Elektrokrampftherapie

Antworten
beehalf
Beiträge: 56
Registriert: 24. Mär 2003, 18:04

Elektrokrampftherapie

Beitrag von beehalf »

Hallo,

ich nehme zurzeit gar keine Antidepressiva mehr weil sie mir einfach nichts gebracht haben. Seitdem ich keine mehr nehme geht es mir auch nicht schlechter. Mein Problem ist das mir bis jetzt gar nichts wirklich weitergeholfen hat. Ich kann zwar ganz normal arbeiten gehen aber ich habe ständig Suizidgedanken und komme morgens kaum aus dem Bett. Kennst du auch eine Person die schon damit Erfahrungen gemacht hat? Hält der Erfolg dann längere Zeit an oder muss man die Therapie öfter wiederholen?

Danke
Xenia
Beiträge: 2051
Registriert: 20. Apr 2003, 12:31

Re: Elektrokrampftherapie

Beitrag von Xenia »

Hallo beehalf,

ich habe in meinen leider sehr häufigen stationären Aufenthalten in der Psychiatrie mehrere Leute kennengelernt, die total von der EKT profitiert haben.

Ich kenne eigentlich nur einen, dem EKT nicht geholfen hat. Aber dafür fallen mir jetzt auf Anhieb fünf ein, denen es wunderbar geholfen haben. Wenn ich jetzt so nachdenke, muß ich sagen, daß es mehr als fünf Patienten waren, denen EKT gut geholfen hat.

Aber EKT wird hier in Deutschland nicht so wahnsinnig gerne angewandt. Das heißt, der Pat. muß erst mal alle ADs ausprobieren, die es so gibt. Und außerdem muß er sozusagen schwerst depressiv sein. So ist es zumindest an der hiesigen Uni-Klinik. Jeder potentielle Fall wird der Ethik-Kommission vorgestellt und die entscheidet dann, ob EKT indiziert ist oder ob sich der Pat. nicht doch noch ein paar Jahre mit AD-Versuchen rumplagen soll.

Wenn ich mich recht erinnere, sind sechs bis zwölf Behandlungen Standard, zweimal pro Woche. Also insgesamt so ungefähr sechs Wochen, in denen man auf jeden Fall stationär ist.

Wenn man durch die EKT aus der Depression gekommen ist, bekommt man noch sog. Erhaltungs-EKTs. Ich glaube, alle drei Monate eine Behandlung. Dafür muß man dann morgens kommen und kann nachmittags wieder gehen, wenn es gut läuft. Und ich glaube, daß, wenn der Pat. depressionsfrei ist, auch die Erhaltungs-EKTs irgendwann aufgehört werden. Ich muß allerdings sagen, daß alle, die ich kennengelernt habe, neben der EKT auch ADs genommen haben und auch weiterhin nehmen.

Ein Fall ist mir ganz besonders lebhaft im Kopf geblieben: das war eine Patientin, die von ziemlich weit her zu uns kam. Sie war sowas von depressiv, sie hat sich vor Verzweiflung die Haare ausgerissen und die Haut an den Fingerkuppen abgezupft. Das war ganz schlimm. Und die kam einfach nicht aus dem Bett, nur, wenn sie eine rauchen wollte. Und während des Rauchens hat sie meistens geheult. Als bei der die EKTs begonnen wurden, wurde ich gerade entlassen. Als ich nach ein paar Wochen wieder auf die Station kam, jemanden besuchen, habe ich sie wiedergesehen und meinen Augen nicht getraut. Keine Spur von depressiv. Die war supergut drauf. Sie sah auch ganz anders aus,viel lebendiger. Ich habe meine Ex-Therapeutin (die damals in der Klinik die EKTs gemacht hat) gefragt, der Patientin geht es wohl immer noch gut, sie kann wieder arbeiten, hat einen neuen Partner und ist wohl rundum zufrieden mit dem Leben. Aber diese Patientin ist wohl auch ein ziemlicher Ausnahmefall. Den meisten geht es danach ganz gut, aber nicht so, wie dieser Patientin.

Bei mir wurde kein EKT gemacht, weil ich u.a. an einer bipolaren Störung leide und man daher Angst hat, ich könnte manisch werden. Naja, im Moment geht es mit der Depression, ist nicht mehr ganz so schlimm, wie sie mal war. Aber wenn ich wieder "richtig" depressiv werden sollte, werde ich auf EKT bestehen. Es war in diesem Sommer angedacht, EKT zu machen, aber ich habe mich vor Ablauf der letzten "Schonfrist" entlassen lassen aus verschiedenen Gründen.

Die EKT gibt es in zwei verschiedenen Varianten, eine unipolare und eine bipolare. Das hat was mit den Elektroden zu tun, wo sie angesetzt werden und welchen Teil des Gehirns sie stimulieren sollen. Eine der beiden Methoden ist schonender, habe aber gerade nicht im Kopf, welche das ist und nach welchen Kriterien die Methode ausgewählt wird.

Man bekommt eine kurze Vollnarkose und ein muskelerschlaffendes Mittel gespritzt, da der Strom, mit dem auf das Gehirn eingewirkt wird, ja einen epileptischen Anfall auslöst. Und so bekommt der Patient diesen epileptischen Anfall unter Vollnarkose und ohne spürbaren Krampf.

Der große Nachteil der EKT ist, daß das Kurzzeitgedächtnis für eine kurze Zeit sehr gestört ist. Die Patienten wissen dann z.B. nicht den Namen der Zimmergenossen und würden sich auch draußen nicht zurechtfinden. Bei manchen Patienten verschwindet das ganz schnell (noch am gleichen Nachmittag), bei anderen dauert es vielleicht bis zum nächsten Tag. Aber dann ist alles wieder so wie vorher - gedächtnismäßig.

Hmm, mehr fällt mir zu diesem Thema gerade nicht ein. Aber wenn Du noch Fragen hast...

Liebe Grüße, ich hoffe, ich konnte mit meinem Bericht ein wenig helfen?

Xenia
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




ТЪПАЦИ!!!
beehalf
Beiträge: 56
Registriert: 24. Mär 2003, 18:04

Re: Elektrokrampftherapie

Beitrag von beehalf »

Hallo,

wenn es so ist das man alle AD ausprobieren muss bevor man diese Therapie bekommt wird es wohl nicht in Frage kommen, da ich erst fünf genommen habe. Das finde ich sehr schade weil die Therapie eigentlich so wie ich es gelesen habe kaum Risiken hat. Zugegeben es hört sich zwar erschreckend an, aber wenn es Erfolg bringt. Trotzdem danke für deine Infos!
beehalf
Beiträge: 56
Registriert: 24. Mär 2003, 18:04

Re: Elektrokrampftherapie

Beitrag von beehalf »

Hallo,

nochmal danke für deine Infos! Ich habe mich im Internet zu dem Thema erkundigt und dabei bei google unter dem Stichwort Elektrokrampftherapie München einen Text von der Münchner Klinik gelesen, dass bei bestimmten Fällen wie z. B. Antidepressivaresistenz die EKT das Mittel der ersten Wahl ist. Es steht auch drin dass wenn 3 oder 4 Antidepressiva nicht wirken von einer Resitenz gesprochen wird. Wenn du lust hast kannst du es auch lesen (ist gleich der erste Text wo bei der Suche angezeigt wird).

Du warst bestimmt in einer anderen Klinik. Vielleicht kann es auch sein das das von Klinik zu Klinik unterschiedlich ist.

Ich war bis jetzt noch nie in einer Klinik stationär. Ich bin am Überlegen ob ich es vielleicht machen sollte. Ich habe nur Angst davor das ich dort nur mit irgendwelchen Medikamenten vollgestopft werde die mir wahrscheinlich eh nichts bringen würden oder das ich dort eine Art Gesprächstherapie machen soll. Ich habe schon Ambulant eine gemacht aber sie hat mir absolut nichts gebracht. Leider gibt es aber nicht viel mehr Alternativen.

Du hast ja schon Erfahrungen was Klinikaufenthalte anbelangt. Darf man dort auch wieder freiwillig gehen wenn man nicht mehr dortbleiben will oder lassen die einen dann nicht mehr? Ich bin zurzeit (seit ca. 3 Monaten) nicht mehr in Behandlung. Braucht man auch einen Überweisungsschein oder reicht es wenn man dort nur anruft und fragt?

Tut mir leid das ich dich so mit Fragen durchlöchere aber du bist genau die richtige Person für meine Fragen, weil du dich einfach so gut auskennst.

Danke
Xenia
Beiträge: 2051
Registriert: 20. Apr 2003, 12:31

Re: Elektrokrampftherapie

Beitrag von Xenia »

Hallo beehalf,

das freut mich, wenn es so ist, daß man in München da wohl schneller dran geht. Hier ist EKT auch Mittel der Wahl bei Therapieresistenz. Nur probiert man halt mehr aus, bis man den Orden "therapieresistent" verliehen bekommt.

Hast Du denn schon drei oder vier verschiedene ADs aus verschiedenen Gruppen probiert? Ich meine: z.B. SSRI, Trizyklika, MAO-Hemmer und meinetwegen Tetrazyklika oder halt ADs, die zu keiner dieser Gruppen gehören?

Ich weiß nicht, ob ich Dir weiterhelfen kann, was Deinen Wunsch, evtl. stationär zu gehen betrifft. Ich kann nur von meinen Erfahrungen berichten, die im Grunde nur gut sind.

Daß man dich dort mit Medikamenten vollstopfen wird, glaube ich nicht. Ich gehe mal davon aus, Du lebst in München? Dann würde ich Dir raten, Dich an die Ambulanz der Uni-Klinik für Psychiatrie zu wenden. Mit denen dort kannst Du alles besprechen, wie ein Aufenthalt ablaufen könnte und so. Dort gibt es einen Aufnahmearzt, der mit Dir sprechen wird, damit er die richtige Station für Dich aussuchen kann. Und auch, wenn Du EKT probieren möchtest, solltest Du Dich am besten an die Ambulanz der Uni-Klinik für Psycchiatrie wenden. Aber nochmal: der Text klingt vielversprechend, daß man nicht so lange wartet, bis man EKT einsetzt. Aber man macht das immer noch erst nach eingehender Diagnostik und so. Ich glaube nicht, daß Du hingehen kannst und gleich einen Aufnahmetermin bekommst für EKT-Behandlung. Also ich weiß das natürlich nicht, aber mache Dir klar, daß man EKT nicht einfach mal eben macht.

Wahrscheinlich würde man also probieren, Dich medikamentös neu einzustellen. Daneben gibt es verschiedene Therapieformen, Einzelgespräche und auch Gruppentherapien. Aber wie das in München ist, kann ich Dir nicht sagen, ich wohne woanders.

>Darf man dort auch wieder freiwillig gehen wenn man nicht mehr dortbleiben will oder lassen die einen dann nicht mehr?>

Wenn Du freiwillig dorthin gehst und auf einer offenen Therapiestation behandelt wirst, kannst Du Dich jederzeit wieder entlassen lassen. Aber es gibt eine Ausnahme: wenn Dich die Ärzte so einschätzen, daß Du Dich oder andere eine Gefahr darstellst, z.B. durch schwere Suizidalität, dann kannst Du gegen Deinen Willen festgehalten werden. Dies ist aber eine Ausnahme und nicht jeder kleine S.-Gedanke rechtfertigt eine Zwangseinweisung.

Für mich waren meine stationären Aufenthalte sehr gut und jeweils auch zur rechten Zeit. Wenn ich auch nie "gerne" gegangen bin und auch öfter einfach dabehalten worden bin (zunächst gegen meinen Willen), war es immer richtig.

Ich war auch schon in einer psychosomatischen Klinik. Viele (ich damals auch) denken, in der Psychosomatik kann es gar nicht so schlimm sein wie in einer Psychiatrie. Und deshalb geht man lieber in die Psychosomatik. So war das zumindest bei mir und ich muß heute sagen, daß ich froh bin, beim dritten Mal gleich in die Psychiatrie gekommen zu sein. Dort ist die Behandlung einfach intensiver und besser. Finde ich.

Aber wenn Du Fragen hast, frage einfach. Ich versuche dann, Dir eine Antwort zu geben, in Ordnung?

Du brauchst übrigens eine Einweisung von einem Hausarzt oder einem Psychiater um dorthin zu gehen.

Ich bin mir sicher, daß die Münchner Uni-Klinik auch eine Depressionssprechstunde hat. Da müßtest Du Dich mal kundig machen.

Liebe Grüße,
Xenia
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




ТЪПАЦИ!!!
beehalf
Beiträge: 56
Registriert: 24. Mär 2003, 18:04

Re: Elektrokrampftherapie

Beitrag von beehalf »

Hallo,

ich habe bis jetzt 2 SSR, 2 Trizykla, Trevilor (MAO-Hemmer?) und Wellbutrin.

Habe aber ein bisschen Angst davor. Ich bin noch in Ausbildung und müsste dann den ganzen Berufsschulstoff wieder nachlernen. Und mir ist es auch nicht so recht wenn ich meinem Chef sagen muss das ich in die Psychatrie gehe. Ein Kollege von mir war auch in der Psychatrie und über den wurde dann viel gelästert. Aber es ist vielleicht auch meine einzige Chance.

Viele Grüße
beehalf
juan
Beiträge: 211
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Elektrokrampftherapie

Beitrag von juan »

hallo beehalf.welche diagnose hat man dir ganz konkret gestellt?hast du eine psychotherapie gemacht? hast du schon moa-hemmer z.b. aurorix probiert?
juan
Beiträge: 211
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Elektrokrampftherapie

Beitrag von juan »

man kann bei dir noch nicht von einer medikamentenresistenz sprechen!vieleicht solltest du noch ein ssri ausprobieren bei mir hat auch erst das fünfte medikament gewirkt.
Xenia
Beiträge: 2051
Registriert: 20. Apr 2003, 12:31

Re: Elektrokrampftherapie

Beitrag von Xenia »

Liebe beehalf,

ich denke auch, daß man bei Dir noch nicht von AD-therapieresistenz sprechen kann.

Du solltest noch einmal zu einem Psychiater (oder der Ambulanz, soweit man in München als ambulanter Patient regelmäßig da behandelt werden kann). Ich denke auch, daß Du noch einige ADs probieren solltest, u.a. einen MAO-Hemmer, wie Juan Chili auch schon gesagt hat.

Aber setze Dich trotzdem mal mit der Ambulanz in Verbindung. Die Ärzte dort sind nämlich auf dem neuesten Stand der Forschung (sollten sie zumindest sein in einer Uni-Klinik). Vielleicht kanst Du dort erstmal ambulant auf ein neues AD eingestellt werden.

Und dann kannst Du dort auch in Ruhe das Für und Wider einer stationären Behandlung besprechen. Was Deinen Chef betrifft: Du brauchst ihm nicht sagen, wo Du bist, die Krankmeldung ist neutral, es befindet sich kein Stempel mit "Psychiatrie" darauf.

Wie lange bist Du denn noch in der Ausbildung? Denn ich würde mir an Deiner Stelle überlegen, ob Du die Ausbildung vorher fertigmachen kannst. (Angenommen, Du bist fit genug). Denn so ein stationärer Aufenthalt kann schon 12 Wochen oder länger dauern.

Du hast geschrieben, daß Du seit ca. drei Monaten nicht mehr in Behandlung bist. Vielleicht solltest Du Dir doch nochmal überlegen, wieder zu einem Psychiater zu gehen?!

Liebe Grüße, Xenia
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




ТЪПАЦИ!!!
beehalf
Beiträge: 56
Registriert: 24. Mär 2003, 18:04

Re: Medikamente

Beitrag von beehalf »

Danke für eure Antworten!

Vielleicht habt ihr recht und ich sollte es noch mit Medikamenten versuchen.

Es gibt doch einen Mao-Hemmer der mit Markennamen Jatrson oder so ähnlich heißt. Ich habe gelesen das er besononders bei therapieresistenten Depressionen wirken soll. Hat jemand erfahrungen mit diesem Mittel?

Ich denke das ich keine neueren Antidepressiva (also SSR) ausprobieren sollte, da diese nicht so gut wirken sollen. Zumindest habe ich die Erfahrung gemacht das sie mir kein Stück helfen, während Trizykla wenigstens eine leichte besserung gebracht haben.

Also wäre dankbar wenn mir jemand etwas über die Mao Hemmer schreiben könnte! Vielleicht besteht ja doch noch Hoffnung das es mir dann besser geht.

Danke
beehalf
Beiträge: 56
Registriert: 24. Mär 2003, 18:04

Re: Elektrokrampftherapie

Beitrag von beehalf »

Habe die Frage mit dem Jatrosom auch noch ins Forum Medikamente geschrieben.
Antworten