•Worte des Tages 2013

Haferblues
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Registriert: 21. Okt 2012, 12:50

Re: •Worte des Tages 2013

Beitrag von Haferblues »

Advent


Es blaut die Nacht. Die Sternlein blinken.
Schneeflöcklein leise niedersinken.
Auf Edeltännleins grünem Wipfel
häuft sich ein kleiner weißer Zipfel.
Und dort, vom Fenster her durchbricht
den dunklen Tann' ein warmes Licht.
Im Forsthaus kniet bei Kerzenschimmer
die Försterin im Herrenzimmer.

In dieser wunderschönen Nacht
hat sie den Förster umgebracht.
Er war ihr bei der Heimespflege
seit langer Zeit schon sehr im Wege.

So kam sie mit sich überein:
Am Nicklausabend muß es sein.
Und als das Rehlein ging zur Ruh',
das Häslein tat die Augen zu,
Erlegte sie - direkt von vorn' -
den Gatten über Kimm' und Korn.

Vom Knall geweckt rümpft nur der Hase
zwei-, drei-, viermal die Schnuppernase.
Und ruhet weiter süß im Dunkeln,
Derweil die Sternlein traulich funkeln.
Und in der guten Stube drinnen,
da läuft des Försters Blut von hinnen.

Nun muss die Försterin sich eilen,
den Gatten sauber zu zerteilen.
Schnell hat sie bis auf die Knochen
nach Waidmanns Sitte aufgebrochen.

Voll Sorgfalt legt sie Glied auf Glied
- was der Gemahl bisher vermied -
Behält ein Teil Filet zurück,
als festtägliches Bratenstück.

Und packt zum Schluss - es geht auf vier -
die Reste in Geschenkpapier.
Da dröhnt's von fern wie Silberschellen.
Im Dorfe hört man Hunde bellen.

Wer ist's, der in so tiefer Nacht
im Schnee noch seine Runde macht?
Knecht Ruprecht kommt mit goldenem Schlitten
auf einem Hirsch herangeritten!

,,Heh, gute Frau, habt ihr noch Sachen,
die armen Menschen Freude machen?"
Des Försters Haus ist tief verschneit,
doch seine Frau steht schon bereit:
,,Die sechs Pakete, heil'ger Mann,
's ist alles, was ich geben kann!"

Die Silberschellen klingen leise.
Knecht Ruprecht macht sich auf die Reise.
Im Försterhaus die Kerze brennt.
Ein Sternlein blinkt: Es ist Advent ...

Loriot
Lebenskünstler sind Menschen, die schon vollkommen glücklich sind, wenn sie nicht vollkommen unglücklich sind.
Danny Keye
La_crimosa
Beiträge: 468
Registriert: 28. Mär 2010, 22:05

Re: •Worte des Tages 2013

Beitrag von La_crimosa »

Aufhebung

Sein Unglück

ausatmen können

tief ausatmen
so dass man wieder
einatmen kann

Und vielleicht auch sein Unglück
sagen können
in Worten
in wirklichen Worten
die zusammenhängen
und Sinn haben
und die man selbst noch
verstehen kann
und die vielleicht sogar
irgendwer sonst versteht
oder verstehen könnte

Und weinen können

das wäre schon
fast wieder
Glück

(Erich Fried)
Salvatore
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Registriert: 10. Feb 2010, 18:35
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Re: •Worte des Tages 2013

Beitrag von Salvatore »

Wie machen wir uns gegenseitig das Leben leichter?

Wir haben zu großen Respekt vor dem,
Was menschlich über uns himmelt.
Wir sind zu feig oder sind zu bequem,
Zu schauen, was unter uns wimmelt.

Wir trauen zu wenig dem Nebenuns.
Wir träumen zu wenig im Wachen.
Und könnten so leicht das Leben uns
Einander leichter machen.

Wir dürften viel egoistischer sein
Aus tierisch frommem Gemüte. -
In dem pompösesten Leichenstein
Liegt soviel dauernde Güte.

Ich habe nicht die geringste Lust,
Dies Thema weiter zu breiten.
Wir tragen alle in unsrer Brust
Lösung und Schwierigkeiten.

(Ringelnatz)
Blog: http://www.oddyssee.de
Instagram: Oddysee@meine_oddyssee
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