Huhu, ich bin die Neue =)

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Ringelsöckchen
Beiträge: 11
Registriert: 3. Jan 2015, 23:59

Huhu, ich bin die Neue =)

Beitrag von Ringelsöckchen »

Guten Abend, bzw. gute Nacht euch allen

Ich bin vor 2 Tagen auf dieses Forum gestoßen und muss sagen, dass ich mich in vielen Beiträgen wieder finde. Das Gefühl nicht allein zu sein hat mir soviel Mut gemacht, dass ich sogar an diesem Abend einigermaßen aus meinem Tief heraus gefunden habe.

Deshalb bin ich nun hier mit meiner Geschichte, obwohl es mir wirklich nicht leicht fällt sie zu erzählen:

Vor ca 10 Monaten begann mein persönlicher Albtraum: alles begann damit, dass ich kurz vor dem Einschlafen einen Anfall von Atemnot bekam. Ganz plötzlich und aus heiterem Himmel blieb mir die Luft weg! Meine beste Freundin fuhr mich ins Krankenhaus, doch es konnte auch nach mehreren Tagen keine konkrete Ursache ermittelt werden. Organisch war mit mir alles in bester Ordnung. Mehrmals fragten mich die Ärzte, ob es mir psychisch gut geht und ich hab jedes Mal versichert, dass mental alles gut ist. Das war noch nicht mal gelogen! Ich war quietschfidel!

Als ich wieder zuhause war, dauerte es nur einen Tag und der Anfall kam wieder - genau in derselben Situation: ich war kurz davor einzuschlafen, mir wurde heiß, ich hatte das Gefühl keine Luft zu bekommen. Und ab dem Zeitpunkt war alles vorbei. Es war, als hätte jemand einen Schalter in meinem Kopf umgelegt und einen dunklen Schleier über mein Leben gezogen. Ich war von jetzt auf gleich super depressiv in einem Maß, dass ich vor mich selbst Angst bekam. Ich konnte kaum noch allein sein, die Welt kam mir fremd vor, ich habe ständig geweint, hab mich allein gefühlt, konnte keine Nachrichten mehr sehen, weil ich Themen wie Tod und Sterben nicht mehr ertragen konnte. Ich kam mir so fremd vor, dass ich mich im Spiegel nicht mehr erkannte. Es wurde so schlimm, dass ich anfing Messer, Züge usw zu meiden, aus Angst, dass ich mir was antun könnte. Gleichzeitig bekam ich angst vor Krankheiten wie Thrombose, Tumoren usw. Der größte Knaller war, dass ich mal in Tränen ausgebrochen bin, weil ich mir eingebildet hab, dass meine Zähne locker wären. Und immer wieder bekam ich Panikattacken bei der Vorstellung, dass ich jetzt für immer so bleiben muss.

Ich war von meinem 16. bis zu meinem 18. Lebensjahr in Psychotherapie. Damals war der Grund, dass ich die Scheidung meiner Eltern nicht gut vertragen habe. Da ich mit dem damaligen Therapeuten sehr zufrieden war, ist er auch dieses mal meine erste Anlaufstelle gewesen und seit ca einem halben Jahr bin ich wieder bei ihm in Behandlung um zu ermitteln, woher meine Probleme kommen. Wie es aussieht, liegt der Knackpunkt wohl in meiner Jugend. Meine Eltern trennten sich, ich war 15 und ab da das Familienoberhaupt. Mein leiblichen Vater hat selbst psychische Probleme... Kurzum: ich hab mich für meine Mutter und meine Schwester verantwortlich gefühlt, das tu ich heute noch. Mein Therapeut meint, dass ich über die Verantwortung, die ich für andere übernommen habe, meine Pubertät ein wenig verdaddelt habe und deswegen Probleme bei Identitätsfindung, eigenem Willen usw entstanden sind..

Während ich so schreibe merke ich, dass es mir schon besser geht als vor ein paar Monaten. Aber was geblieben ist sind morgen- und abendtief, das Gefühl in der Welt fremd zu sein, Trägheit, Antriebslosigkeit und vor allem immer wieder die Angst, nicht mehr "normal" zu werden. Versteht ihr, was ich meine? Ich will nicht, dass mein Leben ein ewiges Aushalten und Ablenken wird. Ich wüsste im Moment nicht mal, wie ich einen normalen Arbeitstag in der Schule überstehen sollte.

Ich hoffe ich habe euch nicht mit Informationen erschlagen. Eigentlich wollte ich auch keinen Roman schreiben, aber irgendwie hat mir das gerade gut getan.
Jamba
Beiträge: 563
Registriert: 5. Dez 2014, 21:44

Re: Huhu, ich bin die Neue =)

Beitrag von Jamba »

Hallo Ringelsöckchen (süßer Name ;) )

Toll, dass du es hierher geschafft hast, es wird dir sicher gut tun dich auszutauschen. Momentan gibt's hier nur sehr viel Zulauf und viele Neue. Deshalb kommen viele von denen, die schon länger hier sind, wohl nicht mehr nach mit dem Antworten und Schreiben. Mir selbst geht es so. Irgendwann ist es einem einfach zu viel. Vielleicht meldet sich ja noch jemand, dem es so geht...?

Jedenfalls wollte ich damit sagen, lass dich nicht abschrecken, wenn nicht so viele Reaktionen kommen... Einfach einlesen und mitschreiben in den Threads, du findest sicher bald Leute, die nen ähnlichen Background haben wie du.

Das mit deinen Anfällen von Atemnot klingt schlimm! Auch die sonstigen Angstzustände vor allem... Bei mir ist es nicht so extrem, außer ich habe einen heftigen Rückfall in die Depression. Wenn ich aber merke, dass die Angst kommt (bei mir ist es nicht vor Dingen, sondern Angst vor mir selbst, vor meinen Gedanken, vor der nächsten Sekunde...), habe ich aus der Vergangenheit gelernt, mich sofort darum zu kümmern, dass ich professionelle Hilfe habe. Ich habe glücklicherweise einen tollen Psychiater. Den kann ich anrufen und sofort vorbei kommen. Allein im Wartezimmer geht es mir schon besser, weil ich das Gefühl habe, beschützt zu sein.
Außerhalb seiner Sprechzeiten habe ich keine Scheu, sofort ins KH zu gehen. Ich habe vor 15 Jahren nach einem Suizidversuch mit meiner Therapeutin einen Anti-Suizid-Vertrag mit mir selber geschlossen. Daran halte ich mich, egal was ist.

Du schreibst in deinem Beitrag leider nicht, ob du professionelle Hilfe hast. Machst du eine Therapie, nimmst du AD? Ich denke, eine Therapie wäre gut für dich, deine Panikattacken waren vermutlich eine Reaktion auf deine Vergangenheit, meiner Meinung nach.

Liebe Grüße, Jamba
Nach Regen kommt Sonne. Grün ist die Hoffnung.
Housemouse
Beiträge: 130
Registriert: 13. Dez 2014, 17:25

Re: Huhu, ich bin die Neue =)

Beitrag von Housemouse »

Hey, du arme socke, deine Symptome kommen mir sehr bekannt vor. Habe es sechs Wochen akut ertragen, bis ich auf Empfehlung und eigener Entscheidung in eine psychosomatische Klinik gegangen bin. Allein der strukturierte Tagesablauf gibt mir viel Sicherheit.

Weitere positive Prognosen mag ich noch nicht stellen, muss erst lernen, mir wieder selbst zu trauen.

Hast du denn schon eine Diagnose?
Hinter all meinen unspezifischen Symptomen, wie übelkeit, Erschöpfung, Atemprobleme Beim einschlafen, zittern, hoher Puls... verbirgt sich bei mir mindestens eine generalisierte Angststörung. Allein zu wissen, das meine Beschwerden ganz typisch für das Krankheitsbild sind, machen mich etwas ruhiger. Ich hoffe das beste für dich,

Gruß mouse*
Ringelsöckchen
Beiträge: 11
Registriert: 3. Jan 2015, 23:59

Re: Huhu, ich bin die Neue =)

Beitrag von Ringelsöckchen »

Jamba hat geschrieben: Du schreibst in deinem Beitrag leider nicht, ob du professionelle Hilfe hast.
Vielen Dank für die liebe Antwort, Jamba! Also ich bin seit einem halben Jahr wieder in Gesprächstherapie. Die ersten Wochen habe ich Citalopram bekommen, was ich aber nach 6 Wochen wieder abgesetzt habe, weil es mir damit noch viel schlimmer ging. Für den Abend habe ich Tavor bekommen, die ich - wegen der Gefahr der Abhängigkeit - nur im Notfall nehmen darf (ist seit 10 Monaten nur zweimal vorgekommen).
Allgemein muss ich sagen, dass die Gesprächstherapie schon gut angeschlagen hat und es mir die letzten Wochen auch echt besser ging! Allerdings bin ich gerade in einer etwas kritischen Phase. Mein Therapeut kennt mich aus einer früheren Behandlung ja schon, konnte sich daher recht schnell auf mich einlassen und ist aktuell mit mir dabei zu ermitteln, wo die Auslöser liegen und was man ändern sollte. Zum Beispiel habe ich in den letzten Monaten mein Studienfach gewechselt und mich vor einer Woche von meinem Freund getrennt, der leider ein akutes Alkoholproblem hat. Leider fühle ich mich alles andere als befreit muss ich sagen, eher verunsichert, schreckhaft, haltlos. Mein Therapeut meinte, dass es normal wäre, dass die Symptome bei grundlegenden Veränderungen und im Rahmen der Gesprächstherapie erstmal schlimmer werden, dass es aber langfristig besser wird... man darf gespannt sein.

Housemouse hat geschrieben: Hast du denn schon eine Diagnose?

Gruß mouse*
Hallo Mouse!

also eine genaue Diagnose in dem Sinne habe ich nicht... glaube ich =) mir war halt nur von Anfang an die Frage wichtig, ob es etwas ist, was man in den Griff bekommt. Aber genau wie dir hat es mir geholfen hier zu lesen, dass andere unter ähnlichen Problemen leiden, weil mir das zumindest schonmal zeigt, dass rein körperlich alles - zumindest vor dem Hintergrund meiner Psyche - "normal" ist
Jamba
Beiträge: 563
Registriert: 5. Dez 2014, 21:44

Re: Huhu, ich bin die Neue =)

Beitrag von Jamba »

Hy Ringelsöckchen,

ich finde gut, dass du eine Gesprächstherapie machst. Wenn du erzählst, was in letzter Zeit bei dir los war und noch dazu jetzt die "schlimmste Zeit" für uns psychisch Kranke ist (Winter, Feiertage...), ist es nicht verwunderlich, dass es kritisch ist. Aber du bist sicher auf einem guten Weg, wenn du zu deinem Therapeut ein gutes Verhältnis hat und er dich kennt. Er kann sicher auch beurteilen, wie es weitergeht und wann es ggf. Zeit wäre stationäre Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Nur das beste,
Jamba
Nach Regen kommt Sonne. Grün ist die Hoffnung.
Asha
Beiträge: 21
Registriert: 30. Dez 2014, 22:42

Re: Huhu, ich bin die Neue =)

Beitrag von Asha »

Hallo Ringelsöckchen,

ich finde es super, dass Du Dich hier angemeldet hast.

Ich bin auch erst seit ganz kurzer Zeit hier und hatte von Anfang an das Gefühl, hier gut aufgehoben zu sein.

Oft hilft es einem schon ganz enorm, wenn man weiss, dass man mit seinen Problemen nicht alleine da steht, dass es Menschen gibt, die dir alles genauestens nachempfinden können.

Gut finde ich, dass Du einen Therapeuten hast, mit dem Du gut klar kommst.
Natürlich ist jetzt erstmal alles belastend, auch und vor allem, wenn auslösende Dinge wieder aktuell werden, da man vermehrt über sie spricht.
Generell ist ja nun auch so eine Jahreszeit, in der man empfänglicher ist für die Schattenseiten der eigenen Seele.

Doch auch diese Zeit vergeht, dieser Satz hilft mir persönlich immer.
Gerade kürzlich durfte ich einen schönen Abend erleben, während dem ich immer ein paar Augenblicke diese seelische Last schwinden fühlen durfte, also kann die Angst, die Depression auch eines Tages ganz verschwinden.
Der erste Schritt dazu ist immer, sich Hilfe zu suchen und den hast Du ja bereits erfolgreich gemeistert.
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Liebe Grüße

Yvonne
Gerbera
Beiträge: 619
Registriert: 31. Mär 2013, 00:24

Re: Huhu, ich bin die Neue =)

Beitrag von Gerbera »

Hallo Ringelsöckchen,

herzlich willkommen im Forum. Ich finde den Namen auch total süß, erinnert mich an Sommer und Kindheit :-).

Was Du beschreibst, kommt mir sehr bekannt vor. Eine unserer Mitarbeiterinnen hat in der Arbeit eine Panikattacke erlitten und Ähnliches berichtet. Auch sie war schon früher in Behandlung, dachte, sie sei geheilt. Aber es gab einen Rückfall, leider.

Genau wie Du ist sie inzwischen in Behandlung, nimmt Antidepressiva gegen die Angststörung und macht eine Gesprächstherapie und ändert ein paar entscheidende Dinge in ihrem Leben (z.B. Trennung von ihrem Mann). Wirkt gut. Wenn ich zurückblicke, ist sie heute viel lockerer, entspannter, offener - ein völlig neuer Mensch. Macht richtig Spaß, das zu sehen. Aber es hat gedauert...

Also, nur Mut. Dein Therapeut hat sicher Recht. Du hast ein paar Veränderungen in die Wege geleitet, und musst Dich erst an die neue Situation anpassen. Das braucht Zeit und Geduld, aber Du kriegst das hin! Und am Ende wird es Dir wieder gut gehen, auch wenn Dir das im Moment noch etwas exotisch erscheint.

Allerdings wirst Du wohl dauerhaft gut auf Dich achten müssen, auf Deine Grenzen und darauf, dass Du nicht zu kurz kommst. Als Kind eines psychisch kranken Vaters hattest Du es nicht leicht, hast viel zu früh die Rolle des Familienoberhauptes übernommen, vermutlich ein überdimensioniertes Verantwortungsbewusstsein entwickelt, und möglicherweise auch seine Gene geerbt. Brisante Mischung. Aber zusammen mit Deinem Therapeuten kriegst Du das in den Griff, so wie damals nach der Scheidung Deiner Eltern.

Alles Gute,
Gerbera
Ringelsöckchen
Beiträge: 11
Registriert: 3. Jan 2015, 23:59

Re: Huhu, ich bin die Neue =)

Beitrag von Ringelsöckchen »

Vielen Dank euch allen! Eure aufmunternden Worte haben mir in den letzten Tagen sehr geholfen!

Gerbera, dein Beitrag war für mich gerade der Zuckerguss auf einem sehr schönen Abend! Ich hatte mein Abendtief und habe lange mit meinem besten Freund telefoniert. Das hat mich super aus meiner kleinen Grübelwelt raus geholt. Nach einem Blick hier rein geht es mir jetzt richtig gut! Ich hab sogar das Gefühl, dass ich heute mal ruhig einschlafen kann. Das ist schon lange nicht mehr vorgekommen.

Ich wünsche euch eine gute Nacht!
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