Neu hier - suche Hilfe beim Geduldig-Bleiben....

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neuermorgen
Beiträge: 5
Registriert: 12. Apr 2014, 23:02

Neu hier - suche Hilfe beim Geduldig-Bleiben....

Beitrag von neuermorgen »

Liebe Forumsmitglieder,
möchte mich kurz vorstellen: bin 40 und seit über 10 Jahren verheiratet. Wir haben drei tolle Kinder, sichere Jobs und alles sieht nach außen wunderbar aus - und zeitweise ist es das auch für uns.
Leider leidet mein Mann schon seit über 15 Jahren an Arbeitsblockaden, Schlafproblemen und damit einhergehend auch an Depressionen. Was davon jeweils das andere verursacht, ist natürlich nur schwer zu klären.
Er hat bereits mehrere Therapien (Analyse, VT) hinter sich und will auch demnächst ambulant in eine Tagesklinik. Ich unterstütze ihn dabei voll, da ich natürlich sehr wünsche, dass es ihm besser geht.
Trotzdem habe ich Momente, in denen ich die Geduld verliere und/oder fürchte, ihm nicht (mehr) gerecht werden zu können:
- wenn er abends nur stundenlang vor sich hinschaut oder wegnickt
- wenn ich das Gefühl habe, kaum an ihn heranzukommen
- wenn ich tagelang nicht spontan berührt werde
- wenn ich das Gefühl habe, mich über eigene Erfolge (ich liebe meinen Beruf!) kaum freuen zu können, aus Angst, ich könne ihn damit zu sehr verletzen
- wenn ich (obwohl ich mir täglich Gedanken mache) immer wieder mal mangelnde Empathie vorgeworfen bekomme...
etc. etc.
Vermutlich wird das meiste davon nicht neu sein für Euch... trotzdem interessiert mich, ob und wie Ihr mit solchen Situationen umgeht/umgegangen seid und was Euch geholfen hat/hilft.
Außerdem tut es einfach gut, sich das mal von der Seele zu schreiben - die meisten unserer Freunde und Bekannten haben kaum eine Ahnung davon...
Freue mich sehr über Antworten!
Liebe Grüße und schöne Ostertage
neuermorgen
Lerana
Beiträge: 2088
Registriert: 4. Feb 2012, 18:42

Re: Neu hier - suche Hilfe beim Geduldig-Bleiben....

Beitrag von Lerana »

Hallo neuermorgen!

Willkommen im Forum!

Ja einiges davon kommt mir bekannt vor und zwar sowohl von Angehörigen- als auch von Betroffenerseite her!

Es ist schwer!!! Und es gibt bestimmt keine Pauschalantwort! Wie gehe ich mit meiner Ungeduld um?

Also um ehrlich zu sein, ich nehme mir Auszeiten: Treffe mich allein mit Freundinnen, gehe in die Sauna, wir haben auch schon sechs Monate getrennte Wohnungen gehabt.

Es ist schlicht nicht möglich über Jahre hinweg Verständnis zu haben. Also zunächst mal Hut ab vor deinem Durchhaltevermögen. Ich denke, das viel beschreibene sich selber nicht aus den Augen verlieren ist tatsächlich einfach super wichtig!!! Das bedeutet für mich auch, meinem Mann zu sagen: Ich will jetzt nicht mehr über dich reden. Ich kann heute einfach nicht. Bin ich dann unempathisch? Vielleicht! Na und? Man kann nicht ewig empathisch sein und das ist ok! Vielleicht kannst du ja sogar sagen: Ich habe heute einfach einen unempathischen Tag und ich fürchte ich brauche den!

Ich hasse es, wenn mein Mann nur körperlich anwesend ist und ich weiß, auch er hasst es, wenn ich mich einingel. Aber dann versuche ich dennoch die Dinge zu tun, die mir gut tun. Ich lade ihn ein, mitzumachen, aber wenn nicht, dann eben nicht und wenn man sich darauf geeinigt hat, dass das dann nichts mit persönlicher Abneigung zu tun hat, dann kann man das sehr gut hinnehmen.

Und noch eins: Freude zurückhalten, weil es kränken könnte? Das tue ich nciht mehr! Freude ist lange so selten in meinem Leben gewesen, dass ich diese nicht mehr zurückhalten möchte!

Herzliche Grüße
Lerana
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
julcas
Beiträge: 569
Registriert: 11. Mär 2011, 17:57

Re: Neu hier - suche Hilfe beim Geduldig-Bleiben....

Beitrag von julcas »

Hallo neuermorgen,

willkommen hier im Forum. Auch von mir ein Hut ab für dich.

Diese Momente in denen wir das Gefühl haben, die Geduld zu verlieren, kennen wir wohl alle ganz gut. Wie gehe ich damit um, was hilft mir?

Ich sage meinem Freund wenn ich einen solchen Moment habe, wenn die Situation mich überfordert. Ich sage ihm aber auch, das eben die Situation mich überfordert und nicht er. Wenn ich es nur schwer aushalten kann, gehe ich zu meiner besten Freundin. Mit ihr kann ich immer reden. Das kommt jedoch nicht mehr so oft vor, das ich so überfordert bin.

Wenn mein Freund abends nur stundenlang vor sich hinschaut oder wegnickt, ist das für mich nicht mehr Grund zum Sorge haben. Bitte nicht falsch verstehen. Ich weiß ja aber das er in der Depression eben nicht reden mag, manchmal gar nicht reden kann und wenn er wegnickt schäft er wenigstens für diese Zeit. Ich weiß das dies nichts mit mir oder unserer Beziehung zu tun hat.

Ich weiß das ich ihn manchmal nicht erreichen kann. Das ist schade, doch nicht zu ändern. Es ist eben so und ich kann damit gut umgehen. Ich weiß sicher, das auch wieder bessere Zeiten kommen.

Ich mache mir nicht mehr täglich Gedanken um meinen Freund. Wir haben vor langer Zeit vereinbart, das mein Freund mir kommuniziert wenn ich etwas für ihn tun kann, oder wenn ich ihm irgendwie helfen kann. Das funktioniert mal besser, mal schlechter, doch er - wir sind auf einem guten Weg.

In welcher Situation bekommst du mangelnde Empathie vorgeworfen?

Du gehst diesen Weg ja schon viele Jahre mit deinem Mann und kennst dich gut mit der Krankheit aus.

Im Großen und Ganzen hilft mir heute, bei mir zu bleiben, gut mit mir selbst umzugehen und den ein oder anderen Gedanken noch mal neu zu überdenken. Meine Gedanken und Gefühle kommen ja aus mir und ich habe in den letzten Jahren ganz viel Neues entdeckt.

Ich wünsche dir und deinem Mann alles Gute.

lg julcas
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