helfen ja, aber ab wann geht's einfach nicht mehr??

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vestigari
Beiträge: 3
Registriert: 10. Jan 2014, 14:13

helfen ja, aber ab wann geht's einfach nicht mehr??

Beitrag von vestigari »

Hallo liebe Forumsmitglieder,

ich bin eine neue (bisher nur) Mitleserin in dieser Gemeinde, habe jedoch schnell entdeckt, wie wohltuend & wichtig der Austausch, entgegengebrachtes Verständnis und die Gespräche mit anderen Angehörigen hier sind.
Die vielen Beiträge haben mich ermutigt, mich auch mit der eigenen Situation zu öffnen und die Möglichkeit zur Diskussion - zwecks eigener Erleichterung und vielleicht sogar des ein oder anderen hilfreichen Ratschlages - wahrzunehmen.
Kurz zu meiner Geschichte: Ich bin Mitte 20 und seit ein wenig länger als zwei Jahren mit meinem Freund zusammen. Seit gut einem Jahr sind wir beide arbeitssuchend nach Studienabschluss und hängen zugegeben etwas in den Seilen. Die Situation ist entsprechend nicht immer einfach. In diesem Zeitraum jedoch ist er immer mehr abgerutscht, ins große schwarze Loch gefallen, sieht die Welt und sämtliche ihrer Bewohner als böse bzw. ihm nicht wohlgesonnen und vergräbt sich (im wahrsten Sinne) in der Wohnung. Anfänglich war er „nur“ launisch – dachte ich. Jeder ist mal schlecht drauf und wie gesagt, Gründe zur Euphorie waren/sind situationsbedingt ohnehin eher Mangelware. Das zog sich so vor sich hin. Er beschäftigte sich immer mehr mit sich, es drehte sich fast alles um ihn und seine Gefühle, er beteiligte sich kaum bis gar nicht an Alltäglichem usw.

Lange Zeit habe ich mich ganz mit in diesen Strudel gestürzt (um im wunderbar passenden Bild eines Forumsmitgliedes zu bleiben), habe gemacht und getan, wollte helfen/lindern, war persönliche Assistentin, Sekretärin, Putzfrau, kurz der ganze Rund-um-Service...
Als jedoch Schlafstörungen und Tinitus bei ihm hinzukamen, war ich irgendwann schlichtweg überfordert bzw. am Ende meiner Kräfte und von einer tatsächlichen, partnerschaftlichen Beziehung waren wir auch schon ziemlich weit entfernt!
Er erkennt die Depression als Krankheit an. Setzt sich ausgesprochen intensiv damit auseinander, hat geradezu Spaß daran sich zu analysieren (mittels Therapie und auch Klinikaufenthalten), ist offen und angetan von alternativen Therapieformen und investiert nach wie vor viel Energie darein sich selbst zu verwirklichen... Nachdem ich hier lesen konnte, dass gerade dieser Teil der Einsicht und der Schritt zu einer Therapie nicht selbstverständlich sind, denkt Ihr sicherlich, klingt doch gut soweit?! Für ihn ja...

Was mich betrifft weniger... Immerhin können wir nicht unbedingt auf eine lange gemeinsame Geschichte zurückblicken; die gute und die weniger gute Zeit wiegen sich rechnerisch nicht mal mehr auf... Immer mehr denke ich, ich sollte, ja ich muss mich fast trennen, darf mich nicht weiter mit herunterziehen lassen, muss ohnehin selbst erstmal zusehen wie es für mich weitergehen soll... Zumal es mir immer schwerer fällt eine langfristige & ehrliche Perspektive zu sehen... Ich fühle mich schrecklich allein in dieser „Partnerschaft“. Er ist ganz und gar bei sich und scheint es für absolut selbstverständlich zu nehmen, dass zwischen uns Elementares auf Eis liegt und ich warten muss, solange bis er wieder innerlichen Spielraum für mich frei hat! Ich weiß ja, dass genau das auch der Depression geschuldet ist, aber kann sie wirklich Universal-Erklärung bzw. Freibrief für alles sein??
Dennoch bekomme ich allein bei dem Gedanken an Trennung schon Schuldgefühle, schaffe es einfach nicht mich aus dieser ganzen festgefahrenen Konstellation zu lösen und kann nur denken, dass ich ihn doch ausgerechnet jetzt nicht alleine bzw. hängen lassen darf. Außerdem ist er ja auch so schon sauer/ unfair/ verletzend, wenn ich nicht in seinem Sinne für ihn da bin (d.h. nicht genug, falsch o.ä.). Im Falle einer räumlichen oder gesamten Trennung habe ich folglich Angst in seinen - und wohl auch in meinen – Augen als die eiskalte, fiese, hartherzige Freundin gesehen zu werden, die ihn im Stich lässt...

Auch wenn der Beitrag ziemlich lang geworden ist, würde ich mich freuen, wenn Jemand etwas zu dem wichtigen Thema der eigenen Grenzen von Begleitpersonen beitragen kann/möchte!
Danke!
Angela1980
Beiträge: 82
Registriert: 12. Jul 2012, 23:08

Re: helfen ja, aber ab wann geht's einfach nicht mehr??

Beitrag von Angela1980 »

>Er erkennt die Depression als Krankheit an. Setzt sich ausgesprochen intensiv damit auseinander, hat geradezu Spaß daran sich zu analysieren (mittels Therapie und auch Klinikaufenthalten), ist offen und angetan von alternativen Therapieformen und investiert nach wie vor viel Energie darein sich selbst zu verwirklichen...<

wie du siehst, hat er sich komfortabel in der krankheit eingerichtet.
es stellt sich grundsätzlich und ernsthaft die frage, wieviel ist bei ihn krankheit
(depression) und wieviel ist schlicht nur der "PASCHA" der sich auf deinen
buckel durchs leben laviert.
es ist nicht selten und auch hier immer wieder zu lesen, das so mancher
nach kinikaufenthalten / therapien sich zu einen gehirngewaschenen idioten
mit einen besonderen hang zum EGOISTEN entwickelt.

was bleibt für dich ? grundsätzlich ist es SEINE krankheit und nicht deine, gerade
deshalb weil er sich mit ihr dem anschein nach besser versteht als mit seiner
partnerin.
es gibt zwei möglichkeiten: du lässt dir seine marotten weiterhin gefallen bzw.
durchgehen und wirds langsam und stetig zerrieben bis du selbst psychisch
ruiniert bist, oder du drehts den spiess um, bzw. du wirds selbst zum egoisten
und wirfts ihn raus, was seinen VERHALTEN am meisten rechnung tragen würde.

Angela
"Wenn es keine Menschen gäbe, gäbe es keine Wirtschaft.

Folglich ist die Wirtschaft für den Menschen da und nicht umgekehrt."



Prof. Götz W. Werner, Gründer und Aufsichtsrat von dm-drogerie markt
vestigari
Beiträge: 3
Registriert: 10. Jan 2014, 14:13

Re: helfen ja, aber ab wann geht's einfach nicht mehr??

Beitrag von vestigari »

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Zuletzt geändert von vestigari am 18. Jan 2014, 22:24, insgesamt 1-mal geändert.
Leatrice88
Beiträge: 37
Registriert: 14. Feb 2013, 20:33

Re: helfen ja, aber ab wann geht's einfach nicht mehr??

Beitrag von Leatrice88 »

Liebe Angela,

manchmal kommt es vor, dass sich ein Betroffener in den Angehörigenteil verirrt. Und da liest man nur ungern, dass viele von uns "gehirngewaschene Idioten" oder "Egoisten" sind. Generell klingt das alles sehr abwertend. Ich kann verstehen, dass du vielleicht nicht die besten Erfahrungen gemacht hast, würde dich aber bitten, etwas mehr auf deine Wortwahl zu achten.
Danke.

LG Leatrice
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