kann begegnung akzeptanz schaffen?

Antworten
timmie2002
Beiträge: 1706
Registriert: 2. Nov 2012, 13:32

kann begegnung akzeptanz schaffen?

Beitrag von timmie2002 »

hallo,

ich habe gerade unter Literatur etc. dendrits beitrag gelesen, also den aufgezeigten artikel

( http://www.netdoktor.de/News/Psychisch- ... _content=2" onclick="window.open(this.href);return false; )

und bin sehr nachdenklich geworden.

dieser satz löst einiges bei mir aus:

Vielleicht wären persönliche Begegnungen mit Betroffenen eine gute Möglichkeit die Toleranz zu steigern.


könntet ihr euch das auch vorstellen?
wie müssten solche begegnungen organisiert und gestaltet werden?
wäret ihr bereit, euch einem solchen vohaben zu stellen?

ich denke durchaus positiv darüber. dabei gehe ich von meinem arbeitsumfeld aus, in dem ich die erfahrung gemacht habe, dass ich mehr verständnis bekomme, wenn ich mit kollegen über meine erkrankung spreche. wahrscheinlich oder sicher nicht bei jedem. aber ein beispiel:

vor kurzem hatte ich ein längeres gespräch mit einer kollegin, zu der ich ein gutes verhältnis habe, die sich aber seit einiger zeit sehr distanziert zu mir verhielt. wir haben uns darüber ausgesprochen. dabei habe ich ihr einfach mal erzählt, wie sich die krankheit bei mir auswirkt, bin sogar dann soweit gegangen, ihr vom suizidversuch zu erzählen. sie war völlig schockiert. sie wusste einfach nicht, welche belastungen die krankheit mit sich bringt und wie schwer der umgang mit ihr ist. sie dachte wirklich, dass meine krankschreibungen nur vorgeschoben sind. sie hat sich bei mir entschuldigt, das sie so gedacht hat. das finde ich sehr stark von ihr.

aber das ist nur ein beispiel. trotzdem denke ich auch, wie in dem artikel ausgedrückt, dass aufklärung allein nicht genügt, mehr akzeptanz, toleranz und verständnis zu schaffen.

in meinem kopf ist die vision entstanden, dass man solche begegnungen im größeren rahmen organisieren müsste. vielleicht könnte die depri-liga sich eines solchen vorhabens annehmen.
ich könnte mir vorstellen, dass sich in unserem forum bestimmt betroffene finden würden, die bereit wären, bei solch einem projekt mitzumachen.

thomas müller rörich macht es ja in gewisser weise schon vor, wie in dem bericht "wege aus der depression" gezeigt wurde, indem er in workshops als betroffener führungspersonen über die krankheit und den umgang mit ihr aufklärt.

so, das als erster ansatz von mir. würde mich freuen, wenn euch das thema interessiert und wir in gedankenaustausch treten.

glg final
EinJemand
Beiträge: 51
Registriert: 14. Jan 2014, 20:00

Re: kann begegnung akzeptanz schaffen?

Beitrag von EinJemand »

Hallo!

Die Idee finde ich interessant. Ich würde es auch nicht schlecht finden, aber ich glaube irgendwie, dass das nicht so viel bringen würde. Man kann über sowas mit Menschen aus dem Umfeld unterhalten, aber in großem Rahmen? Ich denke, das wird niemanden interessieren, der nicht betroffen ist. Stell dir vor du ließt eine Anzeige über sowas und bist nicht betroffen. Würdest du nicht denken "Ach, die machen sich jetzt auch wichtig" oder würdest es genz ignorieren?
Außerdem würde ich sowas auch irgendwo stigmatisierend finden. Also ob das etwas abrtiges wäre, it dem auch andere Leute zu leben lernen müssten und so. Ich weiß nicht, vielleicht kommt das krass rüber, was ich meine....
Ich denke, das Interesse müsste da sein und das ist es nicht. Außer viellicht bei irgendwelchen Möchtegern-Hobby-psychologen...

EinJemand
Kodiak
Beiträge: 428
Registriert: 3. Okt 2010, 16:55

Re: kann begegnung akzeptanz schaffen?

Beitrag von Kodiak »

Hallo final, hallo Ein Jemand,

mittlerweile hat mich die Depression, bzw. haben mich die Folgen der depressiven Erkrankung in ein soziales Abseits geführt. Es gibt nur noch den Kontakt zu meiner Familie, den ich keineswegs herabwürdigen möchte, den Kontakt zu Ärzten und medizinischem Personal sowie gelegentliche Austauschversuche hier im Forum.

Wenn ich unterwegs jemanden treffe, mit dem ich zum Beispiel über zwanzig Jahre zusammengearbeitet habe und mit dem ich früher auch kommuniziert habe, mache ich zunehmend die Erfahrung, dass ein aus dem Weg gehen vorkommt und ich nach einer anfänglichen Enttäuschung denke, dass ich mich bestimmt selbst nicht sehr zugänglich zeige. Auch ich bleibe einen Moment länger im Auto sitzen, um niemandem über den Weg zu laufen. Und ich lehne zum Beispiel auch Einladungen meiner ehemaligen Kollegen ab. Also haben die anderen nicht unbedingt Schuld daran, wenn kein Kontakt zustande kommt.

Das hat sicher auch seine Ursachen. Ich bin früher extrem offen mit der Erkrankung umgegangen. Ich war damit nicht hausieren, aber wer gefragt hat, bekam eine ehrliche Antwort. Ich habe mich nicht versteckt, auch nicht vor dem Arbeitgeber. Das hat mich meinen Job gekostet. Von mehreren Seiten kam die Rückmeldung, dass ich zu ehrlich gewesen sei. Aber ich hatte nicht die Kraft, Lügen zu erfinden.

Heute möchte ich nur noch mit vertraute Personen über die Depression reden. Also im Moment nur meine Familie und die Ärzte. Und ich möchte hier darüber schreiben können.

Neben fehlender Akzeptanz bemerke ich auch eine Unsicherheit bei den ablehnenden Menschen. Das passiert zum Beispiel bei irgendwelchen Zusammenkünften im Bekanntenkreis. Meine Frau ist gern mit Menschen zusammen und ich geh dann eben mit. Da passiert es dann, dass ich einfach ignoriert werde. Dabei versuche ich gelassen zu bleiben und mir zu sagen, dass der andere vor sich eigentlich ein viel größeres Problem hat, als ich. Er ist für sein Verhalten verantwortlich und es liegt nicht in der Natur des Menschen, bewusst mies zu sein. Die meisten wollen doch ein gutes Bild von sich liefern. Aber ich bin auch nicht so naiv zu glauben, dass es nicht auch böse Menschen gibt. Aber dafür kann ich nichts.

Akzeptanz schafft man mit Offenheit. Gelegentlich jedenfalls. Die Depression als eine Erkrankung wie jede andere auch. Dieses Bild gilt es für den Depressiven zu vermitteln. Der Preis dafür kann allerdings ziemlich hoch sein. Das Erträgliche liegt wahrscheinlich, wie bei Vielem, irgendwo in der Mitte.

LG,
Dietmar
krimi56
Beiträge: 1919
Registriert: 25. Dez 2011, 11:45

Re: kann begegnung akzeptanz schaffen?

Beitrag von krimi56 »

Guten Morgen, alle zusammen,
guten Morgen, final!

Der von dir zitierte Satz
Vielleicht wären persönliche Begegnungen mit Betroffenen eine gute Möglichkeit die Toleranz zu steigern.
lässt mich nicht los.

Begegnung – Begegnung Betroffener, Begegnungen mit der oder für die Öffentlichkeit – das halte ich für außerordentlich wichtig.
Und nur so kann mehr für uns getan werden, können wir mehr für uns tun.

Wo sollen/können solche Begegnungen stattfinden?

Wie ich hier gelesen habe, wird von der Deutschen Depressions Hilfe alle 2 Jahre? ein Patientenkongress abgehalten. Und wo? Immer in Leipzig.

Nur begrenzt können dort Betroffene teilnehmen und auch nur eine begrenzte Anzahl Angehörige und Interessierte wird erreicht.
Eine Überlegung für die Moderation wäre: Diese Veranstaltung öfters durchzuführen und an wechselnden Orten.

Ich persönlich bin in den Foren der Deutschen Hirntumorhilfe und im HirnTumorDiskussionsforum aktiv, als Betroffene.

Die Deutsche Hirntumorhilfe plant und organisiert 2x im Jahr einen Infotag in wechselnden großen Städten bundesweit. Dort können Betroffene, Angehörige, Interessierte sich treffen, kennenlernen, Erfahrungen und Informationen austauschen.

Ärzte referieren dort in ihrer Freizeit zu Themen wie z. B. zu Diagnosen und Behandlungsmöglichkeiten rund um das Thema Gehirntumor.
Es besteht die Möglichkeit diesen Ärzten Fragen zu stellen und am Ende der Veranstaltung von den eigenen Erfahrungen zu berichten.
Ganz wichtig ist für uns in den Pausen und im Anschluss der Austausch untereinander.

Das ist für Betroffene und ihre Angehörigen eine gute Möglichkeit Toleranz zu zeigen und zu erhalten. Denn mit der OP und einer anschließenden Behandlung ist das Thema noch lange nicht abgeschlossen. Da hängt noch so viel dran, von dem andere nur auf solchen Veranstaltungen erfahren können, selbst die Ärzte – Neurochirurgen, Neurologen, Epileptologen.

So ist es auch für uns hier. Mit der Diagnose, möglicher Einstellung mit Medikamenten und einer Psychotherapie oder einem Klinikaufenthalt
sind wir nicht fertig therapiert. Nicht gewappnet für die Welt da draußen.

Da sind die Ängste wie das Umfeld auf meine Diagnose reagiert. Möglichweise die Sorge um den Arbeitsplatz, weil die Belastbarkeit zeitweise nicht so gegeben ist. Und, und, und …
(So wie ich lange gebraucht habe meiner Chefin zu sagen "Ich habe Epilepsie".)

Die Krankheit "Depression" ist noch viel zu wenig im Focus der Öffentlichkeit.

Das waren jetzt meine Gedanken und Überlegungen zu Begegnung, Akzeptanz und Toleranz.

Einen schönen Tag wünscht
krimi
"Denk nicht daran, wie viel zu tun ist, welche Schwierigkeiten zu bewältigen sind oder welches Ziel erreicht werden soll, ...sondern widme dich gewissenhaft der kleinen Aufgabe, die gerade ansteht."
- Elisabeth Tova Bailey -
Antworten