Nicht aufgeben: Wir alle sind wichtig

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Gerda05231
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Nicht aufgeben: Wir alle sind wichtig

Beitrag von Gerda05231 »

Hallo, :hello:
bisher habe ich Euch nur zugehört / Eure Beiträge gelesen. Jetzt will ich zeigen, warum ich trotz jahrelanger Depressionen immer noch leben kann. Auch wenn man glaubt, entsetzlich einsam und sinnlos zu sein: Das stimmt einfach nicht, es gibt immer Menschen, für die wir eine Bedeutung haben. Hier ist meine Geschichte dazu:


Bilanz zum Jahresende

Ach, was soll`s. Sie wird es auch diesmal tun. Zweiundsechzig mal hatte sie bereits Weihnachten gefeiert und sie war schon 44 mal dafür zuständig gewesen, dass dieses Fest so ablief, wie es alle erwarteten. Zum Advent wurde das Haus geschmückt, in der letzten Adventswoche die Krippe aufgestellt - eine kostbare Töpferarbeit ihrer Tochter- und in der Zeit dazwischen waren Geschenke zu verpacken, Kekse und Pralinen herzustellen. Der Weihnachtsbaum war dem Heiligen Abend vorbehalten. :roll:

Seit ihr jüngster Sohn - ein Nachkömmling - erwachsen war, hatte sie ab November manchmal daran gedacht, den Höhepunkt der Weihnachtszeit, den Heiligen Abend, einfach auszulassen. Sie stellte sich vor, allein in einem verschneiten Bergdorf, vielleicht in Österreich, die Weihnachtstage zu verbringen. Sie träumte von einer Pferdeschlittenfahrt, heißem Punsch, Spaziergängen mit dem Hund durch unberührte Schneelandschaften und viel Zeit zum Lesen. Ein freundliches Gasthaus mit guter Speisekarte würde ihr Quartier sein.
Dann wieder zweifelte sie an dem Plan und stellte sich vor, welche Schwierigkeiten der Hund mit seinen kurzen Beinen im tiefen Schnee haben würde oder wie andere Gäste den Tisch nahe am Kamin in der Gaststube besetzten und fröhlich Weihnachten feierten. Sie würden gute Laune und Lärm verbreiten und sie würde sich in ihr einsames Zimmer zurückziehen. Den Fernseher einschalten, um Verbindung zur Welt zu halten. Heiligabend hatten sie nie ferngesehen, sie wusste überhaupt nicht, wie das Programmangebot an diesem Abend war. Sicherlich angepasst an die Bedürfnisse alter, einsamer Menschen, zumindest bei den öffentlich-rechtlichen Sendern, die sie schaute. Also würde das Programm vielleicht passen.

Einen Zimmerservice hätte das österreichische Gasthaus bestimmt nicht und für ein Getränk müsste sie wieder hinuntergehen in eine festlich geschmückte Gaststube zu fremden Menschen, die mit zu viel Alkohol zu fröhlich feierten. Sie würde sich ausgeschlossen fühlen, noch einmal mit dem Hund hinausgehen, heiß duschen und sich im Zimmer auf dem Bett ausstrecken. Dann würde sich die Verzweiflung zu ihr legen, sie in das tiefe schwarze Loch drücken. Sie würde keinen Widerstand leisten können. Hätte sie wohl daran gedacht, die gesammelten Medikamente in den Koffer zu packen? Und falls ja, würde sie nun endgültig Schluss machen, um die Seelenschmerzen niemals mehr zu spüren? Diese Vorstellung war ziehend verführerisch. Sie wäre fein heraus, aber was wäre mit den anderen?

Das fing doch schon mit dem Hund an: Wann würde der merken, dass sie tot ist und was würde das für ihn bedeuten? Er musste doch zum Morgenspaziergang raus, Fressen und Trinken bekommen. Würde die Sterbeversicherung ausreichen für den Heimtransport ihrer Leiche oder würde sie hier im Ort bestattet? Besonders nett wäre eine derartige Weihnachtsüberraschung mit Leichenwagen für die anderen Hotelgäste schließlich auch nicht. Ganz abgesehen von den Leuten zuhause. Das war eben der heikelste Punkt. Nicht nur für den Hund war sie verantwortlich, sondern auch für ihre hochbetagten Eltern. Ihre noch lebenden Geschwister sahen es als selbstverständlich an, dass sie sich darum kümmerte. Die Schwester lebte auf einem anderen Kontinent und fühlte sich in keiner Weise verantwortlich. Sie unterstützte trotz ihres Millionenvermögens die Eltern kein bisschen.
Bei diesem Gedanken spürte sie eine kleine, sorgfältig verborgene Wut auf die Eltern, die bei den äußerst seltenen Besuchen der Schwester so begeistert und dankbar dafür waren. Ein paar Stunden ihrer Zeit opferte diese Tochter ihnen alle zwei Jahre, ehe sie, wie ein Hubschrauber Schmutz aufwirbelnd, zu fröhlicheren Zielen aufbrach. Wenn die Eltern auf diese Tochter angewiesen wären, würden sie sich schnellstens im Altenheim wiederfinden. Auch ihr Bruder würde sich einfach auf seine Frau verlassen, wenn sie nicht mehr wäre, und von dieser Seite wäre ebenfalls nur das Altersheim zu erwarten. Außerdem hatten die Eltern es abgelehnt, von ihrer Schwägerin versorgt zu werden, was kein Wunder war bei ihrer „Hoppla-hier-komm-ich-Mentalität“. Feingefühl hatte die wirklich nicht.

Ihre Freundinnen würden sich vorwerfen, nicht aufmerksam genug gewesen zu sein, sie würde mit ihrem Abgang deren Gewissen belasten – fair wäre das überhaupt nicht. Aber noch viel wichtiger waren die eigenen Kinder und die Enkelkinder. Die würden sich um die Großeltern kümmern, wenn sie in ihr Bergdorf führe und davon ausgehen, dass sie gut gelaunt wiederkäme.

Drei Enkelkinder hatte sie von ihrer Tochter. Der Älteste wohnte inzwischen beim geschiedenen Vater, er könnte wahrscheinlich mit fast 16 Jahren ganz gut ohne sie auskommen – obwohl - in den Ferien besuchte er sie ja immer noch gern. Die jüngeren Enkeltöchter würden bestimmt verstört sein, wenn sie erführen, dass Oma G. freiwillig ausgestiegen war aus dem Abenteuer Leben. Hatte sie den Mädchen nicht immer wieder erzählt, wie viele Möglichkeiten ihnen das Leben böte, wenn sie weiter so erfolgreich und engagiert lernten? Diese Kinder waren wirklich vielversprechend. Sie würde eigentlich noch gerne sehen, was aus ihnen wird und vielleicht sogar Urenkel erleben. Aber dabei wäre das Risiko von Enttäuschungen hoch. Wie bei ihrer Tochter, die ihre vielen Talente nicht nutzte, sondern seit ihrer zweiten Ehe nur noch Heimchen am Herd war. Zugegeben, die Tochter war sehr fleißig, sie gärtnerte, malte, kochte und backte – alles mit Begeisterung und in höchster Qualität. Die Kinder förderte sie bewundernswert und hoffte sicherlich, dass ihren Mädchen das große Los im Leben zufallen würde.

Ihr fiel auf, dass auch ihre Tochter sich bemühte, der folgenden Generation alle Chancen zu bieten, so wie sie selbst es früher für ihre Kinder getan hatte. Obwohl sie die Tochter immer wieder aufgefordert hatte, doch jene Möglichkeiten für sich zu nutzen, die Frauen heutzutage hatten. Als sie selber noch jung war, gab es noch keine Betreuung für Kinder an den Universitäten oder halbwegs familiengerechte Arbeitszeiten. Dafür hatte sie mit anderen Frauen erst kämpfen und sich als Emanze verspotten lassen müssen. Sie hatte gearbeitet, als ihr Mann studierte und kaum war er mit dem Studium fertig, beschwerte sich die Schwiegermutter, dass sie trotz des Kindes arbeitete. Im Gegensatz dazu war sie selber nun insgeheim unzufrieden mit der Tochter, weil die ihre Fähigkeiten nicht vermarktete.

Sie würde aufpassen müssen, nicht alle geplatzten Hoffnungen auf die Enkel zu projizieren und vielleicht wieder enttäuscht zu werden. Aber das würde nicht ausreichen als Grund für einen Selbstmord. Um Himmels willen dürften die Kinder niemals einen derartigen Druck empfinden! Denn da war noch ihr jüngerer Sohn und ihn hatte sie nicht verschonen können. Nicht, dass er ein Versager wäre, ganz im Gegenteil. Er war ehrgeizig und erfolgreich, sogar seine Doktorarbeit hatte er bereits abgeschlossen. Dieser Sohn hatte sie schon als Baby überrascht mit einem Einfühlungsvermögen, das ein Baby einfach nicht haben darf. Immer hatte er gespürt, wenn es ihr schlecht ging. Hatte sich bemüht, sie bei guter Stimmung zu halten, sie von dem schwarzen Loch der Verzweiflung fern zu halten, wenn ihr Mann beruflich unterwegs war und sie sich voller Angst mögliche Unfälle und Katastrophen ausmalte.

Und als dann ihr Mann so früh starb, hatte sie es nicht geschafft, den Sohn daran zu hindern, die Verantwortung und Aufgaben seines gestorbenen Vaters zu übernehmen. Sie wusste schon damals, dass diese Last für einen knapp Sechzehnjährigen zu schwer war. Damals war sie von ihrem Schmerz überwältigt und er wollte für sie stark sein. Auf Reisen war er ihr Beschützer, der Aufpasser, der sich zurechtfand und auf sie achtete. Zuhause übernahm er die Arbeiten, die ihr Mann früher erledigt hatte, versuchte ihr zu helfen, so gut er konnte.

Sie hatte ihn ermuntert, im Ausland zu studieren und sich vom Gefühl der Verantwortung für sie frei zu machen. Doch er hielt regelmäßig Kontakt zu ihr, richtete ihren Computer so ein, dass sie sich jederzeit sehen konnten. Natürlich hatte auch sie ihn unterstützt, wo immer sie konnte. Trotzdem wäre es unendlich lieblos, ihn mit ihrem Freitod zu konfrontieren. Von ihrem Ende wollte er nie etwas hören, selbst ihre Vorsorge-maßnahmen waren ihm unangenehm. Das Thema Tod war ihm unerträglich, kein Wunder.

Es war so schnell gegangen, nur sieben Wochen blieben ihrem Mann nach der tödlichen Diagnose. Sie hatte es nicht wahrhaben wollen, hatte jeden Gedanken abgewehrt, ohne den geliebten Mann leben zu müssen. Doch dann musste sie ohne ihn weiterleben. Es war so viel zu erledigen. Die Firma musste geschlossen werden, der Sohn musste seine Schule gut schaffen, die Tochter mit drei Kleinkindern war an ihre Grenzen gekommen, die Eltern wären verzweifelt, wenn auch sie sich jetzt noch verabschiedet hätte. Also funktionierte sie, aber sie fühlte sich halbiert mit grausamen Schmerzen, die nicht nachließen.

Sie lernte, den Seelenschmerz hinter einer sachlichen Maske zu verstecken, weil die Familie ihr Leid kaum aushalten konnte. Beim ersten Weihnachten ohne den Mann hatten die Enkelkinder mit ihrer Freude über das geschmückte Zimmer, den Baum und die Geschenke ihre trüben Gedanken in Schach gehalten. Die eingeübten Gewohnheiten hatten ausreichend funktioniert. Auch in den folgenden Jahren wurden die alten Rituale beibehalten, ergänzt um das Musizieren und Singen der Enkelkinder. Inzwischen scheint es, dass eins der Mädchen wirklich überragend begabt ist mit ihrer Viola.

Das regelmäßige Diskutieren des Weihnachtsessens geschieht Anfang Dezember. Sie will dieses Jahr keine Plätzchen backen, denn die von der Tochter sind ohnehin viel besser, aber dann probiert sie doch ein Rezept mit Bananen, weil der Sohn schon Mitte des Monats kommt. Dieses Jahr hat sie die Familie erstaunt, weil sie es rigoros ablehnt, schon wieder einen gebratenen Vogel zu essen. Sie mag weder Gans noch Pute und alle wissen, dass auch ihr alter Vater kein Geflügel mag. Ebenso wenig wie Lamm, das auch ihr nicht schmeckt. Schweinefleisch kommt für die jüdische Familie der Tochter nicht in Frage. Doch sie werden die Herausforderung des gemeinsamen Essens irgendwie lösen, auch wenn keine Sahne in die Soße darf, das wäre nicht koscher.
Sie überlegt bereits, ob sie den Weihnachtsbaum rücksichtslos bunt oder dezent einfarbig schmückt. Was aber bestimmt fehlen wird, ist ein verrücktes einzelnes Teil im Baum, eine verbogene Gabel vielleicht oder eine Spülbürste, irgendein skurriles Teil, das ihr Mann immer heimlich in das Grün geschmuggelt hatte. Das ist allerdings seit 12 Jahren vorbei.
Zuletzt geändert von Gerda05231 am 12. Dez 2014, 15:27, insgesamt 1-mal geändert.
qwertzuiop

Re: Nicht aufgeben: Wir alle sind wichtig

Beitrag von qwertzuiop »

sry mir zu lang
saneu1955
Beiträge: 2433
Registriert: 6. Jul 2014, 19:18

Re: Nicht aufgeben: Wir alle sind wichtig

Beitrag von saneu1955 »

Hallo Gerda, mir ist das auch zu lang. Vielleicht stellst du dich erst einmal kurz vor und beschreibst auch kurz, welche Probleme du hast.

Saneu1955
payasa
Beiträge: 421
Registriert: 3. Sep 2014, 22:15

Re: Nicht aufgeben: Wir alle sind wichtig

Beitrag von payasa »

Das ist ne Geschichte... keine Vorstellung
Liebe Grüße


Einsamkeit und das Gefühl unerwünscht zu sein, ist die schlimmste Armut.

Mutter Teresa
dieRuth
Beiträge: 400
Registriert: 23. Nov 2014, 15:49

Re: Nicht aufgeben: Wir alle sind wichtig

Beitrag von dieRuth »

Hallo gerda, ich habe deine geschichte gelesen. Du trauerst um deinen verstorbenen mann. Gibt es menschen, die von deiner erkrankung wissen? Hast du hilfe gesucht? Lebst du allein?
Brummi59
Beiträge: 979
Registriert: 15. Aug 2014, 23:13

Re: Nicht aufgeben: Wir alle sind wichtig

Beitrag von Brummi59 »

Sorry aber so lange kann ich mich nicht konzentrieren. Obwohl es sich gut liest, musste ich abbrechen.
Liebe Grüße
Dieter

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Du könntest dich den ganzen Tag ärgern - du bist aber nicht dazu verpflichtet!
*Arthur Lassen*
Gerda05231
Beiträge: 4
Registriert: 9. Dez 2014, 15:08

Re: Nicht aufgeben: Wir alle sind wichtig

Beitrag von Gerda05231 »

Hallo an meine Kritiker,
tut mir leid, dass es nicht erkennbar war: Habe seit meiner Jugend (also seit 50 Jahren) immer wieder schlimme Episoden und war oft in stationärer oder ambulanter Therapie. Zwischendurch gab es auch gute Phasen, ich war 31 Jahre verheiratet, wir haben zwei Kinder mit großem Altersabstand. Als vor 13 Jahren mein Mann starb, war es ganz schwer, weiterzuleben. Die Sehnsucht nach dem Tod kannte ich lange vorher schon (Ja, und es gab in jungen Jahren diverse Suizidversuche), aber dann wurde es fast unerträglich. Ich habe es überstanden, durchaus mit fremder Hilfe und Medis (seither lebe ich mit Cymbalta). Letztlich ist es die Erfahrung, dass die schwarzen Löcher sich irgendwann doch auflösen, was mich diese üblen Phasen überstehen lässt.
Ich hatte gehofft, dass die Geschichte zeigt, dass ich Situationen wenn möglich vermeide, von denen ich befürchte, dass sie mich runterziehen. Und dass es Menschen gibt, für die sich Anstrangungen lohnen.
Und ja, meine Stimmung ist nach diesem Echo ziemlich nach unten gerauscht. Also werde ich mir jetzt momentan eine Tätigkeit suchen, die ablenkt. Funktioniert bei mir meistens.
Grüße, Gerda
Brummi59
Beiträge: 979
Registriert: 15. Aug 2014, 23:13

Re: Nicht aufgeben: Wir alle sind wichtig

Beitrag von Brummi59 »

Hallo Gerda,

es ist keine Kritik an Dir oder dem Inhalt. Es ist mir z.Zt. einfach nicht möglich, mich auf lange Texte zu konzentrieren. Irgendwann schweifen die Gedanken ab und ich muß von vorne anfangen. Dazu noch die Farbe und da mußte ich halt die Segel streichen.
An besseren Tagen hätte ich Deine Geschichte mit Sicherheit verschlungen.
Liebe Grüße
Dieter

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Gerda05231
Beiträge: 4
Registriert: 9. Dez 2014, 15:08

Re: Nicht aufgeben: Wir alle sind wichtig

Beitrag von Gerda05231 »

Danke, Dieter. Für alle Fälle habe ich die Schriftfarbe neutralisiert.
saneu1955
Beiträge: 2433
Registriert: 6. Jul 2014, 19:18

Re: Nicht aufgeben: Wir alle sind wichtig

Beitrag von saneu1955 »

Hallo Gerda, das war auch von mir nicht böse gemeint, aber ich habe wirklich Probleme, solche langen Texte zu lesen.
Deshalb hatte ich ja auch geschrieben, du sollst dich erst mal kurz vorstellen, ich weis, dass es mir da nicht allein so geht.

Saneu1955
SLSL
Beiträge: 323
Registriert: 7. Apr 2013, 19:41

Re: Nicht aufgeben: Wir alle sind wichtig

Beitrag von SLSL »

Hallo Gerda,

ich glaube, ich verstehe Dich u. kann Deine Geschichte sehr gut nachvollziehen.

Auch wenn das Leben in der Depression sehr schwer ist, sind wir uns doch immer der Verantwortung bewußt, die wir für unsere Kinder haben, egal wie alt sie sind.

Liebe Grüße
blauregen
FrauRossi
Beiträge: 3166
Registriert: 2. Jul 2011, 11:23

Re: Nicht aufgeben: Wir alle sind wichtig

Beitrag von FrauRossi »

Hallo Gerda,

Ich habe deine Geschichte ganz gelesen.
Ich finde sie ist sehr schön geschrieben, auch wenn der Inhalt natürlich traurig ist.

Hast du je daran gedacht auf andere Art mal aus dem Trott auszubrechen? Du schreibst sehr aufopferungsvoll für deine Familie zu sein. Aber es ist dein Leben, es ist nicht nötig dauernd nur die Erwartungen der anderen zu erfüllen.

Warum nicht wirklich in eine Hütte fahren? Mit Hund und Schnee und lesen. Natürlich ohne die gesammelten Tabletten. Sollen sie anderen doch mal ein Jahr Rücksicht auf dich nehmen.

LG FrauRossi
Gerda05231
Beiträge: 4
Registriert: 9. Dez 2014, 15:08

Re: Nicht aufgeben: Wir alle sind wichtig

Beitrag von Gerda05231 »

Hallo und lieben Dank für sensibles Feedback,
habe mich erst heute getraut, noch mal zu schauen nach Reaktionen von Euch.
Viel zu denken gibt mir der Vorschlag von Frau Rossi. Ja, warum nicht mal ein bisschen egoistisch sein. Dann aber habe ich Angst, ob ich mich allein überhaupt ertragen kann. Eine Hallig in der Nordsse vielleicht im Sommer? Das würde meine Familie nicht so ängstigen. Oder einfach am 2. Feiertag ins Auto setzen und ausprobieren, ob ich mit mit klarkomme? (Ohne Tabletten!) Wie sieht es bei Euch aus, ist es einfacher allein oder unter Menschen, deren Erwartungen wir erfüllen?
Ich wünsche mir zu Weihnachten, dass uns allen das Leben gefällt.
Gerda
Brummi59
Beiträge: 979
Registriert: 15. Aug 2014, 23:13

Re: Nicht aufgeben: Wir alle sind wichtig

Beitrag von Brummi59 »

Hallo Gerda,

in der jetzigen Phase mit Sicherheit allein. Ich genieße jede Minute in der ich völlig allein auf meiner Couch hocke. Wobei Genießen maßlos übertrieben ist. Es ist besser als unter Menschen.
Liebe Grüße
Dieter

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*Arthur Lassen*
SLSL
Beiträge: 323
Registriert: 7. Apr 2013, 19:41

Re: Nicht aufgeben: Wir alle sind wichtig

Beitrag von SLSL »

Hallo Gerda,

ich versuche, ein gesundes Mittelmaß zu finden.
Am 24. fahren mein Mann und ich zu meiner alten Mutter und verbringen dort ein paar Stunden.(leider mehr Pflicht als Freude ,altes Thema).+
Anschl. gönnen wir uns den restl. Abend im Kerzenschein mit Ruhe.

Der nä. Tag wird ab nachm. turbulent, aber da geht es mehr um meine Bedürfnisse. Da habe ich meine Kinder u. Enkelin da.

Zwischendurch kann ich mich auch in" mein" Zimmer verdrücken.


Hört sich alles ganz super an, aber.... Ich erkenne meistens erst zu spät, wenn es mir zu viel wird,
da muß ich noch achtsamer werden.

Eins ist mir bei Deiner Frage aufgefallen. ("unter Menschen , deren Erwartungen wir erfüllen").

So sollte es m.E.nicht sein, sondern unsere Erwartungen bzw.Wünsche sollten auch eine Rolle spielen.

Viele Grüße,
blauregen
ErnaIda
Beiträge: 41
Registriert: 19. Nov 2014, 19:06

Re: Nicht aufgeben: Wir alle sind wichtig

Beitrag von ErnaIda »

Liebe Gerda,

ich finde Deine Geschichte sehr schön. Mir gefällt, wie die Stimmung sich langsam wandelt. Mir gefällt auch, dass Du Deine Erfahrungen in eine Geschichte packst. Irgendwie ist es schön, sich das Leben als die eigene Geschichte vorzustellen, wie ein Theaterstück mit verschiedenen Optionen. Das schafft entlastenden Abstand.

Und Weihnachten versuche ich, so froh zu sein, wie es halt geht... und wenn es nur die süße Melancholie ist, die ich dem Moment abringe. Wenigstens etwas...

Ich erlebe gerade das Auf und Ab einer schweren Episode. Es macht mir Hoffnung, wenn Du davon schreibst, dass Du gelernt hast, die Episoden durchzustehen.

Herzlichen Dank an Dich!

ErnaIda
hier_und_jetzt
Beiträge: 66
Registriert: 26. Okt 2013, 00:15

Re: Nicht aufgeben: Wir alle sind wichtig

Beitrag von hier_und_jetzt »

Liebe Gerda,

Ich find deine Geschichte auch wunderschön.Reflektiert, vielschichtig und tief!
Beim Lesen fiel mir immer wieder mein derzeitiges Schlagwort ein: "Selbstbestimmung." Davon will ich nächstes Jahr mehr! Ich tue viel um anderen Leuten zu gefallen, von ihnen akzeptiert zu werden, oder weil ich glaube, dass sie es von mir erwarten. Dabei vergesse ich oft mich selbst, manchmal bin ich so fremd-gesteuert, dass ich nicht einmal weiß, was ich wirklich will. Es steckt auch viel Eitelkeit dahinter, immer allen Gefallen zu wollen, Anerkennung zu bekommen. Ich habe in der Therapie gelernt, mir auch selbst Anerkennung zu geben, unabhängiger von der Anerkennung anderer zu werden. Anerkennung außerhalb des Jobs erkennen lernen ( ist die Anerkennung meines Mannes nicht 1000 mal mehr wert als die eines motzigen, frustrierten Kollegen?) Obwohl diese Eitelkeit immer ein Teil von mir sein wird, hoffe ich ihr etwas weniger Platz ein zu räumen. Wenn ich jetzt meine Arbeit verlass sag ich mir, ich hab heute alles mir Mögliche getan, um mich nicht damit zu martern, was ich noch alles hätte schaffen wollen...
Wir wichtig ist dir Anerkennung, liebe Gerda? Ich will damit nicht sagen, dass wir keine Anerkennung brauchen sollten... Sondern dass wir nicht vergessen sollten, uns auch selbst welche zu geben!
Ich finde auch wie Frau Rossi, du könntest doch mal wegfahren oder dir etwas anderes nur für dich gönnen! Warum ohne Tabletten? Wenn du welche fuer die Depris nimmst, dann solltest du sie auf keinen Fall plötzlich absetzen. Und wenn sie dir gut tun, dann nehme sie doch erst mal weiter oder? Die Tabletten aus deiner Story hast du vielleicht gemeint? Nein, die sollten auf keinen Fall mit ;)
Ich bin keine Mutter, aber eine Tochter und weiß, dass meine Mutter sich freuen würde, wenn ich Sie an Weihnachten besuchen würde. Aber ich habe ein schweres Jahr hinter mir und brauche Ruhe. Also fahren mein Mann und ich stattdessen an den Strand, darauf freue ICH mich richtig! Ich hab es meiner Mutter erklärt und sie findet es ok, sie sagt dass sie stolz auf mich ist, weil ich weiß, was ich will, und dass sie sich freut, dass ich mich um mich selbst und um meine Partnerschaft kuemmere. Ähnlich wie dein Sohn war ich nach der Scheidung meiner Mutter sehr fuer sie da, wurde eher Mutter als Tochter. das hat uns beiden nicht wirklich gut getan.,Wir haben uns aber inzwischen nach einigen Brüchen voneinander emanzipiert... Die wichtigste Erkenntnis war zu sehen, wie sehr ich es selbst brauche von ihr gebraucht zu werden... Und das es ist beiden wirklich nicht hilft, dass meine Sorge um sie erdrückenD sein kann. Den wirklichen Durchbruch Job, neuen Partner, Zuversicht gewinnen hat meine Mutter erst geschafft als ich weit weg und nicht mehr so viel fuer sie da war...
Das kann bei euch Liebe Gerda natürlich anders sein. Hast du mit deinem Sohn der im Ausland lebt mal über eure Rollen geredet, und was der eine vom anderen wirklich braucht?

Da wir im fernen Ausland wohnen und es hier wenig Weihnachtsstimmung gibt, haben wir keinen Weihnachtsbaum und auch keine Plätzchen gebacken... Manchmal würde ich gerne einen Glühwein trinken, aber das geht bei der Hitze hier gar nicht. Für meine Depris ist das Wetter hier einfach toll, immer warm und kaum ein Tag ohne Sonne, da verzichte ich auf Glühwein und Lebkuchen... Nun schweife ich aus!
Ich hab mir jedenfalls fürs nächste Jahr vorgenommen fuer mich zu entdecken was Selbstbestimmung ist. Vielleicht wäre es fuer dich auch interessant?
ganz liebe emanzipiert (un)weihnachtliche Grüße
Pia
Ich bin ab Dienstag nicht mehr viel oder sogar gar nicht online, freu mich aber dann im Januar wieder deinen Thread zu lesen!
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