Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

HiFiRe
Beiträge: 20
Registriert: 14. Okt 2003, 18:26
Kontaktdaten:

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von HiFiRe »

Das Verhalten Deines Chefs kann ich nachvollziehen. Er sieht, dass Du lebst, dass Menschen sich um Dich kümmern. Du hast ein gutes Dach über dem Kopf. Du hast einen Job! Das sieht man. Gegenüber steht aber ein Mensch der das scheinbar nicht zu sehen scheint. Gesunde Menschen, wie ich einer bin, können das nicht verstehen. Weil wir uns alleine daran erfreuen und so unser Leben als wertvoll ansehen. So denke ich wenigstens. Mir ist mein Leben einfach schon genug und wertvoll!
srb
Beiträge: 508
Registriert: 11. Jun 2003, 11:59

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von srb »

Hallo Momo,

na, dann kann ich Deine Reaktion gut verstehen! Hatte 2 so ähnliche Erlebnisse, zunächst mit meinem Chef. War im Frühjahr auch mal 1 Monat krankgeschrieben, danach gab es ein Gespräch und er war auch so verständnisvoll, ich sollte mir da nicht so einen Druck machen, er würde sich mehr einbringen, so ginge es doch vielen mal usw. Die ersten Wochen ging das dann auch noch alles (obwohl er sich natürlich nicht mehr eingebracht hat), aber es kamen halt immer wieder Situationen, in denen es einfach nicht ging, die länger gebraucht haben als "eigentlich" nötig. Nachdem ich nach langem Kampf so eine Situation mal wieder gemeistert hatte (und gerade so stolz auf mich war) kam dann von ihm der Kommentar: Na, haben Sie sich jetzt endlich dazu aufraffen können? So nach dem Motto: So, jetzt haben Sie ja lange genug krank gespielt und ich war doch auch echt nett, aber nun reicht es ja mal, nun seien Sie mal wieder normal. Und ich hatte gedacht, er würde wirklich verstehen.... Jedenfalls ein bißchen. Tja, und der zweite war dann mein Neurologe, zuerst auch super verständnisvoll, bis ich zugegeben habe, daß seine Tabletten ein klein bißchen wirken würden, da war der Reiz dann wohl weg und ich durfte mir einen langen Vortrag darüber anhören, wie gut es mir doch ginge, anderen ginge es viel schlechter, also stellen Sie sich mal nicht so an... Da war ich richtig vor den Kopf gestoßen. Verstehen jetzt um mich herum alle das Problem nicht oder bin ich diejenige, die falsch davor ist?

Viele Grüße,
Silke
wuschel
Beiträge: 314
Registriert: 9. Mai 2003, 10:56

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von wuschel »

2
ben1
Beiträge: 1379
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von ben1 »

Hallo Momo, hallo Silke

man sollte Eure Chefs beglückwünschen - die haben anscheinend die Glücksformel gefunden! Wenn ich eine gute Arbeit habe und das nötige Umfeld, dann gehts mir gut.

Das stimmt so leider nicht! Es gibt nunmal die Innen- und die Außenwelt, und meine These ist, wenn die zwei nicht zusammenarbeiten können, dann klappts auch nicht! Da ist es egal, wie viel Erfolg oder Kohle oder Freunde man hat, wenn man irgendwie das Gefühl hat, das das nicht ECHT ist, also das sowas nur in der Außenwelt passiert, dann bricht das System auseinander. Man sehe sich die Prominenten depressiven Leute an (Robbie Williams, Boris Becker ...), die haben doch alles, was wollen die denn noch? Glück oder Zufriedenheit kann dann entstehen, wenn die Kluft innen/außen kleiner wird - im Idealfall verschmelzen die beiden. Solche Gefühle kennt ihr vielleicht auch - wenns einfach passt, obwohl nix passt, wenn man einfach mit sich und der Welt eins ist, ohne vorher große Erfolge gefeiert zu haben.
Wenn die anderen Dich nicht so akzeptieren, wie Du bist, liegt das meiner Meinung nach daran, das Du Dich selbst nicht akzeptieren willst oder kannst, wie Du bist. Und der Weg dahin ist aus meiner Sicht sich erstmal bewußt zu werden, wer man IST (und da ist das mit der Beobachterrolle eine gute Methode) und nicht darunter zu leiden, wer Du NICHT bist. Ich habe mittlerweile keine Schwierigkeiten mehr, zuzzugeben, das ich etwas nicht kann oder nicht weis - einfach, weil ich weis, das das menschlich ist. Ich gestehe mir das mittlerweile zu. Und die Umwelt reagiert anders, als man meint - die freut es, das es auch bei uns mal menschelt!


Wichtig finde ich auch, den Teufelskreis zu durchschauen, der sich in den Lösungen in der Außenwelt bietet. Man gaukelt sich ja selber vor "Wenn ich noch ... habe oder erreicht habe, dann gehts mir gut" - falsch! Was bleibt nach einem Erfolg übrig? Die Erlaubnis, sich kurz gut fühlen zu dürfen und dann gehts wieder von vorn los.

Was sehr viel Angst macht (um auf das Thema das Threads zurückzukommen) ist, sich erstmal von seinen Idealen (die perfektionsistisch und daher unmenschlich sind) zu verabschieden. Was bleibt von mir übrig, wenn ich meine Fassade bewußt als Lüge identifiziere? Nun, es bleibt auf jeden Fall mehr übrig, als ein häufchen Elend, denn auch in Deiner Fassade arbeiten Ichs, die in Deinem Haus wohnen - die gehen ja dadurch nicht verloren. Es geht "nur" darum, sich auch die anderen Mieter mal anzusehen, die passen natürlich nicht zu unserem Idealbild, aber das macht nix!

Ich wiederhole mich in meinen Postings, ich hoffe, das langweilt nicht (und wenn, machts auch nix )

Ben
Caroline1
Beiträge: 831
Registriert: 19. Mär 2003, 16:48

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von Caroline1 »

Hallo Ben

Du hast in deinem letzten Posting einige Gedanken ausgedrückt, die ich persönlich sehr aufschlußreich finde. Mir sind diese Zusammenhänge auch im Laufe der Zeit klar geworden, und auch dieses Klarwerden ist ein Prozeß, der sich entwickelt. Es wird einem leider nichts klar per Knopfdruck, eine solche Erwartung wäre eher hinderlich. Dein Satz " Man gaukelt sich ja selber vor "Wenn ich noch ... habe oder erreicht habe, dann gehts mir gut" - falsch! " trifft es auf den Punkt! Ich habe mir das auch selber lange vorgegaukelt, und für eine bestimmte Zeit scheint mir das auch OK, denn daraus entspringt ein Teil der Motivation, sich überhaupt erst mal auf den eigenen Weg zu machen. Aber es ist eben ein Trugschluß, zu glauben, damit wären die Probleme gelöst. So manche erfüllten Wünsche und erreichten Ziele erleichtern in vielerlei Hinsicht das Leben "draussen" im Alltag, das ist schon richtig. Aber dass da eben noch etwas fehlt, das Wesentliche, das spüren ja gerade depressiv veranlagte Menschen sehr genau. Und das kann man eben nur bei sich selber finden, und nicht in einer Partnerschaft, einem Arbeitsplatz, einer Familie, einem Freundeskreis, einem dicken Bankkonto und ähnlichen Dingen. Nun, ich hab das Gefühl, du hast das auch bereits verstanden, oder?

Dir einen sonnigen Nachmittag

Caroline
ben1
Beiträge: 1379
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von ben1 »

Hallo Caroline

Du hast sicherlich recht mit dem was Du schreibst. Und ich denke, auch die Ichs in uns, die was erreichen wollen in der "Außenwelt" haben ihre Berechtigung - ohne Zweifel. Es geht nicht um ein entweder/oder (also nicht Außen- oder Innenwelt), sondern um ein harmonisches Miteinander. Mir sind Karrieretypen ebenso suspekt wie Asketen. Beides ist meiner Meinung nach nicht erfüllend. Denn die Überbetonung eines Teils hemmt und unterdrückt den anderen Teil. Das Heil findet man in einem Kompromiss, in einem "sowohl als auch".

Oder?

Ben
MadMax
Beiträge: 383
Registriert: 1. Jun 2003, 14:05

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von MadMax »

Hallo ihr alle!

Will mich auch mal wieder ganz kurz in diesem Thread zu Worte melden.

>Was sehr viel Angst macht (um auf das Thema das Threads zurückzukommen) ist, sich erstmal von seinen Idealen (die perfektionsistisch und daher unmenschlich sind) zu verabschieden. Was bleibt von mir übrig, wenn ich meine Fassade bewußt als Lüge identifiziere? Nun, es bleibt auf jeden Fall mehr übrig, als ein häufchen Elend, denn auch in Deiner Fassade arbeiten Ichs, die in Deinem Haus wohnen - die gehen ja dadurch nicht verloren. Es geht "nur" darum, sich auch die anderen Mieter mal anzusehen, die passen natürlich nicht zu unserem Idealbild, aber das macht nix!

Das hast Du so wunderbar formuliert, Ben (auch wenn Du Dich damit in irgendeiner Weise wiederholen solltest *g*).
Ich denke, diese Erkenntnis ist sehr viel wert. Ich persönlich habe dies wohl in den vergangenen Monaten langsam begriffen und vor allem in den beiden letzten Wochen in sehr positiver Weise erfahren dürfen, dass man nicht automatisch "auf die Fresse fallen muss", wenn man diese Fassade auch nach aussen öffnet. Und selbst wenn es nur ein ganz kleines Stück ist. Im Gegenteil: es taten sich ganz plötzlich ungeahnte schöne Situationen auf.
Es war zwar nur für eine kurze Weile und es wird auch noch eine Menge innerer Überzeugungsarbeit seiner selbst notwendig sein, aber als kleiner Lichtblick: Es ist der richtige Weg!

In diesem Sinne: Euch alles Liebe und Gute!

Mad Max
srb
Beiträge: 508
Registriert: 11. Jun 2003, 11:59

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von srb »

Hallo Mad Max,



Mußte doch auchmal diese tollen smileys ausprobieren...

Ausführlichere Antwort folgt morgen!

Alles Liebe,
Silke
srb
Beiträge: 508
Registriert: 11. Jun 2003, 11:59

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von srb »

Hallo Wuschel,

wem galt denn dieses Posting? Habe in einem anderen Thread gelesen, wie schlecht es Dir gerade geht und habe mich so hilflos gefühlt... Arbeite auch in der Wissenschaft und komme nicht klar, vielleicht deshalb. Wünsche Dir auf alle Fälle alles Gute!

Silke
ben1
Beiträge: 1379
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von ben1 »

Danke, Mad Max (oder nur noch Max? )

Tja, das ist schon eine befreiende und schöne Erfahrung, das nicht alles zusammenbricht, wenn man sich ein Stück weit ändert. Und mit dem Erfolg, den man verspürt, kann man mit etwas weniger Angst immer echter werden. Und echter. Und der Prozess ist schon das Ziel. Das wird wohl ein (mein) Leben lang andauern, aber es ist spannend. Und ich meine das nicht resignierend, ganz im Gegenteil, aber wenn Du auch auf diesem Weg bist wirst Du mich verstehen.

Ich freue mich über das Formulierkompliment!

Machs gut, ist schön, wieder von Dir zu hören

Ben
momo
Beiträge: 178
Registriert: 12. Okt 2003, 03:08

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von momo »

Hallo Bastian

Vielleicht hab ich den Fehler gemacht, unbewusst zu erwarten, dass mein Chef immer Verständnis für meine Situation hat und bin nun darum so enttäuscht. – Es ist für mich ja schon irgendwie nachvollziehbar, dass man etwas, das man nicht kennt, nicht so gut versteht. Doch schliesslich geht es mir nicht darum, dass er mir etwas nachempfinden kann, sondern darum, dass er mir glaubt... kannst du damit was anfangen?

Gruss
Momo
momo
Beiträge: 178
Registriert: 12. Okt 2003, 03:08

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von momo »

Hallo Silke

Wie hast dus denn nun mit deinem Chef? Bei mir ists so, dass ich bis jetzt ein sehr offenes Verhältnis zu ihm hatte und ich hab Angst, dass wenn ich nochmals mit ihm sprechen würde, er noch mehr auf Distanz gehen würde und das möchte ich eigentlich nicht.
Was mich wie gesagt am meisten stört, ist, als Simulantin angeschaut zu werden – vielleicht hängt gerade damit auch das Problem des ‚nicht-gesund-werden-wollens’ zusammen. Wenn ich mir vorstelle, wieder gesund zu sein, stell ich mir nicht vor, dass es mir irgendwann mal wieder besser geht, sondern gleich von heute auf morgen. Natürlich weiss ich, dass das so nicht funktioniert, aber ich hab das trotzdem so im Kopf. Und die Vorstellung, dass es mir einfach wieder gut gehen kann, würde sozusagen bedeuten, dass es mir jederzeit wieder gut gehen könnte, dass ich nur wollen müsste und somit eigentlich nie was hatte, sondern nur simulierte – weißt du, was ich meine? Das Problem ‚wenn-ich-wieder-gesund-bin-muss-ich-wieder-funktionieren’ hast du ja so erklärt, dass das Gefühl der Logik nicht folgen kann... ist hier vielleicht ähnlich...
Es könnte mir doch eigentlich egal sein, was die andern so denken über mich – wieso ist es das nicht? Eigentlich dachte ich immer, ich würde das tun, was ich will, egal was die andern so denken... hmmm ist mir aber im Moment gar nicht gleichgültig...

Lieber Gruss
Momo
momo
Beiträge: 178
Registriert: 12. Okt 2003, 03:08

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von momo »

Hallo Ben

Du schreibst, dass man das Heil im Kompromiss findet...ich glaube eigentlich auch, dass das mit den Kompromissen ganz gut ist, aber irgendwas in mir wehrt sich dagegen. Obwohl bei einem Kompromiss für mehrere Seiten was rausschaut, bin ich unzufrieden, weils irgendwie gleichzeitig für niemanden stimmt... kennst du das?

Gruss
Momo
HiFiRe
Beiträge: 20
Registriert: 14. Okt 2003, 18:26
Kontaktdaten:

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von HiFiRe »

Hallo momo,

ich kann da schlecht drauf antworten, weil ich nicht weiß wie meine Worte nachher aufgefasst werden. Ich kann nur sagen, dass man irgendwann das Gefühl bekommt, der depressive Mensch gegenüber solle sich nicht so anstellen und man kann einfach keine Rücksicht mehr nehmen. Man denkt ... scheisse ... alles bleibt an mir hängen. Die/der sagt sie/er ist krank und kann deshalb nicht. Als Chef einer Firma in der heutigen Situation kann ich schon verstehen das es ihm irgendwann reicht. Er muss ja die volle Arbeitskraft haben. Für einen gesunden Menschen ist die Krankheit Depression so ziemlich nicht zu verstehen. Daher glaubt man auch nicht daran das die Person da nichts für kann. Ich denke das auch ab und an wenn ich eure Texte hier lese. Ich denke .. hey ... mir passiert so viel Mist und ich leb auch noch ... also jammert nicht rum und genießt das ihr lebt und jeden Tag was neues erleben dürft. Leider ist das nicht so einfach wie ich hier sehen muss und mit meiner Freundin erleben mußte. Ja ... *schulterzuck* ... so ist es ...

LG

Bastian
ben1
Beiträge: 1379
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von ben1 »

Hallo Momo

das Gefühl kenn ich, das es dann für niemanden stimmt ...

Das ist wirklich kompliziert - und ich versuchs mal mit einem Beispiel. Wenn wir den Karriereben ansehen und den "faulen" Ben, so liegt der Kompromiss wohl irgendwo bei "Arbeiten um zu Leben, eine möglichst sinnvolle Arbeit, aber auch viel Zeit für mich und meine anderen Bedürfnisse". Und wenn nun mein Bewußtsein von einem der Extreme zum anderen hüpft, dann sind beide Bens nicht zufrieden. Für den Karriereben mache ich viel zu wenig, für den "faulen Ben" viel zu viel. Der Schlüssel zum Kompromiss war nun für mich zu erkenne, das ich weder der eine, noch der ander BIN, das das Teile meiner Persönlichkeit sind und das erst mal o.k. ist (auch wenn das für den Karriereben eine schlimme Erfahrung war) - und ich schlüpf dann gerne in die Moderatorenrolle, oder vielleicht plastischer in die Elternrolle. Das erfordert erst mal Distanz. Eine solche Distanz kann ich z.B. gut durch Meditation herstellen - ich leg mich einfach hin und beobachte meine Gedanken - ich werte sie nicht, sondern versuch nur, mir einen Überblick zu verschaffen, wer da alles in meinem Haus wohnt. Da kommt dann der Karriereben und sagt "Das mußt Du schaffen! Mach noch das und das, dann bist Du noch angesehener" - und ich lass ihn reden und schau zu, und dann kommt vielleicht auch der faule Ben vorbei und sagt "ist doch alles Scheiße, ob ich nun ein paar Euro als Hilfsarbeiter verdiene oder Kariiere mache ist doch egal, hauptsache ich habe meine Ruhe" - auch das ist ein Teil von mir! Ich verurteile hier nicht, ich beobachte, was alles in mir vertreten ist.

Zurück zur Elternrolle: Ich sehe also meine beiden "Kinder", die beide mit der Situation unzufrieden sind und ich versuche erst mal, beide zu verstehen (was macht den Karriereben so umtriebig, was sucht der in der Außenwelt an Bestätigung, Anerkennung - und was macht den "faulen" Ben so faul?) Welche Motive stecken dahinter? Da gehts erstmal ums simple Beobachten, ohne Wertung einfach mal ansehen, welche Typen da beteiligt sind. Und dann ist mein Part, zwischen den beiden Teilen zu vermittlen, Ängste zu nehmen bzw. zu relativieren (auch wenn ich keine Karriere mache, kann ich ein zufriedener Mensch werden) und dann den Kompromiss auszuhandeln. Bei mir war beim Karriereben wirklich eine Todesangst dabei, so nach dem Motto "Wer nix leistet, hat kein Anrecht auf Leben, Glück usw." - das sind Sätze, die ich mit mir mitgeschleppt habe, ohne sie je auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Sicherlich habe ich das mal subjektiv so wahrgenommen (durch meine Erziehung und Sozialisation), aber das ist heute nicht mehr so! Diese Bedrohung existiert faktisch nicht mehr - nur in meinen Gedanken und Gefühlen. Das Bewußtwerden dieser Lebenssätze ist ein entscheidender Schritt, denn nur dadurch kann man verstehen, warum unsere Karriereichs ihren Standpunkt so vehemennt verteidigen.

Welche Sätze prägen Dein Leben? Welche Glaubenssätze schleppst Du mit Dir rum? Schau Dir das mal an, wenn Du magst. Da kommen oft komische und erschreckende Sachen raus.

Wenn Du Lust hast, schreib sie mal auf (für Dich oder auch hier im Forum) - und schau Sie Dir dann mal so an, als würde eine Freundin von DIr oder ein Freund Dir erzählen, das er/sie mit solchen Sätzen durchs Leben läuft. Was würdest Du ihm/ihr sagen?

Viel Text, ich hoffe, ich hab Dich nicht zugetextet, aber kürzer gings nicht

Gute Nacht

Ben
momo
Beiträge: 178
Registriert: 12. Okt 2003, 03:08

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von momo »

Hey Ben

Bis jetzt konnte ich überhaupt keine Ordnung in meine Ichs bringen und hatte keine Ahnung, wie das mit dem Beobachten funktionieren soll – der Tip mit der Freundin oder dem Freund tönt aber recht spannend. Mal schaun obs geht...

Auch gute Nacht
Momo
MadMax
Beiträge: 383
Registriert: 1. Jun 2003, 14:05

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von MadMax »

Hallo Ben!

Ja, ich verstehe was Du meinst. Ich finde es auch interessant und spannend sich selber zu beobachten auf diesem Weg. Mag vielleicht komisch klingen und mir wäre es auf jeden Fall lieber, wenn ich nicht unter dieser Krankheit leiden würde, aber ich denke manchmal, dass ich auch nicht unbedingt mit jemandem tauschen möchte, der nur sehr oberflächlich ist und sich selber eigentlich gar nicht kennt. Einfach deswegen, weil er es bisher nicht nötig hatte, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen.

Ach so: Das mit dem "Mad" vor dem Max bleibt auf alles Fälle bestehen. Soll ja weniger meinen Zustand beschreiben, sondern eher als Eigenname fungieren

Viele Grüße!

Mad Max
ben1
Beiträge: 1379
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von ben1 »

Hallo Mad Max!

Nur ganz kurz - ob man das jetzt (in Deinem Stadium sozusagen, mit ein wenig Distanz zur Depression) als Krankheit oder Chance definiert, bleibt jedem selbst überlassen ...

Ben
srb
Beiträge: 508
Registriert: 11. Jun 2003, 11:59

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von srb »

Hallo Momo,

das Verhältnis zu meinem Chef kann ich zur Zeit ganz schwer beschreiben. Oberflächlich betrachtet ist alles wieder wie vor unserem Gespräch, jedenfalls von seiner Seite aus. Er kümmert sich um nichts und sagt: Machen Sie mal einfach. Weiß zur Zeit nur nicht, wo meine Position dazu ist. Meine Therapeutin meint, ich versuche ihn zu provozieren, ihm eins auszuwischen durch "Arbeitsverweigerung". Ich selber habe ein für mich ganz untypisches Gefühl von "Ist mir doch egal, mache ich eben nichts, interessiert doch eh keinen". Andererseits habe ich auch immer noch ein schlechtes Gewissen, bin unzufrieden mit mir selber. Ach, kann ich zur zeit einfach schlecht beschreiben....

Fand aber sehr spannend, was Du über die Kompromisse geshrieben hast, das Gefühl kenne ich auch! Empfinde mich als absolut nicht kompromißfähig....

Und daß es einem so wichtig ist, was andere über einen denken, empfinde ich als nicht so ungewöhnlich. Verstehe mich nicht falsch, ich wäre da auch gerne anders, aber ich bin einfach damit aufgewachsen, daß nicht ich wichtig war, sondern die Meinung "der Leute" über mich, warum sollte ich das so einfach ablegen können?

Liebe Grüße,

Silke
srb
Beiträge: 508
Registriert: 11. Jun 2003, 11:59

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von srb »

Hallo Ben,

Deine Gedanken zu den Kompromissen fand ich sehr spannend. Seine verschiedenen Ichs beobachten ohne zu werten, das halte ich für einen zentralen Punkt. Ist nämlich definitiv etwas, das bei mir noch nicht funktioniert. Die Bewertung läuft parallel und fast unbemerkt mit ab.

Bin nach Deinem letzten Posting auch noch ziemlich häufig über Menschen gestolpert, die mich durch ihr Verhalten super wütend gemacht haben, da mußte ich an Dich denken. Ich merke aber auch selber häufig, wenn ich z.B. Postings hier im Forum lese, daß ich die Leute am liebsten an den Schultern packen und schütteln möchte, damit sie aus ihren so festgefahrenen Denkmustern ausbrechen. Bei anderen erscheint immer alles so sonnenklar und einfach. Nur bei einem selber funktioniert das irgendwie gar nicht (weshalb ich natürlich gut verstehen kann, daß es den anderen auch nicht gelingt, ich hoffe, das wird hier nicht falsch verstanden!). Irgendwie kann ich mich heute mal wieder schlecht ausdrücken...

Werde jetzt mal versuchen, das Buch zu bestellen, von dem Du erzählt hast!

Viele Grüße,
Silke
ben1
Beiträge: 1379
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von ben1 »

Hallo Silke

das sich da bei der Beobachtung eine bewertung miteinschleicht, ist gerade am Anfang kaum zu verhindern. Meine besten Erfahrungen habe ich mit einem Tagebuch gemacht, auf dem jedes Ich seine Seite erhielt - und da kam dann nur das rein, was dieses Ich auch bejahen konnte.Wenn Du das ausprobieren willst, fang vielleicht mit Deinem Perfektionsich an - dann weis das, das es auch gehört wird (sogar niedergeschrieben) und fühlt sich erst mal ernstgenommen und in Sicherheit - dann kannst Du Dir auch die anderen Ichs mal ansehen - und wenn sich die Perfekte Silke wieder meldet, sag ihr einfach, das Du ihre Meinung kennst und respektierst, das Du Dir aber auch die anderen Ichs mal ansehen möchtest

Probiers aus

Ben
ben1
Beiträge: 1379
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von ben1 »

Sorry, die Autoren meiner "Literaturempfehlung" heissen Stone, nicht Stonde

kleiner Tippfehler, kann passieren

Ben
srb
Beiträge: 508
Registriert: 11. Jun 2003, 11:59

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von srb »

Hi Ben,

nur leider gibt es das Buch nicht mehr, wird nicht mehr aufgelegt.... Naja, gibt ja immer noch ebay!

Viele Grüße,
Silke
ben1
Beiträge: 1379
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von ben1 »

Das tut mir leid, Silke! Wie das Leben so spielt - ich habs als Mängelexemplar im Kaufhof in einer Ramschlade gefunden. Ob das nur Zufall war? Keine Ahnung! Vielleicht findest Du es ja noch. Ich finds wirklich gut. Und falls nicht, kann ich ja die Gedanken so nach und nach ins Forum bringen.


Ben
ben1
Beiträge: 1379
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von ben1 »

Hallo Silke (aber auch Momo)

also nochmal zum Beobachten seiner Ichs - diese Beobachtung läuft schon Dein Leben lang, und zwar von einem Ich, das ich jetzt mal (analog dem Buch) den "Beschützer" nenne.

Der Beschützer hat im Laufe der Sozialisation "erwünschte" von "unerwünschten" Verhaltensweisen zu unterscheiden erlernt. Er hat sich dann noch mit ein paar "Hauptichs" von Dir verbündet (z.B. dem Antreiber, dem Kritiker) und steuert Dich nun so durchs Leben. Das war mal sehr sinnvoll und man sollte diesen Beschützer bei der "Reise zum Selbst" mit ins Boot nehmen. Nun ist es aber so, das JEDES Persönlichkeitsmerkmal (oder Ich), das Du hast, einen Gegenspieler in Dir hat. Da gibst die fleissige und die faule Silke, die soziale und die egoistische, die kalte und die emotionale usw. Leiden tun wir im Endeffekt darunter, das wir nur mit einem Teil der Persönlichkeit, die uns ausmacht, am Leben teilnehmen - nämlich mit der, die der Beschützer für uns ausgesucht hat. Die anderen sind aber trotzdem noch da, auch wenn sie verdrängt werden - und solange sie unbewußt sind (daher finde ich den Begriff Bewußtseinserweiterung so treffend), kämpfen sie im Untergrund und halten uns da ganz schön auf Trab. Gesünder ist es meiner Meinung nach, auch diesen Bedürfnissen die nötige Aufmerksamkeit zu schenken.

Du hast z.B. in einem früheren Posting mal geschrieben, das Dich der Hunger in der 3. Welt so mitnimmt. Auch ich kenne solche Gedanken - und habe mit meinem "Weltverbessererich" (ich habs einfach so genannt, ist keine Wertung ins lächerliche) gesprochen. Ich habe erklärt, das ich das Problem wohl sehe, das aber noch andere Ansprüche in mir sind (z.B. mein Egoist, der auch gut Leben will), die mir verbieten, alles aufzugeben und als Entwicklungshelfer nach Afrika zu gehen. Ich habe dann angeboten, monatlich einen gewissen Betrag zu spenden - und seitdem ist das für mich ok! Angst haben wir davor, wenn wir uns solche Stimmen in uns anhören, das sie alles wollen und unser ganzes Leben aus dem Gleichgewicht werfen - so ist es aber aus meiner Erfahrung heraus nicht! Diese Anteile sind schon froh (und es auch wert!), wenn sie gehört werden und wir versuchen, ihre Bedürfnisse in unser Leben zu integrieren. Nicht mehr und nicht weniger.

Das ganze funtioniert nur, wenn der Beschützer etwas entmachtet wird. Aber auch das ist machbar - meiner z.B. war sehr erschöpft und für hilfe sehr dankbar (der will ja wirklich auch nur unser bestes )

Kannst Du (Könnt Ihr) damit was anfangen?

Ben
Antworten