Wie lange dauert meine aktuelle Phase der Depression noch an

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Zimperline
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Wie lange dauert meine aktuelle Phase der Depression noch an

Beitrag von Zimperline »

Hallo,

ich bin 45 Jahre, neu hier und verbringe schon einige Zeit damit, mich durch viele Eurer Tread's durchzulesen. Mal mehr, mal weniger passt auch zu mir.

Die Hauptfrage die sich mir immer wieder stellt ist:

Wie lange dauert meine aktuelle Phase der Depression noch an?

Ich war Anfang diesen Jahres 5 Wochen zur Reha. Es ging mir schon eine ganze Weile vorher nicht gut, dennoch bin ich weiterhin arbeiten gegangen, habe auch einen Jobwechsel im letzten Dezember gemacht. Ich habe gehofft mit dieser Reha wieder besser drauf zu kommen, dem war auch so, bis ich in meinem Wahn der Besserung die Tabletten selbst abgesetzt hatte.

Dann im April diesen Jahres der völlige Nervenzusammenbruch. Die Folge 5 Wochen stationär in Klinik und anschließend 7 Wochen Tagesklinik.

Bis heute und wahrscheinlich noch ewig bin ich schon über 5 Monate zu Hause krank geschrieben. Mein Arbeitgeber hat mich derweil gekündigt (Probezeit, Reha und dann noch die Krankschreibung waren zu viel).

Seit Anfang September geht es nun endlich etwas Bergauf, nach der Tablettenumstellung durch meinen Psychiater. Ich schaffe wieder einiges im Haushalt und kann mich um meinen Hund kümmern, das war es dann aber auch schon! Alles andere geht zu Lasten auf meinen Mann (Kinder haben wir keine).

Ich habe immer noch mehr schlechte als bessere Tage, die bösen Gedanken treiben immer noch ihr wildes Spiel in meinem Kopf. Von sehr vielen Heulkrämpfen und mieser Stimmung kann ich mich nur selten lösen. Eigentlich lache ich sehr gern, aber diese Tage kann ich bisher an einer Hand abzählen.

Mühe bereiten mir Dinge, die mir früher Freude bereitet haben. Ich mache diese, empfinde aber weiterhin keine Lust da drauf. Es will sich ums verrecken in meinem Gehirn nichts weiterentwickeln, ich schaffe es nicht etwas für mich zu finden, was mir Spaß macht.

Ich lebe! Ja, aber wie? Das kann es doch nicht gewesen sein.

Da ich nicht mehr in meiner bisherigen Tätigkeit zurück möchte weil zu stressig (Call-Center), versuche ich mich selbst zu finden. Es gelingt mir momentan auch nicht. Letztens habe ich versucht mehrere Selbsttest's im Internet mit Interessen und Berufswahl zu machen. Es ist ein Schock für mich zu erfahren, dass ich nicht mal die einfachsten Rechenaufgaben oder logische Zeichen hinbekomme. Ich schaue auch bis heute keine Filme, da ich denen nicht folgen kann und lesen hat mir meine Therapeutin auch noch nicht empfohlen, weil ich mir nicht merken kann was ich gelesen habe.

Es ist echt zum piepen!

Wann kann ich wieder alles? Werde ich überhaupt jemals wieder können?

Das Unwort des Jahres für mich ist "Geduld". Sicher komme ich nicht drumrum und versuche es ja auch, aber ich kann nicht. Ich will aus diesem Loch raus!!! Diese Wut kennt Ihr sicherlich auch.

Ich habe das Gefühl, dass ich Woche für Woche immer mehr an Gehirnleistung verliere. Das geht mir so was von auf den Kranz, denn ich bin demgegenüber scheinbar machtlos.

Gerade die vergangenen Tage grübelt in mir wie ich die Akzeptanz über meinen Zustand erlangen kann. Ich weiß, dass ich krank bin, aber akzeptieren kann ich es einfach nicht. Ich nicht, doch nicht ich... Wie konnte mir das nur passieren, ausgerechnet mir?

Bin ich faul? Schwelge ich tagtäglich nur in Selbstmitleid? Aber auch ein "Nun reiß dich mal zusammen" oder ein "Tschaka" ..., hilft nicht.

Ach mensch,... Ich beneide diejenigen von Euch sehr, die es sogar noch schaffen arbeiten zu gehen. Gern würde ich das auch von mir sagen, vor allem im Hinblick auf meine finanzielle Situation, die alles andere als rosig für uns aussieht.

Liebe Grüße

Sabine
Haferblues
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Re: Wie lange dauert meine aktuelle Phase der Depression noc

Beitrag von Haferblues »

Hallo Sabine,

willkommen im Club!!!!!

Ich kann das so gut nachfühlen, was du schreibst. Diese verdammte Unfähigkeit. Und die Wut darüber. War bei mir haargenauso. Leider kann ich dir auch nur das Unwort des Jahres empfehlen. Viel Gassi gehen an der frischen Luft. Und ansonsten: OOOOOHHHHMMMM!!!!

Bei mir hat das ziemlich lang gedauert. So schlimm angefangen hats auch so mit Mitte 40. Ich war 9 Jahre Hartz4 bis ich mir wieder eine Berufstätigkeit (mehr als einen Minijob) zugetraut habe. Das dauert eben seine Zeit.

Hetz dich selbst nicht!! Das macht schon die Umwelt genug. Konzentriere dich lieber auf deine Therapie und auf dein Leben im Alltag. Du bist eben zur Zeit krank. Mit einem gebrochenen Bein tät dich auch keiner hetzen. Sprich mit deinen Ärzten, vielleicht kannst du vorübergehend EU erhalten.

Ich drück dir alle verfügbaren Daumen, dass es bei dir schneller geht als bei mir!!! Es WIRD dir wieder besser gehen!!! Nur wann, das kann keiner sagen.

viele Grüße
Rifka
Lebenskünstler sind Menschen, die schon vollkommen glücklich sind, wenn sie nicht vollkommen unglücklich sind.
Danny Keye
Brummi59
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Re: Wie lange dauert meine aktuelle Phase der Depression noc

Beitrag von Brummi59 »

Zimperline hat geschrieben:Hallo,
Wie lange dauert meine aktuelle Phase der Depression noch an?

und

Gerade die vergangenen Tage grübelt in mir wie ich die Akzeptanz über meinen Zustand erlangen kann. Ich weiß, dass ich krank bin, aber akzeptieren kann ich es einfach nicht. Ich nicht, doch nicht ich... Wie konnte mir das nur passieren, ausgerechnet mir?
Hallo und willkommen Sabine,

Diese Sätze könnten glattwegs von mir sein. Stets ist zu hören, das ich gute Heilungschancen habe aber wo bleibt auch nur der kleinste Step aus dem Keller?
Ich warte seit Monaten und je mehr ich mich anstrenge, desto tiefer rutsche ich ab. Ich wünschte, ich könnte Dir eine Antwort geben. Aber so werde ich diesen Thread aufmerksam verfolgen. Die eierlegende Wollmilchsau erwarte ich nicht aber vielleicht so wie Du, den klitzekleinen Tip, der helfen könnte
Liebe Grüße
Dieter

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Du könntest dich den ganzen Tag ärgern - du bist aber nicht dazu verpflichtet!
*Arthur Lassen*
Zimperline
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Re: Wie lange dauert meine aktuelle Phase der Depression noc

Beitrag von Zimperline »

Tja, auch mir sagten die Ärzte, dass ich wieder gesund werde. Das war schon im Krankenhaus, in der Tagesklinik und auch bei meinen jetzigen beiden, Psychiater und Psychologin.

Aber meine Frage kann leider, leider Keiner beantworten. :evil:

U.a. bekomme ich:

--> jeder braucht so viel Zeit wie er benötigt.

--> Bitte haben Sie Geduld.

--> Es braucht seine Zeit.

--> Lernen Sie gut mit sich umzugehen.

--> Beschimpfen Sie sich nicht.

--> Es kommt alles wieder, wenn Sie gesund sind. (Hier frage ich immer nach der Konzentrationsschwäche)

--> u.s.w.

Zunächst soll ich mich über kleine Erfolge freuen, die den Fortschritt zur Rückkehr in das normale Leben bringen. Ich versuche es dann natürlich auch, aber wenn mir dann meine Krankenzeit hochkommt, dann steht immer wieder die Frage nach dem wann.

Wie schaffe ich davon wegzukommen? Soll mir die Zeit wurscht sein, da ich jetzt wichtiger bin als die Zeit? Ich komme mir blöd vor. Ich war noch nie so lange krank geschrieben. Hinzu kommen auch oft Anrufe von der Krankenkasse, die sich immer wieder mit neuen "wichtigen" Dingen melden und dabei nur wissen wollen wie lange ich noch krank sein werde. Ich mache mir schon selbst genug Druck und brauche die nicht auch noch obendrauf. :cry:

Liebe Grüße


Sabine
FrauRossi
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Re: Wie lange dauert meine aktuelle Phase der Depression noc

Beitrag von FrauRossi »

Hallo Sabine,

Wilkommen im Club. Ich kenne deine Gedanken auch.

In meiner Anfangszeit hier wurde ich auch gefragt: warum so ungeduldig?
Dann wurde mir gesagt du musst demütiger werden.

Hä? Ich mache artig alles was die Behandler sagen, wieviel Geduld denn noch? Was soll der Scheiß mit der Demut?

Dachte ich damals.

Heute 4 Jahre später bin ich schlauer, viel geduldiger und tatsächlich demütiger geworden. Siehe da es geht mir gut.

Mir hat man am Anfang gesagt: eine Major Depression dauert 5 Jahre.

Alptraum dachte ich. Niemals stehe ich das so lange durch. 5 Jahre soll es mir jetzt so gehen?

Das waren naive Gedanken. Ich habe in den letzten 4 Jahren meinen Lebensstil sehr geändert und nach und nach funktionierte alles wieder.

Wie lange das bei dir dauert kann dir keiner sagen. Es hängt wohl von vielen Faktoren ab. Triffst du den richtigen Therapeuten, kannst du die Therapie für dich umsetzen, wie sehr kannst du deinen Zustand annehmen und wie schnell, und und und und ? Einfach vieles was niemand vorhersehen kann.

Es wird lange dauern. Soviel kann man sagen. Jahre vielleicht. Aber ganz genau kann das niemand sagen.

Ich habe die Erfahrung gemacht je mehr ich diesen Zustand angenommen habe um so eher war ich in der Lage etwas zu verändern, um so eher gingen "normale" Dinge wieder. Die Reihenfolge wie ich sie gern gehabt hätte, spielte dabei keine Rolle. Die Depression (oder dein Unterbewusstsein) gibt dir vor was und wann.

Kurz gesagt du kannst den "Ist Zustand" akzeptieren und dann daran arbeiten.

Oder du wehrst dich weiter und plagst dich mit Fragen nach Wie, Warum und Wann, dann dauert es vermutlich länger.

Ich sehe die Depression als Fettes Hinweisschild, dass dir sagt etwas ist nicht in Ordnung. Kümmere dich drum. Es sagt dir leider nicht sofort was genau das ist.

Ignorierst du das Hinweisschild fährst du vermutlich gegen eine Wand (metaphorisch gesprochen)'

LG FrauRossi
Adler66
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Re: Wie lange dauert meine aktuelle Phase der Depression noc

Beitrag von Adler66 »

Hallo zusammen,
"zufällig" bin ich auch gerade im Forum - und ich MUSS reagieren, denn: "Das mit der Geduld" ist auch so eines MEINER Themen.
Da ich quasi "von Kind an" daran gewöhnt bin, immer irgendwie "funktionieren zu MÜSSEN", komme ich in so eine Phase "schlechten Gewissens", wenn ich - statt zuerst an die anderen - mal "einfach nur an mich denke" (was in einer akuten Depressionsphase nun mal oft nicht anders geht; wenn es Dir schlecht geht und Du nicht kannst, dann geht es Dir eben schlecht und Du kannst nicht ...).
Trotzdem ich das mittlerweile "vom Kopf her" soweit verstanden habe, suche ich doch immer wieder nach einer "Abkürzung", was aber - natürlich - nicht "funktioniert" ... ein Teufelskreis ...

Wie überbrückt Ihr denn diese Phasen, in denen Euch klar wird/ist, dass mal wieder "sehr viel Geduld gefragt ist"? Und wie geht Euer Umfeld - z. B. auch auf der Arbeit - damit um?
Zimperline
Beiträge: 39
Registriert: 24. Sep 2014, 08:37

Re: Wie lange dauert meine aktuelle Phase der Depression noc

Beitrag von Zimperline »

Hallo und guten Morgen,

vielen Dank für Eure Antworten, aber ich muss nochmal nachfragen.

Wie habt Ihr die Akzeptanz erreicht, diese steht ja mit demütig in Verbindung. Ich glaube, nur wenn ich akzeptiere kann ich aus freien Stücken mich so hinnehmen wie es ist.

Ich weiß, das "egal" nicht alles sein kann, aber war das für Euch der Auslöser zur Akzeptanz?

z.B.

--> ich kann es jetzt eh nicht ändern, egal was andere Sagen?

--> egal was die Krankenkasse sagt?

--> egal was der Arbeitgeber sagt?

--> auch wenn ich momentan neben mir stehe, unterhalte ich mich trotzdem mit den Mitmenschen, auch wenn oft nur wirrwarr rauskommt, pfeiff drauf?

Was es vielleicht so oder anders?

Auch wenn ich hier nur nen klitzekleinen Tipp bekommen könnte, wäre mir schon geholfen. Denn ich bin wirklich verzweifelt und will ja aus der Phase raus.

Meine Therapeutin meint auch, dass ich blockiere, ich will es aber schaffen.

Liebe Grüße und ich wünsche Euch einen schönen Tag.

Sabine
AngelHH
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Registriert: 22. Sep 2014, 18:54

Re: Wie lange dauert meine aktuelle Phase der Depression noc

Beitrag von AngelHH »

Hallo Sabine!

Ich bin seit drei Monaten diagnostiziert und leide (vermutlich) seit frühester Kindheit unter (nicht erkannten und daher nicht behandelten) Depressionen.

Da ich also mein Leben lang geglaubt habe "Du bist unfähig" (Leben, Liebe, Schule, Arbeit, Kind, Haushalt), stellt die Diagnose für mich eine Riesen-Entlastung dar. Vielleicht kannst du versuchen, das auch ein wenig so zu sehen?

Was wäre, wenn du dir beide Arme gebrochen hättest? Würdest du dann auch die Wäsche selber aufhängen wollen?

Die Konzentrationsschwächen habe ich (nach Beginn der medikamentösen Therapie) auch serh bewusst wahrgenommen. Und ich habe sehr darunter gelitten, weil mir das so extrem widersprach.
Nun bin ich aufgrund meiner langjährigen 'Erfahrung' ein sehr guter Aussitzer... da kann ich also keinen guten Rat zu geben.

Ich habe die Anrufe der Krankenkasse im Übrigen mehr als "Hilfestellung" verstanden. Die Kassen wissen um die mangelnden Therapieplätze und die langen Wartezeiten und haben bei mir auch immer mal wieder nachgefragt. Natürlich geht es dem Unternehmen Krankenkasse in erster Linie darum, dich aus der Ersatzleistung raus zu haben. Aber für dich ist das doch positiv! Deren Beweggründe können dir wirklich schnurz sein, wenn es dazu führt, dass sie an deinem Fall dran bleiben und dich vernünftig behandelt wissen wollen.

Die Konzentrationsschwächen verschwinden nach und nach, wobei sie mich auch gerade wieder einholen. Zum Glück kann ich jetzt aber darüber lachen ("Guck mal, Maus, ich hab die Waschmaschine gar nicht angestellt"), weil ich nicht mehr dran Schuld bin.
Zimperline
Beiträge: 39
Registriert: 24. Sep 2014, 08:37

Re: Wie lange dauert meine aktuelle Phase der Depression noc

Beitrag von Zimperline »

--> weil ich nicht Schuld bin

Da ist was dran.

Ich habe bis zum Koller getan wie ich gedacht und beigebracht bekommen habe.

Wie es auch anders gehen kann habe ich nie gelernt.

Deshalb habe ich keine Schuld.

Damit kann ich leben.

Ich hoffe in der Verhaltenstherapie, die ich auch von der Krankenkasse genehmigt bekommen habe, zu lernen wie es auch anders geht.

Herzlichen Dank für den Anstoss.


Sabine
FrauRossi
Beiträge: 3165
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Re: Wie lange dauert meine aktuelle Phase der Depression noc

Beitrag von FrauRossi »

Hallo Zimperline,

Wie das annehmen funktioniert, kann ich nicht genau sagen. Ich hab das schnell verstandmäßig begriffen, aber das ändert erstmal noch nichts.

Ich habe irgendwann aufgehört mich zu wehren. Ich kann mich nicht waschen? Ok, dann halt nicht, ist noch keiner dran gestorben. Bei mir siehts aus wie bei Hempels? Ok, egal, stört keinen, geht keinen was an. Ich kann mich nicht konzentrieren? Ok, egal, bleiben Radio und TV halt aus, die Bücher ungelesen. Ist ja kein Verlust und wenn Löcher in die Luft starren jetzt gerade richtig für mich ist, ist das halt so. Ich kann mich nicht ernstlich mit anderen unterhalten? Ok, dann lass ich es eben.

Ich habe halt genau geschaut was ich kann und was nicht. Und irgendwann aufgehört zu sagen: ja aber früher ging es doch auch (ja aber früher hat mich krank gemacht), ich will das wieder können! (Ja wirst du nur nicht jetzt und nicht alles aufeinmal, alles nach und nach)

Hat was geklappt, habe ich mich gefreut. Hat es dann mal wieder nicht geklappt? Egal ich Versuch es beim nächsten mal wieder.

Am Anfang hab ich das einfach gemacht ohne zu sehen dass das etwas bringt oder es wirklich zu verinnerlichen. Mit der Zeit kommt das Annehmen, das wirkliche gefühlte Annehmen dann dazu. Man muss es tatsächlich üben. In dem man sich sagt: das ist jetzt gerade ok wie es ist. Mehr oder anders geht halt nicht.

Bei ner Grippe akzeptiert man ja auch dass man im Bett bleiben muss, und macht sich Tee und Wickel. So ähnlich muss man das bei der Depression auch versuchen.

LG FrauRossi
Sonnenblume14
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Re: Wie lange dauert meine aktuelle Phase der Depression noc

Beitrag von Sonnenblume14 »

Hallo Zimperline,

das mit dem Akzeptieren war auch mein Problem. Vom Kopf her kommt man damit ja noch klar, aber wie akzeptiere ich es innerlich? Das geht irgendwie nicht. Da komme ich nicht ran. Da blockiert was.

Da sitzt dieses Muster des Funktionieren-Müssens, des Nichteinsehens, dass alle Welt glücklich ist und ich leide und nicht weiß, wie lange noch. Beim gebrochenen Arm oder Bein gibt es Anhaltspunkte - bei Depressionen nicht. Das macht es so unerträglich.

Die Depression ist ein STOP der Seele, die dir ganz deutlich macht, hier läuft was schief, das hast du bisher ignoriert und jetzt ist der Punkt, wo ich das nicht mehr toleriere. Meine Therapeutin sagte: Überlegen Sie sich, über wie lange Zeit sich da etwas aufgebaut hat und setzen sie es in Relation zu Ihrer Erkrankungszeit. Oder zu Ihrer Gesamtlebensdauer. Das relativiert es wieder etwas. Hat mir geholfen.

Geholfen hat mir auch eine Gruppenübung in der Tagesklinik. Wir haben dort auf einer Flip-Chart unsere Recourcen aufgeschrieben, also Fähigkeiten, über die wir in gesundem Zustand verfügt haben. Das ging über ganz viele Bereiche und jeder konnte für sich dann sehen, über welche er verfügt und über welche (zur Zeit) nicht. Wir alle sagten nachher, dass jeder auch während der Depressionsphase Fähigkeiten abrufen konnte. Ich hatte zum Beispiel nie Probleme damit, mit Freunden Kontakt aufzunehmen und zu telefonieren, das war und blieb während der gesamten Zeit Normalität - ich habe es nur nicht als Fähigkeit erkannt, weil es selbstverständlich war. Gesehen habe ich nur die Dinge, die NICHT funktionierten und die keinen Spaß machten.
und hier beginnt - laut Therapeutin - der Kreislauf. Mit Erkennen der Fähigkeiten und der Tätigkeit gehen Signale aus - "Ich kann etwas" - das Selbstbewußtsein wird gestärkt und dadurch werden nach und nach (Geduld!!!!) weitere Fähigkeiten wieder "freigeschaltet". Beobachtung ist da angesagt - schaffe ich etwas, das letzten Monat nicht ging? ist eine spannende Sache, nur darf man nicht den Fehler machen, von heute auf morgen zu denken, sondern in längeren Zeitspannen. Und es besteht natürlich auch Frustgefahr bei Rückschritten. Dazu hilft die Info, dass es nicht stetig bergauf geht, sondern wellenförmig. Was auch Rückschritte naturgemäss beinhaltet.

Also: nicht frustriert sein, dass der Abwasch noch da steht, sondern als Fähigkeit erkennen, dass die Wäsche auf der Leine hängt.

Das ist (gerade für uns Perfektionisten) sauschwer und ein Prozess, der lange dauert.
"Depressionen sind kein Zeichen von Schwäche, sondern dafür, dass jemand zu lange zu stark sein musste" (Johnny Depp)

"Verstehen kann man das Leben nur rückwärts. Leben muss man es vorwärts." Sören Kierkegaard
Zimperline
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Re: Wie lange dauert meine aktuelle Phase der Depression noc

Beitrag von Zimperline »

Hallo,

vielen Dank Sonnenblume14. Ja es ist schwer Fähigkeiten zu erkennen die noch da sind.

Momentan befinde ich mich, Dank Eurer Denkanstöße auch aus anderen Treads, im Umbruch und versuche die Analysen daraus erst mal sein zu lassen, sondern nur zu erkennen was mit meinen Fragen zu tun hat.

Die letzte Woche war schlichtweg für mich die Hölle, ich war so tief unten, dass ich schon fast meine Sachen für die Klinik wieder gepackt hätte. Mir war nur noch nach heulen und dunkler Musik.

Diese Woche geht es mir besser und so habe ich am Montag etwas für mich angefangen, was ich die ganze Zeit hätte schon machen sollen, aber durch Euch erst jetzt drauf gekommen bin, dafür möchte ich mich hiermit ganz herzlich bedanken.

Ich habe aufgehört mir ständig Fragen zu stellen, immer wenn ich mich wieder dabei erwischt habe, dann habe ich laut Nein gesagt. Und es hat geklappt! Es ist ein ganz neues Gefühl was ich seither habe.

Ich habe mich bis gestern täglich stundenlang damit beschäftigt alles aus meinen Erinnerungen meine Kinderheit aufzuschreiben. Denn die Frage nach dem "Warum bin ich so viel traurig und wann geht es vorbei" ist nicht erst jetzt in meinem Kopf hämmernd. Es ist erstaunlich was ich für mein Meister im Verdrängen bin, denn ich fand tatsächlich einen Wendepunkt in meinem Leben der damit zu tun hat. Und in meinen Kindheitserinnerungen und auch heute als erwachsene 45 jährige Frau kann ich mich seit diesen Punkt immer wieder an teilweise schlimme, traurige und wahrscheinlich schon damals depressive Phasen erinnern.

Traurigkeit, Lustlosigkeit, Freudlosigkeit, Egalstimmung, Wut, Panik, fehlendes Selbstvertrauen, Schuldgefühle, Versagensänste, immer wieder mal Suizidgedanken, dann wieder Todesängste...

... schleppe ich bereits seit über 31 Jahren mit mir herum. Das habe ich mit dem Aufschreiben für mich herausgefunden und sehe es als Erfolg.

Das ist ein Brocken in meinem aktuellen Bewußtsein, den ich erst mal schlucken muß. Ich habe nächste Woche endlich wieder einen Termin bei meiner Psychologin (4 Wochen Pause sind es dann, sie ist noch im Urlaub), es wird Zeit dieses Thema auszusprechen. Ich kann den Brocken nur schreiben, erzählen aber nicht für mich lösen, deshalb hoffe ich sehr auf meine Psychologin.

Liebe Grüße


Sabine
Zimperline
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Re: Wie lange dauert meine aktuelle Phase der Depression noc

Beitrag von Zimperline »

...
Zimperline
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Re: Wie lange dauert meine aktuelle Phase der Depression noc

Beitrag von Zimperline »

Ich möchte diesen Tread gern für meinen weiteren Weg nutzen. Ich hoffe es ist ok für Euch.

Trotz sämtlicher Bemühungen ist es mir vergangene Woche nicht gelungen so richtig hoch zu kommen.

Ich bin froh einen guten Psychiater zu haben.

Vorgestern bin ich nach 1,5 Wochen Quälerei mit dunkle Gedanken und Heulerei hingegangen, obwohl ich erst am 20.10. wieder einen Termin hätte.

Ich bin stolz, dass ich meine Quälerei erkannt habe. Bisher habe ich so etwas nie gemacht und immer gewartet bis ein Termin wieder ran war und bis dahin ausgeharrt.

Ich habe meine Quälerei geschildert und um Hilfe gebeten. Mein Doc stellte mir zur Wahl Klinik oder zusätzlich Medikament. Ich habe gelernt in meiner derzeitigen Verfassung keine Entscheidung mehr zu treffen und so habe ich die Entscheidung an ihn übertragen und damit mein Vertrauen zu ihm ausgedrückt. Auch das war neu für mich und darauf bin ich stolz.

Er hat mich versorgt und will mich am Freitag wiedersehen.

Liebe Grüße


Sabine
Sonnenblume14
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Re: Wie lange dauert meine aktuelle Phase der Depression noc

Beitrag von Sonnenblume14 »

Hallo,

ich weiß nicht, ob es dir hilft. Ich habe mich lange gegen die Klinik gesträubt mit dem Hintergrund "so schlimm ist es nicht", im Grunde war es ein Widerstand gegen das Akzeptieren der Depression. Es ging auch ohne Klinik bergauf und ich erholte mich langsam. LEtzlich habe ich dennoch das Angebot angenommen und war 7 Wochen in der Tagesklinik.

Es ging mir danach nicht blendend, die Symptome, die Depression ist weiterhin da. ABer ich habe in diesen Wochen sehr intensiv gelernt, was eine Depression ist, womit sie einhergeht (einiges hätte ich niemals in dieses Krankheitsbild geschoben) und vor allem, wie man damit umgehen kann. Herausfinden, was in den tiefsten Phasen gut tut, ist enorm wichtig, damit man sich nicht hilflos vorkommt. Erkennen, wann ein neues Tief droht, um gegenlenken zu können. All das wurde mir vermittelt, das waäre ambulant nicht möglich gewesen. daher bin ich dankbar für diese Zeit.

Vielleicht hilft dir das ein wenig, eine eigene Entscheidung zu treffen. Als meine Psychologin meinte, ich solle eine Klinik in Betracht ziehen, fiel ich erstmal in ein tiefes Loch. Heute bin ich stolz, diese Zeit gemeistert zu haben.

LG Sonnenblume
"Depressionen sind kein Zeichen von Schwäche, sondern dafür, dass jemand zu lange zu stark sein musste" (Johnny Depp)

"Verstehen kann man das Leben nur rückwärts. Leben muss man es vorwärts." Sören Kierkegaard
Brummi59
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Re: Wie lange dauert meine aktuelle Phase der Depression noc

Beitrag von Brummi59 »

Zimperline hat geschrieben: Ich habe meine Quälerei geschildert und um Hilfe gebeten. Mein Doc stellte mir zur Wahl Klinik oder zusätzlich Medikament. Ich habe gelernt in meiner derzeitigen Verfassung keine Entscheidung mehr zu treffen und so habe ich die Entscheidung an ihn übertragen und damit mein Vertrauen zu ihm ausgedrückt. Auch das war neu für mich und darauf bin ich stolz.
Liebe Sabine,

vielen Dank für diesen wertvollen Tip. Genauso werde ich meinen nächsten Termin wahr nehmen. Gut, ich will unbedingt eine Therapie machen, weil ich einfach nicht mehr kann. Aber zum Doc bin ich immer mit meiner Fassade und hab ihm gesagt was er machen soll. Ich werde jetzt Dank Deiner Aussage die Waffen niederlegen und meine Machtlosigkeit offen zugeben.
Sei ganz lieb gedrückt für diesen sehr guten Tip.
Liebe Grüße
Dieter

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Du könntest dich den ganzen Tag ärgern - du bist aber nicht dazu verpflichtet!
*Arthur Lassen*
Zimperline
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Registriert: 24. Sep 2014, 08:37

Re: Wie lange dauert meine aktuelle Phase der Depression noc

Beitrag von Zimperline »

:cry:

Habe es leider nicht weiter alleine geschafft, bin schon seit dem 10.10. wieder auf Station. Man ey, sone Kacke...

Naja, ich hoffe ich bekomme einen ordentlichen Schub, damit ich bald die Station wieder verlassen kann. Ich bin dort auch schon vorgemerkt für die Tagesklinik, die ich nach meiner Entlassung wieder besuchen soll.

Heute habe ich meine 1. BWÜ (Belastungswochenende mit Übernachtung) und bin auch ganz froh zu Hause zu sein. Wirklich Ruhe bekomme ich dort in der Klinik nicht, daher genieße ich dies nun zu Hause. Es bringt wohl nix sich mit "wann ist es vorbei" zu beschäftigen. Tja, ich mußte es wohl erst am eigenen Leib erfahren, bis ich darauf gekommen bin.

Euch allen Wünsche ich eine bessere Zeit.

Viele liebe Grüße


Sabine
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