Lust auf Leben?

Jamba
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Lust auf Leben?

Beitrag von Jamba »

Guten Morgen,

Ich hab bisschen überlegt, ob ich dieses Thema aufmachen soll, nicht das Triggergefahr besteht. Sollte es so sein, bitte ich die Moderatoren gleich einzuschreiten! Ich kann das leider nicht so beurteilen.

Ich schreibe einfach mal drauflos.

Spürt ihr Lebenslust in euren guten Phasen? Wenn man gerade tief in der Depression drin ist, hat man keine Energie und Motivation, das ist klar. Aber wenn ihr stabil seid, spürt ihr dann Freude auf die Zukunft? Könnt ihr euch auf kommende Ereignisse, z.b. einen Urlaub, freuen? Oder auf die Zukunft?

Mir ist das nämlich abhanden gekommen, glaube ich. Ich lebe so dahin, bin relativ stabil (war aber schon mal stabiler). Warum kann ich dann nicht sagen: Ich freue mich, meine Tochter aufwachsen zu sehen, oder mit meinem Mann alt zu werden, nächsten Monat in Urlaub zu fahren??
Es ist mir irgendwie egal, ich lebe so dahin. Aber ich kann nicht sagen, ich hänge an meinem Leben. Ich habe aber keinerlei Suizidgedanken!!!

Kennt ihr das? Was kann ich tun?
Ich habe vor, das mit meinem Arzt zu bereden, habe allerdings erst in 7 Wochen wieder einen Termin. Und das mit der Lebensunlust ist mir jetzt erst bewusst geworden.

Danke für eure Gedanken!
Jamba
Nach Regen kommt Sonne. Grün ist die Hoffnung.
Joerg Peter
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Re: Lust auf Leben?

Beitrag von Joerg Peter »

Hallo Jamba,
ich kenne das Gefühl leider auch zu gut.
Das einzige was mir da etwas hilft, ist mein Leben nicht auf die Zukunft (Urlaub) zu konzentrieren sondern auf das Jetzt. Wie wäre es nur mal so als Tipp, wenn Du mit Deinem Mann und Deiner Tochter zum Beispiel einen kleinen Ausflug in die nähere Umgebung macht. Und wenn es auch nur ein kleiner Spaziergang im Grünen ist. Oder Euch noch dazu ein Eis gönnt. Man muss gerade die kleinen Dinge im Leben pflegen, welche einen Freude bringt.
Ich weiß aus eigenen Erfahrungen wie schwer einem das manchmal fällt. Aber einen Versuch ist es jedesmal aufs Neue immer wieder wert. Denn irgend etwas positives bleibt dabei immer zu rück.
Auch wenn dies noch so klein ist, lohnt es sich.
Ich wünsche Dir viel Glück, Jamba.
Liebe Grüße von Jörg Peter
Sonnenblume14
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Re: Lust auf Leben?

Beitrag von Sonnenblume14 »

Hallo,

ja. Hilft es dir, wenn ich dir sage, dass auch das bei mir eine Phase war?! Ich habe ovn Anfang an Tagebuch geführt und wenn ich jetzt zurückblättere, dann sah ich vieles als stabil und gut an. Damals. Jetzt, einige Monate später, erkenne ich: Da geht noch was! Es war ein gewisses Zufriedenheitsgefühl, dass es mir nicht mehr soooo schlecht geht. Diese Zufriedenheit war okay, aber man war sich doch bewusst, dass die Freude, das Glück (noch) fehlte.

Irgendwann kam dann ein wow-Effekt. Einfach so ein Gedanke, spontan durch den Kopf geschossen: "Hej, das LEben ist schön!" und dann... Erschrecken ... huch, was war das? Zweiter Versuch des Unterbewusstseins: "Das Leben ist schön?! Sieh dich um ..."

Es kamen wieder Tiefphasen, Rückfälle, Schwächezeiten, aber dieses Erlebnis war SO intensiv ... das blieb haften. Inzwischen ist die Freude am Leben wieder da. Vermischt mit einer leisen Angst vor einem Rückfall. Aber die Gefühle, diese positiven Erlebnisse sind viel intensiver, bewußter als vorher. Für mich ist es sogar so, dass ich für die Zeit der dunkelheit fast dankbar bin, weil ich sonst nie dahingekommen wäre, wo ich jetzt bin.

Hilft dir das?

LG Sonnenblume
"Depressionen sind kein Zeichen von Schwäche, sondern dafür, dass jemand zu lange zu stark sein musste" (Johnny Depp)

"Verstehen kann man das Leben nur rückwärts. Leben muss man es vorwärts." Sören Kierkegaard
T Ally
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Re: Lust auf Leben?

Beitrag von T Ally »

Hallo Jamba,

ich verstehe Dich sehr gut! Und ich traue mich eigentlich auch nie, dies Thema anzusprechen. Beim Arzt habe ich Angst, dass er mich einweist, wenn ich meine Gedanken offen ausspreche. Bei der Therapeutin beschränke ich es auf Hoffnungslosigkeit...

Momentan fühle ich mich grad mal gut (seit gestern), dennoch ist alles zäh und Qual; jedoch habe ich einen kleinen Hoffnungsschimmer. Ich sehe meinem Urlaub Ende Juni entgegen. Das Urlaubsziel war seit Kindheit ein Traum, jetzt sind mir die Kosten egal, ich möchte mir einen Traum erfüllen. Freuen? Nein, echte Freude ist es nicht, ich möchte da gern hin. Es ist sozusagen für mich ein Anker, auf den es sich hinzuleben lohnt.
Zudem ist meine Reha nach einem halben Jahr Kampf endlich bewilligt. Das ist für mich ein weiteres Ziel, auf das ich hinarbeite. Nun hoffe ich nur, dass ich meinen Urlaub nicht stornieren muss und die Rehaklinik mich wirklich erst später einlädt. Dort, fern der Heimat und des Alltags, hoffe ich, meine Lebensfreude wiederzufinden, die ich leider verloren habe. Dies liegt wohl daran, dass ich seit vielen, vielen Jahren nur die Bedürfnisse anderer Menschen wahrgenommen habe und erfüllen wollte.

Ich versuche somit, entgegen dem Ratschlag von Joerg Peter, mein Leben durch positive Ziele in der Zukunft in den Griff zu bekommen.

Mein Alltag ist leider noch zu zäh und von Pflichterfüllung erfüllt, so dass ich neben Abhaken der Aufgaben viel zu erschöpft bin, um inne zu halten und den Moment zu genießen. Das mag aber auch daran liegen, dass ich mich in allen den Jahren viel zu tief in den Sumpf geritten habe und die Therapeutin sagte auch, sie sieht gar keinen eindeutigen Punkt an dem wir ansetzen können/müssen. Es gibt einfach viel zu viele Baustellen.

Ich halte mich damit über Wasser, dass ich mir sage, dass eine Fehlentwicklung von vielen Jahren nicht innerhalb von Wochen behoben werden kann.

Aber manchmal kommen mir die Fragen in den Sinn:
Wie lange muss und kann ich es noch ertragen?
Wann wird es endlich besser?
Kann ich Freude überhaupt noch wahrnehmen, wenn sie sich zeigt?
Kann man Freude verlernen?

Alles Gute wünsche ich Dir. Auf dass sich die Freude möglichst schnell wieder einstellt!
timmie2002
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Re: Lust auf Leben?

Beitrag von timmie2002 »

lebenslust. freude. genuss. glück empfinden.

ja jamba, all dies scheint uns die depression zu nehmen. es ist oft qualvoll und kaum zu ertragen. und manchmal will man auch nicht mehr.

und doch habe ich es bisher noch immer so erlebt, dass da irgendwo im tiefsten inneren etwas ist- ich kann es nicht definieren, das die hoffnung nicht aufgibt.

zurzeit befinde ich mich in einer phase, in der ich auf mittlerem niveau stabil bin. mir geht es nicht wirklich schlecht oder gut. doch nehme ich ziemlich gut wahr, was du oben schreibst. mir fehlt freude am leben.

ich versuche struktur in meinen alltag zu bringen, habe diese woche ziemlich viel in meiner wohnung geschafft, war gestern lange bei einer guten freundin, bekomme heute besuch und werde mir eine neue kleine fellnase holen, wenn es klappt.

das sind doch alles positive dinge! und doch!! ich kann mich nicht darüber freuen.

eigentlich müsste ich voller freudiger erwartung sein, weil heute mit hoher wahrscheinlichkeit wieder ein hund bei mir einzieht. es stellt sich aber kein glücksgefühl ein. und irgendwie macht es zusätzlich traurig, dass ich keine freude empfinden kann.

wie soll man damit umgehen?

ich kann mich da jörg peter und sonnenblume anschließen.

die kleinen momente leben, mehr im hier und jetzt sein als in der zukunft, sich immer wieder aktivitäten schaffen, die man eigentlich gerne macht, soziale kontakte pflegen. dann kommt auch wieder das, was sonnenblume schildert. ich habe es ebenfalls schon erlebt und es ist wirklich so, dass man viel intensiever wahrnimmt als vor der erkrankung: wer den schatten nichtkennt, weiß das licht nicht zu schätzen.

die hoffnung darf man nicht verlieren!!!

daran halte ich mich in solchen phasen wie jetzt fest.

glg final
Selea

Re: Lust auf Leben?

Beitrag von Selea »

:hello: Liebe, liebe Jamba.

Welch ein interessanter Thread.
Ein Thread zum Thema Lebenslust und Lebensfreude.

( :) sonnenblume, :) T Ally, :) Joerg Peter und :) timmie, eure Beiträge habe ich auch aufmerksam gelesen)

Jamba, sicherlich ist es so, dass in einer Depression gerade die Lebendigkeit und die Lebenslust gebremst ist.
Es ist, als lebe man mit angezogenen Bremsen.

Man merkt es vielleicht, und wünscht sich was Anderes.

Bessert sich die Depression, lösen sich diese Bremsen auch wieder.


Aber_______ganz grundsätzlich meine ich, dass es im Leben eine Vielfalt von Situationen und Gefühlen gibt.
Nie ist man nur glücklich, wie soll denn sowas gehen :roll:
Wir alle müssen durch schwere Situationen durch im Leben, sei es privat oder beruflich, Mobbing, Trauerfälle, Trennungen, Erkrankungen.........na, da sind die Hochgefühle ja auch gedämpft, bzw. man ist im Loch, traurig, vielleicht auch unbeweglich.

Dann_______gibts die seichten und relativ ereignislosen Phasen im Leben. Alles plätschert im
gewohnten Trott. Man fühlt sich stabil, aber auch eigentlich nicht so richtig froh.

Und dann gibts die Phasen______in denen der Wind der Veränderung weht.
Boah, auf einmal kommt doch Neues und Lebendiges und Spannendes ins Leben rein.


Ich glaube, das ist ein Lebensgesetz, alles das gehört zum MenschSein dazu. Diese verschiedenen Phasen......egal, ob man auch Körpererkrankungen oder eine Depression oder Angststörung hat.


Natürlich, wir können auch unsere Näschen neugierig in die Welt strecken, und immer mal wieder den A---hochkriegen und was Neues probieren.
An der Lebendigkeit spüren wir dann, obs passt, ob das was sein könnte..........

Also___so ganz kommen wir aus der Selbstverantwortung nicht heraus, wenn wir lebendiger werden wollen _____probieren_______auf die Nase fallen_____wieder aufstehen_______

Ich bin fest davon überzeugt, dass immer wieder ganz viel Neues und Interessantes in unsere Leben hineinwill.
Wir müssen es nur zulassen.

Herzlich
Selea
nine73
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Registriert: 1. Jan 2015, 11:45

Re: Lust auf Leben?

Beitrag von nine73 »

Hallo Jamba und ihr anderen,

ich kenne das auch...
Und wenn ich das mal wirklich realisiere und zulasse (wie jetzt grade) macht mich das schon ziemlich verzweifelt und hoffnungslos- aber vielleicht muss es erstmal wirklich wahrgenommen und akzeptiert werden, damit man dann die "kleinen Dinge" sehen kann...?
Und vielleicht der Druck ein bisschen raugenommen wird "wenn ich mich nur mehr anstrenge, dann klappt das auch mit dem Freuen" :? Nee- is nich...

Insofern finde ich diesen Thread gut- auch wenn doch immer das "positive Denken" als Lösung verkündet wird..klingt das komisch :? ?
es stellt sich aber kein glücksgefühl ein. und irgendwie macht es zusätzlich traurig, dass ich keine freude empfinden kann.
Ja, genau...ich sehe was eigentlich Schönes und denke, dass sollte sich jetzt gut anfühlen...

Irgendwas in mir glaubt und hofft schon, dass sich das verändern kann (sonst würde glaub ich gar nichts mehr gehen)- aber ich zweifle auch sehr oft und hab Angst...weil ich es eben im Grunde nicht anders kenne- ich hab ja nicht so deutliche gute und schlechte Phasen und kann mich auch nicht erinnern, ob/ wie es mal anders war :(

Ich glaub, ich mach so eine Mischung aus "irgendwann wird es anders" (wie auch immer "anders" oder gar "gut" ist- keine Ahnung, sollte ich vielleicht mal überlegen :? oder eben grade nicht...?) und dem Versuch, "jetzt" Positives wahrzunehmen...
Ich muss zu meiner Schande aber auch zugeben, dass ich mich oft dabei ertappe zu denken "Geh weg mit diesen kleinen Dingen- ich will mich nicht über was Kleines freuen müssen, weil nichts anderes da ist...ich will mich "richtig" freuen" :oops: Vermutlich nicht sehr hilfreich...

Das meine Gedanken dazu...
Lieben Gruß, nine
Insa40
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Re: Lust auf Leben?

Beitrag von Insa40 »

Hallo Jamba,

mir ergeht es an manchen Tagen auch so wie Dir.
Ich bin zur Zeit relativ stabil (was heisst eigentlich "relativ").
Ein bis zwei Mal die Woche, wenn meine Überlegungen in die Zukunft schweifen, dann bekomme ich erst einen Kloss im Hals und dann steigt aus meinem Bauch dieses "sinnlos-Gefühl" auf.

Da ich dagegen schlecht ankomme, hab ich mir angewöhnt, eher im Jetzt und Hier zu denken.
Auf Dinge, die direkt vor mir liegen oder innerhalb ein bis zwei Wochen kann ich mich mehr drüber freuen als daran zu denken, wie es wohl in ein paar Monaten ode gar Jahren (da fröstelt es mich schon ) sein wird.
Da ich eine gen. Angststörung habe, drückt mich das sonst wie ein Fels nieder.

Jetzt gerade freue ich mich auf einen Ausflug ins Bergische morgen und auf eine rAdfahr, die ich nachher mit meinem neuen rad machen werde.
In drei bis mehr Wochen denk ich grad noch nicht, weil da wiede etwas anstehen könnte, das mir Angst macht.

Ich finde es gut, dass Du den Thread aufgemacht hast, wie sonst sollte man sehen, dass es anderen so ergeht wie einem selber, wie sonst sollte man durch die Sätze anderer zu diesem Thema vielleicht etwas Trost, eitwas Aufatmen finden?

Herzliche Grüsse, Insa
Zuletzt geändert von Insa40 am 16. Mai 2015, 19:11, insgesamt 1-mal geändert.
T Ally
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Re: Lust auf Leben?

Beitrag von T Ally »

Ich komme nochmal auf das Thema "positives Denken" zurück:

In meinen Therapiestunden beschäftige ich mich damit, meine eingefahrenen, negativen Denkmuster abzuändern. Ich war der Meinung, dass "positiv denken" die Nonplusultra-Lösung wäre. Dies verneinte meine Therapeutin jedoch mit dem Hinweis, dass dies total unrealistisch ist. Es reicht bereits neutral zu denken und die negativen Impulse wegzulassen. Es muss also nicht alles nur noch positiv betrachtet werden, das ist eh nicht möglich und führt daher nur zu Frust.

Nur das übertrieben negative: Alles ist mies, nichts ist gut, mir gelingt nichts, ich bin zu doof zu allem, mache alles falsch... das muss abgestellt werden. Diese Platte läuft in mir jedoch penetrant, darin bin ich sehr gut.
Jetzt muss ich versuchen, mich über kleine Komplimente zu freuen (kann ich nicht annehmen, ich bin es nicht wert), kleine Unternehmungen als Erfolg bewerten (eigentlich habe ich ja keine Lust), Gesellschaft als positiv bewerten (Menschen stressen mich, zu viele Reize).
Die negativen Empfindungen kann ich im Schlaf aufsagen und mir damit alles versauen, aber die sind unterbewusst trotzdem sofort da. Ich finde den Ausknopf nicht! :-(

Heute nehme ich als positiv mit, dass ich einen Tag in Gesellschaft verbracht habe und damit den Grübeleien keinen Raum gelassen habe. Freuen kann ich mich darüber zwar nicht, aber ich habe kaum negative Gedanken gehabt - das ist doch schon ein erster Schritt, oder?
Inertia
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Re: Lust auf Leben?

Beitrag von Inertia »

Heikles Thema, Jamba. Ich habe fast ein bisschen Angst darauf zu antworten, aber ich bin einfach mal ehrlich. Denn einfach so zu tun, als hätten wir solche negativen Gedanken nicht, bringt uns auch nicht weiter. Ich finde es regelrecht erfrischend, hier mal einen negativ angehauchten Thread zu entdecken.

Lebenslust oder Lebensfreude kenne ich gar nicht, auch nicht in meinen besten Phasen. Ich kann mich auch nicht daran erinnern, wann ich mich das letzte Mal auf etwas gefreut hätte. Manchmal schaffe ich es, mich in völlig unrealistische, übertriebene Tagträumereien zu flüchten. Das sind dann die schönsten Momente, die ich so hab.

Ehrlich gesagt frage ich mich sogar manchmal, wieso ich überhaupt noch am Leben bin. Wenn ich jetzt tot umfallen würde - es wäre mir egal. Ich würde nichts verlieren, nichts vermissen, nichts verpassen. Aber so geht es mir seit Jahren, und ich habe mich irgendwie daran gewöhnt. Suizidgedanken habe ich schon lange nicht mehr, das will ich auch nochmal ganz klar betonen. Ich sehne mich nicht nach dem Tod, aber auch nicht nach dem Leben. Ich existiere einfach und sitze meine Zeit ab. Was mich am Leben hält ist wohl einfach der Instinkt. Anderswo auf der Welt gibt es Menschen, denen geht es tausend mal schlechter als uns, und selbst die haben noch einen Überlebenswillen. Komplett gegen jede Logik und Vernunft, aber er ist da. Dann gibt es Tiere, die ihr ganzes Leben lang nur arbeiten und sich vermehren, ohne überhaupt zu wissen wofür. Sie folgen einfach ihren Trieben und Instinkten, und sind nichtmal intelligent genug, diese zu hinterfragen. Wie ich diese Tiere beneide...

Klar, die kleinen Dinge zu genießen ist erstmal ein guter Tipp, das versuche ich ja auch. Trotzdem finde ich diesen Ratschlag immer ein bisschen billig. Vielleicht schmeckt das Eis, das Wetter ist schön, oder der Film ist gut - wunderbar, aber ist es das wert? Realistisch betrachtet nicht. So kleine Dinge können den Rest doch niemals aufwiegen. Noch nichtmal wirklich auflockern.

Aber wer weiß, vielleicht bin ich ja wirklich nur krank, und sehe das alles irgendwann nochmal anders. Das kann ich mir zwar nicht vorstellen, aber genau das wird ja auch immer als Symptom einer Depression genannt. Also werde ich noch ein bisschen abwarten, Tee trinken und das Ganze nicht zu ernst nehmen. ;)
akinom53
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Re: Lust auf Leben?

Beitrag von akinom53 »

Hallo alle Mitschreibenden und Mitlesenden,

wau, ein Thema , was mich persönlich auch schon lange bewegt.
Fast das was ihr schreibt, läuft bei mir auch so ab.
Eines fällt mir in meinem bisherigen Leben besonders auf,
in der Zeit, in der ich dachte, es geht mir gut, ich habe Lust aufs Leben, stimmte dies nur bedingt.
Ich brauchte um Lust aufs Leben zu haben, Erfolg im Beruf, daraus folgend, die Anerkennung durch
andere. Dazu habe ich vieles getan was mir Mitmenschen " befohlen" hatten, wollte bei allen gut dastehen.
Aus meiner heutigen Sicht war es das nicht, denn genau dies führte langsam aber sicher in den Abgrund.
Erst seit ein paar Jahren habe ich zumindest begriffen, dass nur meine Kinder und mein Mann mir die Lust
aufs Leben gaben. Um die Kleinen Dinge zu genießen, Wald, Wiese ,Garten, Vögel usw. , dazu brauchte ich keinen Erfolg, es war immer da, nur ich hatte vergessen, hin zu schauen.
Mir ist bewusst, dass ich die falsche Richtung gewählt habe.
Jetzt kann ich mich zwar an kleinen Dingen erfreuen, doch Lust auf Leben bringt es mir nicht.
Kommt so ein kleiner Moment, in dem ich dieses Gefühl wahr nehme, dann zerstöre ich ihn selbst,
weil ich ihn nicht festhalten kann, schon wieder an danach denke.
Mir fehlt auch teilweise, da ich nicht mehr arbeite, meine Kinder schon eine eigene Familie haben, überhaupt
wahr genommen zu werden, zu etwas nütze zu sein, das nimmt mir auch die Lust am Leben. Mir kommt es manchmal in den Sinn, als würde man mir zu verstehen geben, so du hast deine Pflicht getan, jetzt brauchen wir dich nicht mehr. Ich habe zwar genügend Hobbys und einen großen Haushalt um am Leben zu bleiben,
aber um es als Lust am Leben zu bezeichnen, das kann ich nicht sagen.
Ich will auch der Richtigkeit halber schreiben, dass ich in den letzten Jahren sehr viele lang anhaltende Depressionsepisoden hatte und zur Zeit wieder habe.
Ich könnte dazu noch vieles schreiben, doch für heute reicht es, ich möchte auch niemanden überfordern.

Ganz liebe Grüße aki
Botus
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Re: Lust auf Leben?

Beitrag von Botus »

Möglicherweise ist die Lust am Leben (an Kleinigkeiten bzw. Selbstverständlichkeiten) ja auch ein wenig mit der eigenen Vergangenheit verknüpft. Ich freu`mich über verschiedene Sachen, die für andere nix zum Freuen sind, zum Beispiel, dass ich nicht frieren muss. In dem ersten großen Gewerbeobjekt, das ich gemietet habe, war das Maximum im Winter 14 Grad und das auch nur in einem Zimmer. In den Hallen fror im Winter das Wasser. Ne Wohnung habe ich mir damals gespart, damit es schneller vorwärts geht. Es waren keine schlechten 9 Jahre und es hat sich auch gelohnt, aber diese Kälte vergesse ich nie. Es gibt auch noch ein paar andere Sachen und wenn ich an die zurück denke, bin ich immer gleich happy, weil das Heute im Vergleich zum Früher einfach nur geil ist.

Der Vergleich ist es, was bei mir zu Lebenslust führt. Ich freu`mich sogar beim Tanken, wenn es plopp macht und der Tank voll ist. Wenn ich da an früher denke... da war 1/4 voll schon ein Highlight.
Jamba
Beiträge: 563
Registriert: 5. Dez 2014, 21:44

Re: Lust auf Leben?

Beitrag von Jamba »

Guten Morgen zusammen,

Vielen Dank für eure Beiträge. Es tut gut zu merken, dass ich mit meinen Gedanken nicht alleine bin und es auch anderen so geht.

@ Joerg Peter, danke für deinen Tipp. Ich versuche schon immer das hier und jetzt zu genießen, normalerweise ist das auch kein Problem. Wir machen viele Dinge als Fami-lie zusammen. Aber es ist jedes Mal wieder so, dass ich mir das vor Augen halten und zu Bewusstsein bringen muss. Nur fehlt mir noch ein Stück „mehr“ zur Lebenslust.

@ Sonnenblume: Genauso, wie du es beschreibst, geht es mir! Ich warte immer noch auf meinen Wow-Effekt. Ich glaube, es ist so, dass ich noch nicht ganz oben angekom-men bin. Wie du schreibst: Die Zufriedenheit ist okay. Aber das reicht nicht. Danke, dei-ne Erfahrungen geben mir Hoffnung, dass es noch „Luft nach oben“ gibt 

@ T Ally: Ich hatte auch schon immer Hemmungen, das beim Arzt anzusprechen. Der setzt das vielleicht gleich mit Suizidgedanken und hört die Alarmglocken schrillen – ist ja auch ein ernstes Thema. Ich werde noch überlegen, ob ich ihm davon erzähle. Der Austausch mit anderen Betroffenen hilft mir da mehr, denke ich.
Wo geht denn dein Urlaub hin, und wann? Mein größter Wunsch ist mal Island, und irgendwann werde ich das auch machen.
Mein Reha-Antrag läuft auch gerade. Ich dachte, das klappt noch vor meinem Urlaub (21.-28.6.), aber da die Post streikt, hat es schon mal eine ganze Woche gedauert, bis mein Antrag in Berlin angekommen ist, das war vor zwei Wochen. Ich hab mir ein paar Themen vorgenommen, die ich dann „bearbeiten“ will, das mit der Lebenslust
Gute Fragen: Kann man Freude überhaupt noch wahrnehmen? Kann man Freude ver-lernen? Kann schon sein. Aber wie kann man sie wieder empfinden?
Ich wünsche auch dir, dass du wieder Freude empfinden kannst!

@ final: Vielleicht erwarte ich auch zu viel von mir? Sollte ich einfach nur mit dem Hier und Jetzt zufrieden sein und darüber Freude empfinden, bevor ich mich „Größerem zuwende“? Ich hoffe sehr, dass ich die Hoffnung nicht verliere, dass ich aus vollem Her-zen sagen kann: „Ich bin glücklich!“
Momentan fühle ich mich aber nicht so, als wäre das bald :|

@ Selea: Deine Gedanken sind immer so toll. Danke dafür! Ich sehe viel zu oft nur mei-ne Krankheit und nicht, dass es immer wieder auf und ab geht, auch bei nicht Depressi-ven. Es ist nur alles momentan irgendwie im Trott, ohne Highlights. Vielleicht will ich auch zu viel auf einmal.

@ Nine: Das geht mir auch so, ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, dass es mal anders war, dass ich jemals wirklich Lust auf Leben verspürt habe oder Freude auf die Zukunft. Auch wenn es mal so war. Die Depression legt ihren schwarzen Schleier über alles :?

@ Insa: Du schreibst es: Sinnlosigkeit fühlen. Genau das ist das was ich empfinde. Du schreibst auch, wie einige vor dir, ich solle mich lieber auf das Hier und Jetzt freuen. Da habt ihr schon recht. Ich erwarte wohl mal wieder zu viel von mir selbst.

@ Inertia: Ich hab ja auch längere Zeit gegrübelt und gezögert, ob ich diesen Thread aufmachen soll. Aber das Thema beschäftigt mich zunehmend. Ich will natürlich nie-manden triggern, deshalb freut es mich aber umso mehr, dass hier große Resonanz aufkommt und viele sich auch damit identifizieren können, so wie ich.
Genauso wie du es beschreibst, geht es mir: Wenn ich sterben würde, wäre es mir egal. Ich habe keine Angst vor dem Tod. Habe aber auch keine Sehnsucht danach. Es ist mir einfach egal. Ich existiere.
Das Ganze nicht zu ernst nehmen, ist wohl wirklich das Beste, was wir machen können. Auch wenn das nicht befriedigend ist. Hm…

@ aki: Man merkt, dass es dir gut tut, darüber zu schreiben. Ich hoffe, du versenkst dich nicht zu tief in diese Gedanken. Ich stelle mir die Frage, ist es wirklich so, dass wir nie-mals diese Freude empfunden haben? Oder verhindert die Depression, dass wir uns so daran erinnern können? Verdüstert die Depression auch unsere Empfindungen, die wir in der Vergangenheit hatten?
Ich wünsche dir ein wenig Licht im Tunnel und ein paar kleine positive Gedanken und Sonnenstrahlen.

@ Dobi: Du freust dich beim Tanken? Aber nicht wenn du auf den Geldbetrag schaust, oder ;) ? Du hast schon auch recht mit dem was du schreibst. Es kommt auch auf die Ver-gangenheit an. Aber das heißt ja auch Hoffnung, dass es besser wird, wenn man durch ein langes, tiefes Tal durch ist, dass am Ende die Lebenslust wieder kommt.

Nochmal danke an alle für diesen schönen Austausch. Das Forum gibt mir unheimlich viel. Mehr als jedes Medikament und jede Therapie.

Eure Jamba
Nach Regen kommt Sonne. Grün ist die Hoffnung.
Selea

Re: Lust auf Leben?

Beitrag von Selea »

:hello: Guten Morgen liebe Jamba.


Ja, mit dieser Lebenslust. Die kommt und geht. Das lässt sich nicht immer unabdingbar festhalten.

Darüberhinaus gibt es ja tatsächlich viele Pflichten in einem Leben, also Dinge, die Mensch tun muss, arbeiten, Haushalt führen, Kinder erziehen, Sich um die alten Eltern kümmern.......u.s.w.
Diese Pflichten sind ja nicht immer mit Hochgefühlen verbunden.


Wie auch :lol:

Und das Leben besteht halt nicht immer nur aus Highlights. *lach*


Aber_______________________diese andauernde dumpfe Unzufriednheit, dieses Gefühl, da muss doch noch was Anderes möglich sein.
Wenn dieses Gefühl all zu oft auftritt, dann steht schon an, dass etwas Neues an unsere Tür klopft.


Ich kenne das aus meinem Leben____oft ist es gar nicht so ganz genau und ganz so leicht zu identifizieren, was macht mich eigentlich soooo unzufrieden.........................


Gerne schiebt man das dann wieder weg, diese kleine Erkenntnis.......und manchmal, irgendwann ist es möglich eine Veränderung herbeizuführen.

Sei es gemeinsam mit dem Lebenspartner, sei es im Beruf, im Wohn_Umfeld.
Manchmal können kleine Veränderungen schon viel bewirken.
Und leider, manchmal ist auch ein großer Schnitt nötig. Eine Trennung oder ein Umzug oder oder.....



Wenn ich diesen Satz schon höre_ :roll: ____EIGENTLICH GEHT ES MIR DOCH GANZ GUT, WARUM BIN ICH DANN SO UNZUFRIEDEN



Manchmal geht es noch um tiefere Bedürfnissse....die einem nur halb bewusst sind.
Manchmal geht es auch noch um Altlasten, die zu bearbeiten sind.

Wir Menschen müssen Entwicklungen und Veränderungen nicht beschleunigen.
Wir dürfen unserer Seele, und unseren Herzen Zeit lassen.

Dauerunzufriedenheit ist allerdings
ein Signal.



Ich könnte mir vorstellen, liebe Jamba, dass in deiner Reha ein paar wichtige Impulse gesetzt werden können :)


Alles Liebe und eine Umarmung
Selea
Sonnenblume14
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Registriert: 16. Sep 2014, 18:36

Re: Lust auf Leben?

Beitrag von Sonnenblume14 »

Hallo Jamba,

vielleicht hilft dir auch eine andere Sichtweise? ganz lange wurden die seelischen Bedürfnisse ignoriert. Irgendwann zieht auch die Seele die Reißleine, weil absolut nichts mehr geht, nichts mehr aufzufangen, wegzudrängen ist.

Ein Organ verursacht richtige Schmerzen,wenn etwas nicht stimmt. Die Seele tut das nicht, sie akzeptiert, verdrängt zu werden. Für eine gewisse Zeit. Wenn es dann "überläuft", ist bereits so viel angesammelt, dass es lange dauert, bis sie sich wieder regeneriert hat.

Du bist in der Phase des Wiederaufbaus, aber oft verlangen wir dann zuviel. Versuche mal, mit deinem Inneren in Kontakt zu kommen - momentan leistet dein Körper Schwerstarbeit, um diePsyche wieder auf Vordermann zu bringen. Ihr das zu geben, was sie zur Heilung braucht. Nach einer schweren krankheit bist duauch nicht sofort wieder fit und zum Glücklichsein aufgelegt.

Das dauert jetzt. Sei froh, dass du das Bergaufgehen spürst, der Rest wird nach und nach kommen. Aber gib dir die Zeit, die nötig ist. Sonst geht es nämlich auch ganz schnell wieder bergab.

Die Signale der Seele zu erkennen und ihnen nachzugeben, das war eigentlich die Aufgabe, die ich in dieser Zeit gelernt habe.

LG Sonnenblume
"Depressionen sind kein Zeichen von Schwäche, sondern dafür, dass jemand zu lange zu stark sein musste" (Johnny Depp)

"Verstehen kann man das Leben nur rückwärts. Leben muss man es vorwärts." Sören Kierkegaard
harlan
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Re: Lust auf Leben?

Beitrag von harlan »

Ich bin mir immer weniger sicher, ob der Verlust von Freude oder sagen wir vielleicht besser, Freude zu empfinden, nicht auch was mir dem Älterwerden zu tun hat. Man kommt in so einen Trott, und je nach Geldbeutel macht man sich eine "Freude", kauft was oder verreist, merkt dabei aber, dass es einem irgendwie schon egal geworden ist.... gekaufte Dinge werden Zuhause nicht mehr ausgepackt, im Restaurant futtert man irgendwas lustlos in sich hinein, denkt dabei bestenfalls an die Kalorien... sieht eine schöne Landschaft ..und wundert sich, dass man es nicht mehr empfindet. Klar, wenn man depressiv ist, ist das ja eines der Symptome, dass das Gute nicht als solches wahrgenommen werden kann. Aber was ich sagen will; ich habe das auch bei sg. "psychisch Gesunden" beobachtet. Immer häufiger fehlt da einfach die Lebensfreude. Vielleicht geht es uns materiell auch einfach zu gut ?? Alles ist alltäglich...
Sonnenblume14
Beiträge: 1038
Registriert: 16. Sep 2014, 18:36

Re: Lust auf Leben?

Beitrag von Sonnenblume14 »

Hallo Harlan,

daran kann man arbeiten. Diese Gleichgültigkeit erlebe ich in meinem Umfeld auch. Und bin froh, dieses Gefühl wiedergefunden zu haben. Und dazu zu stehen. Wenn man jemandem erzählt, dass man bei einem Spaziergang auch mal auf einen schönen Baum zugeht und ihn umarmt, um die kraft zu spüren, die Formen der Rinde ... dann wird man für verrückt erklärt. Eine herrliche Verrücktheit, oder?

LG Sonnenblume
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Botus
Beiträge: 2096
Registriert: 29. Mär 2014, 06:36

Re: Lust auf Leben?

Beitrag von Botus »

Aus meiner Sicht stellt sich auch die Frage, ob das in unserer Gesellschaft überhaupt möglich ist. Lebensfreude zu leben, heißt (unter anderem auch...) kommunikativ zu sein, sich für Dinge (auch die der anderen...) zu interessieren, sich zu freuen oder Begeisterung zu empfinden. Für die eigenen Sachen, aber auch für die von anderen.

Wenn ich das tue (oder tun würde...), würde man mich in einer Männerrunde für bekloppt oder wenigstens für unterbelichtet halten.

Sehe ich bei einem anderen, dass er ungewöhnlich viel an seinem Haus gebaut hat oder ein besonderes Auto hat oder viele Musikinstrumente an der Wand hängen, nehme ich darauf Bezug, aber es kommt nur "Yo, so ist das..." oder "Ja..." oder "Ähemf". Irgendein Urlaut halt.

Das selbe wird auch von mir erwartet. Ein halber Satz oder ein Laut. Es gilt als debil und als uncool, sich für irgendwas zu begeistern oder das zu zeigen. Man möchte Mann sein. Insofern lässt sich Lebenslust am eigenen Leben und auch Interesse oder Begeisterung an den Dingen der anderen aus meiner Sicht nicht so einfach leben.

Das ist auch beim Hobby zu beobachten. Wenn viele Oldtimer auf einem Haufen stehen (z.B. auf einem Oldtimermarkt) springt mein Herz. Diese Autos zu sehen ist einfach nur schön. Aber die zumeist schon älteren und männlichen Besucher 50 plus / 60 plus ziehen grimmige Gesichter und laufen die Autos der Reihe nach ab, um Fehler an den Autos zu finden und den Besitzer darauf hinzuweisen. Da fragt man sich schon, was mit den Leuten los ist. Wo bleibt die Freude, die Begeisterung ? Zu Hause vergessen oder was ?

Wenn wir über Lebenslust sprechen, müssen wir auch die Gesellschaft betrachten. Ich finde, dass die Deutschen nicht gerade ein lebenslustiges Völkchen sind und im Zuge der Überalterung unserer Gesellschaft könnte man sogar den Eindruck gewinnen, dass es mittlerweile (zumindest vom äußeren Eindruck) bei vielen in Richtung "depri" geht.

Liebe Grüße vom Dobi
Sonnenblume14
Beiträge: 1038
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Re: Lust auf Leben?

Beitrag von Sonnenblume14 »

Hallo Dobi,

da sprichst du etwas an. Wenn man "die Gesellschaft" betrachtet, so erlebt man ein zunehmendes Maß an -Desinteresse (Unterhaltung im Restaurant ohne Tablet oder Smartphone ...?)
-Aggressivität
-Nörgeln und eben dieses Fehler-finden-wollen (Neid/Mißgunst?)

Meiner Meinung nach ist auch das den hohen Anforderungen und dem schneller-höher-weiter geschuldet. In dem Moment, wo man Empathie für andere zeigt, gilt man als schwach und verwundbar. Das passt nicht ins Weltbild. Hart muss man sein, unfehlbar und möglichst extrem belastbar. Darein passt die Stigmatisierung der Depressionen. Hier sin dMenschen, die genau das nicht mehr aushalten.

Vielleicht sind diese Menschen aber auch die Chance auf Veränderung? Es wird Zeit, dass diesem Plus an Anforderungen ein Riegel vorgeschoben wird, dass wieder Zeit ist, Mensch zu sein. Ich wünsche mir eine Zeit, in der Flüchtlinge mit offenen Herzen aufgenommen werden, Menschen, die so viel Schreckliches erlebt haben. Ich kriege Anfälle, wenn ich teilweise die Argumentationen höre. Traurig. Zieht eine Mauer um unseren Wohlstand und lasst keinen teilhaben.
Einige Firmen haben Emaill-Erreichbarkeit wieder abgeschafft - ein Schritt in die richtige Richtung? Wohl nur, wenn er konsequent gegangen wird. Auch die Prognose einiger Wissenschaftler macht Mut: die Tendenz geht wieder weg von Smartphone und Technik hin zum persönlöichen Gespräch.

Nörgelei der älteren Generation. Interessant ... vielleicht, weil diese Generation (kriegs/nachkriegsbedingt) nie gelernt hat, sich zu entspannen und FREUDE zu (er)leben?! Meine Eltern hatten ein pflichterfülltes Leben, sie haben Werte geschaffen und erkennen jetzt, dass sie das ganze Leben dafür gearbeitet haben, damit es im Alter in wenigen jahren verbraucht ist. Gespart, zur Seite geschafft. Es bleiben unerfüllte Wünsche, die auf "später" verschoben wurden. "Später" werden wir Reisen machen. Aus später wurde zu spät. Machen wir es besser?!

NAchdenkliche Grüße
Sonnenblume
"Depressionen sind kein Zeichen von Schwäche, sondern dafür, dass jemand zu lange zu stark sein musste" (Johnny Depp)

"Verstehen kann man das Leben nur rückwärts. Leben muss man es vorwärts." Sören Kierkegaard
Renu

Re: Lust auf Leben?

Beitrag von Renu »

Hallo Jamba,
Hallo,

es ist irgendwie auch hilfreich, Sichtweisen von Anderen zu lesen. Danke für Deinen Thread Jamba!!! Ich schreibe wahrscheinlich negativ aber, ich kann mich auch schlecht selbst betrügen.

Ich finde mich in den Beiträgen v. Inertia und Harlan wieder. Es ist eine tiefe Gleichgültigkeit und Sinnlosigkeit. Ein dazwischen sitzend, abwartende Haltung, wie hier schon beschrieben wurde. Ich nehme Teil, ich erfülle meine Pflichten (Die auch zum Teil eher absurd wirken). Aber,ich kann trotz Therapie dieses Grundgefühl v. Sinnlosigkeit die so immanent ist, nicht überwinden. Ich habe KEINE suizidale Gedanken, aber Leben sehe ich FÜR MICH nicht als etwas was lebenswert erscheint. Es ist schlichtweg egal.

Es sind vielleicht mehrere, lange Ereignisse die mein Denken und Fühlen so werden ließ. Wenn man hinter d. Vorhang geblickt hat, Dinge die nicht “aushaltbar“ sind für d. Geist erfahren hat,
werden bestimmte Wunden bleiben. Das kann ich nicht wegreden/wegdenken.

Gruss
Renu
Secret
Beiträge: 1423
Registriert: 16. Dez 2010, 16:15

Re: Lust auf Leben?

Beitrag von Secret »

Hallo zusammen,

ich habe soeben den kompletten Thread gelesen - der Beitrag gibt mir das Gefühl nicht mit diesem Thema alleine zu sein.

Mir geht es nach einer überstandenen Depression auch wieder gut: aber: Selea schreibt:

"Wenn ich diesen Satz schon höre_ :roll: ____EIGENTLICH GEHT ES MIR DOCH GANZ GUT, WARUM BIN ICH DANN SO UNZUFRIEDEN
Manchmal geht es noch um tiefere Bedürfnissse....die einem nur halb bewusst sind.
Manchmal geht es auch noch um Altlasten, die zu bearbeiten sind."

Ich frage mich gerade wie man sich der tieferen Bedürfnisse dann bewusst werden kann bzw. wie wir uns da selber helfen können??

Das mit den Altlasten ist nie ganz weg zu bekommen - auch wenn alles gut ist: in manchen Situationen kommt einen eine Erinnerung wieder hoch.

LG
Secret
LG

Secret
Selea

Re: Lust auf Leben?

Beitrag von Selea »

:hello: Hallo Ihr Lieben.


Ich finde diesen Thread nach wie vor sehr interessant. :)



Warum ist dieses Freude_Empfinden manchmal so verschüttet???

Sicher, ein Teil ist einer aktivierten Depression gezollt.

Und der andere Teil???

Ich finde Dobis :) Beitrag interessant. Deutschland ist ein recht unzufriedenes Land. Es gibt ja diese Welt_SKALA. Wird ab und an in den Medien veröffentlicht.
Da liegen doch tatsächlich Dritt_Weltländer im oberen Drittel, also trotz Armut etc.
Und das liebe Deutschland lediglich im Mittelfeld, bis unterem Feld.

Die Deutschen sind ein unzufriedenes Volk_____auf hohem Niveau. :roll:


Liebe Secret :) hoffentlich hat dich mein Beitrag nicht allzusehr geärgert. Das wäre schade.

Auch ich kämpfe doch mit den Altlasten. Das kommt oft in Erinnerung trotz allerbester Psychotherapien. Das bleibt, bis ich die Augen schließe.
Da iss dann nix mit Freude.


Aber tatsächlich habe ich gelernt, mir meinen guten und intakten und fröhlichen Seelenanteile zu bewahren oder immer wieder zu aktivieren.
Ich bin einfach nur dankbar, wenn ich diese guten Phasen erlebe, mich an mir und meiner Umwelt freuen kann.

Als ich noch aktiv im Schuldienst war, haben KollegInnen manchmal gesagt, dass sie feststellen, an welchen Kleinigkeiten ich mich erfreuen könnte.
Ein wenig schäbig kam ich mir da dann immer vor.

Heute weiß ich, es ist eine GABE.

Ich habe sehr sehr Schweres erleben müssen in meinem Leben.
Aber ein Teil ist heil geblieben und freut sich immer wieder.


Secret____dieses Halbbewusste, was noch nicht ins Bewusstsein treten will. Es tritt ins Bewusstsein, wenn die Zeit reif ist.


Ich habe sehr sehr lange mit einem Mann zusammengelebt. Wir hatten uns schon im Studium kennengelernt. Er gab mir viel Sicherheit.......
Dann war doch am Ende so viel Unzufriedenheit------ich wollte es mir einfach ewig nicht eingestehen.
Weil es ja eventuell Trennung bedeutet hätte.

Das meine ich mit dem Halbbewussten.
Aber dann hat mir das Unterbewusstsein dauernd Schnippchen geschlagen. Ich habe angefangen, mich in andere Männer zu verlieben. :roll:


Aber das war auch noch kein Grund, an meinem Fels in der Brandung zu rütteln.


Letztendlich kam es zur Trennung. Übrigens, wir stehen heute immer noch in einem sehr sehr liebevollen Kontakt.
Jeder hat seine Lebensziele anders verwirklicht.....

Ähnlich war es mit dem Halbbewussten beruflich, ewig wollte ich mir nicht eingestehen, dass mich nach 22 Jahren diese eine Schule wirklich nur noch angekotzt hat.
2 Depressionen infolge hat es gebraucht, bis ich den Schritt an eine andere Schule gewagt hatte.


Na, ja und ähnlich ist das mit meinem Umzug vor 5 Jahren.



Nein, die andauernde Glückseligkeit pur habe ich danach nie gefunden. Es gab andere Dinge zu bewältigen_______nie war alles nur gut____und ich nur glücklich.

Aber es waren wichtige und richtige Einschnitte für ein wieder lebendig werden, meinem Leben noch einmal einen Impuls zu geben, eine andere Richtung zu geben.


Mir tut es auch gut, zu wissen, dass ich das kann.


Ich erzähle euch nur von mir.

Das muss kein Beispiel sein, wie frau es hier zu machen hätte. Bitte nicht. :roll:


Lebensfreude kommt immer wieder. Die kommt. Aber glücklich sein, das lässt sich nicht festhalten für ewig und immer.
Mittlerweile weiß ich gut, dass das Leben auch seine schweren Päckchen und Schicksalsschläge bereit hält.

Aber weil wir Menschen sind, haben wir immer wieder auch die Fähigkeit zur Freude und zur Dankbarkeit.



Dieses so meine Gedanken.
Es möge sich bitte niemand angegriffen oder komisch fühlen, wenn ich das jetzt so ehrlich geschrieben habe.


Ganz herzlich
Selea
Renu

Re: Lust auf Leben?

Beitrag von Renu »

Hallo,

Was genau ist eigentlich mit Unbewusstheit gemeint? Ich will Ihre Existenz nicht leugnen, aber wird d. Denkstruktur verändert durch Bewusstwerdung? Nicht immer, sage ich jetzt, zumindest nicht bei sehr schweren Traumatisierungen. Es wurde mir erklärt, dass eine Art Amnesie entsteht sobald unsere Seele bestimmte Ereignisse nicht aushalten kann. Wer weiß, jedes Jahr gibt es andere Erklärungen.

Gruss
Renu
nine73
Beiträge: 241
Registriert: 1. Jan 2015, 11:45

Re: Lust auf Leben?

Beitrag von nine73 »

Hallo ihr :hello:
Denn einfach so zu tun, als hätten wir solche negativen Gedanken nicht, bringt uns auch nicht weiter. Ich finde es regelrecht erfrischend, hier mal einen negativ angehauchten Thread zu entdecken.
Danke, Inertia- das hat mir gut getan...das auch nochmal von jemand anderem zu lesen :)
Mir gings gestern echt schlecht, nachdem ich das für mich mal so klar realisiert habe- aber heute fühl ich mich besser mit dieser "Realität"...

@T Ally:
Es reicht bereits neutral zu denken und die negativen Impulse wegzulassen. Es muss also nicht alles nur noch positiv betrachtet werden, das ist eh nicht möglich und führt daher nur zu Frust.
Danke auch dafür :)
Dazu ist mir grade noch was eingefallen: ich hab irgendwann mal den Ansatz gehört, dass Depressive gar nicht übertrieben negativ denken, sie sich die Dinge nur nicht schönreden können und sie realistisch sehen...im Umkehrschluss: "Gesunde" schaffen es oft, Dinge positiver zu sehen, als sie sind...
Finde ich nicht uninteressant...nur mal so am Rande ;)

Und ich bin ja auch ein großer Freund von Erklärungen- aber darf man manchmal auch einfach nur mal "klagen"... :oops: ?
Wahrscheinlich ist das komplett mein Film, aber ich krieg dann immer das Gefühl, wenn die ganze Gesellschaft nicht zum Freuen in der Lage ist oder "alle essgestört sind", darf ich darüber nicht traurig sein, dass es bei mir so ist...es nicht ernst nehmen :oops: Weiss jemand, wie ich das meine...?

Gruß, nine
Secret
Beiträge: 1423
Registriert: 16. Dez 2010, 16:15

Re: Lust auf Leben?

Beitrag von Secret »

Hallo zusammen,

Selea: nein - ich habe mich nicht über deinen Beitrag geärgert.

Danke für deine Antwort- ich warte einfach die Zeit ab.

Durch diesen Thread habe ich die Erkenntnis: es ist on Ordnung nicht immer gut drauf zu sein.

Noch einen schönen Abend.
LG

Secret
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