hochsensibel, nachhaltige Erlebnisverarbeitung, Erschöpfung

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DocHolliday
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hochsensibel, nachhaltige Erlebnisverarbeitung, Erschöpfung

Beitrag von DocHolliday »

hallo zusammen,

mein Problem hat nicht direkt etwas mit "Depression" zu tun, wenngleich "Hochsensibilität" und "Depression" oftmals einhergehen und es ist so bei mir gewesen. Durch eine sehr lange Therapie habe ich meine Depressionen überwunden und bin über 6 Jahre beschwerdefrei. Depression ist weg, meine Hochsensibilität ist geblieben, bzw. haben sich meine Sinne noch geschärft.

Ich bin "Langzeitarbeitsloser", ü 50, war hochgradig depressiv während der Zeit einer möglichen Ausbildung, hatte vergeblich versucht ordentlich in 3 verschiedenen Studiengängen zu studieren...hatte viel gejobbt...ganz lange Geschichte...!

Aktuelles Erlebnis ist, dass ich vorige Woche 3 Tage aufm Bau gearbeitet habe, abgesehen von den körperlichen Beanspruchungen, ist ja nicht ungesund, hatte ich es mit einem chaotischem Chef und ziemlich, aus meiner Sicht, primitiven und nervigen Kollegen zu tun.
Generell hatte ich für mich aber ganz andere Vorstellungen von Organisation und Zusammenarbeit.

Nun gut, das Geld kann ich gut gebrauchen und ich habe mir den Zirkus eben die 3 Tage angesehen.

Danach musste ich viel schlafen und bin gedanklich/ visuell immer wieder die vielen kleinen Situationen und Erlebnisse, wieder und wieder, durchgegangen und stelle mir die Frage, ob ich da weitermachen will, das Angebot habe ich, aber 3 Tage arbeiten und 3 Tage verarbeiten steht nicht in einem gesundem Verhältnis. Vor allem nervt mich der Unternehmer, dem ständig irgendwelche Überlegungen durch den Kopf schießen, der ständig unter Spannung steht, der getrieben ist von wirtschaftlichen Zwängen...

Meine Hochsensibilität bedeutet u.a. für mich, dass ich ständig verstärkt Eindrücke, bewusst oder unbewusst, aufnehme, mich dagegen nicht wehren kann, es mich nachhaltig beschäftigt und es mich eben erschöpft, es Kraft kostet, und das war schon immer so, und lässt sich auch nicht "wegtherapieren". Die tieferliegenden Ursachen dafür kenne ich.

Meine Strategie dafür ist, für ausreichend Erholung sorgen, mich nur dosiert irgendwelchen Einflüssen aussetzen, Rückzug in die eigenen 4 Wände... ich fühle mich generell innerlich sehr lebendig, bin vielseitig interessiert, bin gerne allein, denke viel und angeregt nach...habe eine Handvoll sehr guter und langjähriger Freunde, also so weit alles gut...

...wenn ich nicht mit finanziellen Problemen und gesellschaftlichen Zwängen des Arbeitslebens konfrontiert wäre.
Der Status des ALG II Empfängers macht mir nicht nur nichts aus, sondern bietet mir die Möglichkeit, mich nicht Einflüssen aussetzen zu lassen, die bei mir einen, im Vergleich zu "normalen" Arbeitnehmern, unverhältnismäßigen Stress auslösen.

Was das Finanzielle angeht, habe ich für mich zur Ergänzung einige kreative Lösungen geschaffen, die mal mehr oder weniger ertragreich sind, und vor allem selbst bestimmt. Aus verständlichen Gründen möchte ich nicht näher darauf eingehen und ich habe nicht immer ein einwandfreies Verhältnis dazu, ich betrachte es jedoch als Notwehr.

So weit alles kurz durchreflektiert.

Ich fühle mich irgendwie gefangen in meiner Selbsterkenntnis und die Probleme der Hochsensibilität, finden allgemein aus meiner Sicht, zu wenig Berücksichtigung in der Arbeitswelt und in der gesellschaftlichen Diskussion. Ich habe u.a. so primitive Stammtischwadronierer vor Augen, die ihren sehr eigenen Blick auf die Realität der Erwerbslosen haben.

Oder Sachbearbeiter und andere Zeitgenossen, die sich nicht hinein versetzen können, weil sie nicht betroffen sind und da gibt es die Parallele zu "Depression", wer es nicht am eigenen Leib erfahren hat, der kann auch nicht voll erfassen, was es bedeutet, und schon gar nicht einordnen.

Kann sich jemand hier dabei wiederfinden?
Hat jemand hier ähnliche Probleme?

Ich glaube dass es einige Foren gibt, die "Hochsensibilität" zum Gegenstand haben, und ich werde mal sehen, wie da darüber diskutiert wird.

DocHolliday
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Dendrit
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Re: hochsensibel, nachhaltige Erlebnisverarbeitung, Erschöpf

Beitrag von Dendrit »

Hi!
Ich glaube dass es einige Foren gibt, die "Hochsensibilität" zum Gegenstand haben, und ich werde mal sehen, wie da darüber diskutiert wird.
Meinst Du hier oder andere Foren über HSP? Bei Letzterem kann ich Dir weiter helfen. Auf einem Forum gibts einen Test und mir fiel auf, je weniger tief ich in der Depri war, desto weniger traf zu, also wo ich mehr oder weniger wie abgestumpft. Je besser es mir geht/ging, desto mehr traf auf mich (nicht) zu.

LG, Manuela
DocHolliday
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Re: hochsensibel, nachhaltige Erlebnisverarbeitung, Erschöpf

Beitrag von DocHolliday »

hallo Manuela,

ich kenne diese Testfragebögen, und die sind fürs erste zur Orientieren recht hilfreich.
HS ist sicher auch tagesformabhängig, aber die Grunddisposition, finde ich, ist immer vorhanden,
und die meine kenne ich aus dem ff.

Hochsensibilität hat ja nicht nur Nachteile, HSP sind in aller Regel kreativer, einfühlsamer, beobachten genauer, haben mehr Phantasie und insgesamt ein bunteres Innenleben. Das sollte allgemein mehr anerkannt werden und Berücksichtigung finden.

Meine Betrachtungen haben hier bislang nicht so viel Resonanz gefunden, vielleicht liegt es auch daran, dass die Thematik nicht so bekannt ist...ich glaube, dass HS und Depression sehr eng miteinander verbunden sind und sich gegenseitig auch verstärken können, den Leidensdruck erhöhen, Erschöpfungszustände verstärken.

Wenn Du da für mich Links hast zu guten Foren, würde ich mich freuen!
Ich habe bislang noch nicht gesucht und bin für Tipps dann sehr dankbar.

LG
DocHolliday
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Dendrit
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Re: hochsensibel, nachhaltige Erlebnisverarbeitung, Erschöpf

Beitrag von Dendrit »

http://www.zartbesaitet.net/?s=forum" onclick="window.open(this.href);return false;
http://empfindsam.net/index.php" onclick="window.open(this.href);return false;

Thread hier im Forum: http://www.diskussionsforum-depression. ... 57&t=20116&" onclick="window.open(this.href);return false;

Bei Beiden war ich ganz zufrieden. Ich hab die Erfahrung gemacht, dass jüngere Foren "Abspaltungen" von solchen großen Foren sind.

Ich hoff, sie sagen Dir zu.

LG, Manuela
Mione
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Re: hochsensibel, nachhaltige Erlebnisverarbeitung, Erschöpf

Beitrag von Mione »

Hallo ihr beiden,

momentan beschäftige ich mich auch mit dem Thema Hochsensibilität, nachdem ich irgendwann zufällig darauf aufmerksam wurde.

Mit einer Mischung aus Staunen und Erschrecken habe ich die ersten Infos dazu gelesen. Es passte so gut zu mir, was dort stand, es bot eine Erklärung für vieles seit meiner Kindheit, lange bevor die Depression ins Spiel kam.
Da war immer das bis heute anhaltende (teils schmerzhafte) Gefühl, irgendwie anders zu sein als Gleichaltrige - in mich gekehrter, sich mehr Gedanken um alles machend, vor allem über Richtig und Falsch, vieles anzweifelnd, was für andere selbstverständlich schien. Ich war/bin kreativ und empathisch, Literatur und Co. sehr zugewandt, habe eine besondere Begabung in diesem Bereich, bin aber auch leicht durch Kleinigkeiten zu verletzen, gerade im Zwischenmenschlichen und neige schneller zu Tränen, als mir lieb ist. Habe eine bisher ungeklärkte stärkere Empfindlichkeit gegenüber Medikamenten (allergische Reaktionen, Nebenwirkungen), das Bedürfnis, sich immer wieder eine zeitlang von allen äußeren Eindrücken zurückzuziehen und für mich zu sein, um alles zu verarbeiten.

Ich war sehr dankbar, als ich zum ersten Mal auf den Begriff Hochsensibiltät stieß, hatte das Gefühl, endlich Verständnis und eine plausible Erklärung zu bekommen.
Zweifel waren/sind aber auch da, darüber, ob das das alles anerkannt ist und wird oder nur Wunschdenken für mich ist, um mein Anderssein zu erklären. Darum habe ich mich auhc noch nicht getraut, mit meinem Doc oder jemandem aus der Familie darüber zu sprechen.

Ich würde mich freuen, wenn wir uns hier ein bisschen zum Thema austauschen könnten. Stehe noch am Anfang meiner Auseinandersetzung damit.


Liebe Grüße
Mione
Zuletzt geändert von Mione am 30. Jul 2014, 10:50, insgesamt 2-mal geändert.
DocHolliday
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Re: hochsensibel, nachhaltige Erlebnisverarbeitung, Erschöpf

Beitrag von DocHolliday »

hallo Mione,

schön, dass Du Dich gemeldet hast.

Also ich gehe mit meiner HS generell für mich offensiv um, stehe zu meiner "Schwäche", sorge für mich und das Erforderliche, damit es mir gut geht und sogar noch besser geht, denke ich, besser als vielen, die in dem Hamsterrad von Mühsal, Verantwortung, Verpflichtungen, Scheinbedürfnissen, Scheinwertvorstellungen, Materialismus, Statusdenken stecken...

Damit will ich die Lebensweise von anderen keinesfalls abwerten, nur ich habe eine andere und die nehme ich für mich in Anspruch, auch vor dem Hintergrund, das ich ganz viele Jahre gelitten hatte und davon lange Zeit weder Hilfe hatte, noch wusste, was mit mir los ist.

Mit "HS" hat das Kind zwar einen Namen, ist beschrieben und die Betroffenen sind nicht ganz alleine damit, aber einen gesunden Umgang damit muss jeder für sich selbst entwickeln. Im Privatem kann man sich leichter zurückziehen um Erholung zu finden, wenn da nicht irgendwelche "Verpflichtungen", wie Feiern oder ähnliches im Weg sind. Ich lehne solche Veranstaltungen kategorisch ab, weil die mich nerven, und habe auch keinen Kontakt zur Verwandtschaft, die nerven mich auch. Bei guten Freunden ist das anders.

Am Arbeitsplatz, im Berufsleben kann man sich nicht einfach zurückziehen, wenn man den Kanal voll hat. Ich war mal ne Zeitlang im öfftl. Dienst, da ging es ab und an mit Krankschreiben. Ich finde, dass HSP verhältnismäßig höher belastet sind und nach "Feierabend" mehr erschöpft sind, und das beeinträchtigt die Lebensqualität unverhältnismäßig höher, als bei NichtHSP-lern. Ein Vergleich der sich vielleicht nicht sofort Jedem erschließt: Es macht schon einen Unterschied, ob man in Deutschland oder in Mexiko im Knast sitzt.

Schlechte Knastbedingungen im Ausland werden bei Dauer der Verbüßung in Deutschland angerechnet, zB. 10 Jahre in Deutschland entsprechen 5 Jahre in Mexiko. (Ähem...nicht dass ich etwas damit zu tun habe, ich habe es irgendwo gelesen :-)). Analog dazu könnte man feststellen, dass Vollzeitarbeit für einen NichtHSP-ler einer Halbtagsarbeit für einen HSP entspricht...

HS kann man nun auch nicht eine Behinderung im klassischem Sinne nennen, aber sie behindert ungemein, wenn dem nicht Rechnung getragen wird. Ich habe jetzt nicht weiter recherchiert, wie jetzt aktuell die allgemeine Akzeptanz dafür ist, ob es in den letzten Jahren Entwicklungen gegeben hat...ich war mal vor Jahren in einem entsprechendem Forum, da ging es recht lebhaft zu, aber Patentrezepte gabs da auch nicht...

LG
DocHoliday
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Klarinter
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Re: hochsensibel, nachhaltige Erlebnisverarbeitung, Erschöpf

Beitrag von Klarinter »

Hallo DocHolliday,

durch Überlegungen, wie es in meinem Leben beruflich weitergehen soll, bin ich wieder auf HSP gestoßen und bin hier im Forum auf deinen Beitrag gestoßen.
DocHolliday hat geschrieben:...Analog dazu könnte man feststellen, dass Vollzeitarbeit für einen NichtHSP-ler einer Halbtagsarbeit für einen HSP entspricht... DocHoliday
das habe ich auch bei mir selber festgestellt. Habe immer wieder meine Kollegen mit großem Erstaunen bewundert, dass sie noch Kraft hatten, nach Feierabend etwas zu unternehmen. Ich war immer komplett groggy nach 8 Stunden.

Ich lese gerade das Buch "Außergewöhnlich normal - hochbegabt, hochsensitiv, hochsensibel: wie Sie Ihr Potential erkennen und entfalten" und finde mich komplett in diesen Zeilen wieder:

Tanja, 46, Krankenschwester "Nach der Erkenntnis über HSP wusste ich endlich, warum ich mich anders fühle, warum ich mich immer allein fühle, warum ich viele Dinge nicht ertragen kann, warum ich diese Stimmungsschwankungen habe, warum ich mich so abschotte, wenn ich von Reizen überflutet werde, warum ich viele Sachen nicht mag, die "normale" Menschen mögen (Anmerkung: bei mir sind es z.B. Discobesuche, bei der Schreiberin Stadtfeste usw.),

warum ich mir so viele Gedanken mache, warum Ereignisse bei mir so lange nachwirken, warum ich mit anderen Menschen mitleide, warum ich so angreifbar bin, warum ich manchmal so aggressiv reagiere, warum ich manchmal denke, ich kann nicht mehr, und gestresst bin, warum ich mich manchmal in meine eigene innere Welt zurückziehen muss und nach außen nur noch funktioniere wie ein Roboter, etc."

Das Buch beschreibt einen engen Zusammenhang zwischen HSP und Depression. Der Autor hatte selbst solche Phasen mit S-Versuchen. Er schreibt, dass er -nach Merkwürdigen "Zufällen", die sein Lebensende verhinderten und Nahtoderfahrungen- irgendwann akzeptierte, dass es irgendeinen Sinn in seinem Leben geben muss und dass er nicht das Recht dazu habe, seine Gaben abzulehnen.
Klingt hoffnungsvoll.

Ist hier noch jemand HSP und was macht ihr beruflich...auch Ideen von anderen sind herzlich willkommen :-)

LG
Klara
Ich bin nicht verrückt, nur anders.
Dendrit
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Re: hochsensibel, nachhaltige Erlebnisverarbeitung, Erschöpf

Beitrag von Dendrit »

Hallo Klara,

ich hab das Buch "zartbesaitet" gelesen und war auch überrascht, mich darin zu finden. Da ich bei einigen Familienmitgliedern ähnliches wusste, gab ich auch ihnen das Buch. Eine Bekannte schickte ich eines für solche, die in Führungspositionen o.ä. sind. Sie rutscht immer wieder da rein, auch wenn sie sich für was ganz anderes beworben hat.

Mir gefiel in dem Buch der Vgl. mit einem Kind. :D Vllt. gibts das in Deinem Buch auch. Irgendwann hab ich das akzeptiert, aber trotzdem ist es für mich sowas wie ein Fluch, auch wenn ich gelesen hab, dass dem nicht so wäre. Es ist für mich wahnsinnig hinderlich und erreiche nicht, was ich will. Jedenfalls ärgere ich mich sehr darüber. :roll:

Beruflich? Gesundheitsbedingt (Depri) befristete Frührentnerin. ;)
Ideen? Jede Menge, mehr als mir lieb ist. :o 8-)

LG, Manuela
DocHolliday
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Re: hochsensibel, nachhaltige Erlebnisverarbeitung, Erschöpf

Beitrag von DocHolliday »

hallo Klara,

ich finde, dass jede/r seine Schwächen und Stärken kennen sollte und sich sein Dasein danach einrichten möge..

Leider geht das im Berufsleben eben nicht so, da ist ja fast alles durchgetaktet...in aller Regel...

Menschenansammlungen gehen mir auf die Nerven, Kino, Feste aller Art, Kneipe, Lärm...schon als Kleinkind habe ich Sirenenalarmübungen als bedrohlich empfunden und konnte von meinen Mutter kaum bis gar nicht beruhigt werden...

Ich hatte mich an 3 verschiedenen Studiengängen versucht, aber das Gewusel an der Uni, die Enge, überfüllte Veranstaltungen und abstrakte Inhalte...konnte ich nicht ertragen.

Hochsensibilität, meine Ansprüche, Erlebnisse in meiner Kindheit und Jugend, eine beendete Beziehung, mündeten für mich in Depression...und das heftig und sehr lange.

In meiner langen Therapie war meine HS zwar auch ständig Thema, stand aber nicht so im Fokus, wie ich es mir im nachhinein betrachtet, gewünscht hätte.

Knackpunkt ist doch, wie eine solche Disposition anerkannt wird, es ist keine Krankheit, es ist keine Behinderung...aber es kann eben, bei zu großer Belastung, zu einer unverhältnismäßigen Beeinträchtigung der Lebensqualität führen. Als ich mal kurzzeitig bei einem Psychiater in Behandlung war, lange nach Ende meiner Therapie, wollte ich von ihm eine Art Attest oder Gutachten erstellt bekommen, wegen HS und Arbeitsamt / Jobcenter und so, hat er nicht gemacht. Ich solle wieder kommen, wenn es, sinngemäß, konkrete Sachverhalte gibt...

Tja, ein Aspekt ist eben auch, das sich HSPler hinter ihrem HS gut verschanzen könnten, eine Art Alibi, und für sich "Sonderbehandlungen" in Anspruch nehmen wollen...um sich vor Unannehmlichkeiten "drücken" zu können.

Ein Vergleich mit "Normal bis Unsensiblen" könnte auch so gehen, dass man diese als (überspitzt) dumpf, plump, primitiv, schmerzfrei, beschränkt, oberflächlich... bezeichnen könnte, dann fällt der Vergleich qualitativ etwas anders aus.

LG
DocHolliday
...besser ein Onkel, der was mitbringt, als ne Tante die Klavier spielt.
blueray

Re: hochsensibel, nachhaltige Erlebnisverarbeitung, Erschöpf

Beitrag von blueray »

Hallo,
ich habe mich auch mal eine Weile mit HSP beschäftigt. Das kam durch eine Bekannte die ich kennenlernte, diese hatte so einen kleinen Gesprächskreis mit HSP'lern gegründet und die treffen sich so alle vier Wochen.
Am Anfang dachte ich auch, dass mich das betrifft und es der Schlüssel für meine Problematik ist. Meine Frage ist die, was war zuerst da, die Depression und dann HSP oder umgekehrt?
Tja, ein Aspekt ist eben auch, das sich HSPler hinter ihrem HS gut verschanzen könnten, eine Art Alibi, und für sich "Sonderbehandlungen" in Anspruch nehmen wollen...um sich vor Unannehmlichkeiten "drücken" zu können.
Das dachte ich auch bei einigen und ich gebe zu das es mich auch gestört hat, auch konnte man den Eindruck gewinnen das sich einige gerne einen "Sonderstatus-Stempel" aufdrücken wollten.
Ein Vergleich mit "Normal bis Unsensiblen" könnte auch so gehen, dass man diese als (überspitzt) dumpf, plump, primitiv, schmerzfrei, beschränkt, oberflächlich... bezeichnen könnte, dann fällt der Vergleich qualitativ etwas anders aus.
Solche Argumente über "Normalsensible" habe ich mehr wie einmal in der Gruppe gehört. Das mag ja auch in einigen Fällen stimmen, aber nicht durch die Bank.
Genauso wurde auch vehement bestritten, dass Depressionen vorhanden seien und meiner Meinung nach hatten die meisten auch damit Probleme.

Das ist wirklich ein schwieriges Feld, ich habe mich aus der Gruppe verabschiedet, obwohl ich nach wie vor diese HSP Symptome habe. Aber wie schon oben erwähnt, ich bin nicht sicher ob es nicht auch eine Folgeerscheinung der Depressionen ist, zumindest bei mir.

Grüße
Revedattel
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Registriert: 23. Jan 2014, 10:43

Re: hochsensibel, nachhaltige Erlebnisverarbeitung, Erschöpf

Beitrag von Revedattel »

Hallo Doc,

deine Gefühle kenne ich auch.
Zu meinem derzeitigen Zustand kommt auch Hochsensibilität hinzu.

Könnte manchmal einfach losheulen.
Habe aber wahrscheinlich kein richtigen Zugang zu meinen Gefühlen.
Ich beschäftige mich erst relativ kurz mit Depressionen.

Durch meine jetzige Situation ist es wieder aktuell geworden.
Hatte Glück in den letzen Jahren einen ruhigen Job zu haben.

Das man sich im Arbeitsleben nicht so einfach rausnehmen kann,
das Problem habe ich auch.

Wurde vor kurzem bei einem Vorstellungsgesräch als Mitarbeiter bei einer Beschwerdehotline wegen Ängstlichkeit abgehlent.

Alein der Gedanke mich den ganzen Tag von verärgerten Kunden beschimpfen zulassen lässt mir alle Haare zu Berge stehen.

Auch im meinem alten Job haben mir oft die"normalsten" Dingen furchtbar zugesetzt.

Schön zu wissen daß ich nicht alleine bin mit diesen Gefühlen.
aikido_1987
Beiträge: 1133
Registriert: 24. Jul 2011, 20:43

Re: hochsensibel, nachhaltige Erlebnisverarbeitung, Erschöpf

Beitrag von aikido_1987 »

Hallo Doc Holliday!

Meine Schwiegermutti hat neulich einen Zeitungsartikel über "HSP" gelesen, mich da wieder gefunden und mir den Artikel gegeben.

Ich weiß noch nicht so ganz, was ich davon halten soll, aber lt. Test bin ich positiv. Aber wie sicher oder korrekt ist der Test!?! Wer hat sich den wie ausgedacht!?!
Ich habe mich in vielen Fragen wieder gefunden und mich gefragt, was ist die Konsequenz, wenn ich mich plötzlich als "HSP" betitel. Konsequenzen hat das keine.

Ein komisches Wort, was keiner kennt, wo ich eher noch drum belächelt werde.
Ich weiß, dass ich "empfindlich" bin und ziehe mich dementsprechend oft zurück.
Es wird sicher keine Gesetze geben, die besagen, dass "HSP" im Arbeitsleben mit Schwerbehinderten gleich gestellt werden und z.b. mehr Urlaub bekommen.
Und meine Freunde werden mich auch nicht vor Aktivitäten schonen und mehr Rücksicht nehmen. Sie nehmen schon meine ganze Depression lang Rücksicht. Ich muss ihnen auch mal was zurück geben.

liebe Grüße
aikido
Salvatore
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Re: hochsensibel, nachhaltige Erlebnisverarbeitung, Erschöpf

Beitrag von Salvatore »

Hallo,

auch ich empfinde mich als hochsensibel. Anerkannt ist das nicht, wird es meiner Ansicht nach auch nie werden. Ich bin bisher noch nicht auf Verständnis gestoßen damit (eher belächelt, wie Aikido), auch nicht in der psychiatr. Akutklinik, in der ich war - besonders auf der Aufnahmestation war es schlimm, alles eng beieinander und NIRGENDS eine Rückzugmöglichkeit. Ich habe mehrfach gefragt, ob es nicht irgendeinen Raum gäbe, in den ich mich meinetwegen auch nur kurze Zeit setzen könnte - nein. Ich wäre auch in den Isolationsraum gegangen - nein, geht nicht. Ich war ziemlich verzweifelt.

Ich würde von mir behaupten, dass die HS vor der Depression kam, ich erinnere mich an viele Gelegenheiten in meiner Kindheit, wo mir vieles zu laut war, das für andere Kinder völlig normal war. Bei größeren Veranstaltungen wie z.B. Fasching habe ich regelmäßig Migräne bekommen.

Erstmals aufmerksam geworden bin ich auf das Phänomen durch dieses Buch:
http://www.deprilibri.de/doku.php?id=we ... o_zum_plus
Ich dachte die ganze Zeit - woher kennt der mich??!

Danach habe ich noch dieses gelesen:
http://www.deprilibri.de/doku.php?id=mi ... eingefuehl

Manche Situationen kann ich leicht vermeiden, z.B. wenn mein Mann Krafttraining macht - das Geklirre beim Scheibenwechseln ertrage ich nicht.
Für andere Gelegenheiten, die ich nicht umgehen kann, habe ich Strategien entwickelt. Wenn ich Bus- oder Bahnfahren muss, dann geht das nicht ohne Mp3-Player.
Geburtstage u.ä. finde ich weiterhin problematisch, das Stimmengewirr prasselt ungefiltert auf mich ein und ich kann mich nur mit Anstrengung auf einzelne Gespräche konzentrieren. Lange bleiben kann ich dann nicht, bei Hochzeiten gehe ich mit meinem Mann zwischendurch mal eine viertel- oder halbe Stunde spazieren, wenn das Essen vorbei ist. Das fällt gar nicht auf.

Lg, Salvatore
Blog: http://www.oddyssee.de
Instagram: Oddysee@meine_oddyssee
DocHolliday
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Re: hochsensibel, nachhaltige Erlebnisverarbeitung, Erschöpf

Beitrag von DocHolliday »

hallo Aikido,

eine persönliche Konsequenz ist eben seine Kräfte richtig einzuschätzen und für Erholung, Entspannung zu sorgen.

http://www.zartbesaitet.net/?s=forum" onclick="window.open(this.href);return false;" onclick="window.open(this.href);return false; ...auch mit vielen Infos zum Thema.

Den Test auf dieser Seite finde ich schon sehr differenziert und aussagekräftig. Selbstverständlich gibt es fließende Übergänge bei dem Grad der Sensibilität. Vor allem soll es Leuten der Orientierung dienen, damit sie sich überhaupt erst mal mit ihrer HS beschäftigen können und das es anderen ähnlich geht.
Es ist doch auch gut, wenn man eine plausible Erklärung hat, für ein erhöhtes Ruhebedürfnis und eine eigeschränkte Belastbarkeit. Und das man für diese "Schwäche" Verständnis für sich aufbringt und sich nicht ständig verurteilt, weil man Ziele nicht erreicht etc. ... Selbstvorwürfe sind ja ein Teilaspekt von "Depression"...

Wenn ich so Jobannoncen lese "hohe Eisatzbereitschaft, belastbar, flexibel, Bereitschaft zu Überstunden, auch an Wochenenden..."...denke ich, solche Arbeitgeber wollen eine eierlegende Wollmilchsau, deren Arbeitskraft sie ausquetschen können.

...weitere Konsequenzen, vielleicht wäre es nicht schlecht, wenn man HSPlern einen gewissen Grad der Behinderung zu erkennen würde, das beinhaltet zwar eine gewisse Stigmatisierung, aber es würde dann eine objektive und behördliche Anerkennung darstellen. Darauf aufbauend könnte z.B. bei der Jobvermittlung Rücksicht genommen werden.

LG
DocHolliday
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Re: hochsensibel, nachhaltige Erlebnisverarbeitung, Erschöpf

Beitrag von Dendrit »

solche Arbeitgeber wollen eine eierlegende Wollmilchsau, deren Arbeitskraft sie ausquetschen können.
:lol:

Es wird wahrscheinlich schwierig sein, zwischen dem Spagat, die es ehrlich meinen und nach Hilfe suchen - wie reizarme Beschäftigung und/oder genügend Pausen - und gewisse Rücksichtnahmen in den Schulen, und denen, sich auf diese "Lorbeeren" ausruhen ... "ich bin halt HSP, das kannst du nicht von mir erwarten; das ist halt so bei HSP, da kann ich nix ändern;" Das ist noch nerviger und in dem Sinn abwertend, dass man für das Umfeld sich den Siegel "HSP" aufdrückt und Mitleid einheischt, wo es geht.

LG, Manuela
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Re: hochsensibel, nachhaltige Erlebnisverarbeitung, Erschöpf

Beitrag von DocHolliday »

hallo Manuela,

ja, es ist ein schwieriges Feld- ich frage mich, wie viele Erkrankungen durch Überlastung und HSP ausgelöst wurden und bei wie vielen es auch ohne Erkrankung zur Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität geführt hat, und zwar ein Arbeitsleben lang...ohne dass die Betroffenen sich verstanden haben.

...und klar, man könnte sich auch auf HS berufen, sich dahinter "verschanzen" und ne ruhige Kugel schieben...

Ich finde es aber auch nicht richtig, wenn diese Disposition offiziell keine Rolle spielt und der Allgemeinheit nicht bekannt ist, das lässt doch HSPler ziemlich isoliert sein. Es soll aber immerhin, wenn ichs recht erinnere, etwa 20% der Bevölkerung betreffen.

LG
DocHolliday
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aikido_1987
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Re: hochsensibel, nachhaltige Erlebnisverarbeitung, Erschöpf

Beitrag von aikido_1987 »

Hallo Doc Holliday!

Das was du zu den Stellenangeboten geschrieben hast, sehe ich genauso.
Wenn ich solche Anzeigen lese, lese ich da immer zu 100% Ausbeutung und sehe all meine Jobs vor mir, die ich bisher hatte. Ich werde dann immer richtig ärgerlich auf die Arbeitgeber, die so etwas in die Anzeigen schreiben.
Getreu dem Motto: "Herzlich Willkommen bei Firma XY, wir machen Sie Burn Out"!

liebe Grüße
aikido
fourseasons
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Re: hochsensibel, nachhaltige Erlebnisverarbeitung, Erschöpf

Beitrag von fourseasons »

Hallo in die Runde!

Ich denke das die Ausbeutung ihre Ursache in den enormen Kostendruck liegt, der auch von Regierungskreisen so iniziiert wird. Aber das ist ein anderes Thema und ich will nicht politisieren ...

Ich habe bei meiner letzten Stelle, bei der mir vor zwei Wochen wegen meiner Epsiode in der Probezeit gekündigt wurde, zuletzt 280 Stunden im Monat gearbeitet und kam dabei 4 bis 5 Stunden zum Schlafen. Ja, das war dann das Äquivalent zu "Flexibel, Belastbar und die Bereitschaft für Mehrarbeit auch außerhalb der Regelarbeitszeit" , was ich wissentlich in der Stellenbeschreibung überlesen habe.

Die Zeiten müssen sich einfach wieder ändern ... gerade für uns Betroffene, die sich kaum noch im Arbeitsalltag zurechtfinden, hat es den Hauch von seelischer Folter. Ich bin hochsensibel seit Kind an, halte aber von Begrifflichkeiten die sich als Modewortdiagnosen kleiden nicht viel. Wir sind alles Individuen - die einen so, die anderen so. Da gibt es hochsensible und andererseits auch ungehobelte Stammtischmenschen, und allerelei anderes buntes Gemisch an Charakteren.
Die Frage die sich stellt ist, wie die hochsensiblen dabei nicht untergehen ... und depressiv werden, oder sonst was ...

LG Dieter
Erst wenn du den anderen so annehmen kannst wie er ist, wird er frei sich von dort an aufzumachen, derjenige zu werden dessen er befähigt ist.
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