Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

ben1
Beiträge: 1379
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von ben1 »

Hallo Silke

da kommt die perfekte Silke wieder durch - "war doch nur ein kleines Problem - war doch gar nicht schwer" - DOCH! Es war eine erstklassige Leistung! Du solltest Dir auf die Schultern klopfen für diesen Erfolg. Warum sollte das nur bei "kleine" Problemen funktionieren (und wer legt die Wertigkeit fest?) Kosmisch gesehen sind Deine und meine Probleme alle winzig.

Schau Dir mal die Kandidaten in Deiner "Talkshow", die in Deinem Kopf stattfindet, an, die diesen Erfolg wieder schmälern wollen, versuch, ihre Sichtweisen und Motive zu verstehen, und Du wirst viel über sie (und damit über Dich) lernen!

Ebenfalls ein schönes Wochenende

Ben
momo
Beiträge: 178
Registriert: 12. Okt 2003, 03:08

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von momo »

hallo zusammen

bin froh, hier auf euch gestossen zu sein... seit ein paar tagen kenne ich den namen meiner symptome: depression. - was soll ich denn damit?
in meinem umfeld gibt es sehr liebe menschen, die mich aber eigentlich nicht wirklich verstehen; kann ja auch nichts richtig erklären...
ihr habt hier einiges in worte gefasst, was bei mir so ungreifbar im kopf rumschwirrt. fühle mich irgendwie verstanden...

vielen dank
momo
ben1
Beiträge: 1379
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von ben1 »

Hallo Momo

ein herzliches Willkommen im Thread!

Es ist immer schwer, Menschen (auch wenn sie einem noch so nahe stehen) zu erklären, was Depression ist - und die Schwierigkeit resultierte bei mir daraus, das ich es selbst nicht verstanden habe und das dann natürlich auch nicht erklären konnte - gehts Dir da ähnlich? Hier im Thread hast Du diese Barriere nicht, denn hier sind "Experten" am Werk, Leute, die das am eigenen Leibe erfahren, was es heist, depressiv zu sein - das erleichtert vieles! Wenn Du Lust hast, schreib ein paar Zeilen.

Ben
momo
Beiträge: 178
Registriert: 12. Okt 2003, 03:08

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von momo »

Hallo Ben

Es ist schon so, dass ich mich selber nicht so verstehe. Da gibt es zwar Anhaltspunkte, aber irgendwie doch nichts Greifbares. Keinen Grund. Warum gehts mir also nicht einfach gut? Red ich mir all diese Dinge nur ein? - Je mehr ich mich anstrenge darüber nachzudenken, desto unklarer wird das Ganze. Wie wenn jemand alle Wörter aus dem Nachschlagewerk in meinem Kopf rausgenommen und auf einen Haufen geworfen hätte... oder dann herrscht in meinem Kopf eine wilde Diskussion irgendwelcher Leute, die sich nie einig werden - ihr habt da von verschiedenen Ichs gesprochen - meinst du, dass das solche Ichs sind? Mir kommen sie eher fremd vor. Glaube ich jedenfalls.

Momo
srb
Beiträge: 508
Registriert: 11. Jun 2003, 11:59

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von srb »

Hallo Momo,

auch von mir ein ganz herzliches Willkommen, ich bin am Wochenende nur selten am Computer, darum etwas verspätet!

Mit Deiner Frage nach den verschiedenen ichs bist Du vermutlich bei Ben besser aufgehoben, ich bin auch erst durch die Diskussion hier im Thread darauf gekommen, das Ganze mal von dieser seite zu betrachten und es hat etwas für sich. Vorher war das für mich auch nur ein heilloses Chaos in meinem Kopf und je mehr ich versucht habe, darüber nachzudenken, desto konfuser wurde es. Dadurch ist unter anderem ja auch dieser Thread entstanden, weil ich gemerkt habe, daß Teile von mir oder in mir Besserung oft boykottieren und ich überhaupt nicht verstanden habe, warum. Das hat mir zum einen Angst gemacht, zum anderen war es mir unangenehm, hatte irgendwie das Gefühl, ich hintergehe alle, die mir helfen wollen und nicht zuletzt war ich auch ungeheuer wütend auf mich, nach dem Motto: Nicht mal das kriegst Du hin! Für mich führt der Ansatz mit den verschiedenen ichs irgendwie zu mehr Klarheit, mehr Verständnis - auch wenn ich mich bisher noch sehr schwer damit tue, mit ihnen in Kontakt zu treten. Aber alleine durch diese Widerstände in mir habe ich auch schon wieder viel gelernt.

Und auf alle Fälle habe ich festgestellt, daß alleine schon das Aufschreiben dieser konfusen Gedanken (und die Antworten anderer darauf) ungeheuer gut tut und irgendwie dazu beiträgt, das Chaos etwas zu entwirren. Darum würde ich mich freuen, hier mehr von Dir zu lesen!

Denn da kann ich Ben nur beipflichten, hier gibt es Menschen, die wirklich verstehen können, einfach weil sie ähnliches selber erlebt und erfahren haben. Und dieses "Verstandenwerden" gerade auch in Dingen, die man selber nicht versteht, ist ein sehr schönes Gefühl!

Viele Grüße,
Silke
srb
Beiträge: 508
Registriert: 11. Jun 2003, 11:59

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von srb »

Hallo Ben,

genau, immer wieder dieser Perfektionismus.... Als ich meine letzte Antwort an Dich geschrieben habe, bin ich irgendwann steckengeblieben, weil ich erklären wollte, warum dieser Ansatz, den ich im Urlaub gehabt hatte, bei meinen "größeren" Problemen zuhause (z.B. meinem Arbeitsproblem) nicht funktionieren könnte. Irgendwie war in meinem Kopf der Gedanke: Das ist ganz was anderes. Aber dieses "andere" konnte ich nicht greifen. Egal, von welcher Seite ich es betrachtet habe, eigentlich war es nichts anderes. Trotzdem blieb dieses Gefühl: Nein, es ist etwas anderes. Wollte/konnte ich nicht akzeptieren, daß auch dieses Problem lösbar sein könnte? Auf jeden Fall ging ein ziemlicher Kampf los zwischen Kopf und Bauch, der irgendwann mit - sozusagen - einem: Ihr könnt mich jetzt alle mal, ich will aber nicht, endete...

Tja, und dieses alles habe ich dann in dem Satz " Aber ob das bei größeren Problemen auch klappt?" zusammengefasst - ein wenig kurz, gebe ich zu, aber am Freitag war irgendwie nur noch Chaos in meinem Kopf.

Dieses den verschiedenen Stimmen in mir Zuhören und dabei eine gewisse Distanz zu behalten, fällt mir unglaublich schwer....

Viele Grüße,
Silke
Natatza

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von Natatza »

Hallo Ihr alle hier,

habe mir letzten Freitag den Thread ausgedruckt und mal komplett durchgelesen. Ich würd gerne was zur ursprünglichen Überschrift/Frage sagen: Eindeutig NEIN! Merke gerade, wie ich mitten in eine Depression reinrutsche, aber ich WILL gar nichts dagegen machen. Keine Ahnung, warum.

Viele Grüße
Natascha
srb
Beiträge: 508
Registriert: 11. Jun 2003, 11:59

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von srb »

Hallo Natascha,

ich möchte einfach daran glauben, daß grundlegend jeder Mensch glücklich sein möchte - etwas anderes könnte ich irgendwie schwer ertragen. Und mal ganz kopflastig gesprochen: Es würde einfach keinen Sinn machen... Darum glaube ich auch ganz fest, daß es Gründe für diese Gefühle des "Nicht Wollens" gibt, daß es auch so etwas gibt wie "Nicht wollen können". Vielleicht bist Du einfach zu erschöpft, wieder dagegen anzukämpfen? Vielleicht bist Du einfach so enttäuscht, traurig, wütend, weil die Depression schon wieder kommt (so ist es mir gerade in meinem Urlaub ergangen)? Vielleicht ist es eine Flucht vor Situationen oder Zwängen, die Dich überfordern?

Magst Du ein wenig mehr erzählen?

Liebe Grüße,
Silke
Natatza

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von Natatza »

Hallo Silke,

schau mal hier, da hab ich mal versucht, meine momentane Situation in Worte zu fassen. Du hast es ganz richtig erkannt, ich bin einfach nur noch fertig, ein Jahr lang für zwei kämpfen ist anstrengend und macht auch den stärksten, willensstärksten und optimistischsten Menschen irgendwann kaputt...

http://www.kompetenznetz-depression.de/ ... 1066047081

Viele Grüße
Natascha
ben1
Beiträge: 1379
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von ben1 »

Hallo Momo

tja, schwer das von hier zu sagen - bei mir warens die verschiedenen Ichs, die sich gemeldet haben, die alle verschiendene Ansprüche zu haben scheinen - und da hilft (oder half mir) am besten, sich mal mit keinem der Ichs zu identifizieren und die Beobachterrolle einzunehmen - mal zu gucken, wer da alles in Deinem Kopf mitreden will. Da gibts sicherlich lebensfrohe Ichs und ängstliche, "Macher" und "Seier", bequeme und angestrengte usw.

Und bei mir wars so, das in meinem bisherigen Leben nur ein "Perfektionsich" den Ton angab - und das hat dann irgendwann (gottseidank!) die Macht verloren - und da herrscht dann erstmal Chaos - weil sich all die Ichs melden, die bisher einfach zum schweigen verurteilt worden sind. Nun springt unser Geist von einem Ich zum anderen und meint immer "Aha. Das bin ich also!" - und das ist in gewisser Weise falsch! Dieses Ichs (oder die dazugehörigen Gefühle) kommen und gehen, ohne uns zu fragen, obs uns gerade passt. Und wenn Du verstehen willst, wer da alles in Deinem Haus wohnt, dann mußt Du Dir Deine Mieter (die Ichs) aus der Distanz ansehen, und nicht einmal meinen "Jetzt bin ich Müller" und 2 Stunden später "Jetzt bin ich Meier". Ich spreche gerne in Bildern, weil das, was DIr da passiert und was mir da passiert ist, schwer in Worte zu fassen ist. Das ist eher was, was auf der Gefühlsebene läuft. Also mein Tip - ausprobieren! Hab Geduld. Wenns nicht gleicht funktioniert, versuchs einfach imemr wieder. Du wirst eine Menge über Dich lernen.

Halt mich auf dem Laufenden!

Ben
ben1
Beiträge: 1379
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von ben1 »

HAllo Silke

was ist Dein "Arbeitsproblem?" Was macht das so wichtig? Was kann alles passieren? Welches Ich ist davon betroffen, wenns mit der Arbeit nicht so klappt und welchen Ichs ist es wurscht? Würde mich interessieren!

Ben
momo
Beiträge: 178
Registriert: 12. Okt 2003, 03:08

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von momo »

Hallo Silke, hallo Ben

Hier mal ein Zwischenbericht aus ‘meinem Haus’ (finde diese bildliche Darstellung auch sehr praktisch, sie macht das Chaos ein wenig fassbarer).

Ich nehme jetzt mal an, diese Fremden in meinem Kopf sind wirklich verschiedene Ichs. Egal, was da diskutiert und durcheinander denkt, schlussendlich sind diese Gedanken ja alle von mir selbst gemacht. – Mit der Annahme, es seien Fremde, konnte ich aber denken: blöder Fremder, sei still und geh. Einem Ich kann ich dies jedoch irgendwie nicht sagen. Ich kann doch nicht ein Ich fortschicken, oder? Bin hier sozusagen in einer Denksackgasse gelandet... habe trotzdem versucht, die verschiedenen Ichs mal als Mieter aus Distanz zu betrachten. Doch: wer bin dann ich? In der Situation, wo ich diese Mieter zu erfassen versuche, denkts ja auch. Ist das irgendein Chef-Ich?
Ziemlich kompliziert, das Ganze – grundsätzlich finde ich diese Haus-und-Mieter-Vorstellung nützlich, obwohl momentan recht verwirrend. Keine Ahnung, wieviele Wohnungen es in meinem Haus hat, was auf den Türschildern steht oder was diese Mieter alle wollen. Sie schwatzen alle durcheinander und was bei mir ankommt, ist dann so ein Mix aus (sich oft widersprechenden) Gefühlen.

Könnt ihr das nachvollziehen oder hab ich da zu wirr geschrieben? Hab gerade das Gefühl, mich mit meinen Entfesslungskünsten noch mehr verstrickt zu haben...

Grüsse
Momo
ben1
Beiträge: 1379
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von ben1 »

Hallo Momo

ja das ist verwirrend (nicht, wie Du schreibst, sondern diese Erfahrung zu machen ist erst mal verwirrend, weil fremd!)
. Ich mail nochmal den Text von Thomas, der das sehr gut beschreibt. Du bist der Haushälter oder Hausverwalter, der Ordnung in die Mieter bringen soll - und dazu mußt Du die Mieter erst mal kennen - das geht am Besten durch die Beobachterperspektive.

Sehr oft, fast bei jedem Gespräch, kam G. erneut auf das Fehlen der Einheit im Menschen zu sprechen.
„Einer der Hauptirrtümer des Menschen", sagte er, „den man sich immer vor Augen halten muß, ist seine Täuschung in Bezug auf sein Ich.
„Der Mensch, wie wir ihn kennen, die ,Maschine Mensch', der Mensch, der nicht ,tun' kann und mit dem und durch den alles .geschieht', kann kein dauerndes und einziges Ich haben. Sein Ich wechselt mit gleicher Geschwindigkeit wie seine Gedanken, Gefühle und Stimmungen, und er begeht einen gewaltigen Irrtum, wenn er sich immer für ein und die gleiche Person hält; in Wirklichkeit ist er immer eine verschiedene Person, nicht die gleiche, die er im vorigen Augenblick war.
„Der Mensch hat kein bleibendes und unveränderliches Ich. Jeder Gedanke, jede Stimmung, jede Begierde, jede Empfindung sagt Ich. Und in jedem Fall hält man es für selbstverständlich, daß dieses Ich zum Ganzen gehört, zum ganzen Menschen, und daß ein Gedanke, ein Wunsch oder eine Abneigung Ausdruck dieses Ganzen ist.

Faktisch besteht überhaupt kein Grund für diese Annahme. Jeder Gedanke und jede Begierde des Menschen entsteht und lebt ganz getrennt und unabhängig vom Ganzen. Und dies Ganze drückt sich einfach darum nicht aus, weil es als solches nur physisch besteht und abstrakt als ein Begriff. Der Mensch hat kein individuelles Ich. Aber an dessen Stelle gibt es Hunderte und Tausende getrennter kleiner Ichs, die sich oft untereinander gar nicht kennen, nie zueinander in Beziehung treten oder sogar im Gegenteil feindlich gegeneinander eingestellt sind, da sie einander ausschließen und unvereinbar sind. Jede Minute, jeden Augenblick sagt oder denkt man Ich, und jedesmal ist dieses Ich verschieden. Gerade jetzt war es ein Gedanke, nun ist es eine Begierde, dann eine Empfindung, dann wieder ein Gedanke, und so weiter ohne Ende. Der Mensch ist eine Vielheit. Sein Name ist Legion.
„Der Wechsel der Ichs, ihr offensichtlicher dauernder Kampf um die Herrschaft wird durch zufällige äußere Einflüsse gelenkt. Wärme, Sonnenschein, schönes Wetter rufen sofort eine ganze Gruppe von Ichs auf den Plan. Kälte, Nebel, Regen rufen eine andere Gruppe von Ichs hervor, andere Assoziationen, andere Gefühle und andere Handlungen. Nichts im Menschen kann diesen Wechsel von Ichs lenken, vor allem, weil er davon gar nichts weiß, es nicht bemerkt; er lebt immer im letzten Ich. Manche Ichs sind natürlich stärker als andere. Aber es ist nicht ihre eigene, bewußte Stärke; sie wurde durch die Stärke von Zufällen oder mechanischen äußeren Einflüssen geschaffen. Erziehung, Nachahmung, Lesen, der hypnotische Einfluß von Religion, Kaste und Tradition oder der Glanz neuer Schlagworte schaffen in der Persönlichkeit eines Menschen sehr starke Ichs, die ganze Reihen schwächerer, anderer Ichs beherrschen. Aber ihre Stärke ist die Stärke der Eindrücke, die in den ,Rollen'1 der Zentren verzeichnet sind. Und alle Ichs, aus denen die Persönlichkeit des Menschen besteht, haben den gleichen Ursprung wie diese .Rollen', sie sind das Ergebnis äußerer Einwirkungen; und beide, sowohl ,Rollen' als auch Ichs, werden durch neue äußere Einflüsse in Bewegung gesetzt und gelenkt.

„Der Mensch hat keine Individualität. Er hat kein einziges großes Ich. Der Mensch ist in eine Vielfalt kleiner Ichs geteilt.
„Und jedes einzelne kleine Ich ist fähig, sich das Ganze zu nennen, im Namen des Ganzen zu handeln, zuzustimmen oder abzulehnen, Versprechen zu geben, Entscheidungen zu treffen, was ein anderes Ich oder das Ganze dann ausbaden muß. Dies erklärt, warum Menschen so oft Entscheidungen treffen und sie so selten ausführen. Ein Mensch entschließt sich, von morgen ab früh aufzustehen. Ein Ich oder eine Gruppe von Ichs beschließt dies. Aber das Aufstehen fällt unter die Zuständigkeit eines ganz anderen Ichs, das diese Entscheidung vollständig ablehnt oder sogar nichts davon weiß. Natürlich wird der Mensch fortfahren, den Morgen zu verschlafen und am Abend wird er sich erneut entschließen, früh aufzustehen. In manchen Fällen kann dies sehr unangenehme Folgen für den Menschen haben. Ein kleines zufälliges Ich mag etwas versprechen, nicht sich selbst, sondern jemand anderem, einfach aus Eitelkeit oder aus Spaß. Dann verschwindet es und der Mensch, das heißt die gesamte Summe anderer Ichs, die ganz unschuldig daran sind, müssen ihr ganzes Leben dafür bezahlen. Es ist die Tragödie des Menschen, daß jedes kleine Ich das Recht hat, Schecks und Wechsel zu unterzeichnen und der Mensch, das heißt das Ganze, dafür aufzukommen hat. Oft besteht das ganze Leben eines Menschen darin, Wechsel kleiner, zufälliger Ichs einzulösen.
„Die östlichen Lehren enthalten zahlreiche allegorische Bilder, die versuchen, die Natur des Menschen von diesem Gesichtspunkt aus zu schildern.
„So wird in einer Lehre der Mensch einem Haus verglichen, in dem es eine Menge Diener gibt, aber kein Herr und kein Haushälter da sind. Die Dienstboten haben alle ihre Pflichten vergessen; niemand tut, was er soll. Jeder versucht, den Herrn zu spielen, wenn auch nur für einen Augenblick, und durch diese Unordnung droht dem ganzen Haus große Gefahr. Die einzige Rettungsmöglichkeit besteht darin, daß eine Gruppe vernünftiger Diener sich versammelt und einen zeitweiligen Haushälter erwählt, das heißt einen stellvertretenden Haushälter. Dieser stellvertretende Haushälter kann dann die anderen Diener auf ihren Platz verweisen und darauf sehen, daß jeder seine eigene Arbeit verrichte: der Koch in der Küche, der Kutscher im Stall, der Gärtner im Garten und so fort. Auf diese Weise kann das ,Haus' für die Ankunft des wirklichen Haushälters vorbereitet werden, der es dann seinerseits für die Ankunft des Herrn vorbereitet.

„Der Vergleich des Menschen mit einem Haus, das die Ankunft seines Herrn erwartet, ist häufig in östlichen Lehren zu finden, in denen sich noch Spuren alten Wissens erhalten haben, und wie wir wissen, taucht dieses Thema auch in verschiedener Form in vielen Gleichnissen der Evangelien auf.
„Aber auch das klarste Verstehen seiner Möglichkeiten wird einen Menschen ihrer Verwirklichung nicht näher bringen. Um diese Möglichkeiten zu verwirklichen, muß er einen sehr starken Wunsch nach Befreiung verspüren und muß bereit sein, für seine Befreiung alles zu opfern und alles zu wagen."

Ouspensky, Auf der Suche nach dem Wunderbaren

Kannst Du damit was anfangen?

Ben
srb
Beiträge: 508
Registriert: 11. Jun 2003, 11:59

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von srb »

Hallo Ben,

Deine Fragen klingen immer so einfach, aber sind für mich super schwierig zu beantworten. Also, auch auf die Gefahr hin, daß das jetzt ziemlich konfus wird, versuche ich mal aufzuschreiben, was mir dazu einfällt. Bei allem, was mit dem Thema Arbeiten zu tun hat, gibt es ein sehr dominantes Ich, das einfach nur sagt: Ich will nicht, ich habe keine Lust - und das darüber überhaupt nicht diskutieren will. wann immer ich versuche, mit diesem Ich (um mal in diesen Bildern zu bleiben) zu diskutieren, kommt irgendwann der Punkt, wo es sagt: Ich will aber nicht und sich weigert, weiter darüber nachzudenken. Dieses Ich gibt es, glaube ich, schon sehr lange, aber es hatte nicht soviel Macht, da gab es die "Vernunft-Ichs", die es kontrolliert haben. Die vertreten im wesentlichen die standpunkte: Was man mal angefangen hat, muß man auch beenden. Arbeit ist zwar Scheiße aber muß sein. Arbeitslose sind nur zu faul zum Arbeiten. Du mußt doch irgendwie Geld verdienen usw. Wenn ich das so lese, sind das alles anerzogene Ichs würde ich sagen, ich höre förmlich meine Eltern...

Tja, nun wird es schwieriger. Ganz sicher gibt es noch die "perfekte Silke", die mit der Leistung, die sie im Moment bringt, nicht zufrieden sein kann und immer die beste sein will. Aber die wird ja auch total von dem "Ich will nicht" Ich boykottiert. Dann gibt es da ein Ich, das auf der Suche nach sich selbst ist und dem steht diese Arbeit einfach im weg, weil sie soviel Zeit und Energie aufbraucht, das für seine Suche nichts übrig ist. Ein Ich, das sich überfordert fühlt, zuviel Eigenverantwortung, zu wenig Unterstützung, und ein Ich, das sich unterfordert fühlt, dem diese Krankheit im Weg steht, das denkt: Wenn ich mir nicht immer selbst im Weg stehen würde, dann könnte ich das alles. Ich fühle mich da völlig zerissen, Teile in mir wollen Karriere machen, Erfolg haben, Bestätigung bekommen (aber ist das nicht auch nur ein Ersatz für etwas anderes, grundlegendes, das in meinem Leben fehlt?), andere wollen genau das Gegenteil, einen einfachen, unanstrengenden Job, der mir viel Zeit für Freizeit läßt. Teile von mir ärgern sich, weil eine Vorlesung jetzt einer Kollegin gegeben wurde, obwohl ich weiß/zu wissen glaube, daß ich das viel besser machen würde (sie kann sich eben besser "verkaufen"), andere Teile sagen: Oh Gott, ich will diese Vorlesung nicht, nachher mache ich das nicht gut genug und das alles organisieren, das kann ich bestimmt nicht. Und so geht es mir mit allem. Mein Freund meint immer, ich komme einfach nicht von der Stelle, weil, sobald ein Ich sich mal durchsetzen will, sofort ein anderes nach vorne drängt und sagt: Aber....! Passt ja ganz gut in das Bild von dem Chaos im Haus.

Oje, nun bin ich wohl etwas abgeschweift! Liegt aber auch daran, daß ich Deine Frage schwer beantworten kann. Warum ist Arbeit so wichtig? Vielleicht drei Schlagwörter? Perfektionismus, mangelndes Selbstbewußtsein, Arbeit als Existenzberechtigung? Klingt ein bißchen melodramatisch, aber letztlich empfinde ich es so. Arbeit ist das wichtigste im Leben und wer das in Frage stellt, hat seine Existenzberechtigung in dieser Gesellschaft verwirkt... Dazu fällt mir noch ein: Arbeit als Zwang, etwas, daß mir das Recht auf Selbstbestimmung nimmt, diese ganzen Schlagworte, die heute in den Stellenanzeigen stehen, machen mich wütend: Belastbarkeit, Flexibilität, was den Arbeitsort angeht, Einsatzfreude (was übersetzt meist Bereitschaft zu unbezahlten Überstunden bedeutet) usw. Ich glaube schon als Jugendlicher habe ich diese Prinzipien in Frage gestellt, aber mir wurde das Recht dazu abgesprochen. Und das bricht sich jetzt übermächtig in einem Widerwillen gegen jede Art von Zwängen Bahn...

Ob es auch Ichs gibt, denen die Arbeit wurscht ist? Ich weiß nicht, vielleicht schon, aber ich traue mich nicht, sie zu Wort kommen zu lassen (Arbeit darf einem doch nicht wurscht sein!). Vielleicht sind das gerade die Ichs, die für einen unstressigen Jon plädieren, nach dem Motto: So viel Geld wie möglich für so wenig Arbeit wie nötig? Die behaupten: Ich könnte auch ohne Arbeit glücklich sein?

Also, nun fühle ich mich auch ziemlich verwirrt.... Bin gespannt auf Deine Antwort und hoffe, ich habe nicht zuviel wirres Zeug geschrieben!

Viele Grüße,
Silke
srb
Beiträge: 508
Registriert: 11. Jun 2003, 11:59

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von srb »

Hallo Momo,

wie Du meinen Beiträgen entnehmen kannst, finde ich diese Vorstellung der vielen Ichs auch immer noch sehr verwirrend ! Aber irgendwo ist es auch ein spannender Ansatz. "Wer bin ich" ist für mich eine sehr entscheidende Frage und da ist die Vorstellung, daß es ein einheitliches Ich gar nicht geben soll, schon irgendwie befremdlich....

Vielleicht kannst Du Deine Ichs nicht wegschicken, aber ihnen den ihnen gebührenden Platz zuweisen? Um mal bei meinem Arbeitsproblem zu bleiben, daß ich ein schlechtes Gewissen hätte, wenn ich mir mit meinem Arbeitslosengeld ein schönes Leben auf Mallorca mache (nur mal als blödes Beispiel), finde ich in Ordnung. Aber daß dieses Ich sich derart in den Vordergrund drängt, daß dadurch mein Leben bedroht ist, das ist sicher nicht in Ordnung - und es war einfach manchmal fast soweit. Wie man das macht, seinen Ichs sozusagen eine Wertigkeit zu geben, weiß ich leider auch noch nicht, aber vielleicht kenne ich sie dazu auch noch nicht gut genug. Ich meine, sie haben ja auch ihre Tricks, blähen sich auf, machen sich wichtig, so daß es einem schwer fällt, hinter die Fassade zu schauen!

Konntest Du damit jetzt was anfangen?

Viele Grüße,
Silke
ben1
Beiträge: 1379
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von ben1 »

Liebe Silke

da ist ein ganz schöner Kapf in Dir zugange, gell. Und das ganze mit den verschiedenen Ichs zu sehen bietet da eine Form, um das ganze ein bißchen übersichtlicher zu machen

Da gibts also ein "Arbeitsich", das sagt

"Vielleicht drei Schlagwörter? Perfektionismus, mangelndes Selbstbewußtsein, Arbeit als Existenzberechtigung? Klingt ein bißchen melodramatisch, aber letztlich empfinde ich es so."

Bisher wird Dein Leben sehr stark von diesem Ich beherrscht worden sein, nehme ich an, denn ohne dieses Ich wärst Du nicht die, die Du jetzt bist (Ausenwahrnehmung). Das hat eine Menge Gutes, aber eben auch schlechtes - sonst hättest Du keine Depression

Und dann gibts bei Dir Ichs, die das genaue Geneteil einfordern


"So viel Geld wie möglich für so wenig Arbeit wie nötig? Die behaupten: Ich könnte auch ohne Arbeit glücklich sein?"

Tja, nun bist Du weder das eine Ich, noch das andere, sonst gäbe es keine Diskussionen bzw. keine Depression. Stell Dir vor, Du bist Mutter von 2 Kindern, von denen jeder/s eine der 2 Meinungen vertritt. Was sagst Du ihnen? (Nichts anderes ist die Beobachterrolle) Eigentlich haben beide recht, und eigentlich haben beide unrecht! Das ist ein Dilemma! Wo ist der Kompromiss, wo ist die Mitte, mit der beide Leben können? Und was noch wichtig ist - woher nehmen die beiden ihre Motivation - welche Ängste stecken dahinter? Wenn Du die entlarven kannst, bist Du ein gutes Stück weiter! Was macht Arbeit für Dich zur Lebensberechtigung? Das "Funktionieren müssen" aus dem Elternhaus? (Ich bin jetzt sehr direkt, aber das wars bei mir, also siehs mir nach, wenns bei Dir anders ist). Das kanns nicht sein, weil das ganze an Dich (und an mich) zuende gedacht UNMENSCHLICHE Anforderungen an uns stellt. Wie würde die "Mitte" bei Dir aussehen? Es geht nicht darum, ein "entweder/oder) zu finden (Karriere oder "Leck mich am A..."), sondern ein "UND". Beide Seiten wollen bedacht und gewürdigt werden. Liest sich sehr einfach, ist schwer umzusetzten, weil eben immer ein Ich (je nach Laune) vorgibt, die Wahrheit zu kennen.

Viele kuriose Gedanken von#

Ben
momo
Beiträge: 178
Registriert: 12. Okt 2003, 03:08

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von momo »

Hallo Ben

Diesen Text von Thomas muss ich wohl noch einige Male durchlesen, um mir dazu meine Gedanken machen zu können... was mich bis jetzt ziemlich verwirrt ist die Sache mit dem stellvertretenden Haushälter. Was für eine Bedeutung hat der deiner Meinung nach? Und wer ist der WIRKLICHE Haushälter/Herr? Oder der Wunsch nach Befreiung: was soll ich mir darunter vorstellen?

Sollte ich mich, bevor ich versuche, dies zu verstehen, zuerst mal mit den verschiedenen Dienern (oder Mietern) meines Hauses beschäftigen? Die Beobachterrolle einzunehmen scheint mir ein guter Ansatz zu sein, habe aber so meine Mühe damit. Einerseits sind diese Diener inkognito unterwegs und ihre Unterhaltungen sind ein reines Durcheinander, anderseits frag ich mich, welches Ich wohl gerade beobachtet. Vielleicht überleg ich mir da einfach zuviel...

Eigentlich möchte ich gern Bescheid über alle diese Diener wissen, aber irgendwie habe ich auch Angst davor. Vielleicht gibt es ja welche, die ich gar nicht haben möchte, lieber nichts von ihnen wissen würde. Ich weiss nicht so genau, wie ich das beschreiben soll, ich fühle mich einfach so hin- und hergerissen – bei allem, was ich im Moment denke oder tue... wahrscheinlich hatte ich schon länger geahnt, an welchem Türchen da jemand anklopfte, wollte es aber nicht wahrhaben. Nachdem ich alle andern geöffnet hatte und wusste, dass es meinem Körper an und für sich gut geht, konnte ich das noch verschlossene Türchen nicht mehr einfach ignorieren. Eigentlich wollte ich es ja nur mal ganz wenig öffnen, doch irgendwie klappte das nicht. Nun muss ich dieses offene Türchen dauernd anstarren, kann mich gar nicht abwenden. Fürchte mich davor, was da noch alles eintritt. Fühle mich unfähig, irgendetwas zu tun. Wenn ich es mal fertig bringe, trotz diesen sich dauernd widersprechenden Gefühlen in mir etwas zu tun, ist das Chaos anschliessend noch grösser...

Dreh mich glaub im Kreis – bist du mitgedreht?

Momo
momo
Beiträge: 178
Registriert: 12. Okt 2003, 03:08

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von momo »

Hallo Silke

Ja, die Idee, den unbequemen Ichs auch ihren Platz zuzuweisen hat schon was für sich. Gleichzeitig fürchte ich aber, dass sie sich, wie du beschrieben hast, zu fest in den Vordergrund drängen. Momentan fühle ich mich ziemlich beherrscht von diesen Ichs und kann kaum einen klaren Gedanken fassen...

Gruss
Momo
srb
Beiträge: 508
Registriert: 11. Jun 2003, 11:59

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von srb »

Hi Ben,

überhaupt nicht kurios, genau das läuft ständig in meinem Kopf ab!! Vielleicht hätte ich es anders beschrieben (daß ich mehrere Ichs beherberge, ist mir ja noch nicht solange klar..., aber es trifft es genau! Di Suche nach dem Kompromiß, die so schwierig ist, weil ständig "ein Ich behauptet, die Wahrheit zu kennen". Einen Tag ist mir sonnenklar, daß ich mir einen anderen Job suchen sollte, den nächsten denke ich, ist doch ganz bequen hier, wer weiß, wie das woanders ist. Ganz extrem war das, als ich nach meiner Diss arbeitslos war, ich war drei Jahre in Süddeutschland gewesen und bin dann in den Norden zurückgekommen, weil mein Freund hier war - die Jobs gab es allerdings im Süden. Muß nun mal wieder ein mir ziemlich unangenehmes Eingeständnis machen, ich habe einen gewissen Hang zum "Märtyrertum", absolut anerzogen, man (naja, eigentlich Frau) opfert sich quasi für Familie/Beziehung auf, leidet und will bedauert werden. Eine Eigenschaft, die ich an mir hasse, aber sie schleicht sich immer wieder an und ich falle wieder drauf rein. Also, ich quasi meine "Karriere" (von der ich nicht mal weiß, ob ich sie will) meiner Beziehung geopfert. Nun saß ich also zuhause rum, hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich arbeitslos war, war wütend auf meinen Freund, der seine Arbeit hatte, die ihm Spaß macht, die ihn ausfüllt - was ich ja in meiner Phantasie auch hätte haben können. Warum mußte eigentlich ich zurückkommen (hatten wir natürlich nie drüber gesprochen, gab also gar kein wirkliches "muß" aber über solche Kleinigkeiten hat das Ich großzügig hinweggesehen...)? Außerdem fand ich mein Märtyrertum nicht entsprechend gewürdigt...Tja, also, einen Tag war dann also "Ihr/Du kannst mich mal, ich such mir jetzt eine Postdoc-Stelle im Ausland und bin auch wichtig, schreibe auch Paper, fahre auch auf Konferenzen" dran (worauf mein Freund in seiner pragmatischen Art "Dann müssen wir mal schauen, wo wir eine finden können" geantwortet hat - was nicht das war, was ich hören wollte). Und einen Tag später war ich überzeugt, daß ich notfalls auch bei Aldi an der Kasse arbeiten würde (soll jetzt keine Abwertung sein, mir fällt gerade nur nichts anderes ein), weil meine Beziehung doch viel wichtiger ist als so ein Job.

Die Ängst dahinter zu erkennen, ist sicher ein guter Ansatz. Habe während ich das schreibe, lange darüber nachgedacht, was Arbeit für mich zur Lebensberechtigung macht. Und ich sehe und höre da sofort meine Eltern. "Funktionieren müssen" trifft es nur zum Teil, sie haben mir am meisten vermittelt, daß Arbeit das Wichtigste im Leben ist. Daß sie nur Achtung vor Menschen haben, die Arbeit über alles andere stellen. Und daß Menschen ohne Arbeit wirklich das Allerletzte sind, Außenseiter, Schmarotzer. Daß Verpflichtungen heilig sind, daß man andere nicht enttäuschen darf. Überhaupt war die Meinung anderer immer viel wichtiger als das eigene Wohlergehen...

Hmmmmh, irgendwie habe ich das Gefühl, da steckt noch mehr dahinter, was ich jetzt nur noch nicht in Worte fassen kann. Vielleicht komme ich ja noch darauf!

Erstmal wünsche ich Dir ein schönes Wochenende, bin vermutlich erst Montag wieder hier!

Silke
srb
Beiträge: 508
Registriert: 11. Jun 2003, 11:59

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von srb »

Hi Momo,

kann ich supergut verstehen, war, wie gesagt, ja auch eher ein theoretischer Rat, bei mir dreht sich ja auch noch alles!

Aber vielleicht hilft der Austausch hier, ein wenig Klarheit zu gewinnen?

Viele Grüße,
Silke
ben1
Beiträge: 1379
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von ben1 »

Hallo Silke

danke für die Antwort. Nun, Dein Arbeitsich hat sicher auch seine guten Seiten, kein Zweifel. Es ist nicht verwerflich, wenn sich ein Mensch ein Stück weit über die Arbeit definiert und da Erfolg haben will. Problematisch ist nur, das das eben kein "Allheilmittel" ist, so nach dem Motto "Wenn ich das und das noch erreicht habe, bin ich glücklich und zufrieden" - das ist wie ein Fass ohne Boden. Sobald man wieder was erreicht hat, wird eine neue, bessere Leistung gesucht und abgestrebt. Das zu erkennen ist ein schmerzhafter Schritt - man gesteht sich sozusagen ein, das man bisher in die falsche Richtung lief.
Du erklärst für mich sehr schlüssig, wie das Verhalten Deiner Eltern im Bezug auf Arbeit Dich geprägt hat. Und was ist DEINE Meinung dazu? Wieder so eine einfache Frage.

Schönes Wochenende

Ben
ben1
Beiträge: 1379
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von ben1 »

Hallo Momo

für mich ist der stellvertretende Haushälter das ich, das sozusagen das Sagen im Haus hat. Und das hatte bei mir eine ganze Zeit lang ein tyrannischer Perfektionist, der alle anderen durch Lautstärke und Drohgebärden zum funktionieren zwang. Die Depression hat ihn entmachtet und dann kam erst mal das Chaos, weil jedes andere Ich dachte, jetzt an die Macht zu müssen. Nun, man kann dann von einem Extrem ins andere Fallen (und zum Beispiel dem "Mir ist alles egal-Ich" diesen Posten übertragen - das sieht man manchmal bei Männern in der Midlife-crisis, die dann Harleyfahrend ihr Vermögen verjubeln oder irgendwelche Süchte pflegen (Alk, Sex ...).

Mein Haushälter ist das ich, das die anderen ichs würdigt, aber nicht abwertet, das alle zu Wort kommen läßt, ohne vorher schon zu wissen, wie ich gerne sein möchte - also eine neutrale Person. Und wenn Du glaubst, das da nur ein Ich das andere beobachtet, kannst Du Dir auch den Beobachter mal ansehen. Wenn der nicht wertet, sondern beobachtet und versteht, ist es meiner Meinung nach der richtige.

Kannst Du damit was anfangen?

Ben
momo
Beiträge: 178
Registriert: 12. Okt 2003, 03:08

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von momo »

Hallo Silke, hallo Ben

Hmmm… Klarheit ist es wohl nicht gerade, was ich hier bis jetzt gefunden habe, jedoch wertvolle Denkanstösse und ein Verständnis für mein Durcheinander, das mich selber sehr verwirrt – dafür vielen Dank!

Die Sache mit den Haushältern und dem Beobachten des Beobachters kapier ich nicht so. Also irgendwie ja schon, aber kaum schau ich den Text nicht mehr an, versteh ichs gar nicht mehr. Vielleicht ist mein Kopf im Moment zu voll, als dass er dies auch noch aufnehmen könnte... es denkt Tag und Nacht und dies meist in einer Geschwindigkeit, der ich nicht folgen kann. Heute bin ich aber über etwas gestolpert, das die Mühle für kurz langsamer drehen liess: es sagte mir jemand, ich solle nicht immer alles unter Kontrolle haben wollen...

Bin mir zwar nicht so sicher wie, aber habe das Gefühl, dass da was dran ist. Ein Kontrolle-haben-wollen-Ich... ich schaff es nicht, genauer darüber nachzudenken, dieser Gedanke flüchtet sozusagen immer wieder. Weshalb er das tut, weiss ich nicht, ich find es aber ganz mühsam. Und gerade weil ich das so mühsam finde, glaube ich, dass es dieses Ich eben gibt. Ich mein, indem ich den Gedanken nicht fassen kann, habe ich die Kontrolle nicht, also nerv ich mich und weil ich mich nerve, kann ich schon gar keinen klaren Gedanken mehr fassen... hilfe!!! ...eigentlich hätte ich nun gerne eine Antwort darauf, die etwas Licht in diese Sache bringt, nur ist das wahrscheinlich nicht so machbar für euch, da ihr mich ja nicht kennt. Und von dieser Kontroll-Mo kann euch nicht mal was erzählen, da gibts gerade Stromausfall... oder so.

Tja, vielleicht wisst ihr ja trotzdem etwas, das zur Entwirrung beiträgt?

Gruss
Momo
ben1
Beiträge: 1379
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von ben1 »

HAllo Momo

nicht Kontrolle zu haben macht Angst! Das ist klar, das ist bei allen Menschen so. Und dennoch hat das Leben etwas (ja sogar sehr viel) unkontrollierbares. Dank mal nach, was Dir schon alles widerfahren ist (positiv und negatv) was du nicht unter Kontrolle hattest. Ist ne ganze Menge, oder? Und die Kunst des Lebenes besteht meiner Meinung nach nicht darin, alles unter Kontrolle haben zu müssen, sondern mit dem Fluß des Lebens zu schwimmen, mehr eine abwartende, auch demütige Haltung einzunehmen und zu schaun, was passiert.

Ben
momo
Beiträge: 178
Registriert: 12. Okt 2003, 03:08

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von momo »

Antworten