"I had a black dog, his name was depression."

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bordsteinphilosophin
Beiträge: 4
Registriert: 14. Dez 2014, 12:07

"I had a black dog, his name was depression."

Beitrag von bordsteinphilosophin »

Schon lange suche ich (19) nach einem Ort an dem ich das, was ich mir immer öfter über meine Depression von der Seele schreibe, teilen & diskutieren kann. Gerne würde ich in diesem Thema hin und wieder einige der Texte, die ich in schlechten, sowie guten Momenten aufschreibe, mit euch teilen. Vielleicht habt ihr ja auch einige davon?

I had a black dog, his name was depression.
Growing Young


Seltsam, wie sich die Welt dreht, wie sie alle in ihren eigenen, gut zusammengelogenen Welten leben und sich jegliche Wahrheit vom Leib halten.
Wenn du irgendwann zu dem Punkt kommst, an dem du dich fragst, in welcher bequemen Lüge du selbst lebst, dann änderst du dein Leben. Du alterst jung.
Kann ein Mensch eine solche Änderung überleben? Ich glaube nicht.
Wie sehr man sich verliert, während man an der eigenen Person zerbricht.
Die Leute da draußen haben alle Angst vor dem Tod.
Ich habe Angst vor dem Leben.

Warum weiß ich nicht. Es war auf einmal da. Heute nenne ich es „meine persönliche schwarze Wolke“ oder meinen „schwarzen Hund“.
Dieses Wölkchen kommt und geht wie es will.
Es bleibt immer da, manchmal präsent, manchmal unscheinbar auf meinen Schultern, über mir, oder unter meinem Bett.
Manchmal habe ich es fast vergessen.
Aber seit es die Wolke gibt, regnet es immer häufiger bei mir, auch bei Sonnenschein. Ohne Regenbogen.

Es gibt Tage, da denke ich, ich habe es besiegt.
Es gibt Menschen, die es für eine ganze Weile vertreiben können.
Aber niemand hat es je erlegt.

Oft fragen mich die Menschen, ob ich Angst vor der Dunkelheit habe, die meine Wolke mitbringt. Nein. Wahrscheinlich ist das Teil des Problems.

Es drückt mich nach unten, immer stärker, immer tiefer.
Niemand, der gesund ist, kann sich vorstellen, welche Kämpfe man jeden Tag durchlebt. Vorher habe ich immer gedacht, ich kann alles und jeden bekämpfen. Ein bisschen böse gucken, vor den Problemen aufrecht stehen, gegen sie anrennen und schon ändern sich die Dinge von allein. Etwas wie das hier zu verstehen, war das Schwerste, was ich jemals versucht habe. Und bis heute bin ich nicht fertig damit.
Es ist eine Krankheit. Und dass man eine Krankheit nicht einfach böse anschauen kann und sie verschwindet von selbst, das versteht normalerweise jeder. Aber meine Wolke ist nicht sichtbar, wie ein gebrochenes Bein.
Jeder Mensch, der mich nicht versteht, den beglückwünsche ich und sage „Sei froh. Sei einfach froh.“

Niemand kann sich vorstellen, wie stolz ich darauf bin, wenn ich es schaffe, morgens aus meinem Bett aufzustehen und wenigstens ein paar Stunden des Tages bei Bewusstsein zu verbringen. Das heißt, das Bewusstsein, das mir zwischen den Medikamenten noch bleibt. Ich schaue dauernd durch einen Schleier aus sedierenden Tabletten, die mich am Leben halten sollen. Was für ein Leben ist das?
Ich bin nur noch da für die Tage, an denen ich es vergessen kann.

Wie lange ich schon kämpfe? Lange genug, um vergessen zu haben, wie es sich anfühlt, morgens die Augen aufzumachen und sich auf den Tag zu freuen. Lange genug, um nicht mehr zu wissen, wie ich mich gefühlt habe, als ich die Welt nicht durch einen Schleier aus Tabletten gesehen habe und meine Pläne für den Tag einhalten konnte.
Lange genug, um mit den Menschen, die ich damals zurückgelassen habe, nicht mehr zu reden.

Und manchmal, da fühlt man sich, als wäre alles noch wie früher. Als könnte man zurück durch den dunklen Tunnel, durch den man gekommen ist. Zurück zu den Freunden an den See, zum Lagerfeuer, zur Musik. Wenn man in die Sterne schaut und weiß, vor einer langen Zeit, in einer ähnlich klaren Nacht, habe ich an einem anderen Ort genauso wie jetzt nach oben gesehen und den „großen Wagen“ gesucht. Und dann scheint es für einen Moment so, als könnte man die Zeit zurückdrehen und wenn man den Blick wieder senkt, ist man wieder in dem Moment von damals, das Gefühl plötzlich wieder da.
Wie lange das alles her ist?
Lange genug, um manchmal die Hoffnung zu verlieren, dass man jemals wieder zurück könnte.
cinder89

Re: "I had a black dog, his name was depression."

Beitrag von cinder89 »

Du sprichst mir aus der Seele. Danke für deinen Beitrag.
Diese Gefühle kenne ich (leider?) auch alle.
Jeder Tag ein Kampf, der für jeden anderen außer mir unsichtbar ist.
Jamba
Beiträge: 563
Registriert: 5. Dez 2014, 21:44

Re: "I had a black dog, his name was depression."

Beitrag von Jamba »

Genauso ist es. Jeder Tag ein Kampf, seit Jahren. Und es kommt immer und immer wieder.
Nach Regen kommt Sonne. Grün ist die Hoffnung.
Brummi59
Beiträge: 975
Registriert: 15. Aug 2014, 23:13

Re: "I had a black dog, his name was depression."

Beitrag von Brummi59 »

Das Willkommen im Forum zu schreiben fällt mir gerade unendlich schwer. Es ist aber trotzdem so gemeint.

Zum ersten Mal seit Monaten habe ich sowas wie ein bewußtes Gefühl in mir. Ausgelöst durch eine Dauergänsehaut, habe ich ein Gefühl der Ohnmacht.
Wie oft habe ich beim Angeln nur den Sternenhimmel beobachtet und den großen Wagen gesucht. Heute gibt es keinen Sternenhimmel mehr. Heute ist Alles Nebel.

Edit: Ich gehe hoffentlich im Januar in die Klinik. Darf ich mir Deinen Text kopieren und bei dem Gefühl das es jetzt soweit ist in der Gruppe vorlesen? Natürlich mit Quellenangabe.
Liebe Grüße
Dieter

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Du könntest dich den ganzen Tag ärgern - du bist aber nicht dazu verpflichtet!
*Arthur Lassen*
bordsteinphilosophin
Beiträge: 4
Registriert: 14. Dez 2014, 12:07

Re: "I had a black dog, his name was depression."

Beitrag von bordsteinphilosophin »

Vielen Dank für eure lieben Kommentare. Manchmal traue ich mich nicht so richtig, meine Texte meinem nahen Umfeld vorzulesen oder zu zeigen, da ich fürchte, dass Einige das Gefühl nicht genauso kennen und das Ganze als ziemlich weinerlich ansehen. Ihr könnt das natürlich viel besser verstehen.

@Brummi59:
Ich wünsch dir ganz viel Glück und gute Besserung in der Klinik!
Selbstverständlich kannst du den Text vorlesen, das würde mich sogar sehr freuen. Es würde mich interessieren, wie andere Menschen mit den gleichen Problemen wie ich im offenen Gespräch darüber denken. Also teil das was ich schreibe gerne.

Liebe Grüße, Julez
joy
Beiträge: 460
Registriert: 12. Mai 2011, 17:32

Re: "I had a black dog, his name was depression."

Beitrag von joy »

Hallo Julez,

dein Beitrag hat mich berührt. Ich denke, dass ganz viele hier genauso fühlen.
Aber ich wünsche mir für dich und auch für mich, dass man irgendwann wieder
zurück gehen kann.

Liebe Grüße
Joy
Sonnenblume14
Beiträge: 1038
Registriert: 16. Sep 2014, 18:36

Re: "I had a black dog, his name was depression."

Beitrag von Sonnenblume14 »

Mich hat dein Text sehr nachdenklich und traurig gemacht.

Bitte gebt die Hoffnung nicht auf. Vielleicht lässt sich der schwarze Hund nicht vertreiben - aber man kann ihn erziehen oder an die Leine nehmen. Einige sind da schwerer erziehbar als andere, aber wer die Hoffnung aufgibt (bei allem Verständnis dafür), der hat verloren.

LG Sonnenblume
"Depressionen sind kein Zeichen von Schwäche, sondern dafür, dass jemand zu lange zu stark sein musste" (Johnny Depp)

"Verstehen kann man das Leben nur rückwärts. Leben muss man es vorwärts." Sören Kierkegaard
Zimperline
Beiträge: 39
Registriert: 24. Sep 2014, 08:37

Re: "I had a black dog, his name was depression."

Beitrag von Zimperline »

Auch mich hat Dein Text nachdenklich gestimmt, jedoch nicht traurig.

Ich habe in der Klinik immer von meinem Tunnel berichtet, in welchem ich vom Leben Richtung Tod gelaufen bin. Dies ist mir leider nicht nur einmal sondern öfter so passiert. Jedesmal bleibe ich auf dem halben Weg stehen und laufe nicht weiter. Quälend in meinem Gedankengut versuche ich dann den Weg zurück in das Leben zu gehen.

Bisher wußte ich nie wirklich warum ich nicht aus dem Tunnel zum Leben herausfinde. Dein Text malt meine Welt weiter! Ich kann nicht den gleichen Weg zurück in mein Leben gehen, denn dieses Leben hat mich ja dort hin gebracht, in die tiefe Depression.

Möglicherweise muß ich mir einen Abzweig in ein Leben bauen, bei dem ich für mich zufrieden und hoffentlich nochmal glücklich werden kann. Hach..., wäre das schön:-)

Viele Grüße
bordsteinphilosophin
Beiträge: 4
Registriert: 14. Dez 2014, 12:07

Re: "I had a black dog, his name was depression."

Beitrag von bordsteinphilosophin »

Danke für euer liebes Feedback. Werde jetzt versuchen, hin und wieder hier einige der Texte zu veröffentlichen, die ich schreibe.. Sich etwas von der Seele zu schrieben ist schön, aber irgendwie sinnlos, wenn es keiner liest..


Leben.

Es kommen viel zu viele. Es gehen viel zu viele. Manchmal geh ich mit und komm für Wochen nicht wieder.
Schlussendlich dann doch, weil´s da draußen ja auch nichts gibt, außer ´ne fette Überdosis Erleben mit ´nem Menschen, den du eh nicht liebst.
Was ist Liebe?
Verliebt sein ist wie verloren gehen und dann gefunden werden, wie im Dreck liegen und dann aufgehoben werden.
Lieben ist wie gefunden werden vom eigenen Entführer, wie aufgehoben worden sein und am Ende wieder im Dreck, nur viel tiefer.
Was ist Freiheit?
Freiheit ist viel mehr als Reisen oder Fliegen, wenn du aufstehst und stehen bleiben darfst, Freiheit bedeutet die Unabhängigkeit von alten Dingen.
Was ist Krieg?
Krieg ist die Frage schlechter Menschen, ob man für den Frieden kämpfen kann, trotzdem ist an der Frage „Krieg für Frieden?“ dennoch nichts Wahres dran.
Krieg ist Habgier, Krieg ist eine Fehlkonstruktion des Menschen, Krieg bedeutet Hass und Macht und viel zu viele Grenzen, Krieg ist der Grund, warum die Helden dieser Zeit mit Worten kämpfen.
Was ist Angst?
Angst kann alles sein, Angst ist Eifersucht, Angst ist allgegenwärtig, Angst ist Springen müssen, Springen wollen, aber nicht können, weil’s viel zu hoch ist.
Was ist Schmerz?
Schmerz sind die Wälle um dein Herz, der Grund warum du gerettet werden willst, aber nicht kannst, weil‘s keiner rüber schafft.

Leben ist, anderen Menschen etwas von sich abzugeben und was passiert dann selbst erleben.
Deine eigenen Macken lieben zu lernen, deine Ansichten auszufechten, gute Gedanken zu haben und das Vergessen von den Schlechten.
Mücke in Steppe
Beiträge: 2
Registriert: 11. Dez 2014, 08:07

Re: "I had a black dog, his name was depression."

Beitrag von Mücke in Steppe »

Wenn du irgendwann zu dem Punkt kommst, an dem du dich fragst, in welcher bequemen Lüge du selbst lebst, dann änderst du dein Leben. Du alterst jung.
Kann ein Mensch eine solche Änderung überleben? Ich glaube nicht.
Du schreibst sehr schön. Spricht mich an.

Es kann sein das du daran zerbrichst wenn du den Schleier der Illusionen welche die meisten Menschen Realität nennen zerreist.

Dahinter kommt auch leider wenig, nur eine karge Landschaft in welcher die schöne Dinge rar gesät sind.

Den Hund anzunehmen obwohl er einen zerfleischen möchte bedeutet auch ein Stück Freiheit.
Brummi59
Beiträge: 975
Registriert: 15. Aug 2014, 23:13

Re: "I had a black dog, his name was depression."

Beitrag von Brummi59 »

bordsteinphilosophin hat geschrieben: Was ist Krieg?
Krieg ist die Frage schlechter Menschen, ob man für den Frieden kämpfen kann, trotzdem ist an der Frage „Krieg für Frieden?“ dennoch nichts Wahres dran.
Ich habe so meine Schwierigkeiten mit dem zweiten Teil. Sei es den Depressionen geschuldet, die mich hindern in diesem Nebel klar zu denken. Ich bin wohl noch nicht so weit um so tiefgründig zu gehen. An der Oberfläche kratzen ist ja schon urig schwer.

Was ist Krieg?
Für mich ist es Krieg was in mir tobt. Gefühle wollen nach oben kommen, sie wollen ausbrechen. Nur wo ist das Ventil an diesem Kessel? Krieg bedeutet für mich kämpfen. Aber gegen wen kämpfe ich überhaupt? Bekämpfe ich letztendlich mich selbst? Bekämpfe ich meine Gefühle um nicht wieder verletzbar zu sein? Bin ich ein schlechter Mensch, weil in mir ein Krieg tobt? Kann ich diesen Krieg gewinnen? Finde ich meinen inneren Frieden, wenn ich diesen Krieg führe?
Bis jetzt stehe ich ohne Kraft einem Heer gegenüber das unerbittlich die Gedanken regiert.

Da konzentriere ich mich dann doch viel mehr auf Dein Eingangspost. Es hat mir die Augen ein Stück weit geöffnet. Der Nebel ist wie ein unendlich langer Tunnel. Welcher Richtung ist die Richige um ans Licht zu kommen? Beide Tunnelenden werden ein Licht haben. Welches Licht ist wertvoll und welches Trügerisch? Schon wieder ein Krieg?

Mehr Fragezeichen als alles Andere in diesem Text...
Liebe Grüße
Dieter

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Du könntest dich den ganzen Tag ärgern - du bist aber nicht dazu verpflichtet!
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