Mein Freund hat schluss gemacht - ich bin völlig fertig

[-Sophia-]

Hallo Zusammen,

ich bin bisher als stiller Mitleser in diesem Forum unterwegs und bin unendlich erleichtert, dass ich mit meiner Situation nicht alleine bin.

Ich bin 26 Jahre alt und seit 4 Monaten mit meinem (Ex-) Freund zusammen. Er ist meine große Liebe. Wir haben übers zusammenziehen, heiraten und Kinder kriegen gesprochen. Er nannte unsere Beziehung immer „sein Leben 2.0“ (er war schonmal verheiratet und hat 2 Kinder aus dieser Ehe). Mit mir sei alles anders, mit mir will er den Rest seines Lebens verbringen.

Er ist ein Mensch, der immer Vollgas gibt. „Nicht gackern, Eier legen!“ lautet seine Devise.
Vor einigen Wochen sagte er dann, dass er mit seiner Arbeitssituation nicht mehr klar kommt (zu viel Stress, 60 Std./Woche etc.).
Er wolle seinen Arzt aufzusuchen, der ihm in seiner schweren Zeit nach der Trennung von seiner Frau, insbesondere von seinen Kindern und der daraus entstehenden Depression geholfen hat; und so wurde er 6 Wochen krankgeschrieben. Ich dachte mir „6 Wochen Auszeit, wo er den Kopf frei bekommt und an seinem Rohbau rumwerkeln kann sind super, danach wird’s ihm wieder gut gehen!“

Leider wurde alles nur schlimmer. Er hatte wenig Antrieb etwas zu machen, war schnell müde und hatte zu vielen Dingen einfach keine Lust. Er zog sich nach und nach von mir zurück, hielt unsere Verabredungen nicht ein, veränderte sein Wesen, hinzu kamen körperliche Beschwerden wie Schlafstörungen, Magenschmerzen, Durchfall, Tinnitus etc.
Vor 10 Tagen machte er dann Schluss. Er könne im Moment keine Beziehung führen, weil ihm alles zu viel ist. Im Moment würde ihn alles unter Druck setzen. Alles, was Verantwortung bedeutet, will er im Moment nicht. Er will mich nicht verlieren, mich auf einer anderen Ebene behalten. Freundschaftlich. Das baue keinen Druck auf.

Ich war sehr verletzt, verkroch mich 2 Tage. Dann fing ich an, mich mit dem Thema „Depression“ zu beschäftigen. Ich las viel in Foren, besuchte eine nahegelegene psych. Beratungsstelle und beschloss, ihn nicht aufzugeben. Ich habe erkannt, dass er nicht mit mir Schluss gemacht hat, weil er mich nicht mehr liebt, sondern weil er in seiner Situation einfach nicht lieben KANN und sich erst um sich selbst kümmern muss, bevor er sich mit einer Beziehung auseinander setzen kann.
Außerdem hab ich in den letzten Wochen so ziemlich alles falsch gemacht, was man falsch machen kann. Ich habe ihn wirklich stark unter Druck gesetzt, ihm Vorwürfe gemacht. Und ich habe begriffen, dass ich in seiner Situation sehr wahrscheinlich genauso gehandelt hätte.

Seit der Trennung meldet er sich jeden Tag über what’s app, erzählt, was er gerade macht oder vor hat, die Tage zu machen. Ich antworte und bestärke ihn, ohne nach Gefühlen oder einem nächsten Treffen zu fragen. Von mir aus melde ich mich nicht, habe aber in einem unserer Chats gesagt, dass er sich melden soll, wenn er Unterstützung braucht – in welcher Form auch immer.

Das Warten macht mich echt fertig, aber mehr kann ich wohl nicht machen – außer mich um mich selbst kümmern und darauf zu achten, dass ich mit mir selbst im Reinen bin und es mir „gut“ geht. Aber es fällt mir so unendlich schwer. Ein Tag komme ich ganz gut damit klar aber am nächsten bin ich wieder völlig am Boden

Hoffnungsvolle Grüße
Sophia

[qwertzuiop]

"Seit der Trennung meldet er sich jeden Tag über what’s app, erzählt, was er gerade macht oder vor hat, die Tage zu machen. "
was soll das denn?
sperr ihn zumindest für eine weile.
er holt sich stärke und zuspruch ohne selbiges zu geben und merkt anscheinend nicht mal was er damit anrichtet.

nix warten.
gehe deinen eigenen weg, wenn der irgendwann wieder in seine richtung geht schön, wenn nicht sein pech.

[cinder89]

Liebe Sophia,
Ich bin selbst an einer Depression erkrankt und kenne diese Äußerungen deines Ex leider nur zu gut.
Ich lebe selbst seit 7 Jahren in einer Beziehung, nächstes Jahr heiraten wir.
Ich hatte so oft das Bedürfnis, mich von meinem Freund zurückzuziehen. Zu gehen. Weil ich mich leer gefühlt habe. Und weil ich oft gedacht habe, dass er jemand besseren verdient. Jemanden, der glücklich ist. Trotzdem ist mein Freund bei mir geblieben, wofür ich ihm unendlich dankbar bin.
Vor ihm war ich selbst schonmal mit jemandem zusammen, der depressiv war. Und er hat genau die gleichen Äußerungen getätigt wie dein Ex. Ich habe ihn irgendwann verlassen, weil er einfach keine Beziehung mehr wollte. Er hat nicht mehr angerufen und wollte mich nicht mehr sehen. Das habe ich mir meiner Meinung nach zu lange gefallen lassen, habe dann eben Schluss gemacht.
Ich kann daher euch beide sehr gut verstehen.
Aber ich finde es nicht fair von deinem Ex, dich einerseits zu verlassen, aber andererseits den Kontakt zu erhalten.
Du bist nicht sein seelischer Mülleimer, egal ob er Depressionen hat oder nicht.
Depressionen machen manchmal leider sehr egoistisch. Er macht sich keine Gedanken darüber, wie es dir in dieser Situation geht. Das muss er aber trotz Krankheit wieder langsam lernen.
Die Frage ist auch: Was will er? Möchte er eine Beziehungspause bis es ihm besser geht? Das funktioniert nicht. Wenn er dann doch mal wieder ein Stimmungstief hat, kann er dich nicht wieder verlassen. Das ist dir gegenüber nicht in Ordnung.
Wenn er nur Freundschaft will, ok.
Aber viel wichtiger ist: was möchtest du? Möchtest du nur mit ihm befreundet sein? Oder hoffst du, dass ihr wieder ein Paar werdet? Ist letzteres der Fall, machst du dir vielleicht falsche Hoffnungen.

Ich wünsche dir auf jeden Fall alles Gute.

[-Sophia-]

Guten morgen und vielen Dank für eure Antworten!

<<Aber ich finde es nicht fair von deinem Ex, dich einerseits zu verlassen, aber andererseits den Kontakt zu erhalten.>>
Nein, fair ist das nicht. Aber ist es, wenn man in einer Depression steckt, nicht schwierig bzw. fast unmöglich, darauf zu achten, was anderen gegenüber fair oder unfair ist? Schlägt man nicht erstmal mit nem Hammer um sich und schiebt jeden weg, der einem so nahe steht? Er hat gesagt, dass er mich nicht verlieren möchte, weil ich ihm sehr wichtig bin. Allerdings möchte er mich im Moment auf anderer Ebene um sich haben, weil ihn die Beziehungsebene derzeit zu viel Druck macht, mit dem er nicht umgehen kann. Und reflektierend muss ich sagen, dass ich ihn wirklich sehr unter Druck gesetzt habe - ich habe quasi alles falsch gemacht, was man im Umgang mit einem depressiven Menschen falsch machen kann. Ich hab's einfach nicht verstanden. Jetzt würde ich in so mancher Situation definitiv anders reagieren.

[-Sophia-]

<< Die Frage ist auch: Was will er? Möchte er eine Beziehungspause bis es ihm besser geht? Das funktioniert nicht. Wenn er dann doch mal wieder ein Stimmungstief hat, kann er dich nicht wieder verlassen. Das ist dir gegenüber nicht in Ordnung.>>

Eine Beziehungspause nimmt nicht vollständig den Druck von ihm - denke ich zumindest. Er hat dann trotzdem noch "Verantwortung für mich" und kann sich nicht vollständig um sich selbst kümmern. Auf meine Frage hin, ob er für uns nie wieder eine Chance sehen würde, reagierte er bestürzt und antwortete "doch, doch, natürlich!", was mir zeigt, dass er mich irgendwo noch liebt.

Ja ich hoffe sehr, dass wir wieder ein Paar werden. Er IST es einfach. Das weiß ich. Ich bin mir aber auch darüber im Klaren, dass das alles nach hinten los gehen kann und sich nicht so entwickelt, wie ich es mir wünsche. Dann werde ich den Kontakt abbrechen müssen, um mich selbst zu schützen.
Falls wir aber noch wieder ein Paar werden sollten, weiß ich, dass ich auf die "kleinen (oder manchmal auch ziemlich großen) Signale" besser vorbereitet bin. Bis er mit mir Schluss gemacht hat, hab ich mich nie mit dem Thema Depression beschäftigt. Nächstes Mal wäre ich verständnisvoller, zurückhaltender und würde schneller handeln.

(Weiterhin) hoffnungsvolle Grüße,
Sophia

[qwertzuiop]

hm... ich hab da so meine eigene sichtweise aber ich bin sowieso nicht"normal"
"Eine Beziehungspause nimmt nicht vollständig den Druck von ihm - denke ich zumindest."
das mit der beziehungspause habe ich noch nie verstanden. entweder mann ist zusammen mit höhen und tiefen oder nicht.
"Er hat dann trotzdem noch "Verantwortung für mich" und kann sich nicht vollständig um sich selbst kümmern."
warum nicht? welche art von verantwortung?
"Auf meine Frage hin, ob er für uns nie wieder eine Chance sehen würde, reagierte er bestürzt und antwortete "doch, doch, natürlich!", was mir zeigt, dass er mich irgendwo noch liebt."
aber klar hat er das gesagt. lieber den spatz in der hand als die taube auf dem dach bis ja bis eine taube vorbei gedackelt kommt. dann sieht das plötzlich ganz anders aus.

[-Sophia-]

"Verantwortung" ist vielleicht das falsche Wort. Aber wenn man die Beziehung nicht beendet sondern nur eine Pause einlegt, steht der Partner immer in Lauerstellung - "Na? Pause nun vorbei?" - und dass man den Druck dann nicht abstellt sondern nur auf längere Sicht verlagert, hilft wohl nicht.

Nein, dass er mich nur warm hält, glaube ich nicht. Er hat 1 Jahr um mich gekämpft. Und ich kenne keinen Mann, der 1 Jahr lang immer wieder versucht, jemanden für sich zu gewinnen, wenn er es nicht ernst meint.

Ich habe ihn Samstag auf einem Konzert gesehen (hatten die Karten schon lange, bin aber mit ner Freundin hin gegangen). Ich hatte gehofft, ihn da nicht zu sehen, weil es proppenvoll war. Aber natürlich sieht man immer genau den, den man nicht sehen möchte. Wir standen ungefähr 10 Meter auseinander und so wie er mich angesehen hat... das kann einfach nicht alles gewesen sein.

[lucky8]

hallo sophia,
ich habe auch einen depressiven partner. eine beziehungspause gab es bei uns nicht. es gab zeiten, in denen er keine gefühle haben konnte, aber eine beziehung hatten wir trotzdem. ich habe auch jede menge druck gemacht, bis ich gelernt habe, dass dies nicht hilfreich ist. aber er hat das auch überstanden. wir sind immer noch zusammen, es geht ihm etwas besser, aber mir geht es ab und zu ganz schlecht, denn wenn man nicht auf sich aufpasst, zieht es einen mit hinunter.
wenn dein mann auf ein konzert geht, ohne dich, gibt es dir nicht zu denken? ich weiß nicht, ob er die beziehungspause nicht nützt um sich anderweitig zu orientieren? auch wenn er ein jahr um dich gekämpft hat, kann es nicht sein, dass er seine meinung geändert hat? im bezug auf dich?
ich würde keine beziehungspause dulden. entweder ihr seid zusammen oder nicht. ich sehe darin keinen sinn.
das ist einfach meine meinung.
ich wünsche dir alles gute und viel kraft.
lucky8

[Brummi59]

Leider wurde alles nur schlimmer. Er hatte wenig Antrieb etwas zu machen, war schnell müde und hatte zu vielen Dingen einfach keine Lust.

und

Ich habe ihn Samstag auf einem Konzert gesehen

Sorry, das ich mich als Betroffener kurz einmische. Aber wenn ich das lese, bekomme ich arge Zweifel.
Für mich ist es unvorstellbar derzeit in ein Konzert zu gehen. Das würde schon am Aufraffen scheitern. Soooo schlimm scheint die Depression dann doch nicht zu sein. Ist natürlich eine gute Ausrede, wenn man keinen Bock hat und mal lieber was Neues testen will.
Wie weiter oben schon geschrieben.... er sucht wohl die Taube aber zur Not nimmt er dann doch den Spatz.

[lucky8]

@Brummi.....
ich kann dir da nur zustimmen.
lg lucky

[cinder89]

das mit dem Konzert finde ich auch sehr krass.

Ist ja schön, wenn er was unternehmen kann. Aber dann scheint es ja so dramatisch nicht zu sein?

Ich habe das Gefühl, du spielst deinen eigenen Wert runter, Sophia.
Auch wenn dein Partner depressiv ist, ist das keine Entschuldigung, mit dir machen zu können, was er will.
Geht gar nicht!!!
Vielleicht liege ich total falsch, aber machst du dir vielleicht falsche Hoffnungen?
Vielleicht möchte er eigentlich keine Beziehung mehr, traut sich aber auch nicht so richtig, das ganze für immer zu beenden. Es wirkt auf mich, als wolle er dich warmhalten.
Gerade den Gang zum Konzert mit jemand anderen. Wenn er dich liebt, warum geht er nicht mit dir zusammen?
Sorry, wenn das ganze sehr pampig rüber kommt.
Aber dein Freund macht mich echt sauer, und du tutst mir in der Situation leid, weil du darunter zu leiden hast, nicht er.

Weiterhin alles Gute
Alles Gute weiterhin!

[Butterblume33]

Hallo Sophia,

vielleicht ein paar Gedankenanstöße. Mein depressiver Ex hat sehr lange um mich gekämpft und wir kannten uns schon ein Jahr bis wir tatsächlich zusammengekommen sind. Daraufhin folgten die zwei besten Beziehungsjahre meines Lebens und er war der Richtige für mich. Ich hätte ihn geheiratet. Aber in diesem Sommer ist etwas passiert, was ihn dazu veranlasst hat, sich komplett zurückzuziehen. Völliger Kontaktabbruch, nur ganz sporadische Treffen so alle vier Wochen, dann wieder einige Zeit regelmäßig Nachrichten und Emails, dann wieder keinen Kontakt etc.... Aber seine Freunde und Familie konnte er sehr wohl sehen. Nach mehreren Monaten ging es mir richtig dreckig, weil ich nichts mehr verstand und auch keine Erklärungen bekam. Dieses Auf und Ab und Unsicherheit haben mich total ausgelaugt. Auch mein Ex hat es über Monate nicht geschafft auszusprechen, dass er nicht mehr mit mir zusammen sein möchte. Ich musste den Schritt gehen und mich von ihm trennen. Ich habe sehr lange gebraucht zu verstehen, dass es eben NICHT nur die Depression gibt sondern immer auch andere Dinge, die Auslöser für ein Beziehungsende sein können. Auch wenn es schwer oder unmöglich ist, diese Dinge in Worte zu fassen. Man steckt in dem anderen nicht drin, manchmal geht es einfach nicht mehr. Das muss man so akzeptieren und sich selbst respektieren, auch wenn da ganz viel Liebe ist. Zu einer erfüllten Beziehung gehören immer zwei.

Liebe Grüße,
Butterblume

[-Sophia-]

Guten Morgen und vielen Dank für eure Antworten!

Ich bin hin- und hergerissen. Ich weiß, dass ihr es gut meint und in euren Meinungen steckt auch viel Wahrheit drin, aber ich kann einfach nicht glauben, dass das bei meinem (Ex) Freund so ist. Er kann seine Depression sehr gut überspielen, wenn er mit Freunden oder Familie zusammen ist. Er ist immer der Starke, immer der Macher gewesen und will diese Fassade auch weiterhin aufrecht erhalten. Bloß keine Schwäche zeigen. Ums verrecken nicht.
Wenn er dann mit mir zusammen war, bröckelte diese Fassade. Er war nach diesem "Maske aufsetzen" immer total fertig, hat dann nur noch vor sich hin gestarrt oder geschlafen. Dinge, die er unter Zwang machen musste, gingen ihm tierisch an die Nieren, und sei es nur ein Einkaufszettel schreiben. Er bekam bei allem, was Druck bedeutet, Tinnitus. Er hatte ständig Magenprobleme und musste nach jedem Essen sofort auf die Toilette. Er hat in den letzten Wochen immer einen Notizblock bei sich, damit ihm Dinge, die er unbedingt erledigen muss, nicht vergisst. Er war/ist zerstreut und sein Wesen hat sich verändert. Alles, was ich gesagt habe, wurde negativ ausgelegt, er fühlte sich immer angegriffen.

Die einzige, die diese Veränderungen an ihm aus dem Freundeskreis mitbekommen hat, ist seine beste Freundin. Sie ist selber ganz irritiert und hat keine Ahnung, was mit ihm los ist. Von der Diagnose "Burnout" und "Depression" weiß sie glaube ich nichts, bzw. nimmt es nicht ganz so ernst.

Ich kann ihn einfach (noch?) nicht aufgeben. Sein Blick, als ich sagte, dass ich nicht nur mit ihm befreundet sein kann (meine erste Schockreaktion, als er sagte, das er im Moment keine Beziehung führen kann), und ich dann "leb wohl..." sagte... wie ein gehetztes Tier. Ich kenne ihn so nicht.

3 Wochen vorher hat er noch von heiraten gesprochen... Er war schonmal verheiratet und hat 2 Kinder. Er wollte nie wieder heiraten und keine Kinder. Er hat für mich seinen Termin beim "schnipp-schnapp" abgesagt, weil ich gesagt hab, dass ich irgendwann schon Kinder haben möchte.... Sowas sagt und macht man doch nicht, wenn es nur eine "Liebelei" ist...