über die Angst

otterchen
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Re: über die Angst

Beitrag von otterchen »

Würde es etwas nützen, wenn Dich Ablehnung, Scheitern, Wut, Eifersucht nicht plagt und Dir auch völlig schnurz ist, ob Du gemocht wirst oder nicht ?
Hallo Dobi,

hm, ich glaube, das ist nicht die Frage.

Zunächst einmal meine eigenen Gefühle und Befindlichkeiten:
sich scheitern erlauben, sich Fehler und Schwächen zuzugestehen, sich hier auffangen zu können und nach vorne zu blicken - das wäre wichtig.
Wer Panik hat vor Ablehnung oder Scheitern, wird sich verbiegen, um bloß nicht in diese Situationen zu kommen.
Doch dies auch mal aushalten zu können, sein Scheitern zu akzeptieren oder die Ablehnung von anderen zu spüren und dennoch bei sich zu bleiben - das wäre meine Vorstellung.
Wut und Eifersucht sind oft verpönt, genauso wie Angst, Schwäche etc. - sowas "sollte" man nicht haben/fühlen. Man sollte Menschen nicht ablehnen, man darf nicht Aggressivität in sich spüren, man soll seine Wut im Zaum halten usw.
Mit diesen Gefühlen jedoch sinnvoll umzugehen, sie zu kanalisieren und sie verantwortungsvoll zum Ausdruck zu bringen, wäre in diesem Bereich das, worum es mir geht.
ein schlimmeres Verbrechen, als Menschen durch diese Haltung (unabsichtlich) mit ihrer Unwichtigkeit für Dich zu konfrontieren, gibt es kaum
Wieso ist es ein Verbrechen, wenn ich für jemanden unwichtig bin? Ich bin für sooo viele Leute unwichtig - ich glaube nicht, dass die alle ein Verbrechen an mir verüben. Auch hier geht es darum, selbst (!) mit dieser Situation umgehen zu lernen.
Andererseits kommt es auf das soziale Gefüge an: wenn es natürlich darum geht, dass einem Vater sein Kind unwichtig ist - no go.
Eine Schwester ihrem Bruder gegenüber? Ebenfalls schlimm.
Leute innerhalb eines Freundeskreises? hmja - kommt darauf an.
Es geht aber nicht nur um das Gefühl, unwichtig zu sein, sondern es geht auch um die Frage: was ist im anderen los, dass ich ihm unwichtig bin? Der Vater müsste etwas ändern, damit sein Kind für ihn wichtig wird; und da bringt auch alles "so tun als ob" nicht viel.
Unbestritten: für das Kind ist es schlimm. Der Vater sollte sich bemühen. Aber nicht nur vordergründig, sondern da sollte man dem Problem dieser Gleichgültigkeit auf den Grund gehen.
wenn eine Gleichaltrige, die er gar nicht gut findet, ihn als Partner ablehnt, würde ich ihm raten, so zu tun, als sei er ganz traurig darüber, weil das seine einzige Chance auf einen Abschluss dieses (einseitigen) Vorgangs ist.
Sorry, verstehe ich nicht: wieso ist dieser Vorgang einseitig? Er mag sie nicht, sie mag ihn nicht.
ER soll aber so tun, als sei er betrübt darüber, dass sie ihn nicht mag?
Hm... das klingt für mich jetzt nicht nach Authentizität - allerdings klingt es nach sozialer Kompetenz, wo man auch mal dem anderen zuliebe und des lieben Friedens willen 5 gerade sein lässt.

Natürlich ist es geschickt, in dieser Situation Traurigkeit zu spielen, um die Situation zu entschärfen (das krasse Gegenteil wäre wohl ein breites Grinsen "hurra"). Aber wie kommt man überhaupt in diese Situation??? Woher kam die Frage, ob sie ihn sich als Partner vorstellen könnte? Und warum muss er das unbedingt kommentieren?

Naja... führt gerade zu weit weg vom Thema Angst...
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Botus
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Re: über die Angst

Beitrag von Botus »

otterchen hat geschrieben:
Sorry, verstehe ich nicht: wieso ist dieser Vorgang einseitig? Er mag sie nicht, sie mag ihn nicht.
ER soll aber so tun, als sei er betrübt darüber, dass sie ihn nicht mag?
Hm... das klingt für mich jetzt nicht nach Authentizität - allerdings klingt es nach sozialer Kompetenz, wo man auch mal dem anderen zuliebe und des lieben Friedens willen 5 gerade sein lässt.

Natürlich ist es geschickt, in dieser Situation Traurigkeit zu spielen, um die Situation zu entschärfen (das krasse Gegenteil wäre wohl ein breites Grinsen "hurra"). Aber wie kommt man überhaupt in diese Situation??? Woher kam die Frage, ob sie ihn sich als Partner vorstellen könnte? Und warum muss er das unbedingt kommentieren?

Naja... führt gerade zu weit weg vom Thema Angst...
Hallo Otterchen,

um die Angst nachzufühlen, die ein Mensch hat, wenn sich Personen, mit der man nichts Persönliches hat, so verhalten, als bestünde da quasi lebenslang etwas sehr Persönliches, muss man wohl die Folgen erlebt haben. Neben den Folgen ist es vor allem die eigene Teilnahms- und Machtlosigkeit, die einen fertig macht, denn man kann nicht in das Geschehen eingreifen, obwohl es einen in hoher Weise betrifft.

Ich finde auch gut, was Du über Vater-Kind Beziehungen, bzw. Schwester-Bruder Beziehungen geschrieben hast. Dazu habe ich eine Frage: Was ist, wenn Gespräche, egal um welches Thema, grundsätzlich nicht erwünscht sind, alle immer nur mit ihren Handies spielen, einen nicht mal anschauen, nicht antworten, nichts sagen ? Das ist allen Fällen so. Was ist, wenn ein Vater mit Vorwürfen konfrontiert wird, aber nur im Zusammenhang mit Bezahl- oder Geldwünschen ? Der Vorwurf steht und der Vater möchte darüber reden, aber exakt 1 Sekunde nach der Geldübergabe sagt das Kind: "Oh ich muss los. Tschüss." Es gibt Vorwürfe, aber die sind pauschal gehalten und es fehlt die Chance, den Sachen auf den Grund zu gehen oder Stellung zu beziehen, denn niemand hat ein Interesse. Was soll man dann mit den Vorwürfen machen ? Soll man sie abweisen ? Soll man sie sich auf den Rücken schnallen ? Alles nicht so einfach, wie es aus der Ferne erscheint. Ich fühle mich wie ein Portemonnaie auf Beinen, dem man nur irgendwas vorwerfen muss, damit es Geld spuckt. Ich habe nicht das Gefühl, dass irgendwer ernsthaft was auf dem Herzen hat. Leider. Auch in diesem Punkt plagt einen die eigene Teilnahms- und Machtlosigkeit, denn man kann nicht in das Geschehen eingreifen, obwohl es einen sehr betrifft.

Sich zu befreien, wäre einfach. Ich müsste einfach nur ich sein. Dem entgegen steht die Angst, durch so ein Verhalten Gesagtes womöglich zu bestätigen. Nein, das möchte man nicht. Also bleibt man weich und täglich grüßt das Murmeltier. Es hat schon seinen Grund, dass ich hier alle Brücken abbrechen möchte, um woanders hinzuziehen. Ich will raus aus diesem Kreislauf, weg von den Menschen, die so reden.

Liebe Grüße vom Dobi
Zuletzt geändert von Botus am 30. Jun 2014, 14:06, insgesamt 3-mal geändert.
Anicca
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Re: über die Angst

Beitrag von Anicca »

Hallo liebe Otterchen:

du schreibst:

"Noch ein Gedankensprung - ein aufgeschnappter Spruch (angeblich aus China):

"Angst klopfte an, Vertrauen öffnete. Niemand war draußen"


Diese Weisheit gefällt mir sehr gut!

Ein Zitat von Albert Einstein:

" Alles ist eins. Jedes Teilchen im Universum beeinflußt alle anderen Teilchen."


LG Anicca
Anicca
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Re: über die Angst

Beitrag von Anicca »

Hallo lieber Dobermann,

du schreibst:

"Ich glaube, dass die größte Angst der Menschen darin besteht, möglicherweise nicht wichtig und möglicherweise auch nicht bedeutend zu sein, sondern einfach nur ein Mensch. Einer unter Milliarden. Mit diesem Gedanken kommen viele nicht zurecht und diese Tendenz sehe ich steigend. Wer heute ein Brötchen isst, danach den Müll raus bringt und sich in der Stadt eine neue Unterhose kauft, verspürt den Drang, diese königlichen Ereignisse zu dokumentieren, im Internet aller Welt zugänglich zu machen und jeden, den man kennt, umgehend per Whatsapp oder Telefon zu informieren."

Menschen wollen gesehen werden, sie haben das Bedürfnis nach Bestätigung, und suchen die Bestätigung im Außen, weil sie in ihrer Kindheit nicht bestätigt worden sind, und weil sie nie gelernt haben sich selbst zu bestätigen.

Ich denke dabei an das Interview, das vor einigen Tagen mit der Ärztin und Unternehmensberaterin Dr. med. Mirriam Prieß zum Thema Burnout im Fernsehen zu sehen war, und das jetzt in der Mediathek zu sehen ist:

(N3 Mediathek: http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/d" onclick="window.open(this.href);return false;" onclick="window.open(this.href);return false;" onclick="window.open(this.href);return false; ... x4718.html)

Auch das Schreiben in den Foren ist ein Bedürfnis der Menschen nach Bestätigung, sie wollen gesehen werden, denke ich.

Ich nehme mich selbst da nicht aus. Wenn ich im Einklang mit mir selbst wäre, wenn alle Bereiche meines Lebens in Ordnung wären, so wie Frau Prieß das auch in dem Interview gesagt hat - meine Gesundheit, meine partnerschaftliche Beziehung, meine sozialen Kontakte, meine Interessen, mein Glaube und meine Spiritualität, und meine Individualität, dann wäre mein wohl Leben in Ordnung, und ich würde wahrscheinlich nicht viele Stunden am Tag im Internet sein und auf der Suche nach Lösungen und nach Bestätigung...!

Meine Eltern konnten mir diese Bestätigung nicht geben, weil sie selbst auch nicht bestätigt worden sind. Ich selbst konnte sie meinen Kindern auch nicht geben, weil ich es damals nicht wußte, das ein Kind bestätigt werden muß, das man einem Kind sagen muß, dass es gut ist, so wie es ist. Heute weiß ich es. Ich kann es heute meinen erwachsenen Kindern noch sagen, das ich damals aus Unwissenheit viel versäumt habe. Und ich habe die Hoffnung, und kann meine Kinder darin unterstützen, dass sie es mit ihren Kindern dann anders machen werden. Ich kann selbst nur in meinem eigenen Umfeld beginnen, bei mir selbst bleiben, mich selbst bestätigen, mich selbst zu lieben, mich aber auch selbst zu reflektieren und mir meine Fehler ansehen. Wenn jeder das so machen würde, dann würde sich einiges ändern.

Du schreibst;

"Ich glaube, dass die Zahl der Menschen, die in der Lage sind, ihre subjektive Meinung als Einzelmeinung und ihre Interessen als Einzelinteressen zu verstehen, stark abnimmt. Immer mehr Menschen wünschen sich eine höhere Wichtigkeit und eine größere Bedeutung. Sobald es mit jemandem Probleme gibt, ein Interessenskonflikt vorliegt oder nur Antipathie, beginnen sie sofort Stimmung gegen die Person zu machen, Mitstreiter zu generieren und den Betreffenden zu isolieren. Hiervon erhoffen sie sich den Sieg, aber nicht in der Sache, sondern in der Frage "wer denn nun wichtiger und bedeutender ist".

Und wer sich selbst bestätigt, wer sich selbst liebt, der hat es nicht nötig, Verbündete zu suchen, um die eigene Meinung zu verstärken; er vertritt seine Meinung und übernimmt die Verantwortung dafür, so denke ich heute..!

LG Anicca
otterchen
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Re: über die Angst

Beitrag von otterchen »

Hallo,

bitte entschuldigt, aber mir wird der Zusammenhang mit dem Thema Angst jetzt nicht klar.
Ist das ein Angstauslöser?
Wenn ja: da kämen dann ja vermutlich noch sehr viele andere zusammen - ich denke, da hat jeder so seine eigenen Auslöser, oder?

Mein Anliegen ist, die Angst zu betrachten und zu schauen, wie man sie managt. Wie man einen Gegenpol schafft. Wie man ihr die Macht nimmt, sich in einem festzusetzen und zu lähmen.

Selbst-Bestätigung wäre da z.B. ein gutes Stichwort. Oder Selbst-Vertrauen. Sich seiner Kompetenzen bewusst werden. Sich seiner Rechte bewusst werden und diese auch einfordern dürfen.

Also her mit den Angst-Auslösern - und dann schauen wir mal, was man dieser Angst jeweils entgegensetzen könnte.
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
Botus
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Re: über die Angst

Beitrag von Botus »

Hallo Otterchen,

ich finde klasse, was Anicca dazu geschrieben hat und sehe einen sehr engen Bezug zum Thema Angst. Wenn Menschen schlimme Selbstwertprobleme haben, kann das dazu führen, dass sie selbst leiden. Es kann aber auch dazu führen, dass Dritte deswegen leiden oder sogar dafür büßen müssen. Ich ziehe Menschen, die diese Variante wählen, scheinbar an. Die Schäden, die ich im Zuge dessen hatte, haben dazu geführt, dass ich Angst bekomme, sobald jemand meinen Weg kreuzt, der die Kombination von Selbstwertproblemen und gleichzeitigem ständigen Lästern über alles und jeden zeigt. Die Zahl der Menschen, die diese Kombination ausleben, sollte man nicht unterschätzen, auch nicht ihre Hinterlassenschaften. Ich finde das Angst einflössend.

Liebe Grüße vom Dobi
Anicca
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Re: über die Angst

Beitrag von Anicca »

Hallo liebe Otterchen,

du schreibst:

"Mein Anliegen ist, die Angst zu betrachten und zu schauen, wie man sie managt. Wie man einen Gegenpol schafft. Wie man ihr die Macht nimmt, sich in einem festzusetzen und zu lähmen.

Selbst-Bestätigung wäre da z.B. ein gutes Stichwort. Oder Selbst-Vertrauen. Sich seiner Kompetenzen bewusst werden. Sich seiner Rechte bewusst werden und diese auch einfordern dürfen.

Also her mit den Angst-Auslösern - und dann schauen wir mal, was man dieser Angst jeweils entgegensetzen könnte."


Ich denke, dass jeder seine eigenen Lösungen finden muß. Ich habe für mich Ansätze gefunden, doch ich muß sie auch immer wieder üben und mit ihnen arbeiten. Jeder Tag hat Situationen und Lektionen für mich, auf die ich reagiere, und Angst wird in meinem Körper ausgelöst.

Wenn ich davon ausgehe, dass alle Materie eine Illusion ist, und Angst gehört auch zur Materie, und dass es die Angst in Wirklichkeit gar nicht gibt, weil es nur die " Liebe" gibt, weil es nur die "Einheit" gibt, in der alles " Liebe" ist, und alles, was nicht Liebe ist, in Wirklichkeit nur eine Illusion ist, dann ist auch Angst nur eine Illusion, und kann mit dem Verstand gemanagt werden.

Die Angst ist körperlich spürbar, sie ist mit dem "Schmerzkörper" (so beschreibt das E. Tolle) spürbar, und ich brauche Werkzeuge, um mit dieser Angst umzugehen.

Ein Werkzeug ist für mich, dass ich die Angst ausspreche, in dem ich sage, dass ich jetzt gerade Angst habe. Damit nehme ich der Angst erst einmal die Kraft. Ich setze sie frei.

Ich kann einem anderen Menschen erzählen, dass ich gerade Angst habe, dann wird sie geteilt und verliert so ihre Macht.

Ich kann sie aufschreiben. Ich sollte sie auf jeden Fall aus mir herausbringen, ohne mir selbst und anderen zu schaden. Ich kann sie fühlen, und muß wissen, dass sie sich verändern wird, weil sich alles verändert. Nichts bleibt so wie es ist.

Paul Ferrini schreibt das so schön in seinem Buch " Die Zwölf Schritte der Vergebung", ich zitiere jetzt mal mit meinen Worten, dass ich die Geschichte, die das Gefühl ausgelöst hat, einfach wegtun soll, und nur in dem Gefühl bleiben soll, solange, bis es sich verändert. Und es wird sich verändern, es wird sich in Liebe verwandeln.

LG Anicca
Antiope
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Re: über die Angst

Beitrag von Antiope »

Hallo zusammen,

ich möchte gerne wieder Otterchens Frage aufgreifen:
  • woher kommt die Angst?
  • Welche Auslöser gibt es?
  • Wie kann ich mit ihr leben?
Angst bekomme ich, wenn ich etwas als bedrohlich einschätze: entweder körperlich gefährdend oder emotional gefährdend. Körperliche Bedrohung wird zum Teil auch von der Bewertung der Situation empfunden: die einen haben Angst vor offenen Treppen, weil sie befürchten, sie fallen herunter, die anderen schätzen die Situation als vollkommen sicher ein.
Angst ist auch gelernt. Und ich denke, je mehr ich eine Situation vermeide, die mir Angst macht, umso mehr vermeide ich alles, was mit der Situation zusammenhängt. Und mit der Situation, die mit dieser angstauslösenden Situation zusammenhängt. Quasi wie die russischen Puppen - es wird immer mehr.

Mit ihr leben? Das einzige ist, die Angst erst mal zu akzeptieren, die Schreckgespinste, auf der sie basiert, festzuhalten und ganz vorsichtig sich in die Nähe einer "gefährlichen Situation" zu begeben. Ja, klar, das ist Binsenweisheit - aber ich weiß wirklich nicht, wie ich sonst lernen kann, eine stetig anwachsende Angst wieder schrumpfen zu lassen.

Und vielleicht muss man auch sich selbst eingestehen, dass es jetzt in dieser Situation nicht geht, weil die Angst zu groß ist. Aber wenn man es benennt, wird es vielleicht einfacher.

Angstauslöser bei mir:
  • der Klassiker: freilaufender Hund. Ich habe in der Bücherei ein paar Bücher ausgeliehen, die sich mit dem Erziehen von Hunden beschäftigen, mit dem Korrigieren von "Problemhunden". Und das hat bei mir die Angst wieder kleiner gemacht. Jetzt kann ich damit leben: mir wird nur noch mulmig, wenn so ein Teil angeprescht kommt. Ich kann es sogar mit einem Stopp-Signal bremsen: Hand nach vorne, "Stopp" und einen kleinen bewussten Schritt nach vorne. Nicht anschauen.
  • ziemlich viele soziale Situationen wie mein persönliches Recht bewahren, andere auf einen Fehler aufmerksam machen, jemanden anfassen, in einer Gruppe unterwegs sein, mit vielen Leuten zusammen sein, jemanden hinter mir laufen hören, aggressive und laute Stimme, ...
Woher diese Angst kommt?
Eigentlich ganz einfach: meine Lebenserfahrungen. Mobbing macht ganz schön viel kaputt.

Wie damit umgehen? Ich weiß es und versuche, die Angst immer wieder zuzuordnen, sie quasi anzusehen und tief Luft holen.
hier_und_jetzt
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Re: über die Angst

Beitrag von hier_und_jetzt »

Liebe Otterchen und alle anderen,
Ich lese auch mit, gutes Thema! Ich bin seit Wochen angstgeplagt depri, es ist richtig körperlich...blockiert mich bei Arbeit, macht Entscheidungen treffen so schwer...baut immer mehr Druck auf und schlechtes Gewissen. Leider schleppe ich die Angst als allgemeinen Zustand im gedankenkarussell auch meist mit nach Hause.. Wo ich dann nur schlecht entspannen und schlafen kann... Buh!
Mir wäre es lieb, wenn ich meine Angst akzeptieren könnte, damit sie sich nicht wie das Ende der Welt anfühlt, und mich weniger dominiert.
Mutpunkte find ich gut! Ich sehe oft nur, was ich aus Angst nicht mache oder nur langsam voranbringe, und gar nicht was ich TROTZ Angst doch zustande bringe!
Magst du ein Paar Beispiele teilen wofür du dir Mutpunkte gegeben hast? Mir sind heute einige Muttaten eingefallen, die ich gar nicht so wahrgenommen hatte. Ich musste zum Bsp. ein kurzes aber wichtiges Dokument verfassen und über einige hierarchiebenen hinweg verschicken. Kollegen sollten Feedback geben, aber es kam nur wenig, die Abgabefrist verging und das Dokument erschien mir einfach noch nicht gut genug. Am liebsten hätte ich mich unter dem Tisch versteckt...Ich hab es dann aber trotzdem verschickt. Eine Kleinigkeit und fuer mich doch auch ein Riesending von Muttat. Echt gut!
Dein Bedürfnis nach be-eltern kann ich ganz wunderbar verstehen, wenn ich mich nicht unter dem Tisch verstecken möchte, dann wäre es mir sehr lieb, einfach nur an die Hand genommen zu werden. Das bringt mich zu der Frage, um was können wir andere bitten, um besser mit unseren Ängsten um zu gehen? Mir helfen zum Beispiel klare Ansagen und Orientierung, aber auch zu wissen, dass ich zwar etwas selbstständig erledigen soll, aber auch noch um Feedback bitten kann... Darum kann ich Kollegen, Chefs aber auch Freunde bitten ohne meine Ängste vor diesen aus zu breiten, wenn ich es nicht will, oder mich dieser schäme....ich merke gerade, mir ist die Angst extrem peinlich, euch auch? Versucht ihr sie krampfhaft zu verstecken? Otterchen kannst du andere auch um etwas bitten, um Unterstützung, die dir helfen würde?
Nun zu meinem Beitrag: was kann ich tun, außer andere um Hilfe zu bitten?
Ich glaube es ist fuer mich wichtig mir klar zu werden, wovor ich eigentlich genau Angst habe. Oft ist es bei mir eine eher unbestimmte Angst. Meist bei der Arbeit, Angst vor Fehlern. Angst als Versagerin wahrgenommen zu werden. Deswegen gleich der Absturz in gedankliche Katastrophen-Szenarios, nach dem Motto, "wenn ich das nicht schaffe, dann passiert das uns das und das, und dann verliere ich bestimmt meinen Job... Dann finde ich nie wieder einen anderen etc." Wenn ich mir die verschiedenen von mir projizierten Katastrophen-Stadien vor die Augen führe, fällt mir doch immerhin manchmal auf, dass diese vom Wahrscheinlichkeitsgrad her auch einem Science Fiction Film entnommen sein könnten... Das hilft dann manchmal den Film zu stoppen. Aber es gibt auch viele Tage, wo ich in Angst badend mutlos und dauermüde apathisch vor mich hin trotte...

Gute Nacht und auf in einen mutigeren Tag, oder einen in dem wir nicht blind vor Angst sind, sondern auch unseren Mut sehen...

Liebe Grüße
Pia
otterchen
Beiträge: 5118
Registriert: 3. Jan 2007, 10:43

Re: über die Angst

Beitrag von otterchen »

Hallo zusammen,

echt spannend...

Antiope: ich schaue derzeit auf Sixx oft den Hundeflüsterer. Und ja: Hunde nehmen sehr fein die Energien der Menschen wahr. So habe ich schon aus einiger Entfernung gelächelt, als ich einen Hund sah, der ein witziges Geschirr trug (natürlich mit irgensoeiner Bezeichnung drauf wie "Müllschlucker", "Spielkind" oder ähnlichem) und stolz irgendwas im Maul trug. Ich war in diesem Moment ganz "Zuneigung".
Und dieser Hund steuerte samt Frauchen direkt (langsam) auf mich zu, blieb dann stehen, um mich ausgiebig zu begrüßen und schwanzwedelnd zu beschnuppern. Die Frau hatte Fragezeichen in den Augen... ich staunte ebenfalls: ich kannte beide doch nicht! Aber der Hund hat wohl meine Energie wahrgenommen und sich gefreut, diese aufnehmen zu können.

Ein anderes Beispiel: ein junger Hund aus der Nachbarschaft wird immer ganz aufgeregt, wenn er mich sieht oder hört. Er bellt dann und prescht auf mich los. Ich kann ihn bremsen, bevor er an mir hochspringt, und er hört mit dem Bellen auf, sobald er mich erreicht hat. Er braucht von mir eine feste Energie, die sich von dem Bellen nicht beeindrucken lässt, sondern die "Ruhe und Gelassenheit" ausstrahlt.
Zum Glück weiß ich, dass er noch jung ist, so dass ich ihn nicht wirklich ernst nehme! :-)
Sein Bellen ist wohl Aufregung, weil er mit mir spielen möchte und er merkt, dass ich ihn am liebsten nur durchknuddeln möchte ;-)

Zu Deinen anderen Ängsten kann ich leider nicht viel sagen, weil ich oft ähnlich empfinde (je schlechter es mir geht, desto mehr).


Pia:
einen Mutpunkt gab es zuletzt heute früh. Ich hatte gestern einen Brief der Firma aus dem Briefkasten geholt (bin schon seit Monaten krankgeschrieben). Reaktion: Angst. Wer schreibt? Was verbirgt sich darin? Zitiert mich der Chef in die Firma?
Irgendwas Unangenehmes wird es schon sein...
Heute früh habe ich mit zitternden Fingern den Brief geöffnet. Aber es war nur der Sozialversicherungsbeleg darin sowie ein kurzes Schreiben von der Personalabteilung mit Besserungswünschen ("manchmal sind die Dinge gar nicht so, wie man sich's vorgestellt hat - sondern besser").

Ja, ich kann auch mutig sein (und nur wer Angst hat, kann Mut aufbringen).
Wenn ich also schon ängstlich bin, dann will ich wenigstens auch mutig dabei sein. Aber nur, wenn's nicht anders geht *schnutezieh*
Bei anderen Sachen bin ich immer noch zu duldsam. Mir fehlen wohl gerechtfertigte Wut, Empörung, Durchsetzungsvermögen, Offensive etc. Das kann ich nur selten in mir hervorbringen... teilweise wohl, weil ich denke, ich müsste fehlerfrei sein, um Ansprüche stellen zu dürfen. Aber da ist noch irgendwas anderes, und das bekomme ich im Moment noch nicht zu packen. Das Aushalten eines Konfliktes? Diese Schwingungen spüren? Weil ich doch recht hypersensibel bin?
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otterchen
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Re: über die Angst

Beitrag von otterchen »

Hallo!

Habe gerade etwas mitbekommen:

wer, der von Ängsten betroffen ist, raucht?

Angeblich sollen Zigaretten Ängste noch schüren.
Ist da was dran?
Sind (fast) alle hier Raucher?
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Mim
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Re: über die Angst

Beitrag von Mim »

Huhu Otterchen,

ich rauche nicht, aber ich kann mir vorstellen, dass da was dran ist. Bin nicht 100% sicher, aber ich meine, dass sich generell der Pulsschlag erhöht, die Nervosität nimmt zu, was ja auch zu spüren ist, wenn man nach der nächsten Zigarette verlangt. Ich vermute, dass man dann generell dünnhäutiger ist. Stress, "Angst", Nervosität --> der Griff zur Zigarette um sich zu beruhigen und der entsprechende Gewöhnungseffekt.
Übrigens kann man Angst auch körperlich hervorrufen. Vor einigen Jahren habe ich mich beim Radfahren regelmäßig verausgabt - es ging mir sowieso nicht gut und danach noch schlechter. Ich hatte das Gefühl kurz vor einer Panikattacke zu stehen.
Irgendwann erzählte mir mal jemand, dass beim Kampfsport dieser effekt gezielt genutzt wird: Schnelle, temporeiche Bewegungen um die Atmung zu beschleunigen (wie es bei der Angst ja auch ist) und dann die entsprechenden Trainingseinheiten --> wie in einer Extremsituation eben.
Es hängt halt doch alles zusammen, was ich einerseits erschreckend, aber irgendwie auch beruhigend finde.

Danke übrigens für die Erkenntnis des "sich nicht durchsetzen können, weil man meint perfekt sein zu müssen". Genau so kenne ich das auch. Damit klebe ich mir regelmäßig den Mund zu - mit entsprechenden Folgen. So ausgesprochen, sollte sich damit aber arbeiten lassen...

Liebe Grüße,
Mim
Antiope
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Registriert: 10. Jan 2011, 21:38

Re: über die Angst

Beitrag von Antiope »

Rauchen und Angst: Viele Raucher brauchen erst mal eine Zigarette zur Beruhigung, nachdem es sehr anstrengend war.
Menschen mit ADS sind überproportional Raucher, da das Nikotin das allgemeine Erregungsniveau senkt.
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