre dort beschäftigt bis, gehe ich mal davon aus, dass Du keinen befristeten Vertrag hast. Also mach Dir darum keine Gedanken. Habt ihr einen Betriebsrat? Dann frage dort nach und hole Dir Beistand. Das hat mir auch gut getan.
Selbst kündigen würde ich an Deiner Stelle nicht. Wenn es irgendwann darauf hinaus läuft, dann lasse Dich bei einem Anwalt beraten und hole Dir auch Unterstützung vom Arbeitsamt. Besser ist ein Aufhebungsvertrag, dieser muss aber bestimmte Anforderungen erfüllen, damit Du keine Einschränkungen und Sperrzeiten beim Arbeitsamt bekommst.
Gerade auch gesundheitlich kann man so etwas begründen. In diesem Fall ist es gut, wenn Du einen Facharzt an Deiner Seite hast. Psychiater haben i.d.R. längere Wartezeiten, vlt.wäre es gut, wenn Du Dich schon einmal um einen Termin bemühst. Du wirst Wochen, wenn nicht Monate, warten müssen. Ich musste seinerzeit trotz Beziehungen zwei Monate warten.

Zur Reha: Mein erster Antrag ohne großartige AU Zeiten wurde direkt abgelehnt. Eine psychosomatische Reha ohne Facharzt ist fast unmöglich. Der zweite Versuch wurde erneut abgelehnt und ich habe Widerspruch eingelegt. Auch der Arzt hat noch einmal etwas geschrieben. Zwischenzeitlich war ich mehrere Wochen AU und habe mich auch gegen Medikamente nicht mehr gesträubt. Mit diesen Argumenten hat die Bearbeitung des Widerspruchs 3 Monate gedauert und ich habe eine Zusage erhalten. Die zugewiesene Reha-Klinik hat auch noch einmal Wartezeiten, so dass vom ersten Antrag bis zum Antritt der Reha wohl 7 Monate ins Land gehen.
Solltest du eine Reha anstreben, dann denke daran, dass Du eine Wunschklinik angeben kannst. Das habe ich nicht gewusst, bin aber mit meiner Zuweisung zufrieden und lasse mich überraschen.

Was man einem neuen Arbeitgeber zu einer evtl. Lücke im Lebenslauf sagt hängt wohl sehr vom Einzelfall ab.
Eine Freundin hat es mit der Wahrheit versucht und ist damit gut gefahren. Lügen fallen Dir irgendwann eh auf die Füße. Noch bist Du nicht gekündigt, Dein Arbeitgeber hat keinen Grund dazu, also mach dir derzeit noch keinen Kopf. Und sollte es so weit kommen, hast Du ein Anrecht auf ein positives Zeugnis. Du kannst dann immer sagen, dass es aus Deinem Antrieb geschehen ist, dass Du diesen Arbeitgeber verlässt. Aus dem Zeugnis darf es nicht anders hervor gehen.
Ansonsten gehen immer schön die Floskeln: neue Herausforderung, anderes Arbeitsgebiet...
Ich denke, aufrichtig bleiben und nicht aufschneiden und lügen, das ist das Wichtigste.

ich habe auch oft darüber nachgedacht, mir einen neuen Job zu suchen. In mehr als 20 Jahren Arbeitsleben habe ich zweimal den Arbeitgeber gewechselt. Letztendlich war es nur ein Weglaufen. Ich bin im gleichen Job tätig und scheitere immer wieder. Somit mache ich mir derzeit Gedanken, ob es überhaupt der richtige Job für mich ist. Vielleicht muss ich einfach grundsätzlich etwas ändern, ein erneuter Arbeitgeberwechsel wird an meiner Grundsituation nichts ändern. Kraft für einen neuen Start habe ich derzeit nicht. Ich habe auch noch einen weiten Weg vor mir.

ich wünsche Dir für Deinen Weg alles Gute und viel Kraft und Durchhaltevermögen.
T Ally
Beiträge: 595
Registriert: 30. Jul 2014, 14:34

Re: Brauche Rat von Betroffenen (Arbeit, Psychosomatik usw.)

Beitrag von T Ally »

Hallo Owly chan,

grad guck ich noch einmal kurz hier rein und sehe Deinen neuen Beitrag.

Mein Chef hat total super reagiert als ich mich aus der Krankheit endlich wieder mal gemeldet habe. (Abgesehen von den Krankmeldungen). Meinen alten Arbeitsplatz habe ich nicht zurückbekommen und übe jetzt andere Tätigkeiten aus. So ist erst einmal der Leistungs-, Mengen- und Zeitdruck raus.
Die Kollegen sind, wie gesagt - nicht dumm, und wissen schon, was los ist. Ich war zwar krank, aber nicht bettlägerig. Habe kein gebrochenes Bein und nichts, was sichtbar ist. Also gibt es nur eins, was es sein kann. Sie sind alle sehr nett und eher besorgt. Dumme Sprüche habe ich nicht bekommen. Das schlechte Gewissen ist bei mir aber auch immer präsent.

In der Krankschreibung habe ich mich auch nicht gern draußen gezeigt und mir viele Gedanken gemacht, was andere über mich denken. Wenn ich einen Kollegen gesehen habe, dann stieg sofort der Puls. Das ist erst besser geworden, als ich wieder an den Einstieg in den Job denken musste. Ich habe dann einmal die Zähne zusammen gebissen und meinen Chef im Büro besucht. Danach ging es mir gleich ein wenig besser.

Ich habe immer gedacht, dass der Job mein einziges Problem ist. Nach den ersten Therapiestunden musste ich aber einsehen, dass eine ganz andere Gemengelage Grundlage meine Probleme ist. Den Job habe ich nur am Längsten am Laufen gehalten, zwischenzeitlich ist mir vieles entglitten.
Es ist erstaunlich, was einem im Rahmen der Therapie und bei gezielten Nachfragen seitens des Therapeuten alles bewusst wird.
Ich weiß, dass mein Job meinen grundsätzlichen Einstellungen und Werten entgegen steht. Daher stresst es mich auch sehr, dort täglich bestehen zu müssen. Ich habe aber noch keine Kraft um daran etwas zu ändern und möchte auch meinen relativ guten Verdienst nicht missen. Irgendwann, wenn es mir dauerhaft besser geht, muss ich mich aber definitiv damit auseinandersetzen. Und Geld ist nicht alles, momentan überfordert mich das alles aber noch.
Gerade geht es mir ein wenig besser, das kann ich immer an meiner Aktivität hier im Forum ablesen. An guten Tagen bin ich aktiv dabei, dann folgen wieder Wochen, in denen ich keinen Beitrag schreibe.

Du schreibst von Deinem bevorstehenden Termin beim Therapeuten.
Du weißt schon, dass ein Therapeut kein Facharzt ist, bzw. meist keiner ist? Der Therapeut macht die Psychotherapie, also Gespräche. Er kann Dich aber nicht krank schreiben, wenn er kein Arzt ist. Auch den Reha Antrag wird er nicht machen.
Ein Facharzt verschreibt Medikamente und ist eben für die AU und den Reha-Antrag etc. zuständig. Am Besten suchst Du nach Neurologen/Psychiatern und versucht, dort einen Termin zu bekommen.

Ich drücke Dir die Daumen, dass Du schnell Deinen Weg findest.

Gute Nacht!
Sonnenblume14
Beiträge: 1038
Registriert: 16. Sep 2014, 18:36

Re: Brauche Rat von Betroffenen (Arbeit, Psychosomatik usw.)

Beitrag von Sonnenblume14 »

Hallo,

zunächst einmal finde ich es gut, dass du dich dem Problem stellst und dir Hilfe suchst. Damit hast du schon einen großen Schritt getan.

Eines sollte dir klar sein: die Gesundheit steht über allem. Achtest du nicht darauf, verlierst du alles. Kurz: schleppst du dich zur Arbeit, löst du das Problem kurzfristig, mehr aber auch nicht. Der Stresspegel bleibt und am Ende bleibst du auf der Strecke. Das mal als Grundgedanke.
Der Arbeitgeber kann dir nicht kündigen. wie offen du mit der Problematik umgehen kannst und willst, hängt sicher vom Arbeitgeber ab. Da du schreibst, dass schon einige wegen Burnout krankgeschrieben waren, hast du ja sicher eine Idee, wie dien Arbeitgeber damit umgeht. Ob schnell gekündigt wird oder der Arbeitgeber Unterstützung bietet. Ansonsten wirst du für den Arbeitgeber nach sechs Wochen LFZ ja "billiger" - er braucht ja nichts mehr zu zahlen, das übernimmt di eKrankenkasse.

zur Hilfe: Psychotherapie ist immens wichtig. Wenn dujetzt schon an eine Reha denkst ... eine andere Variante ist eine klinische Behandlung (die ist intensiver und darf länger dauern), ggfs Tagesklinik. Dafür bräuchtest du aber vermutlich entwedereinen sehr versierten Hausarzt oder einen Psychiater (zusätzlich zum Therapeuten) bzw eine PIA (psychiatrische institutsambulanz = in Kliniken zufinden). Die können über die Notwendigkeit dieser Maßnahme entscheiden.
Eine solche Zeit könnte dir als Auszeit bzw Reflexionszeit dienen, um dir darüber klar zu werden, welchen Stellenwert dein Arbeitgeber hat, bzw welche alternativen du hast. Dabei kann übrigens auch der psychosoziale Dienst helfen.

Du siehst, es gibt diverse Hilfsangebote, die man nutzen kann. Man kennt sie nur oft nicht.

Ich drücke dir ebenfalls die Daumen, dass du mit dem Geschreibsel etws anfangen kannst und dir ein wenig geholfen ist. Kopf hoch! Und vor allem: mach DIR keine Vorwürfe -

Liebe Gruesse
Sonnenblume
"Depressionen sind kein Zeichen von Schwäche, sondern dafür, dass jemand zu lange zu stark sein musste" (Johnny Depp)

"Verstehen kann man das Leben nur rückwärts. Leben muss man es vorwärts." Sören Kierkegaard
Minya
Beiträge: 79
Registriert: 18. Sep 2014, 16:42

Re: Brauche Rat von Betroffenen (Arbeit, Psychosomatik usw.)

Beitrag von Minya »

Hallo Owly.

Muss leider gestehen, dass ich nicht alle Antworten intensiv gelesen habe, da es mir zum Teil zu lang war. Sorry an dieser Stelle. Aber ich denke auch, da jede Geschichte individuell ist, brauchte ich das gar nicht alles zu lesen ;).

Ich kann dir nur von der Warte meines M berichten. Die körperlichen Sympthome die schilderst, hatten wir auch alle durch..durch das schlechte Schlafen ist das Immunsystem geschwächt und man fängt sich dauernd was Neues ein..Kopfweh, Magen-Darm usw. usw.
Kommt alles von der Depression. Dein Kopf sagt "Mach weiter" und der Körper schreit "Ich kann aber nicht mehr". Zwickmühle.

Nun kurz zu deinen Fragen
- Kündigen : Alsooo dass du "auf keinen Fall" gekündigt werden kannst, sehe ich grenzwertig. Wir waren deswegen auch bei einem Anwalt und was soll ich sagen? Es war rechtskonform. Der AG durfte meinen M während der AU kündigen. Wieso? Weil er einen Job bekleidete, der wieder besetzt werden MUSSTE. Es hätte dem Betrieb finanziell geschadet und Einbußen gebracht..es war NICHT absehbar, wann mein M wieder arbeitsfähig wird und deswegen durften sie ihn ganz rechtlich, ohne Probleme, in der Krankheit kündigen.
Das ist nur unsere persönliche Erfahrung. Ich will dir damit keine Angst machen, aber die Realität sieht leider oft so aus. Wenn man nicht funktioniert oder seine Leistung bringt, wird man ausgetauscht. Tut mir leid. Es soll nicht so hart klingen, wie es sich liest. Aber man hat nicht automatisch einen Schutz vorm Kündigen wenn man ne AU hat. Im Mutterschutz zB ises schwieriger, aber ebenfalls NICHT unmöglich gekündigt zu werden. Es gibt auch für den AG genug Schlupflöcher wo er keine rechtlichen Konsequenzen befürchten muss.

- Kur : Wir haben keine beantragt, aber ich meine es gibt die Möglichkeit eines Dringlichkeitsantrages und dann geht es schneller als sonst. Kann ich aber leider nicht viel zu sagen. Meine Freundin machte eine "normale" Kur mit Kindern und hatte nach 6 Monaten ne Kurstätte zugesprochen bekommen. Da gings ratzfatz.

- Umgehen bei Nachfragen : Mein M hatte ganz diplomatisch geantwortet, dass es einige schwere Krankheitsfälle in der Familie gab und er sich deshalb eine "familiäre Auszeit" nahm. So stand es in der Lücke (6 Monate!) ins einem Lebenslauf. Zu dem Zeitpunkt stand nach den 6 Monaten, dass er seit 2 Monaten auf "beruflicher Neuorientierung" ist. Er hat NIE beim Gespräch thematisiert, dass ER schwer krank war und dann wurde halt auch nicht groß nachgefragt. Solange man souverän antwortet und ein potenzieller AG nicht denkt, dass man was verbirgt, wird auch nicht groß nachgebohrt nach dem wieso, weshalb und warum.

Ich wünsche dir alles Gute!
-Minya
John4155
Beiträge: 395
Registriert: 23. Mai 2011, 18:41

Re: Brauche Rat von Betroffenen (Arbeit, Psychosomatik usw.)

Beitrag von John4155 »

Hallo Du,

gerne teile ich meine Erfahrungen mit Dir:

-Was sage ich dem Chef wenn ich weiterhin mehrere Wochen krankgeschrieben bin (aktuell j nur bis Freitag)? Sage ich am Telefon einfach nur "Ich bin krank und es wird voraussichtlich erstmal so-und-so-lange dauern"?

Dein Chef hat keinen Anspruch darauf den Grund Deiner Erkrankung zu erfahren. Ich hatte meinen Chef über meine Depressionen, und die unbekannte Dauer meiner Erkrankung informiert.

- Kann meine aktuelle Arbeitsstelle mich nach sechswöchiger Krankheit (die ja noch betrieblich übernommen wird, soweit ich weiß) kündigen?

Das kommt darauf an. Ich wurde nach 6 Wochen fristgerecht gekündigt.

- Wie lange dauert es etwa, bis man zur Kur/Reha kann?

Das ist unterschiedlich. Ich musste etwa 4 Monate warten.

- Wenn man sich währenddessen woanders bewirbt und die dann Lücken im Lebenslauf sehen falls man gekündigt wurde/oder selbst hat. Und die fragen dann danach. Wie geht man damit um?

Ich war immer ehrlich, und habe angegeben wenn ich arbeitslos war.

LG
Viele Grüße

John
Zarra
Beiträge: 5734
Registriert: 12. Mär 2010, 15:16

Re: Brauche Rat von Betroffenen (Arbeit, Psychosomatik usw.)

Beitrag von Zarra »

Hallo,
- Kann meine aktuelle Arbeitsstelle mich nach sechswöchiger Krankheit (die ja noch betrieblich übernommen wird, soweit ich weiß) kündigen?

Das kommt darauf an. Ich wurde nach 6 Wochen fristgerecht gekündigt.
Ich möchte das nicht einfach so stehen lassen. - Natürlich hängt es vom Arbeitsvertrag ab (befristet/unbefristet, noch in der Probezeit, ...) und ggf. den tariflichen oder gesetzlichen Vereinbarungen dahinter! - Und manche Arbeitgeber versuchen natürlich auch die Kündigung in der Hoffnung, daß nicht widersprochen und geklagt wird.

Bei einer Befristung wird dann einfach nicht verlängert - das ist wohl sehr, sehr, sehr häufig, und aus Arbeitgebersicht ja verständlich. Und in der Probezeit geht es auch oft fix. In beiden Fällen kann man nicht viel tun.

In anderen Fällen kann es schon differenzierter aussehen. - Oft werden zumindest in den entsprechenden Branchen vermutlich betriebsbedingte Gründe vorgeschoben oder es wird nach verhaltenbedingten Gründen gesucht, weil das einfacher ist. Denn bei der krankheitsbedingten Kündigung müssen schon ein paar Punkte zusammenkommen, damit sie rechtlich okay ist; ein bißchen zufälliger Link zur Info zur krankheitsbedingten Kündigung http://www.hensche.de/Rechtsanwalt_Arbe ... dingt.html

Das andere ist, daß man nach 6 Wochen Krankheit keine Lohnfortzahlung mehr erhält, sondern Krankengeld (das ist weniger als die Lohnfortzahlung) von der Krankenkasse (maximalst 78 Wochen lang, evtl. inkl. der ersten 6 Wochen, da bin ich mir unsicher); da ist man aber weiterhin im Arbeitsverhältnis, nur eben krankgeschrieben.

LG, Zarra
hoff27da
Beiträge: 6
Registriert: 25. Jul 2015, 14:51

Re: Brauche Rat von Betroffenen (Arbeit, Psychosomatik usw.)

Beitrag von hoff27da »

Hallo. Ich arbeite seit 9 Jahren in der Firma. Es gab 3 Monate Ausfall, Reha 6 Wochen, viele Krankschreibungen über 3 Wochen. Ich habe mit meinem Chef, Vorteil er ist Arzt, offen darüber gesprochen. Als meine Psychiaterin wollte, daß ich in Rente gehe, sagte er: "So ein Quatsch. Da kriegen Sie erst Recht eine Depression." Aber einige meiner Kollegen machen mir das Leben schwer. Es wird gelästert, nicht geredet. Ich bekomme das Gefühl, sie müssen für mich mit arbeiten. Als wenn ich mich zwischenzeitlich ausgeruht hätte. Aber nur wer selber an Depression erkrankt ist, weiß wie schlecht es in manchen Phasen gehen kann. Das können die anderen nicht verstehen!!
Galaxis
Beiträge: 246
Registriert: 20. Nov 2014, 22:49

Re: Brauche Rat von Betroffenen (Arbeit, Psychosomatik usw.)

Beitrag von Galaxis »

Liebe Owly-chan,

ich war 3 Jahre lang in dieser bescheidenen Situation. Ich war 19 Jahre in einer Anwaltskanzlei. Dort waren Fortbildungen auch ein Fremdwort. Eine Kollegin ging in Rente und meine Kollegin und ich waren auf einmal für 5 Rechtsanwälte zuständig. Es hat keinen interessiert, wie wir die Arbeit dort schaffen, obwohl wir es beide gesagt haben, dass wir nicht mehr können. Der Spruch kam, es ist mir egal, wie sie die Arbeit schaffen.

Das Lied am Ende war, dass ich einen Burnout bekam und sogar in einer Klinik für 12 Wochen war. In der Zeit wurde mir gekündigt und es wurden die Krankmeldungen von der Klinik sogar angezweifelt. Die ganze Sache ging dann vor das Arbeitsgericht. Da wir weniger als 10 Mitarbeiter waren, ist die Kündigung rechtens gewesen. Ich hatte noch nicht mal Anspruch auf eine Abfindung. Bekam dann für 19 Jahre Arbeit 2.600,00 EURO eine Abfindung ausbezahlt. War dann 9 Monate krank. Bin dann zur Reha und habe mich dann arbeitslos gemeldet nach der Reha.

Die Arbeitslosigkeit dauerte 9 Monate, was mich auch oft runtergezogen hat und mein Selbstbewusstsein war im Keller. Bei den Bewerbungsgesprächen haben die potentiellen Arbeitgeber das gemerkt und so mich nicht eingestellt. Dann hatte ich eine neue Stelle bei einer Anwaltskanzlei 2014 für 5 Monate gefunden und habe dort kläglich versagt, da ich nie Fortbildungen hatte und die Kollegen mir haushoch überlegen waren.

Dann folgte noch mal eine Arbeitslosigkeit von 8 Monaten. Seit März arbeite ich in einem juristischen Verlag und arbeite 30 Stunden über eine Zeitarbeit und mir gefällt es nach wie vor. Ich komme mit den Kollegen klar und habe seither keine Depressionen mehr. Mein Selbstwertgefühl ist gestiegen und ich bin jetzt selbstbewusster und sage auch Dinge, die mir nicht gefallen und gehe keinen Konflikt mehr aus dem Weg.

Es sieht sogar gut aus, dass ich die Chance dort habe direkt bei der Firma eingestellt zu werden, zwar erst mal befristet aber meistens werden die Arbeitsverträge verlängert.

Da mache ich mir auch keinen Kopf. Hautsache es geht mir gut und die Arbeit macht mir Spaß. Die Zeitarbeitsfirma für die ich arbeite ist auch sehr nett. Ich werde dort sehr gut bezahlt und verdiene fast das gleiche wie bei einer 40 Stundenwoche in einer Anwaltskanzlei.

Es lohnt sich immer neue Wege zu gehen. Ich kann Dich aber durchaus verstehen und auch Deine Ängste nachvollziehen. Ich hätte nämlich auch nicht mehr gedacht, dass ich noch mal eine Stelle bekommen werde, die mir Spaß macht. Jetzt gehe ich schon in den 8 Monat und war noch kein einziges Mal krankgeschrieben, weil ich mich dort wohlfühle und wertgeschätzt werde, was ich den ganzen 19 Jahren in der alten Arbeitsstelle nie erfahren habe.

Anfang des Jahres hatte ich das nicht gedacht; ich habe wirklich gedacht, dass ich in Rente gehen müsste.

Du schaffst das; Du musst nur an Dich glauben. Wenn es nicht mehr geht, dann kommt irgendwo ein Lichtlein her!

Meine Familie hat mir auch in dieser Krise sehr beigestanden! Wichtig ist, dass man in der Familie Halt bekommt.

Ich wünsche Dir alles Gute und dass Du für Dich das finden wirst, was Dir gefällt und was zu Dir passt.

Viele Grüße
Galaxis
nebu
Beiträge: 5
Registriert: 30. Apr 2015, 20:55

Re: Brauche Rat von Betroffenen (Arbeit, Psychosomatik usw.)

Beitrag von nebu »

für welche neue ausbildung hast du dich denn entschieden und wie hast du deine wahl getroffen?
ich bin auch gerade am überlegen ob ich mich neu orientieren sollte und würde mich dafür interessieren, wie du dich jetzt für den neuen weg entschieden hast.

hoffe dir geht es gut zur zeit!
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