Beziehungen mit/ unter Depressiven.

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Brummi59
Beiträge: 975
Registriert: 15. Aug 2014, 23:13

Beziehungen mit/ unter Depressiven.

Beitrag von Brummi59 »

Hallo Ihr Lieben da draußen :hello:

immerwieder lese ich hier oder woanders das sich depressive Pärchen finden. Sehr häufig gerade im Therapierahmen. Das dies in den meisten Kliniken nicht erwünscht ist aber trotzdem passiert ist unumstritten.
Nur frage ich mich ständig:
Kann das Gut gehen?
Ist die Gefahr des gegenseitigen Runterziehens bei einem erneuten Depressionsschub nicht zu groß? Oder aber kann der (klingt jetzt doof) gesündere Partner den Anderen unterstützen? Reicht die Kraft dafür?
Ich kann mir zwar vorstellen, das es ganz gut klappen könnte, weil Beide die Krankheit kennen. Aber reicht dieses Wissen aus um Stützen zu können?
Reicht es aus um den Partner zum Arzt zu "zwingen"?
Wie ist es wenn dann der/ die Partner/in nochmals zur Reha muß und der Gegenpart weiß wie leicht sich Beziehungen während der Reha finden?
Bei mir hält sich das Für und Wider die Waage. Andererseits will ich bald zur Reha und weiß das ich immer und schnell ein Helfersyndrom entwickel. Wenn Tränen fließen bin ich meist der Erste, der ein Taschentuch oder die Schulter reicht. Im diesem Moment geschieht das ohne jeden Hintergedanken. Aber in der Folge werde ich zum Reden gesucht und dabei ist es auch schon passiert, das mehr draus wurde.
Und jetzt fahre ich zum zweiten Mal zur Reha als Single. Im Moment ist mir eine Partnerschaft unvorstellbar. Aber im geschützten Rahmen weiß ich nicht wie ich reagieren würde, wenn sich was anbahnen sollte.
Ich bin jetzt so richtig auf Eure Meinungen und Erfahrungen gespannt. Schließlich ist die Fragestellung nicht ganz uneigennützig ;)
Liebe Grüße
Dieter

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Du könntest dich den ganzen Tag ärgern - du bist aber nicht dazu verpflichtet!
*Arthur Lassen*
cinder89

Re: Beziehungen mit/ unter Depressiven.

Beitrag von cinder89 »

Hallo Dieter,

meine beste Freundin und ihr Verlobter haben beide Depressionen, waren beide auch schon mehrere Tage stationär im Krankenhaus deshalb. Die beiden sind glücklich zusammen und heiraten im Januar.
Als sie sich kennen lernen, wussten beide von der Diagnose des jeweils anderen. Trotzdem haben sie den Schritt gewagt. Sie haben sich aber nicht in der Klinik kennen gelernt, sondern kannten sich vorher durch die Kirchengemeinde schon.
Nach ihrer Aussage ist es manchmal schon sehr schwierig, weil sie sich beide oft zusammen reißen müssen, gerade was Empfindlichkeit und Streitereien angeht. Es sei wohl auch komplizierter als mit einem gesunden Partner, vor allem, wenn beide in Stressituationen sind und eigentlich Unterstützung des jeweils anderen bräuchten. Andererseits ist sie aber froh und dankbar dafür, dass sie einander nicht viel erklären müssen was die Erkrankung angeht. Trotz der Streiterein raufen sie sich immer wieder zusammen, weil sie genau wissen, woran das liegt usw.

Ich persönlich dagegen könnte mir das gar nicht vorstellen mit einem depressiven Partner. Mein Verlobter ist mir einfach eine unheimliche Stütze und gibt mir viel Kraft. Das brauche ich in vielen Momenten auch noch oft. Ich denke nicht, dass ich die Kraft hätte, ihn auch noch aufzubauen und zu motivieren, wenn ich selber eigentlich lieber im Bett bleiben möchte....

Ich bin sehr auf deine Reha-Erfahrungen gespannt.
Ich wünsche dir auf jeden Fall alles Gute!
Zarra
Beiträge: 5734
Registriert: 12. Mär 2010, 15:16

Re: Beziehungen mit/ unter Depressiven.

Beitrag von Zarra »

Hallo Dieter,

ich schreibe Dir jetzt was, was Dich wahrscheinlich momentan akut weniger beschäftigt. - Das Beste, was ich von Arzt-/Therapeutenseite dazu gehört habe, ist, daß man das nicht immer vermeiden kann (sind halt u.U. heftige Gefühle), daß dann aber eigentlich keine rechte Therapie mehr möglich ist (!!) - weil man schlicht hauptsächlich mit anderem beschäftigt ist -, und daß Verheimlichen (wozu nicht alle, aber viele Kliniken ja "zwingen") die Sache eher schlechter macht.

Und Liebe (nicht: Verliebtheit) und Partnerschaft sind auch etwas, das reifen muß. - Und nicht jedes Sich-Näher-Kommen muß in diese Richtung gehen! Außerdem haben viele engeren Kontakte, die im "Therapierahmen" gut sind, "stimmen" und ihre Berechtigung haben, Schwierigkeiten, dann im Alltag weitergeführt zu werden.

Erfahrungen kann ich keine beisteuern. - Ich schätze aber doch sehr, daß das einfach von den beteiligten Personen abhängt, so daß das in manchen Fällen gut gehen kann, in anderen nicht.

LG, Zarra
FrauRossi
Beiträge: 3165
Registriert: 2. Jul 2011, 11:23

Re: Beziehungen mit/ unter Depressiven.

Beitrag von FrauRossi »

Hallo Brummi,

Die ersten Grade des Verliebseins - da ist man ja von Körpereigenen Drogen total überflutet.

Man kann es nicht steuern aber ich würds in einer Reha auch nicht drauf anlegen. So wie Zarra schon schreibt, ich könnte mir vorstellen dass Therapie dann schwieriger wird.

Zum anderen, Inn Ausnahmesituationen ( und das ist so eine Reha ja auch) verliebt man sich leicht weil man durch das gemeinsame Erleben ein Zusammenhörigkeitsgefühl entwickelt.
Ob das dann den Realitätscheck übersteht, oder den Alltag?

Ich würds versuchen zu vermeiden. Wobei wenn es einen erwischt, erwischt es einen halt, da macht man nix.

Das beantwortet nicht die generelle Frage ob zwei Depris sich zusammen tun sollten. Aber dazu hat sicher jeder seine eigene Meinung und die Antworten darauf können so vielfälltig, wie die Menschen selbst, sein.

Ich persönlich bräuchte das nicht unbedingt. Aber wie gesagt: wo die Liebe hinfällt.

LG FrauRossi
Sonnenblume14
Beiträge: 1038
Registriert: 16. Sep 2014, 18:36

Re: Beziehungen mit/ unter Depressiven.

Beitrag von Sonnenblume14 »

Hallo,

ich könnte es mir für mich auch absolut nicht vorstellen. Gerade in der schlechten Zeit war mein Mann der Fels in der Brandung, den ich gebraucht habe, um eine Sicherheit zu haben. Ich stelle mir die Kombination äußerst schwierig vor, vor allem, wenn beide eine instabile Phase haben.

Aber Erfahrungen kann ich dazu nicht beisteuern. Die Männer in der TK waren zwar sehr nett, aber es waren für mich gute Bekannte - mehr hätte ich definitiv nicht zugelassen. Vermutlich als Single auch nicht, da ich ein sehr rational denkender Mensch bin und diesen Schwierigkeiten aus dem Weg gegangen wäre.

LG Sonnenblume
"Depressionen sind kein Zeichen von Schwäche, sondern dafür, dass jemand zu lange zu stark sein musste" (Johnny Depp)

"Verstehen kann man das Leben nur rückwärts. Leben muss man es vorwärts." Sören Kierkegaard
saneu1955
Beiträge: 2433
Registriert: 6. Jul 2014, 19:18

Re: Beziehungen mit/ unter Depressiven.

Beitrag von saneu1955 »

Lieber Dieter, das ist eine sehr interessante Frage, die du da gestellt hast.

Also ich denke, dass es nicht so gut wäre. Du schreibst selbst, dass wenn jemand weint oder Probleme hat, du dann dein Helfersyndrom entwickeln würdest. Du würdest dich evtl. selbst verlieren und dann nur noch die Probleme der Partnerin sehen. So könnte ich es jedenfalls bei mir vorstellen. Ich weis nicht, wie stark du da wärest oder wie gelegen dir das käme, dann nicht an deine Probleme zu gehen.

Natürlich kann so etwas auch gut gehen. Jede Partnerschaft ist anders und auch Menschen ohne Depressionen können sich gegenseitig das Leben schwer machen. Davor ist niemand gefeit.

In der Klinik würde ich versuchen, das beste für mich zu tun. Ein freundschaftliches Verhältnis mit den Mitpatienten ist wichtig, weil man da wirklich nur über seine Probleme sprechen kann, aber mehr könnte ich mir nicht vorstellen.

Saneu1955
Brummi59
Beiträge: 975
Registriert: 15. Aug 2014, 23:13

Re: Beziehungen mit/ unter Depressiven.

Beitrag von Brummi59 »

Zarra hat geschrieben:Das Beste, was ich von Arzt-/Therapeutenseite dazu gehört habe, ist, daß man das nicht immer vermeiden kann (sind halt u.U. heftige Gefühle), daß dann aber eigentlich keine rechte Therapie mehr möglich ist (!!) - weil man schlicht hauptsächlich mit anderem beschäftigt ist -, und daß Verheimlichen (wozu nicht alle, aber viele Kliniken ja "zwingen") die Sache eher schlechter macht.
Aus eigener Erfahrung kann ich da widersprechen. Das mit der Freundin in der Therapie war damals das Beste was mir passieren konnte. Wir haben sehr lange, sehr tiefgründige Gespräche geführt. Das ging tiefer als jede Therapiestunde. Irgendwoher oder irgendwie hatten wir ein ganz tiefes Vertrauen ineinander. Als es mehr wurde, haben wir es vorerst nur für die Therapiezeit ausgemacht. Danach sollte Jeder sein Leben führen aber immer für den Anderen da sein. Wir haben nach der Therapie sehr viel telefoniert und uns geholfen. Mehr ist leider nicht draus geworden. Freunde per WhatsApp sind wir noch immer.

So wie Cinder es schreibt, halte ich es schon für möglich. Wobei ich mich kaum streite. Wenns zu Streit kommt, verziehe ich mich in mich selbst. Da muß ich noch lernen.

Am Ende wird es schon so sein, wie die allgemeine Antwort ist. Wenn es richtig funkt ist man machtlos. Wehrt man sich dagegen könnten Selbstvorwürfe kommen. Wehrt man sich nicht, wird es arg schwierig auch durch schwere Zeiten zu kommmen.
Liebe Grüße
Dieter

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*Arthur Lassen*
Botus
Beiträge: 2096
Registriert: 29. Mär 2014, 06:36

Re: Beziehungen mit/ unter Depressiven.

Beitrag von Botus »

Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass man Augen und Antennen für sowas hat, wenn man krank ist. Seitdem ich betroffen bin, sehe ich überhaupt keine Frauen mehr, selbst wenn sie 10 cm vor meiner Nase stehen würden, bin ich irgendwie ganz woanders. Die nötigen Antennen für solche Sachen und auch die Lust auf sowas kann ich nur entwickeln, wenn es mir rundherum gut geht.

Um diesen Zustand zu erzeugen, brauche ich zunächst eine Zeitspanne, in der ich ganz alleine bin, niemand da ist und mich jeder in Ruhe lässt. Ich bin dann wie ausgewechselt und das hält eine unbegrenzte Zeit vor. Wenn dann jemand kommt, der ganz komische Probleme hat, entwickle ich Sympathie und den Wunsch zu helfen. Ich mag Menschen, die Probleme haben. Sie sind viel netter und feinfühliger als andere und oft auch klüger. Nach einer Weile geht es dem anderen besser und mir geht es schlecht. So läuft schon mein ganzes Leben.

Für mich wäre das deshalb überhaupt nix... ich würde leiden

Liebe Grüße vom Dobi
Zuletzt geändert von Botus am 18. Dez 2014, 19:39, insgesamt 1-mal geändert.
payasa
Beiträge: 419
Registriert: 3. Sep 2014, 22:15

Re: Beziehungen mit/ unter Depressiven.

Beitrag von payasa »

In der letzten Klinik hat sich ein Pärchen zusammen gefunden - das ging nicht sehr lange gut. Ich glaube, jeder ist ja in der Krankheit so sehr mit sich beschäftigt ODER überhäuft den anderen mit Hilfe und sackt dann vielleicht mal zusammen, weil nichts zurückkommt? Hm... während ich das schreibe denke ich gerade, auch nicht viel anders als bei Gesunden *lach...

Mach dir nicht zu viele Gedanken Dieter - et kütt wie et kütt!
Liebe Grüße


Einsamkeit und das Gefühl unerwünscht zu sein, ist die schlimmste Armut.

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