an persönlichkeit arbeiten um gesund zu werden

timmie2002
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an persönlichkeit arbeiten um gesund zu werden

Beitrag von timmie2002 »

liebe christiane,

danke für dein posting. ich möchte im thread von selas nicht mehr schreiben und eröffne deshalb diesen thread. die thematik ist sicher nicht uninteressant. da du viel mehr erfahrungen als ich hast, möchte ich mich gerne noch weiter austauschen und vielleicht gibt es andere, die auch erfahrungen und gedanken beitragen können.

aber bitte keine kommentare mehr zu selas.

christiane schrieb:


Hallo final,

ich wollte mich noch einmal melden auf Deinen letzten Beitrag, den ich sehr hilfreich finde und wieder von Dir klar auf den Punkt gebracht.
Es wäre natürlich schön, wenn ich sagen könnte, ich bin durch mit allem und komme nun bis zum Lebensende gut ohne Therapie aus. Aber so ist es nicht und muss es auch nicht, ich bin froh, dass ich diese Stütze weiterhin noch habe.

Verändert hat sich bei mir in den Jahren die grosse Bedürftigkeit, dass andere meine lebenslangen Defizite ausgleichen mögen. Besonders in ganz jungen Jahren gab es für mich noch keine Alternative als zu glauben, dass das unbedingt funktionieren müsste. Es müssten eben nur die richtigen Leute sein und dann wird das schon. Man hält das auch lange aus und sucht und sucht.
Recht spät zu erkennen, dass es jedenfalls bei mir nicht funktionierte, fand ich am schmerzhaftesten in dem ganzen Prozess und ich konnte überhaupt nicht begreifen, dass ich selbst der Schlüssel sein sollte.

Also ganz platt gesagt dachte ich zu Beginn der Therapie, wie bitte, andere haben mir wehgetan und ich soll nun die ganze Drecksarbeit machen, der Therapeut spinnt doch.
Ich ahnte da aber schon, dass sich mir eine unendliche grosse Chance bot mein Innerstes von jemandem ansehen zu lassen, der etwas davon verstand und mir zu erstenmal überhaupt wirklich helfen konnte.

Und genau so wie Du sagst, ist es ja auch. Ohne die Bereitschaft dazu geht es einfach nicht. Ich denke es hängt vom jeweiligen Leidensdruck ab, ob man so etwas angeht oder auch von der blossen Notwendigkeit, wenn das eigene Leben bedroht ist und schon gar keine Wahlmöglichkeit mehr besteht. Ich hätte es mir auch anders gewünscht und hadere heute noch mit meinem Schicksal, wie könnte es auch anders sein.

In den letzten Tagen habe ich selber wieder gespürt wie sich Gefühle von Kraft und Schwäche abwechselten und konnte das jederzeit zuordnen, wer oder was sich da gerade in mir meldeten. Dass es heute schneller geht und ich nicht mehr grundsätzlich an mir zweifle ist sicherlich
der Therapie zu verdanken, aber durch und durch sicher fühle ich mich dennoch nie. Nur insgesamt deutlich besser als früher, aber im Alltag nutze ich kein Handbuch über innere Kinder oder frühkindliche Störungen, ich versuche einfach wieder zu leben ohne ständig innehalten zu müssen, ob ich das auch darf. Ich weiss das alles und muss nicht mehr nachschlagen, aber es macht nicht automatisch einen besseren Menschen aus mir.

Um nochmal auf das Thema hier zu kommen, ich habe mich sehr aufgeregt, weil ich ebenfalls Selas zugehört habe und mitgedacht und -gefühlt habe.
Das ist zwar ein Internet-Forum und bei Kritik kann man immer schnell auf virtuelle Inkompetenz hinweisen, aber gleichzeitig nutzt sie das Medium nicht weniger schlagkräftig. Mir war es zuviel und ich fühlte einfach nur noch Wut auf sie und die musste raus.

Nun mach ich Schluss, bin auch zu müde.
Danke an die Moderation, dass Sie todesmutig abgewartet haben.
Das ist wirklich nett und ich danke Ihnen sehr.

Gruss
Christiane
timmie2002
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Rennd ich muss : an persönlichkeit arbeiten um gesund zu wer

Beitrag von timmie2002 »

da beginne ich einen neuen thread und weiß selber gar nicht so richtig, was ich schrieben soll. nicht, weil ich keine ideen hätte, sondern weil es soviel gibt.

ich versuche einfach einen anfang und knüpfe an eine aussage von dir, christiane, an:
"Recht spät zu erkennen, dass es jedenfalls bei mir nicht funktionierte, fand ich am schmerzhaftesten
in dem ganzen Prozess und ich konnte überhaupt nicht begreifen, dass ich selbst der Schlüssel sein
sollte."

das kann ich aus eigenem erleben voll und ganz unterstützen.

rein äußerlich, s omuss ich das heute sagen, habe ich mich sehr um heilung bemüht, habe eigentlich fast alles selber in die gänge gebracht, was ich als hilfreich ansah: kur. tagesklinik, ambulante vt in der gruppe, einzel-vt, psychosomatische klinik und schließlich ambulante tt.

und immer dachte ich, dass ich den willen hätte, gegen meine erkrankung anzugehen. zum teil stimmte es auch. aber es gab von anfang an einen sehr hartnäckigen inneren widerstand, der sich bei mir durch sprachlosigkeit in der therapie äußerte. ich redete nicht. ich bemerkte die sprechblockade, fand aber keine erklärung dafür.

seit der tagesklinik bin ich mir bewusst, dass persönlichkeitsstörungen mit meiner depression eng im zusammenhang stehen. ich konnte für mich annehmen, dass ich mit destruktiven denk- und verhaltensmustern reagiere. rational konnte ich einiges erfassen. die emotionale seite kam aber einfach nicht mit. die diskrepanz existiert heute noch.

als bei meinem letzten klinikaufenthalt von theraeputin und in der visite immer wieder die aussage kam, dass ich mich verweigern würde, konnte ich das überhaupt nicht verstehen. mein grunderleben: kränkung und verletzung bestimmten mich vollkommen und ich kam da nicht raus, bis zur letzten konsequenz einer verzweifelten handlung, die zum glück völlig daneben ging.

immer wieder stellte ich mir ddie frage, warum sie dort mit mir so umgingen, warum sie mir so weh taten, warum sie mich nicht verstehen, warum sie mich quälen statt mich aufzubauen. ich war die pure verzweiflung, die ich aber mit althergebrachten mitteln bekämpfte: rückzug, trotz, ausweichen etc. das ganze programm, wass ich eigentlich so bieten kann. so im nachhinein: das ist grauenhaft.
ich konnte nicht merken, dass ich mir durch mein verhalten selber weh tat. es waren für mich die anderen, besonders meine therapeutin, die das machten. im gegenwärtigen rückblick kann ich wohl sagen, dass ich mit völlig falschen voraussetzungen in die damalige therapie gegangen bin. sie sollten mir helfen, mir zuwendung geben, mich wahrnehmen etc. nicht unbedingt falsche bedürfnisse, aber in flascher weise versucht, diese zu bekommen, nicht mal ausgesprochen, was ich mir innerlich wünsche. allerdings war ich mir wohl nicht einmal dieser bedürfnisse bewusst. ich weiß heute, dass sie da waren.

seit einem jahr nun mache ich tiefenpsychologische therapie bei einem sehr guten therapeuten. in diesem jahr haben wir im grunde nur daran gearbeitet, dass ich mich in der therapie öffne. ein ganzes jahr nur dafür, dass ich endlich versuche zu reden!!! schrecklich, wie lange allein dieser prozess gedauert hat. und auch hier wieder erlebnisse, die für mich unerklärlich waren: warum redet mein therapeut so mit mir? warum stellt er keine fragen? warum verletzt er mich? warum entlastet er mich nicht? ich konnte lange noch immer nicht begreifen. einmal geflüchtet und in vielen sitzungen lange schweigephasen. heute muss ich sagen: und mein terapeut hat das ausgehalten! ein bisschen begreife ich nämlich auch, was mein verhalten, das nach außen abwehr und abweisung signalisiert, für mein gegenüber bedeuten muss.

jedenfalls überkam mich auch das eine oder andere mal der gedanke, die therapie abzubrechen. ich habe es zum glück nicht getan. obwohl ich keine richtige erklärung hatte und oft das gegenteil fühlte, hatte ich den glauben, dass ich bei diesem therapeuten an der richtigen stelle bin. obwohl ich ihn und sein verhalten nicht begriff, konnte ich mir immer irgendwie noch sagen, dass er mir helfen will und wird. trotz angst, innerer zerrissenheit bin ich immer wieder zur nächsten sitzung gefahren. ich bin froh, dass ich soweit durch gehalten habe.

denn ein knoten ist nun erst einmal geplatzt: ich habe endlich begriffen, warum ich nicht über mich, meine gedanken und gefühle rede, welche tief verwurzelten überzeugungen und glaubenssätze es mir regelrecht verbieten. diese neue einsicht stellte sich nach der sitzung, in der ich fast komplett nicht geredet habe- und mein therapeut auch niccht :-) - ein, war einfach nur bitter.

mit ideser einsicht eröffnet sich mir langsam auch ein bild davon, wie schlimm bestimmte umstände in meiner kindheit waren und wie sehr sie sich auf meine persönlichkeit ausgewirkt haben. im alter von 51 jahren erkenne ich mich erst ein stück weit selber. das sit so schmerzlich, dass ich jetzt beim schreiben schon wieder weine. und in diesem alter muss ich mir nun mühsam erarbeiten, was mir in der kindheit nicht mitgegeben oder gar genommen wurde. wie schrecklich ist das denn!!! ja, und in mir ist noch immer diese kleine ängstliche c., die sich hilflos fühlt, völlig misstrauisch ist, sich in einer dunklen ecke ganz klein machen will, um nicht bemerkt zu werden. die sich einfach nur schützen will.

dieses kleine wesen muss aus seiner dunklen ecke heraus. was meine eltern nicht geleistet haben, muss ich nun in meine verantwortung nehmen. dazu bin ich fest entschlossen. denn heute, in der gegenwart, bin ich der "schlüssel". keiner kann mir das abnehmen.

so unnd ich muss jetzt mal aufhören. hat sich etwas in mir aufgewühlt.

glg final
timmie2002
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Re: an persönlichkeit arbeiten um gesund zu werden

Beitrag von timmie2002 »

mir ist noch etwas eingefallen, was mir zurzeit sehr am herzen liegt. vielleicht könnt ihr mir dazu erfahrungen mitteilen.

eine sehr schwierige einsicht für mich ist, dass ich auch eine gestörte selbstwahrnehmung habe. für mich zeigt sich das im moment so, dass ich von meinem thera seiten an mir gespiegelt bekomme, die ich gar nicht kenne. ich habe begriffen, dass es solche anteile, die mir fremd sind, in meiner persönlichkeit gibt. das eine oder andere verhaltensmuster kann ich so vage schon zuordnen.

gefühlsmäßig komme ich damit sehr schlecht klar. und irgendwie ist es auch ganz existenziell, die frage: wer bin ich eigentlich? ich kann diese einfach nicht beantworten. das macht mir angst, schüchtert mich irgendwie ein. da diese anteile ja nicht immer zutage treten, versuche ich im alltag gelassen damit umzugehen. aber ic hertappe mich auch, wie ich ängstlich mein auftreten und verhalten prüfe, versuche, es ständig zu beobachten. das strengt irgendwie sehr an. und ich fühle mich total verunsichert.

kennt ihr aus eurer therapie auch so eine identitätskrise? wie habt ihr sie wahrgenommen und wie seid ihr damit umgegangen?

das interessiert mich wirklich brennend.

glg final
Antiope
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Re: an persönlichkeit arbeiten um gesund zu werden

Beitrag von Antiope »

Hallo Final,

"eigentlich" ein ganz wichtiges Thema, aber anscheinend stößt es nicht auf großes Interesse :(

Ich sehe es so:
egal, was und wie die Depression entstanden ist, sie wird durch "irgend etwas" unterhalten. Es gibt also Lernerfahrungen, übernommene Muster oder ähnliches, das den Betroffenen dazu (ver)führt, sich so zu verhalten, so zu fühlen, jene Rolle zu sein.

Deine Schilderung des therapeutischen Prozesses berührt (bitte nicht falsch verstehen, aber ich finde kein anderes Wort dafür) mich, ich fühle mit der kleinen final, und sehe als rationale Erwachsene etwas ähnliches bei mir im Schatten lauern.
Meine tiefenpsychologische Therapie wurde abrupt vom Therapeuten abgebrochen mit dem Satz "Sie haben Widerstände und wollen keine Veränderung. Das ist sinnlos.", obwohl ich für meinen Teil versuchte, verzweifelt versuchte, etwas zu ändern, was für mich nicht mal greifbar war.

Ich kann den Entwicklungsprozess von euch beiden, Christiane und Final, sehr gut nachvollziehen, da auch ich die ähnlichen Schritte machen musste. Zu erkennen, dass die Verletzungen, die heute geschehen, sehr viel mit mir selbst zu tun haben, hat sehr weh getan. Also quasi zugleich selbst Täter und Opfer sein. Der Abschied von der Opferrolle war rational sehr schnell vollzogen, emotional dauert es bis heute an. Als ob ich es nie schaffen würde ...

Es war vielleicht weniger die Erkenntnis, dass andere meine Bedürftigkeit auszugleichen hätten, sondern viel eher, dass diese Bedürftigkeit, diese Defizite überhaupt da waren. Die auch heute noch, immer wieder, vollkommen ungewollt, ans Tageslicht treten und mein Handeln, mein Rationalisieren bestimmen.

Soweit wie ihr beiden bin ich leider nicht. Rational zu verstehen, aus welchen emotionalen "Abgründen" die Handlungen kommen, sie auf die Erfahrungen meines Lebens zurückzuführen, und sie in etwas Konstruktiveres umzuleiten, das gelingt mir nicht.

Ich versuche zwar, die falsche Rolle zu vermeiden, scheine aber immer wieder daran zu scheitern.

Vielleicht, liebe Final, ist diese "Identitätskrise" genau der Wachstumspunkt. Alte Muster allmählich abzustreifen, auch die überkommene Definition von einem selbst - das macht einen sehr frei und sehr sehr verletzlich. Schnecke ohne Haus.

Wie aber kann eine gute Umgangsweise damit sein?
Ich weiß es nicht. Vielleicht die Verunsicherung zulassen, es als Freiheit zu sehen, so angsterregend das gerade ist? Vielleicht Zuflucht suchen bei der erwachsenen Final, bei dem Kern, der da ist, der diese Postings geschrieben hat? Vielleicht einfach nur diese Vorgänge, dieses Verhalten benennen: das ist Angst, das ist ein trotziger Anteil von mir - ohne es zu bewerten?
Ich weiß es nicht. Tut mir leid.

Liebe Grüße
Antiope
Anicca
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Re: an persönlichkeit arbeiten um gesund zu werden

Beitrag von Anicca »

Hallo liebe Antiope,

du schreibst:

"Meine tiefenpsychologische Therapie wurde abrupt vom Therapeuten abgebrochen mit dem Satz "Sie haben Widerstände und wollen keine Veränderung. Das ist sinnlos.", obwohl ich für meinen Teil versuchte, verzweifelt versuchte, etwas zu ändern, was für mich nicht mal greifbar war."

Ich verstehe es heute so, dass in mir ein Programm abläuft, nachdem ich zu leben habe. Die Programmierung meiner Kindheit regiert mich, oder was meine Seele in dieses Leben mitgebracht hat.

Ich tue das, was ich tue, nicht weil ich es will, sondern weil ich es tun muß, weil es meiner Programmierung entspricht. Der Zwang des Geistes ist stärker als mein Wille.

Ich kann mich noch so sehr anstrengen, eine Veränderung herbeiführen wollen, man kann mich noch so sehr unter Druck setzen, gegen diese Programmierung komme ich mit meinem Verstand nicht an.

Ich denke, dass sich diese Programmierung nur über die Gefühle lösen lässt.

LG Anicca
Antiope
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Registriert: 10. Jan 2011, 21:38

Re: an persönlichkeit arbeiten um gesund zu werden

Beitrag von Antiope »

Liebe Anicca,

meine Erfahrung sagt mir, dass ich nicht so völlig dieser Programmierung ausgeliefert bin. Und das ist die große Hoffnung - auch für Dich!

Vielleicht wäre es ein erster Schritt, erstmal eines dieser kleinen Subprogramme sich bewusst zu machen.
Und dann sich rational eine Handlungsalternative zu überlegen.
Zuerst zu merken, *dass* jetzt ein Subprogramm aufgerufen wird.
Dann ein "Stop!".

Ein Beispiel aus meinem eigenen Leben:
- an einer Bäckerei vorbeizulaufen und einen unheimlichen, fast unbezwingbaren Essdruck zu spüren
- Alternative: Wege ohne Bäckereien zu suchen .... ganz schön anstrengend, aber in ganz schlechten Zeiten der einzige Weg
- Keinen Geldbeutel dabei zu haben. Ich *musste* dann daran vorbei. Abgewendeter Kopf, vorbeigerannt, der Versuchung widerstanden, umzukehren. Anfänglich war es sooo extrem schwer, diesem Zwang nicht nachzugeben, der mich dann wirklich auch körperlich schüttelte.
Aber ich hatte es trotzdem geschafft.

Ganz sicher wirst Du auch Deine eigene Methode finden, Dich aus dieser unheilvollen Verstrickung in Deine "Programmierung" zu lösen. Es dauert, es ist unglaublich anstrengend, es gibt Rückschläge - aber es geht.

Dein Gehirn, Deine Emotionen können verändert werden. Der Mensch lernt immer, jeden Tag!
Denke daran, wie Du Fahrrad fahren gelernt hast. Vielleicht am Anfang mit sehr viel Angst. Unkoordinierte Bewegungen. Irgendwann hat das Geradeausfahren geklappt. Und die Kurven. Und jetzt? Selbst Schotterstrecken kein Problem mehr.

Oder denke daran, dass es viele Menschen gibt, die in der Zeit zwischen Fasching und Ostern bestimmte Dinge nicht tun, nicht essen, nicht trinken.
Auch hier: willentliche Entscheidung.

Versuche mal etwas ganz Einfaches: esse mal mit der anderen Hand wie normal. Am Anfang: Chaos, Widerstreben. Aber recht schnell lernst Du es.

Viele liebe Grüße
Antiope
Traurige Biene
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Re: an persönlichkeit arbeiten um gesund zu werden

Beitrag von Traurige Biene »

Moin Final,

ich bin ganz neu hier und kann Dir leider keine guten Ratschläge geben, wie man diese Identitätskrisen lösen kann, aber darum geht es hier ja auch nicht nur, denke ich.

Vielleicht hilft es Dir ja auch, wenn ich Dir sage, dass ich mir diese Fragen ständig stelle. Nein, ständig ist das falsche Wort, immer wieder trifft es besser.

"Wer oder was bin ich eigentlich?" ist für die Frage, in der ich immer wieder lande. Meist lande ich bei der Suche nach dem "Was will ich, welche Ziele habe ich?" dort. Das ist bei mir eher die konstruktive Zeit, in der ich versuche, vorwärts zu kommen, zu funktionieren. Ich denke, dass die Ziel- oder Sinnsuche ein ganz normaler Bestandteil von jemandem ist, der Mitglied dieser Gesellschaft ist. Das Einordnen des Ich in das Wir hört ja nicht auf, weil wir erwachsen geworden sind. Gerade in der heutigen Zeit, in der wir länger leben (zumindestens statistisch gesehen...) und Veränderungen an der Tagesordnung sind, ist diese Suche nach dem eigenen Platz im System notwendig.

Manches Mal ist bei mir der Auslöser aber auch die Überlegung, was bleibt übrig, wenn ich bestimmte Dinge loslasse. Sicher erzählt Dir und anderen die halbe Welt, dass man loslassen müsse. Bloß wie soll ich etwas loslassen, das ein Teil meiner Selbst ist, von dem ich nicht mal weiß, was es ist? Hier sehe ich für mich die Ansätze, mich zu ändern, mein Verhalten so anzupassen, dass ich UND meine Umwelt damit zufrieden sein können. Mittlerweile habe ich gelernt, dass nicht jede diagnostizierte Persönlichkeitsstörung (finde ich immer noch erschreckend, das Wort) negative Auswirkungen auf unser Leben hat. Wenn z.B. eine emotional instabile Persönlichkeit auf Grund eines frühkindlichen Traumas sich eine Zwangsstörung aneignet, kann das erst mal hilfreich sein. Kann, wie bei mir, sogar gut 30 Jahre fast unbemerkt gut funktionieren. Was lege ich zuerst ab, wenn ich mir des Traumas bewusst werde? Den Kontrolleur, der dafür gesorgt hat, dass die instabile Persönlichkeit gut im Leben zurecht gekommen ist oder die Instabilität, die keinen merken lässt, wie sehr man sich unter Kontrolle haben muss, weil man dadurch ja menschlicher wirkt. Was bleibt übrig, wenn ich alles ablege (wenn es denn so einfach wäre), Trauma, Instabilität und Kontrolle? Was bin ich dann noch? Was ich habe, weiß ich, was bleibt, nicht. Kann ich mich dann noch leiden? Vielleicht kann ich mich ja völlig neu entdecken, ist doch eigentlich ganz spannend? Leider weiß ich momentan selbst nicht, wie diese Veränderung anzugehen ist, aber ich weiß eines, solange ich mir noch die Fragen nach mir selbst stelle, kämpfe ich noch!

@Anicca: Ich glaube, wenn ich denken würde, dass wir von Vornherein programmiert sind oder auch durch frühe Ereignisse, dann würde ich einfach aufgeben. Es fällt mir sehr schwer, daran zu glauben, dass ich mich ändern kann, dass es kein festes Programm gibt, aus dem ich nicht mehr heraus komme, aber dieser Glaube (Hoffnung) ist das einzige was mich seit ein paar Jahren am Leben hält und das meine ich so, wie ich es sage. Vielleicht habe ich Dich aber auch einfach nur falsch verstanden, dann nimm mir meine Anmerkung bitte nicht übel.

So, jetzt aber genug, wollte nur sagen, dass Du Final, nicht der einzige Mensch auf der Welt bist, der sich diese Fragen stellt. Vielleicht kann Dir dieser Gedanke ja ein wenig Rückhalt geben.

Ich wünsche allen eine gute und ruhige Nacht
Euer Bienchen
Dem Wunder leise, wie einem Vogel, die Hand hinhalten
Anicca
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Re: an persönlichkeit arbeiten um gesund zu werden

Beitrag von Anicca »

Hallo liebes Bienchen,

Ich bin sicher davon überzeugt, dass Veränderung möglich ist, und dass sich die Programmierung der Kindheit oder der Seele auflösen lässt. Der Schlüssel dazu sind meine Gefühle. Mit meinem Willen kann ich das nicht erzwingen.

Ich muß mir nur mein Verhalten anschauen, und wie ich immer wieder in dieses Verhalten zurückfalle, auch wenn es sich kurzzeitig anders anfühlt.

Ich setze auf Gefühlsarbeit. Ich denke, dass eine Veränderung meines Verhaltens möglich ist, wenn ich meine Gefühle zulasse und mit ihnen arbeite.


LG Anicca
Christiane1
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Re: an persönlichkeit arbeiten um gesund zu werden

Beitrag von Christiane1 »

Liebe final,

die Idee ist doch super, aber schwere Kost, nehme ich an.

Ich habe etwas Mühe flüssig zu denken heute was u.a. an der Hitze liegen mag. Deshalb bin ich auch nach drinnen geflüchtet und wollte unbedingt noch hier schreiben. Austausch, ja klar.

Als ich seinerzeit Therapie begann empfand ich ein schlimmes Doppelleben, das eine, das einfach weiterging draussen, nichts hatte sich verändert, und das andere in der Therapie selbst, wo ich plötzlich beachtet und angehört wurde, offen war. Kaum aus der Tür machte ich den Deckel aber wieder zu und war genauso ungeschützt wie eine Stunde zuvor.

Ich war manchmal sauer auf den Therapeuten und fand ihn weltfremd, da ich ja wusste, dass die Welt draussen anders tickte und ausserdem ich mein Geheimnis um meine schlechte Verfassung lange kleinhielt und überhaupt gar keine Worte dafür fand. Also Selbstwert minus sowieso.
Das war eine kritische Zeit auch mit Gedanken von Abbrechen und ich war reichlich durcheinander. Wer bin ich, was glauben die anderen, wer ich bin, wer soll ich denn sein, so in der Art verlief die Identitätskrise.

Hab Geduld mit Dir und lass Dir alle Zeit der Welt, ich glaube es ist ganz normal, dass man beim Kennenlernen von sich selbst Fremdheitsgefühle empfindet bzw. empfinden kann und natürlich auch Angst.
Ich bin damit keinesfalls durch und manchmal sehe ich auch, dass ich bestimmte Muster von vorher doch nicht ganz abgestreift habe, sondern nur verlagert. Aber ich mache mir deshalb keine schlimmen Vorwürfe mehr, ich weiss, dass ich bestimmte Dinge nicht gut kann trotz aller Bemühungen.

Im Alltag so zu sein wie man ist finde ich am anstrengendsten mittlerweile, da war es früher einfacher mit den Rollen.
Das ist seit Monaten Thema bei mir in der Therapie, weil ich das Gewonnene gern behalten und nicht mehr ins Reich der Dissoziation abtauchen möchte.
Vor Verlust und Ablehnung fürchte ich mich nach wie vor sehr, das ist ein Erbe, dessen ich mir bewusst bin und das mit der heutigen Realität kaum etwas zu tun hat. Frühschäden erzeugen Spätschäden und ich weiss auch oft nicht, was ich damit anfangen soll während ich herumfühle und keine Lösung finde. Ich bin mir niemals sicher ausser bei rationalen Dingen.

Der Energieverlust im Denken und Handeln macht mir oft Angst, ich habe keine gute Abwehr und muss ziemlich aufpassen.

Ich finde es schön, dass Du so einen thread gewagt hast, es wird sich ja zeigen, was daraus wird.

Grüsse an Dich und alle,

Christiane
timmie2002
Beiträge: 1706
Registriert: 2. Nov 2012, 13:32

Re: an persönlichkeit arbeiten um gesund zu werden

Beitrag von timmie2002 »

hallo ihr lieben,

leider kann ich im moment nicht richtig schreiben, weil ich eine arge schulterverspannung habe. aber ich habe mitgelesen und mich über eure beiträge gefreut. siesind inhaltlich für mich auch sehr wertvoll, so dass ich auf jeden fall noch ausführlicher dazu schreiben werde, wenn ich keine schmerzen mehr habe.

danke euch und


glg final
timmie2002
Beiträge: 1706
Registriert: 2. Nov 2012, 13:32

Re: an persönlichkeit arbeiten um gesund zu werden

Beitrag von timmie2002 »

ich möchte gern auf erue postings einzeln eingehen.

liebe antiope,

auch dein posting bewegt mich sehr. du verdeutlichst, wie schwer der therapeutische und der heilungsprozess als solches ist. ermutigend finde ich deine ganze grundeinstellung mit der einsicht, die defizite nie ganz wegzubekommen, aber das beste daraus für dich zumachen. das halte ich für ganz wichtig.

bei mir sehe ich es z.b. so, dass ich meinen kindlichen trotz wohl nie ganz verlieren werde. ich wäre aber froh darüber, dass besser steuern zu können. ich denke, dass ich den dafür losgelösten persönlichkeitsanteil integrieren muss. dann sit sicher ein besserer umgang möglich.

überbewerte mein rationales verständnis bitte nciht. es bezieht sich eher daarauf, dass ich bestimmte zusammenhänge begriffen habe, also mehr die theoretische seite. das konkrete, was in meiner kindheit ausschlaggebend war, begreife ich erst nach und nach. ist auch gut so, denn alles auf einmal wäre wohl auch zuviel.
mich bewegt in dieser hinsicht die frage, wann das bei mir begonnen hat. ich reflektiere mich so, dass sich bestimmte verhaltensweisen schon sher früh manifestiert haben. so kann es sein, dass die auslöser in der frühkindlichen phase liegen. naja, und an diese habe ich nun wirklich keine erinnerung.

dein gedanke, dass meine identitätskrise eine art wachstumspunkt sein könnte, habe ich mir lange durch den kopf gehen lassen und halte dieses für gut möglich. das will ich als positiven baustein für micch aufnehmen.

ich muss wohl über meinen therapeuten sehr froh sein, vor allem darüber, dass er soviel geduld mit mir hat und trotz meiner inneren widerstände wohl daran glaubt, dass ich an mir arbeiten kann. puh, kann ich da nur sagen, denn ich wüsste gar nicht, wie ich ohne therapie weiterkommen sollte.

du schreibst:"Ich versuche zwar, die falsche Rolle zu vermeiden, scheine aber immer wieder daran zu scheitern."

wenn du das mal konkreter beschreiben möchtest, würde ich mich freuen. aber das scheitern zweifele ich jetzt schon mal an. dass wir in altes rollenverhalten oder in frühere verhaltensmuster immer wieder zurückfallen, lässt sich wahrscheinlich nicht vermeiden. nur der umgang damit, z.b. dadurch nicht gleich wieder in ein depressives loch zu fallen, lässt sich mit sicherheit ändern. das muss aber eben auch geübt werden, denke ich.



liebe annica,

dein vergleich mit der programmierung ist gar nicht so abwegig. so erlebe ich vieles bei mir: der innere widerstand scheint nicht beeinflussbar, die verletzliche reaktion in bestimmten situationen vollzieht sich ohne meinen einfluss etc.

so muss umprogrammiert werden. über den verstand und über die gefühle. den verstand brauche ich zum begreifen, über die gefühle muss die eigentliche veränderung stattfinden. das umprogrammieren erfolgt, wie antiope schreibt, über alternativen setzen. sehr anstrengend und auch dies muss immer wieder geübt werden.


liebe biene,

ja, dein posting gibt mir rückhalt und noch mehr. du zeigst mir das positive an meiner identitätskrise und das hilft, diese erstmal als gegeben hinzunhemen.

dieser absatz ist mir total unter die haut gegangen:

"Was bleibt übrig, wenn ich alles ablege (wenn es denn so einfach wäre), Trauma, Instabilität und Kontrolle? Was bin ich dann noch? Was ich habe, weiß ich, was bleibt, nicht. Kann ich mich dann noch leiden? Vielleicht kann ich mich ja völlig neu entdecken, ist doch eigentlich ganz spannend? Leider weiß ich momentan selbst nicht, wie diese Veränderung anzugehen ist, aber ich weiß eines, solange ich mir noch die Fragen nach mir selbst stelle, kämpfe ich noch!"

hab ihn mehrmals gelesen. es gibt nichts hinzuzufügen, außer dass ich mir den abschlusssatz fest einprägen werde: solange ich mir die fragen nach mir selbst stelle, kämpfe ich noch! genialer gedanke!!! danke.

so, erstmal pause. muss schulter schonen, schmerzt noch. aber ich schriebe heute nochmal.

glg final
Mim
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Registriert: 21. Dez 2013, 19:41

Re: an persönlichkeit arbeiten um gesund zu werden

Beitrag von Mim »

Guten Morgen Final,

ich habe ganz zu Beginn schonmal geschrieben und dann war mein Text weg - grrrrrr. Und so richtig kriege ich nicht mehr zusammen, was ich schreiben wollte.

Ich erinnere mich, dass ich (angestoßen durch einiges an Lektüre, etc. ) auch schon an diesem Punkt, dieser Frage nach meiner Identität war. Ich konnte oder wollte nicht sehen, wie sich die zusammensetzt - war doch alles schlecht. Ich habe immer gehofft, dass wie durch ein Wunder, sich nur positive Seiten herauskristallisieren (die, die ich als positiv sah) - ich ein neuer Mensch werden würde. Die Vorstellung fand ich immer toll.
Vor gar nicht so langer Zeit habe ich erst wirklich begriffen, dass meine Identität sich aus langen, teilweise uralten Verhaltens- und Denkmustern zusammensetzt, die mir so vertraut sind, dass ich sie teilweise nicht mehr in Frage stellen kann. Manches davon kann ich beobachten, manches gar nicht. Ich kann sagen "So und so will ich sein". das üben und muss aushalten, dass ich im entscheidenden Moment wieder keine Verhaltensalternative zur Hand habe. Wieder das alte mache.
Neulich habe ich überlegt, dass ich mich bestimmt verändert habe. Aber auch diese Veränderung ist mir schon so in Fleisch und Blut übergegangen, dass ich sie gar nicht mehr wahrnehme. Da hat Integration stattgefunden, es ist ein Teil von mir. So konnte ich den Prozess auch besser nachvollziehen und verstehen.
Momentan bin ich da aber ein bisschen mutlos - auch hier scheinen mir eher negative Veränderungen im Vordergrund zu stehen - als kontrolliert gewollte. Ich müsste mich vorher schon gut erfassen können, um an Stellschrauben drehen zu können - "Fehlprogrammierungen" auszuschließen. Aber zumindest ich kann das nicht (naja, ist ja irgendwie logisch, wenn man alles negativ sieht, will man wohl nicht so gerne hinschauen). da wartet noch einiges an Arbeit auf mich.
Hm. Ich mag das Wort Programmierung nicht. Und dieses an sich rumbasteln .... Ich habe mich lange dagegen gesperrt- aber sicher ist das so auch nicht gemeint. Es heißt ja immer die Grundstruktur bleibt - das muss wohl auch, sonst wäre man sich ja völlig fremd. Bedeutet also fließende Veränderungen, keine Hauruck-Aktionen. Auch das habe ich bei mir teilweise anders erlebt - diese Veränderungen waren aber teilweise wie ein Fremdkörper - kein Verstehen lag dem zu Grunde.
Und zum Schluss: Veränderung findet permanent statt. es gibt eine (Zen)Weisheit: "Du steigst niemals in den gleichen Fluss" Und auch wir sind jeden Tag anders. Nur liegt unser Fokus auf dem was uns vertraut ist, was wir kennen. Fremde Menschen sehen immer auch etwas anderes an uns/in uns (ihre Projektionen, ihr Hintergrund). Darin liegt dann auch (wenn man das begreift)die Chance für Veränderung.
Hui - spannendes Thema. Sorry, ist ein bisschen durcheinander - vielleicht schreib ich noch mehr dazu, wenn ich das besser in Worte fassen kann.

Liebe Grüße,
Mim
FrauRossi
Beiträge: 3166
Registriert: 2. Jul 2011, 11:23

Re: an persönlichkeit arbeiten um gesund zu werden

Beitrag von FrauRossi »

Hallo Final,

Die Persönlichkeit ändern?

Warum? Frage ich mich da. Und: was ist Persönlichkeit überhaupt?

Ja ich hatte auch eine Zeit in der Therapie wo ich mir komplett "falsch" vor kam. Auch eine Zeit in der ich mich komplett auseinander genommen gefühlt habe. Wie ein auseinander gebrochenes Puzzel, wo zusätzlich auch noch einige Teile so verändert wurden/waren dass sich beim besten Willen das Puzzel nicht mehr zusammenfügen ließ.

1) nicht alles an mir und bei dir wird das genauso sein ist krankmachend.
2) wir können durchaus die Menschen bleiben die wir sind. Wir dürfen das auch.
3) sich mehr vor Augen halten was wir an und gut finden oder andere.
4) sich klar machen, dass Leute die keine Therapie machen sich in der Regel nicht so genau beleuchten und auch mit all ihren "Macken, Mustern usw" klar kommen und andere mit ihnen.
4a) soll heißen Therapie auch mal Therapie ein lassen und nicht alles in Zweifel ziehen
5) den Großteil unsers Lebens begehen wir "unterbewusst" Wir lehrnen etwas (Rad fahren, Auto fahren), die Lernphase ist anstrengend, bis wir es dann können. Das ist der Punkt wo unser Unternrwußtsein, die Regie übernimmt.
6) so entstehen auch das was wir Verhaltensmuster nennen.
7) ich glaube fest das jedes Muster überschrieben werden kann von uns selbst in dem wir neu lernen.
8) Schwierigkeiten dabei:
-----a) das Gehirn ist ein faules Arschloch
-----b) unbewusste Handlungen schützen und vor Reizüberflutung
---------- soll heißen: es ist nicht ganz leicht etwas zu überschreiben
-----c) was wir ändern wollen muss erstmal erkannt werden und
-----d) weil wir Menschen sind, scheinbar aus irgendeinem Grund auch verstanden werden (ist zumindest bei mir so. Verstehe ich nicht wieso weshalb warum, passiert bei mir garnichts)

Also furchtbar anstrengende harte Arbeit, weil wir etwas ins Bewusste zurückholen müssen und dann dann dort halten müssen um bewusst hunderte Male anders handeln, reagieren zu können als zuvor. Nervig, anstrengend, frustrierend. Weil selbst wenn erstmal erkannt, wir es manchmal vergessen, nicht sofort bemerken und soweiter. Also langwierig.

Jemand schrieb das Beispiel mit dem Bäcker. -Vorbei gehen und reingehen müssen, etwas kaufen, essen.
Das muss einem erstmal auffallen. Dann die Frage warum will ich das ändern? Z.b. gesünder Leben, weniger Süßkram, Geld sparen, Gewichtsreduktion.
Jetzt bewußt vermeiden. Wo anders her gehen, kein Geld dabei haben. Sich zusammen reißen und sich bewusst sagen: Nein! Ich geh da jetzt nicht rein. Wir eine ganze Weile dauern bis wir dann einfach so an einen Bäcker vorbei gehen können.

Dennoch ist es ein einfaches Beispiel. (Tun wie es fällt es und irre schwer, ganz klar) aber das ist einfach zu erkennen. Es ist einfach Strategien dagegen zu entwickeln (kein Geld, wo anders lang). Was es auch "einfach" macht, ist: Wir können es oft üben, denn Bäcker gibt es überall.

Trotzdem wird uns das schwe fallen, trotzdem wird es Tage geben wo wir nicht wiederstehen und sagen scheiß drauf. Und das nicht weil wir jetzt unbedingt ne Kirschtasche brauchen, sondern weil unser Unbewusstes sehr stark ist, weil es anstrengend ist sich dagegen zu sträuben und evolutionär nicht sinnvoll denn das Unbewusste macht uns auch schnell (würden wir wenn wir einem Tieger der und fressen will begegnen, ist es super dass unser Unbewusstes sofort das Programm weglaufen und verstecken abspielt, die Wege kennt, alles unbedeutende ausblendet. Müssten wir erst überlegen, was nun zu tun ist, würden wir nun schöne Blumen am Wegesrand wahrnehmen und hielten inne um sie zu Bewundern, hätte und der Tieger schnell gefangen und wir wären tot. Und das gilt es zu vermeiden)
Nun ist der Gang zum Bäcker zwar nicht direkt lebensgefährlich, ist aber egal weil ich nur auf die Stärke des Unbewussten hinaus will, das seine Stärke eben aus einer überlebenswichtigen Sinnhaftigkeit bezieht.

Also fällt es und schwer und den Gang zum Bäcker abzutrainieren.
Dabei ist es wie gesagt ein relativ einfaches Beispiel.

Wollen wir das ganze nun anwenden auf die Verhaltensmuster die vermutlich mit unserer Depression zu tun haben, wird's noch schwieriger, denn diese sind "versteckter" nicht so offensichtlich und um einiges komplexer. Finden unter Umständen garnicht täglich Anwendung und sind somit sehr schwe zu trainieren (zu überschreiben, abzugewöhnen, durch anderes zu ersetzen, wie auch immer)

Daher liebe Final, es ist möglich aber es dauert lange. Jahre unter Umständen. Als Geduld! Wichtig daher sich zu Fragen: was macht mich wirklich krank? Welches Muster beeinflusst mein Leben tatsächlich unerträglich? Und dieses dann ändern, nicht gleich "Alles"
Manches ist vielleicht doof gelaufen und stört uns, aber es gilt zu überprüfen können wir nicht auch damit Leben? Wenn ja dann an der Akzeptanz sich selbst gegenüber arbeiten. Auch nicht gerade leicht aber doch etwas einfacher als ein Muster zu ändern.

Also konzentriere dich auf das was wirklich schlimm ist. Das ändere.
Das andere akzeptiere.
Du bist auch gut so wie du bist.
Halte dir vor Augen dass die Selbstreflektion die in der Therapie angestoßen wird, auch betriebsblind machen kann. Gönn dir Pausen die nicht gefüllt sind vom Hinterfrageb der eigenen Person. Tu schöne Dinge. So hält's du sich stark und schaffst es eines Tages deine Muster zu ändern.

Doch auch in der Zwischenzeit lebst du. Gestalte dir dieses Leben! Und sooft es geht gestalte es mit etwas schönem.

LG FrauRossi
FrauRossi
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Re: an persönlichkeit arbeiten um gesund zu werden

Beitrag von FrauRossi »

Ich noch mal,

Mein Beitrag hat sich mit dem von Mim überschnitten.
Ich finde sie sagt das gleiche wie ich nur mit anderen Worten :-)

Die Zen Weißheit die Mim erwähnt finde ich super.

Erinnert mich an ein Lied aus dem Disney Film Pocahontas, das ich auch sehr mag.

"Nie schwimmt man zweimal im selben Fluß, das mag ich gern, denn ein jeder weiß, die Flüsse sind nie wie sie einmal waren. Wir Menschen, denk ich, wir sind nicht so, egal wie hoch der Preis, wolln wir sicher sein und werden nie erfahren, was das nächste Ufer bringt."


Meine eigene Lieblingsweisheit ist:
"Wenn man still sitzt und nichts tut, kommt der Frühling und das Gras wächst von selber"


LG FrauRossi
Antiope
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Re: an persönlichkeit arbeiten um gesund zu werden

Beitrag von Antiope »

Hallo zusammen,

"schwere Kost"? Extrem ja - aber extrem spannend und lohnend.

@Bienchen:
Ich kann mir nicht vorstellen, dass Dein Selbst nur aus dem Trauma und der daraus folgenden Instabilität besteht, mit einer Instanz, die durch Kontrolle versucht, alles zu stabilisieren. Ist es vielleicht nicht eher so, als wäre das die äußerste, sehr harte und sehr dicke Schale um Dein Selbst?
Für mich klangen Deine Sätze so (bitte nicht böse sein), als wärest Du der Kontrolleur, als wärest Du *nur* der Kontrolleur. Aber stimmt das? Ist diese Instanz wirklich "Dein Selbst"?

Ich für mich kann keine "Anteile" meiner Person ausmachen, vielleicht einfach, weil es bei mir in der Therapie nie Thema war. Eigentlich möchte ich nur rational und erwachsen handeln, ohne dass "irrationale" Dinge geschehen.
Vielleicht ist es sogar so, dass hier Gefühle sind, die zu mancher Zeit die Handlungsmacht an sich reißen. Aber auf der anderen Seite finde ich nicht jemand Rationales Erwachsenes, der planen kann, gezielt handeln, vernünftig urteilen oder abwägen.
Ich weiß nicht, ob ich mich wirklich über meine Verhaltensmuster definiere - sondern vielleicht eher über das, was mir sehr wichtig ist. Trotzdem fehlt mir noch das, was mein Zielpaket sein könnte.

Während der Zeit der tiefenpsychologischen Therapie erschien mir alles als ein vollkommen undurchsichtiges Netz aus Einflüssen und Abhängigkeiten der Vergangenheit. Machtlos war ich der Schrecken der Kindheit ausgesetzt, ohne jedoch eine Verbindung zwischen dem Jetzt und der Depression schaffen zu können.
Mein Selbsthass und die Ablehnung meines damaligen So-Seins war nicht Thema, die Ablehnung wurde sogar noch gefördert, weil ich nicht das tat, dachte oder nachvollzog, was meine Therapeutin von mir als korrekter, richtiger, erwachsener Gedanke oder Handlung erwartete.

Ich kann bis heute nicht sagen, was ich bin, was mich ausmacht, weil noch zu viel - gelinde gesagt - fremd ist, eher schon abgelehntes, verachtetes Teil.

Bis heute verstehe ich nicht, wie ich durch Akzeptanz und Selbstfürsorge einer Episode ausweichen kann.
Zum Beispiel weiß ich, dass bei mir die folgenden Fragen die bestimmende Rolle spielen:
"Darf ich hier sein?
Darf ich hier meinen Platz haben?
Was muss ich tun, welche Anteile von mir muss ich eliminieren, welche Maskierungen muss ich auf mich nehmen, damit ich als 'in etwa aushaltbar' hier am Rand stehen bleiben darf?"

Das ist ganz gewiss keine erwachsene Rolle - sondern ein gekränktes Kind-Ich, das ständig Beachtung und Aufmerksamkeit verlangt. Das merke ich dann schon und möchte der kleinkindlichen Forderung nach allumfassender Bestätigung und fokussierter Beachtung keinen Raum geben. Aber ich richte mich so sehr nach den Wünschen anderer aus, dass bereits ein Stirnrunzeln mir Angst macht. Eigene Rechte und Bedürfnisse kann ich nicht äußern, weil sie mir falsch vorkommen. Und wenn ich sie trotz allem äußere, ziehe ich sie aufgrund der Wünsche anderer (vermutet oder geäußert) garantiert zurück. Und so habe ich keine Bedürfnisse und komme immer mehr unter Druck, weil sie eben doch da sind.

Und das ist zum Beispiel eine Rolle, die ich nicht vermeiden kann. So häufig scanne ich gewissermaßen meine Umgebung, ob alle glücklich sind, ob ich niemandem auf die Füße getreten bin, ob ich einen Fehler gemacht oder einen Gedanken nicht richtig gelesen habe. Ständig suche ich nach Bestätigung, dass ich immer noch hier willkommen bin - trotz meines "Andersseins".


Kindlicher Trotz, liebe Final, ist eigentlich eine wundervolle Energiequelle. Zum einen ist das jemand, der sehr genau seine Bedürfnisse spürt, und zum anderen jemand, der darum kämpft.

P.S.: Bitte entschuldigt, wenn es etwas chaotisch oder logisch schlaglöchrig zugeht. Immer wieder entwischt mir ein Teil des Denkens, des Nachdenkens :(
timmie2002
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Re: an persönlichkeit arbeiten um gesund zu werden

Beitrag von timmie2002 »

hallo christiane,

ja, ich werde mich in geduld üben, immer wieder, denn es fällt schwer. am liebsten möchte ich ganz schnell durch, denn es ist meine lebenszeit. aber ich weiß, dass es zeit brauchen wird.

in dienem posting finde ich besonders interessant, was du über die übertragbarkeit des gelernten im alltag schreibst. ich denke auch, dass das sehr schwierig ist. beim thera ist man noch im geschützten bereich. wenn das üben fehlschlägt, hat es keine konsequenzen. im alltag ist das anders. wenn ich wieder mit alten verhaltensmustern reagiere, hat das folgen. und man gerät ja unwillkürlich immer mal wieder in situationen, die das hervorrufen oder, wie du schreibst, die dissoziation. es fehlt heir auch die regelmäßigkeit, die man für einen erfolgreichen lerneffekt benötigt. es geht eher nach dem motto: unverhofft kommt oft.

sind es situationen, die man vorherplanen kann, geht es durchaus, wie ich vor einiger zeit im gespräch mit meiner chefin erlebt habe. und das ist doch schon mal gut, ein erfolg, oder?

wo es mir wichtig erscheint, regele ich nach möglichkeit im nachhinein mein fehlverhalten. hatte ich schon beim psychiatrischen dienst und bei meienr schuldenberaterin. hab bei der zweiten in einem brief erklärt, was los war und was bei mir psychisch in konfliktsituationen passiert. das war echt toll. sie ist sehr verständnisvoll darauf eingegangen und hat mir sogar einen brief zurückgeschrieben, der gar nicht notwendig war. seitdem gab es keine größeren probleme mehr.

aber das geht sicher nicht immer.

energieverlust im denken und handeln,schreibst du. wie sieht das bei dir aus? leidest du auch unter erschöpfung und müdigkeit, die permanent da sind?

ach ja, schwere kost mag das thema sein, aber mir helfen eure postings. in der therapie entstehen häufig und viele irritationen, die man sich nicht erklären kann. eure erfahrungen zeigen mir, dass ich damit umgehen kann, wenn ich den willen dazu habe.

noch schöner wäre es, wenn andere auch davon profitieren könnten. sinn und weg eienr therapie sind schwer zu begreifen.
ich habe zwei ganz liebe bekannte aus meiner tagesklinikzeit, mit denen ich mich regelmäßig treffe. beide haben ebenfalls eine ambulante therapie begonnen. beide sagten irgendwann: "ich weiß gar nicht mehr, was ich meinem thera noch erzählen soll. ich habe doch schon über alles geredet." hm, ich denke, dass bei ihnen nicht angekommen ist, was therapie wirklich ist. oder sehe ich das falsch?

glg final
timmie2002
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Re: an persönlichkeit arbeiten um gesund zu werden

Beitrag von timmie2002 »

liebe mim und liebe frau rossi,

schön, dass ihr dabei seid.

ja, die grundstruktur bleibt sicher und es geht mir nicht um veränderung meiner persönlichkeit, was sowieso unrealistisch wäre. ich bin c. und ich hoffe, dass ich mir irgendwann sagen kann: und das ist gut so. noch fehlt mir das selbstwertgefühl dazu. aber ab und zu bin ich. glaube ich schon gnädiger zu mir.

frau rossi, was du in diesen acht punkten zusammenfasst ist genial. kopiere ich mir für mein therapietagebuch. so kann ich mir vor augen halten, was realistisch ist.

und punkt vier muss ich mir auch immer wieder vor augen halten. ich habe selber bei mir schon fesgestellt, dass die therapie manchmal einen zu großen raum einnimmt und wenig platz für anderes lässt. sicher muss das manchcmal so sein, es passieren ja entscheidende dinge, die es zu verarbeiten und zu verinnerlcihen gilt .aber ich gebe dir recht, dass man dabei nicht vergessen darf zu leben.

die zen-weisheit - einfach nur schön. wagen wir uns also auf zu neuen oder veränderten ufern. und wenn es sein muss, schwimmen wir gerne gegen den strom, denn nur tote fische schwimmen mit dem strom.

und vielleicht leben wir in unserer erkrankung wirklich viel bewusster als so manch gesunder.


liebe antiope,

ich muss dir dieses mal eine liebevolle umarmung vorwegschicken.

eine frage hätte ich, hast du es später nochmal mit einer therapie versucht? oder würdest du es noch einmal versuchen wollen? ich könnte mir vorstellen, dass du dich heute einer solchen besser stellen kannst. und es gibt wohl therapeuten- wie meiner- die mit inneren widerständen des patienten geduldiger umgehen können.

du schreibst:
"Bis heute verstehe ich nicht, wie ich durch Akzeptanz und Selbstfürsorge einer Episode ausweichen kann.
Zum Beispiel weiß ich, dass bei mir die folgenden Fragen die bestimmende Rolle spielen:
"Darf ich hier sein?
Darf ich hier meinen Platz haben?
Was muss ich tun, welche Anteile von mir muss ich eliminieren, welche Maskierungen muss ich auf mich nehmen, damit ich als 'in etwa aushaltbar' hier am Rand stehen bleiben darf?""

das bringt mich echt zum heulen. kenne es genauso. weiß, dass es falsch ist so zu denken. und wenn ich dir jetzt schreibe, was falsch ist oder wie es richtig lauten müsste, dann nimmst du das wahrscheinlich rational auf und kannst es aber vor allem gefühlsmäßig nicht verinnerlichen. da ist dann wieder abwehr:

ich bin nichts wert. ich bin nicht wichtig. nur die anderen zählen. ich muss machen, was sie von mir erwarten etc. überzeugungen sind das, ganz schreckliche, die wir in der kindheit entwickelt haben. die wird man nciht so einfach los oder kann sie ganz schnell abschütteln.

mien thera thematisiert das mit mir fast jede stunde. egal worüber wir gerdae sprechen, schafft er es immer irgendwie dorthin zu lenken. letzte stunde auch wieder, so dass ich sagen musste, ich konnte mich nie wichtig nehmen. ich habe dann geweint. er sagte nur noch: und das macht sie traurig. und ich: ja. und dann hat er mich einfach weinen lassen. vielleicht ist das der erste schritt: die traurigkeit darüber zu empfinden. ich hatte das echt schon öfter so und er lässt das einfach so im raum stehen, lässt mich nur weinen. ... und jetzt komme ich gedanklich nicht weiter. egal. später vielleicht.

als in etwa aushaltbar am rande stehen bleiben dürfen. -- puuh, diesen satz muss man sich mal auf der zunge zergehen lassen. der ist so schrecklich. realitätsfern und doch so wahr, weil wir es einfach so empfinden. wir halten uns für so unbedeutend und auch schlecht, dass wir echt glauben, dass wir froh sein müssen, wenn wir an sozialen aktivitäten mit mitmenschen überhaupt teilhaben dürfen. sie mögen uns doch wenigstens ein stückweit mitmachen lassen.

aber es sit nur unsere wahrnehmung. würden wir unseren mitmenschen erzählen, wie wir uns z.b. in einer gesprächsrunde fühlen, würden die sofort sagen: mensch du spinnst doch! in irgendeiner weise auch, dass sie unhs wichtig nehmen. und doch können wir das nicht richtig glauben.

und da müsse nwir wieder an diewurzeln dieser fehlwahrnehmung und falsche nselbsteinschätzung ran. die liegen nun mal in der kindheit.

eigene rechte und bedürfnisse kommen mir falsch vor. ich könnte dein posting glatt mit zu meinem thera nehmen und als meines vorlegen.

liebe antiope,

wir müssen eine menge lernen, stimmt's!? vielleicht können wir uns dahingehend in diesem thread helfen und ein bisschen unterstützen, natürlich im bewusstsein, dass das heir kein ersatz für therapie sein kann.

hast du schon mal ws von skills- übungen gehört?

glg final
otterchen
Beiträge: 5118
Registriert: 3. Jan 2007, 10:43

Re: an persönlichkeit arbeiten um gesund zu werden

Beitrag von otterchen »

Hallo Final,

wie Du vielleicht weißt, geht es mir gerade nicht so gut - und so habe ich nur diese 2. Seite überflogen.
Mein Gedanke dabei: was wissen wir eigentlich über unsere Wirkung auf andere?
Wen könnten wir dazu befragen?
Inwieweit können wir das lenken, z.B. durch sowas wie strenge Blicke, ein Straffen der Haltung... also bewusst (!) einsetzen, um ein gewisses Resultat zu erzielen?

Viele von uns beziehen diverse Schlagwörter gar nicht auf sich. Ich denke da an:
Respektsperson
Authorität
Kapazität
Kompetenz
Wertschätzung
Achtung
be-recht-igt
mutig
aufrecht


(fällt Euch noch was ein?)

Andere sehen uns aber oft so! Also IST etwas an uns, dass das ausstrahlt. Uns ist das nur noch nicht bewusst.
Wir sind "groß", sehen uns aber immer noch als klein, als Außenseiter.
Und damit machen wir uns selbst zu "anders als die Anderen".

Nehmen statt geben. Sich behaupten statt weichen. Fordern statt nachgeben. Angehen statt ausweichen.

Welch eine schöne Utopie... geschrieben ist es so leicht.
Immer noch ist in uns "was die Anderen denken", immer noch die Angst vor Zurückweisung, Strafe, Konsequenzen, immer noch das "ich trau mich nicht", "ich kann das nicht" und "ich halte das nicht aus".

Himmel, wie werden wir das los???
Wir würden ja gerne... aber wir tun es nicht weil... ja, warum eigentlich? Ist in uns das Kämpferische nicht veranlagt? Wollen wir die Ellbogen gar nicht rausholen, was so oft nötig wäre? Lechzen wir so nach Zusammengehörigkeit, dass wir alles von Anderen schlucken? Haben wir keine Kraftquellen, keinen Rückhalt? Haben wir kein Ziel, was wir für unser Leben vor Augen haben? Spielen wir das Spiel des Lebens nur defensiv statt offensiv?


Naja... jetzt ist das Posting wieder aus meinem ganz persönlichen, momentanen Blickwinkel geschrieben... ich hoffe, es passt dennoch hierher.

Viele Grüße
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
AnnaD
Beiträge: 163
Registriert: 30. Mär 2014, 10:46

Re: an persönlichkeit arbeiten um gesund zu werden

Beitrag von AnnaD »

Hallo Final und alle anderen.

Hab nicht so viel Geduld alle die interessanten und langen Beiträge zu lesen.
Die Frage: "Wer bin ich eigentlich" drängt sich mir auch immer wieder auf. Und ich sehe so viele Wiedersprüche in mir. Ist es einmal die depressive Seite und einmal die gesunde? Ich weiß es nicht. Manchmal fühle ich mich völlig zerrissen.
Ich bin keine Freundin von Affirmationen. Doch ich habe mir mein eigenes "Credo" geschaffen, dass mir (nicht immer) hilft, mich wieder zusammen zu setzen und mit meinen Wiedersprüchen zu leben.
- Ich bin stark. Denn ich habe meine Familie überlebt. Ohne Liebe und Zuneigung habe ich überlebt. Ich habe es geschafft einen Beruf zu lernen. Ich habe, ohne große Hilfe meines Partners) ein Kind groß gezogen, dem es heute gut geht. Ich habe, bis auf die Baby-Pause, immer gearbeitet. Ich bin finanziel von niemandem abhängig. Und das alles, obwohl ich seit meiner Kindheit durchgehend depressiv bin. ICH BIN VERDAMMT STARK -

UND DAS SEID IHR ALLE AUCH!

Du hast von Traumata in der Kindheit gesprochen und dass du dich an die ganz frühen ja nicht erinnern kannst. Manche Dinge, die uns geprägt haben geschahen allerdings auch ständig.
Dass meine Mutter keinerlei Empathie hat und uns Kinder manipuliert und gegeneinander ausgespielt hat, das zog sich durch mein ganzes Leben mit ihr, vom ersten Tag an. Dass mein Vater psychisch völlig kaputt (gemacht) war genau so. Solche Mechanismen zu erkennen ist schon mal sehr wichtig. Mir (59 Jahre und Therapieerfahrung seit ich 30 J. bin) ist erst vor Kurzem aufgegangen, dass meine Art Mensche zu bewerten und immer erst mal (aus meiner Sicht) Negatives an ihnen wahrzunehmen, ganau die Art ist, wie meine Mutter auf alle Menschen, uns Kinder eingeschlossen, reagiert hat. Genau so wie ich den Dünkel gegen "dumme" Menschen von meinem Vater übernommen habe.
Es gibt aber auch Ereignisse, die ganz speziell sind. Und in den dysfunktionalen Familien, wo sowieso schon nichts stimmt, können sie ganz massiv sein.
- Und wir können uns daran erinnern. -
Ich sehe meine Erinnerungen in Bildern. Ich sehe mich in einer ganz bestimmten Situation, an die ich mich eigentlich gar nicht erinnern kann, weil ich damals viel zu jung war. Aber ich sehe diese Bilder und ich glaube ihnen. Ich glaub mir.
Als ich diese Erinnerungen hatte waren sie von starken Gefühlen und auch schon mal von körperlichen Ereignissen begleitet. Das ist für mich immer das Indiz, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Dass sich die Dinge vielleicht nicht ganz genau so zugetragen habe wie ich sie sehe, dass es sie aber gab. Die Gefühle, die sie damals hervorgerufen haben stecken weiterhin in uns. Deshalb reagieren wir ja auf bestimmte Schlüsselreize auch wie "vorprogrammiert". Ein Reiz in der Gegenwart wird verknüpft mir einem Ereignis in der Vergangenheit, das für uns traumatisch war, und schon sind wir im Verhaltensmuster, das wir uns angeeignet haben, um damit fertig zu werden.
Während der kurzen, aber intensiven, Therapie während meiner Reha konnte ich "sehen" , dass mein Vater mich im Alter von ca. 2 Jahren zurückgestoßen hat, nachdem er wohl vorher noch recht wohlwollend mit mir umgegangen war. Und ich "sah" dieses kleine, lebendige und (noch) fröhliche Mädchen in Traurigkeit und Depression versinken. Leblos werden. Damals sicher schon geprägt vom wenig zugewandten Umgang meiner Mutter mit mir und der glühenden Eifersucht meiner älteren Schwester. Mir scheint, dass ich durch das Verhalten meines Vaters den letzten Lebensmut verloren hatte. Das sind jetzt nur Worte auf einem Bildschirm, die dich erreichen. Im Moment des Erinnerns war ich völlig aufgelöst.

Drei Jahre danach, in einem ähnlichen Moment des Aufgelöstseins, schrie es in meinem Kopf:
was, verdammt noch mal, habt ihr nur mit mir gemacht? Warum habt ihr mich zerstört?
In meiner momentanen Verzweiflung habe ich mich hingesetzt und an meinen Vater (schon seit Jahren gestorben) geschrieben. Habe ihn gefragt: warum hast du das gemacht? wovor hattes du Angst?
Ich habe tatsächlich eine Erklärung dafür gefunden. Vielleicht habe ich mich getäuscht. Aber die Erkenntis war von so einem unglaublichen Gefühl des Friedens begleitet, dass ich mir auch hier vertraue. Und in diesem Moment habe ich meinem Vater, den ich gehasst habe mit jeder Faser meines Herzens, verziehen. Für immer.

Was will ich damit sagen? Es sind unsere Gefühle, auf die wir vertrauen können. Auch wenn sie uns gerade völlig hinderlich sind oder abwegig erscheinen. Sie wollen uns etwas mitteilen. Sie sind unsere Wegweiser.
Wenn es mir leidlich gut geht und ich merke, dass ich eine kleiner Verschlimmerung spüre, dann setze ich mich hin und überlege mir, ob ich ein Gefühl finde, das mit der Verschlechterung zusammenhängen könnte. Habe ich das Gefühl gefunden, und das gelingt mir inzwischen meist ganz gut, denke ich darüber nach woher es kommt. Wie es zustande kam. Wem bin ich begegnet? Wer hat was gesagt? Welche Informationen habe ich bekommen? Was hat es in mir ausglöst. Das erste Bild das ich sehe, ist in der Regel das zutreffende. Und wenn ich das herausfinde, dann geht es mir schlagartig besser.
Damit kann ich nicht meine Depression heilen, aber ich kann die vielen kleinen Alltagsdinge die mich so schnell aus der Bahn werfen oft entschärfen.

Anna
AnnaD
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Re: an persönlichkeit arbeiten um gesund zu werden

Beitrag von AnnaD »

Nochmal ich.
Nach ein wenig Küchenarbeit nun das Meiste gelesen.

Thema: Am Rande stehen. Wenigstens am Rande dabei sein dürfen.
Da zieht sich in mir alles zusammen. Das ist eines der ganz wichtigen Themen meines Lebens.
Es hat unendlich lange gedauert bis mir endlich bewusst wurde, dass ich nicht am Rande stehe, sondern mich am Rande stehen sehe.
Dass "die Anderen" mich gar nicht am Rande sehen. Dass sie mein Anderssein gar nicht so wahrnehmen.
Ich bin es, die sich an den Rand stellt. Ich habe meine Gründe, die jetzt hier zu weit führen würden.
Aber es ist ganz sicher so: ich stelle mich an den Rand. Ich bin mir eines Unterschiedes zwischen mir und dem Rest so schmerzhaft bewusst, dass ich nur am Rande stehen kann.
Ich bin seit ca. 5 Jahren in einem Chor. Endlich hatte ich einen gefunden, dessen Lieder mir doch meistens gefiehlen. Ich wollte schon immer singen. Ich wollte aber auch Gesellschaft. Das war der zweite Grund. Seit meiner ersten Probe bin ich 2-3 Jahre lang nach den Proben mit anderen aus dem Chor zum Essen gegangen. Obwohl ich mir oft deplatziert vorkam. Eines Abends saß ich zwischen den anderen und mir fiel nicht mehr das Geringste ein, was ich noch sagen könnte. Alle unterhielten sich wie immer prima. Und ich hatte absolut nichts damit zu tun. Sie haben mich nicht ausgeschlossen. Ich habe mich ausgeschlossen.
Ich habe mich an dem Abend so unglaublich unwohl gefühlt. Nicht das erste mal, aber nun so, dass ich nur noch sehr selten mal mitgehe. Und auch nur wenn ich einigermaßen gut drauf bin. Die Dinge über die gesprochen wir, die Themen die behandelt werden haben mit meinem Leben einfach nichts zu tun. In mir gehen ganz andere Dinge vor. Und die kann ich nicht vorbringen.

Anna
Traurige Biene
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Re: an persönlichkeit arbeiten um gesund zu werden

Beitrag von Traurige Biene »

Moin an alle,

meine Konzentration reicht leider nicht aus, um alle Beiträge schnell zu erfassen. Da ich jedoch gern zu den meisten etwas sagen möchte, fange ich einfach mal an, sonst komme ich nicht mehr hinterher...

@antiope: Du hast schon am 5. Juni geschrieben, das eine Identitätskrise vielleicht ein Wachstumspunkt ist. Davon bin ich sehr überzeugt, Krise heißt ja auch nur, an einem Punkt zu stehen und eine Entscheidung für den weiteren Weg zu fällen. Leider ist der Begriff Krise sehr negativ belegt. Im Fall einer Persönlichkeitsentwicklung heißt Krise vielleicht: Kurze Ruhe In Seiner Entwicklung - bevor man voran oder auch rückwärts geht. Die Möglichkeit der Befreiung durch Veränderung (sprich Heilung, denke ich) ist das, was mich am Ball hält. Eine Therapeutin in der Klinik hat mal gesagt: "Ich bin sicher, Sie können irgendwann glücklich werden." Aber Du schreibst auch, dass das Abstreifen alter Muster und Definitionen sehr verletzlich macht. Das ist es genau, was meine Angst vor einer Traumatherapie nährt, eine Schnecke ohne Haus zu sein. Vielleicht ist die Aussicht auf Freiheit der richtige Anstoß für mich, danke!
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Traurige Biene
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Re: an persönlichkeit arbeiten um gesund zu werden

Beitrag von Traurige Biene »

@christiane: Das Doppelleben zwischen Therapie und "Draußen" (für mich ist es immer der Dschungel...), sehe ich so ähnlich. Die Klinikaufenthalte waren wie ein geschützter Raum, in dem ich für mich Dinge probieren konnte, die ich draußen so nicht gewagt hätte. Leider ist davon draußen wenig geblieben, so dass ich nicht Deinen Mut hatte, dieses Risiko jede (ambulante) Therapiestunde aufs neue zu wagen. Ich habe zwar nicht abgebrochen, aber eben auch nie richtig angefangen. Wer bin ich? - diese Frage steht momentan ganz dick und groß für mich im Raum, ist aber eher der Ansporn, was zu unternehmen, um es rauszufinden. Was glauben die anderen, wer ich bin? - diese Frage trifft genau den Punkt, der mich (be)hindert, mich zu ändern. So wie ich mich im Hier und Jetzt verhalte (wie ich bin), scheinen die anderen damit klarzukommen. Was ist, wenn das hinterher nicht mehr so ist? Du schreibst, dass man sich alle Zeit der Welt lassen soll, um sich kennenzulernen. Da gebe ich Dir vollkommen Recht! Mein Dilemma dabei ist: kann ich mich ganz allein kennenlernen oder brauche ich dazu Hilfe von außen? Aber das gehört nicht hierher, ist (m)ein anderer Thread ("Selbsthilfe" vs. Hilfe annehmen). Was mir an Deinem Beitrag Mut macht, ist die Schilderung in der Vergangenheitsform. Du scheinst zu wissen, wer du bist und damit ist ein Riesenschritt in Richtung Heilung getan. Das freut mich sehr für Dich und hilft mir und anderen. Danke!

Dein Bienchen
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Re: an persönlichkeit arbeiten um gesund zu werden

Beitrag von Traurige Biene »

@final: Ich sehe es genauso wie Du, dass eine Grundeinstellung ermutigend ist, die aus der Akzeptanz negativer Dinge aber vor allem eben auch der Suche nach positiven Anteilen für einen selbst besteht. ("Change it or leave it or love it") Ein völliges Fehlen von Fehlern, Macken, Eigenheiten oder Lastern würde uns doch auch ziemlich "unmenschlich" machen. Mal einen über den Durst zu trinken, ist kein Problem, kann man nicht mehr anders, ist es ein ziemlich großes. Mal trotzig zu reagieren ist zwar nicht perfekt, aber eben auch kein Problem, kann man es nicht steuern, ist das für Dich schon problematisch (vielleicht kann einem aber auch der "Trotzkopf" helfen, Situationen zu bewerten, er bockt ja meist nicht umsonst...) Deine Bitte, Dein rationales Verständnis nicht überzubewerten, übernehme ich eins zu eins für mich, denn die Kluft zwischen Verstand und Umsetzung für mich selbst ist bei mir riesengroß. Aber hoffentlich ist das "Verstehen" ein Schritt in die richtige Richtung. Persönlichkeitsentwicklung setzt Verstehen voraus, denke ich. Aber wie Du schon sagst, ohne praktische Umsetzung (Üben gewollter Reaktion) wird es wohl kaum funktionieren. Dann sind wir wieder bei der "Umprogrammierung": fehlerhaften Code erkennen, Alternative programmieren, Ausprobieren, Anpassen, Ausprobieren, ..., neue Version hochladen und fertig. Leider sind wir nicht so einfach gestrickt, deshalb habe ich mittlerweile verstanden (glaube ich zumindestens...) was anicca damit meint, wenn sie sagt, dass sie auf Gefühlsarbeit setzt. Danke übrigens, dass Du mir so positive Rückmeldung gibst, aber ich verweise auf das scheinbare rationale Verständnis... Wenn es Dir trotzdem hilft, freue ich mich natürlich.

Dein Bienchen
Dem Wunder leise, wie einem Vogel, die Hand hinhalten
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Re: an persönlichkeit arbeiten um gesund zu werden

Beitrag von Antiope »

Liebe Final,

danke vielmals für Deine Wärme und Deine Umarmung. Gibt mir Schutz und Unterstützung.

Ja, es wäre schön, wenn man sich gegenseitig hier etwas weiterhelfen könnte. Vieles wird mir erst beim Schreiben hinterher klarer, durch Neuformulieren und Darübernachdenken.

Ich habe wieder mit einer Therapie begonnen, viele Dinge jedoch sind noch nicht "erwachsener" geworden. Aus irgendwelchen Gründen, die ich weder weiß noch ahne, habe ich wieder durch mein So-Sein einen Arbeitsplatz verloren - und das auf eine unglaublich brutale und verachtungsvolle Weise. Die letzten Monate vor dem großen Knall habe ich dieses "Am-Rand-Stehen" und "Nicht-Dabei-Sein-Dürfen" wieder direkt erlebt, nochmals erfahren. Dass dieses Gefühl Teil der Depression ist, weiß ich, habe dann auch versucht (auf Anraten meiner Therapeutin), das Randdasein einfach als solches zu akzeptieren. Dass es mir jedoch alles kostet, hätten wir beide uns nicht träumen lassen.

Und somit hat sich meine traumatische Kindheitserfahrung wiederholt, wieder bewahrheitet, obwohl ich versucht habe, es durch neue Erfahrungen "neu zu schreiben".

Ich versuche intensiv, genau diese alten Erfahrungen "auszuradieren. Glaubenssätze wie diese: nicht sein zu dürfen, nicht ich sein zu dürfen, keiner Beachtung, Respekt, Rücksichtnahme wert - nur einfaches Ding, altes Gerät, das man wegschmeisst, wenn einem danach ist (hat kein Gefühl, darf kein Gefühl haben, ...)

Ich kann einerseits in der Therapie annehmen, dass diese Glaubenssätze falsch sind, aber hier draußen in der Welt werden sie vollzogen. Mit meiner ganzen Hoffnung, mit meiner ganzen Freude, mit meiner ganzen Person scheitere ich ein weiteres Mal, wird mir alles Positive, das ich versuche zu leben, ins Gesicht geworfen.
Mir ist wieder das Recht aberkannt worden, meine eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen, mein Leben nach meinen Fähigkeiten und Begrenzungen einzurichten. Ich wurde gemobbt und werde als Täter bezichtigt. Weil ich die Dinge beim Namen nannte.
So was machht mich nicht traurig, sondern verzweifelt.

Und gleichzeitig frage ich mich, was muss ich tun, damit ich nicht nochmals so traumatisch scheitere? Was ist an mir so falsch, dass ich diese Erfahrung nochmals machen muss?

Was macht eine gesunde Persönlichkeit aus? Welche Elemente hat sie erfahren, gelernt, vererbt und mitbekommen, die mir oder uns fehlen?

Meine Hoffnung ist wirklich, dass dann, wenn ich neue und positive Erfahrungen mache, das Alte überlagert und und überschrieben wird.
Nur: wie kann ich positive Erfahrungen generieren? Ich schaffe doch nur das Gegenteil - und weiß nicht genau, warum.

@Anna: Deine Vorgehensweise, auf Deine Gefühle zu vertrauen, ganz still und sanft auf sie zu horchen und sie zu Wort kommen zu lassen, ist phänomenal. Ich freue mich so sehr für Dich, dass Du diese Methode gefunden hast, denn sie hilft Dir. Und da merkt man Deine innere Stärke.

Zu Deinen Chorabenden: dieses Unwohlsein, wenn die Gesprächsthemen an einem vorbeigehen, kenne ich sehr wohl. Es ist so schade, dass eure Lebenswelten so wenig Berührungspunkte haben. Die Einschätzung (und Abwertung!), dass Du Dich ausgeschlossen habest, teile ich nicht mit Dir. Es ist einfach eine neutrale Tatsache, dass Dein Leben weit weit weg von deren Leben stattfindet.
Frage: ist es zwingend notwendig, abends noch zum Essen mitzugehen? Würde "auf ein Cola" auch reichen?
Ich möchte nun nicht Kathederweisheiten verbreiten, aber vielleicht könntest Du die neutrale Tatsache einfach im Moment (!) so stehen lassen und Dir die Freude der gemeinsamen Lieder gönnen.

Liebe Grüße
Antiope
Traurige Biene
Beiträge: 47
Registriert: 4. Jun 2014, 13:06

Re: an persönlichkeit arbeiten um gesund zu werden

Beitrag von Traurige Biene »

Moin Mim,

wie bei so einigen Beiträgen, baut mich die Benutzung der Vergangenheitsform immer wieder auf. Auch wenn es momentan schwierig ist, es so zu sehen, aber es gibt Wege aus diesen Schlammlöchern heraus! Danke.

'ALLES ist schlecht und wie durch ein Wunder wird ALLES gut' ist wirklich eine tolle Vorstellung, die ich sehr gut nachvollziehen kann. Rational betrachtet natürlich nur Wunschdenken, aber es beinhaltet eines: jede Menge Hoffnung. Es kann sich noch etwas ändern, es kann besser werden...

Du schreibst, dass Du bestimmte Denkmuster nicht mehr in Frage stellen kannst, die Dir sehr vertraut sind. Konntest Du sie denn erkennen? Das frage ich mich momentan nämlich: Kann ich Denkmuster, die mir schaden, überhaupt erkennen und wenn ja, was für Einflüsse haben sie auf eventuell vorhandene unschädliche Denkmuster? Zerstört man sich selbst endgültig, wenn man diese Anteile entfernt? Sorry, ich denke nur laut.

Auch wenn ich Dich nicht kenne, denke ich auch, dass Du Dich bestimmt verändert hast. Ich bin davon überzeugt, dass wir alle uns jeden Tag ein klein wenig verändern, zu mindestens, wenn wir es zulassen. Wir nehmen neue Informationen auf, sammeln mehr Lebenserfahrung, stehen im Kontakt zu anderen Lebewesen etc. Du schreibst, dass Du momentan denkst, dass die negativen Veränderungen im Vordergrund stehen. Ich glaube, dass wir negative Dinge eher wahrnehmen und abspeichern, das ist ein Überbleibsel der Neandertaler (plus/minus ein paar Millionen Jahre...) Frau Rossi hat den Tiger erwähnt, es war nun mal wichtiger, zu wissen, wo der Säbelzahntiger lauert als zu wissen, wo ich ein paar hübsche Blumen finden kann.
Dass wir uns alle gut erfassen können müssten, um an Stellschrauben drehen zu können, dem stimme ich uneingeschränkt zu, denn das ist vermutlich die Voraussetzung für jede Persönlichkeitsentwicklung. Da stehe ich für mich noch ganz am Anfang. Es wäre schön, wenn es eine App gäbe, mit der man eine Übersicht über seine Persönlichkeit wöchentlich ausdrucken lassen könnte, um diese mit der Vorwoche zu vergleichen... (Ich weiß nur nicht, ob ich das überhaupt wissen wollen würde.)
Du schreibst, das die Sicht fremder Menschen eine Chance für Veränderung birgt. Ich hoffe, dass ich das für mich begriffen habe, deshalb mach ich mich gerade auf den Weg, meinen Horizont zu erweitern, um den Fokus vom Vertrauten (Negativen?!) weg zu bekommen. Es gibt so viele andere Wahrheiten, vielleicht hilft mir ja eine davon, mein ICH zu entdecken. Danke für Deine Anstupser!

Bienchen
Dem Wunder leise, wie einem Vogel, die Hand hinhalten
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