Ich bin 45 Jahre alt und Mutter einer 20jährigen Tochter und eines 12jährigen Sohnes, verheiratet und berufstätig.
Ich bin auf "Umwegen" in eine schwere Depression gerutscht die heute phasenweise unerträglich für mich geworden ist.
Eigentlich hat alles vor etwas über 8 Jahren angefangen. Meine damals 11jährige Tochter hat stark abgenommen und ich brauchte nicht lange
um zu erkennen das dies nicht mehr der normale "Abnehmkurs" einer pubertierenden Jugendlichen war. Bei einer J1-Untersuchung beim Kinderarzt
habe ich erstmalig den Verdacht geäußert daß etwas mit dem Essverhalten meiner Tochter nicht stimmt. Leider wurden wir damals mit dem Satz
"lieber zu dünn als zu dick - Dicke gibt es zu viele" vom Kinderarzt "abgespeißt". Und so begann für mich eine 8 jährige Odysee.
Meine Tochter entwickelt eine schwere Anorexia Nervosa (Magersucht), Hilfe zu kriegen schien fast unmöglich. In den Kliniken in unserer Umgebung
wurden wir abgewiesen wegen "zu jung" außerdem wollte die Krankenkasse auch keinen speziellen Klinikaufenthalt bezahlen, so blieb uns zu Anfang
nur die staatliche Landesklinik. Jeder der mal dort war wird mir glaube ich bescheinigen daß ein 12jähriges Kind dort nichts zu suchen hat. Es war die
pure Hölle und geholfen hat es ihr garnichts, im Gegenteil dort hat sie sich nur noch mehr Tricks angewöhnt um an Gewicht zu verlieren aber auf der
Waage zu bestehen.... es folgten viele monatelange Klinikaufenthalte in ganz Deutschland, die ich jedoch nur mit viel Kampf mit der Krankenkasse
und Ärzten "erzwingen" konnte. Naja letztendlich wurde sie , Gott sei Dank" in ein betreutes Wohnheim für Essgestörte aufgenommen. Dort geht es
ihr nun nach zwei Jahren endlich wieder sehr gut und sie kann ihr Leben nun selbstständig und alleine weiterführen. Tja und während dieser ganzen
Jahre war da auch noch mein kleiner Sohn, der zwar eine Mutter hatte - die aber, auch wenn sie körperlich anwesend war, geistig stets bei Ihrer
Tochter war, die viel geweint und oft total verzweifelt war und dadurch in all den vergangen Jahren ihm eigentlich nicht die Mutter sein konnte die
er gebraucht hätte. Außerdem hatten wir während dieser Zeit den Familienbetrieb meines Mannes übernommen, so das ich neben meinem Beruf
und den Pflichten einer Mutter und Hausfrau auch dort mit "anpacken" musste - irgendwie müssen ja die Rechnungen bezahlt werden.
Vor ca. 4 Jahren traten dann auch bei mir die ersten Zeichen von Erschöpfung auf. Monatelange Schlafstörungen, ein inneres getrieben sein
und Unkonzentration raubten mir immer mehr die Kraft - kleinere "Nervenzusammenbrüche" kündigten eigentlich schon weit im voraus an was
dann auch einige Monate später eintrat. Ein klassischer Burnout Das ist nun ca. 3 Jahre her. Anfänglich habe ich es noch mit nur mal ein paar
Wochen "ausschlafen" versucht, musste dann aber doch feststellen das das alleine nicht ausreicht. Es folgten Antidepressiva und ein dreimonatiger
Klinikaufenthalt - insgesamt war ich 1 Jahr und 6 Monate nicht arbeiten. Und heute ? Vor einigen Wochen wurde mir eine schwere Depression
diagnostiziert. Und wenn ich jetzt die zwei "Krankheiten" mit einander vergleiche, sehe ich tatsächlich viele Unterschiede. Der Burnout war sehr
körperlich spürbar - ich habe mich eigentlich wie eine ausgesaugte Gummipuppe gefühlt - ich hatte weder Kraft, Energie und Antrieb noch funktionierte
mein Gehirn im vollen Umfang
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Ich fühle eine dunkle Schwere zwischen meiner Brust - genau da wo die Philosophen die Seele vermuten. Deshalb habe ich es für mich Seelenschmerz
genannt. Wenn diese finsteren Tage da sind dann ist das wie ein Nebel der sich aus diesem Zentrum auf mein ganzes ICH ausbreitet und mich tief in den "Abgrund" zerrt.
Ich habe dann Gedanken, die mich selbst zutiefst erschrecken !!! Und da dieser Seelenschmerz immer öfters kommt und immer länger bleibt, habe ich
nun meine Medikamente umgestellt - einfach in der Hoffnung wieder ein erträgliches Leben führen zu können.
Mir ist es auch ein anliegend mal ein Wort an die Angehörigen und auch der "Zweifler" zu richten !
Ersteinmal an all diejenigen, die glauben eine Depression wär "nur mal keinen Bock haben oder Unzufriedenheit und Undankbarkeit "
Wie gut kann ich euch verstehen !!!! Ich hab vollstes Verständnis für euer Unverständnis ! Als ich noch zu den Gesunden zählte, konnte ich mit depressiven Menschen auch nichts anfangen. Als meine Schwester eine kurze aber heftige Episode hatte, habe ich sie auch mit Sätzen wie " also ehrlich
jetzt, mach doch mal die Augen auf - die Welt ist schön, du bist gesund usw.usw. zugelabert und mich immer wieder gewundert daß das bei ihr im Kopf
nicht ankam ". Von meinen Gedanken die ich hegte von wegen, wie kann man nur so undankbar sein und wer keine Probleme hat der macht sich welche
- ganz zu schweigen. Aber da hat mir das Leben ein Strich durch die Rechnung gemacht !! Heute höre auch ich diese Sätze nicht - die kommen einfach
nicht durch den zähen dunklen Nebel der sich in mir ausbreitet ! Und glaubt mir wenn ich sage wie gerne wäre ich wieder der Mensch der ich einmal war.
Leute die mich von "früher" kennen könnten hier bestätigten, das ich ein Mensch war, in dessen Nähe man sich gerne aufgehalten hat, ich war ein großer Optimist, habe immer nach dem "kölschen Grundgesetz" gelebt , viel gelacht und vieles nicht so ernst genommen und heute........ich könnte heulen weil
ich mich selbst nicht mehr erkenne !!!!!! Und dann mach ich mir selber genug Selbstvorwürfe das ich so undankbar so "düster" bin und für die Menschen
um mich herum eine so große Enttäuschung und Belastung !!
Und jetzt an die Angehörigen !
Ich habe hier einige Beiträge von Angehörigen gelesen die schon über Jahre mit einem Depressiven zusammen leben. Ich ziehe vor euch ALLEN den Hut !!!
Ihr seid die wahren Helden am Ende der Geschichte. Vielleicht hilft es Euch wenn ihr hier lest, das eure guten Worte oftmals beim Empfänger nicht
ankommen und ihr bestimmt oft nicht weiter wisst...........ich kann jetzt hier nur von mir sprechen. Ich bin eher eine Depressive die sich wenn es mir
schlecht geht ganz tief zurück zieht, ich bin dann am liebsten für mich alleine und möchte nicht reden. Ich kann mir vorstellen wie schwer das dann für
meinen Mann sein muss, da er ja denkt er könne mich, grad in der schwersten Zeit nicht alleine lassen und vielleicht auch Angst hat ich könnte mir etwas
antun. Das Paradoxe aber ist, ich bekomme immer mehr Schuldgefühle je mehr sich jemand für mich "aufopfert" je besser ein Mensch zu mir ist um so
schlechter fühle ich mich. Deshalb wäre für mich eher von Vorteil wenn mir mal einer die Meinung sagt - einfach mal raus lässt das er selber auch nicht mehr kann, das ihn das alles überfordert und er auch mal Zeit für sich braucht. Niemand kann die Verantwortung für einen Depressiven übernehmen - das kann
nur der Kranke selbst !!!
"Das Glück wohnt nicht im Besitze und nicht im Golde. Das Glücksgefühl ist in der Seele zu Hause."
Lebensweisheit: Demokrit