Hallo ibg,
Ich weis nicht ob man immer depressiv bleibt, es wird oft davon gesprochen dass man auch geheilt werden kann. Mein Therapeut meint zB, ich müsste nicht mehr kommen. Also bin ich ja quasi geheilt? Oder wie man sagt austherapiert.
Ich teile mein Leben ein: vor dem Kollaps und danach. Aber schon lange vor dem Kollaps ging's mir zunehmend schlechter, bloß hab ich das Ignoriert, die Depression hat also schon viel früher angefangen. Da ich auch eine PosttraumatischeBelastungsStörung (PTBS) hatte (habe?) ist es vermutlich so das eine Latenzdepression schon Jahrzente lang vorlag, aufjeden Fall hatte ich ungünstige Verhaltensmuster aufGrund dessen schon mein Leben lang.
Immer wieder gab es (wie ich heute weiß) depressions typische Phasen. Aber ich hatte auch eine Lebensqualität die nach den Kollaps verloren ging.
Man könnte also sagen die Erkrankung kam 2010. aber stimmt das wirklich? Oder fing es viel früher an? Und wenn ja wann? Ich bekam tatsächlich die Diagnose Depression schon ca. 2003 präsentiert. Aber nur auf der Arztrechnung, gesprochen hat darüber keiner mit mir und ich hab's nicht ernst genommen, mich sogar aufgeregt: was das soll?
Ich war so ahnungslos.
All das lässt sich nun im Nachhinein nicht mehr genau sagen. Ist ja auch egal, es ist Vergangenheit und daran lässt sich bekanntlich nichts ändern.
In meiner persönlichen "Einteilung" nehme ich Kollaps als Startpunkt. Als Startpunkt der Erkrankung? Eigentlich nein, obwohl es ab da rapide Bergab ging, in ungeahnte Tiefen.
Ich nehme es als Stattpunkt der Heilung. Denn es ist auch der Punkt wo ich erkannte dass etwas ganz und garnicht stimmt und anfing mir Hilfe zu suchen und den Willen entwickelte etwas zu verändern. Die schwere Depression die ich dann erlitt, betrachte ich als "Erstverschlimmerung" wie sie ja auch bei anderen Krankheiten mit dem Beginn der Behandlung gibt.
Heute 4 Jahre später geht es mir gut, oder weitestgehend gut. Bin ich jetzt geheilt? Zumindest bin ich austherapiert, das heißt: Alle belastenden Themen aus dem Unterbrwusstsein, wurden hervorgeholt, abgeschaut, verarbeitet, die Sichtweise darauf geändert und neu abgelegt.
Ich laufe aber weiter Gefahr in alte Verhaltebsmuster und damit auch in depressive Stimmungen zu rutschen und da habe ich die Vermutung dass das auch so bleiben wird. Nur merke ich auch dass ich vermutlich nicht wieder in eine "schwere" Depression rutschen werde, zum einen weil ich schon wirkich viel verändert habe, zum anderen wenn ich doch in alte Muster gleite (was immerwieder vorkommt) ich die schnell erkenne und auch die Frühearnzeichen nicht mehr ignoriere, sondern erkenne und danach handele.
Ich lehne mich jetzt mal weit aus dem Fenster und sage: ja ich bin geheilt. Aber diese Heilung verlangt Veränderungen die sich nicht von heute auf Morgen erzielen lassen, ich stecke noch drin im Veränderungsprozess.
Der Kollaps hat mir einen geschärften Blick für das Körpereigene Warnsystem geschenkt, welches sowieso bei jedem vorhanden ist. (Wir werden müde, also gehen wir ausruhen / wir haben Angst, also meiden wir die Situation oder denken uns was aus wie sie sicherer wird usw.) Weil ich so lange so erfolgreich mein eigenes Warnsystem übersehen habe, schenkt mir mein Körper, der das jetzt verstanden hat, ein stärkeres Warnsystem mit heftigeren Konsequenzen, welche aber dafür Sorgen dass ich sofort zuhöre und etwas anders mache (ausruhen oder ändern oder meiden oder...)
Kann man also gesund werden? Man kann ja denken: ne wenn man doch immer wieder total erschöpft und heulend in der Ecke landet, dann ist man doch nicht gesund?
Doch ich würde sagen schon. Denn es ist doch total gesund sich leer zu fühlen wenn man unnötig über seine Grenzen gegangen ist und jetzt danach handelt.
Ungesund wäre das wieder zu ignorieren, sogar so zu ignorieren dass man meint es wär nix.
Ich für meinen Teil hatte das "heulen" ca mit 8 Jahren eingestellt. Heute heule ich andauernd. Manchmal denke ich dann das ist doch nicht gut. Aber eigentlich ist es das doch und wenn ich so auf "normale" Leute in meinem Umfeld blicke? Die "heulen" doch auch alle andauernd (weil sie sich gezankt haben, weil der Chef fies war, weil ihnen was über den Kopf wächst, weil sie frustriert sind, weil sie müde sind, weil sie was schönes/traurigeres/bewegendes gesehen/gehört haben.)
Bloß denken die "normalen" nicht darüber nach, die machen das einfach weil es dazu gehört und weil sie ihre Seele damit reinigen,
Und hier schlage ich den Bogen zurück zu dir ibg, die anderen machen all das was du jetzt erst lernst sowieso. Und denen gefallen Veränderungen genauso wenig wie dir. Und wenn du plötzlich daher kommst und "nein" sagst (und vieles mehr) dann stört das die anderen empfindlich in ihren Gewohnheiten. Aber sie gewöhnen sich dran. Und wenn nicht? Dann sollen sie gehen und du kannst froh sein einen "Energiefresser" weniger in deinem Leben zu haben.
Doch Mann kann gesund werden!!!!
(Meine Betrachtungen sind natürlich rein subjektiv, fern jeder Wissenschaft und regulieren die Komplexität einer Depression und PTBS auf ein für den Alltag taugliches Maß an Erklärbarkeit, für mich selbst)
LG FrauRossi