Seine Depression wird meine Depression

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Lulu2013
Beiträge: 3
Registriert: 17. Aug 2013, 15:54

Seine Depression wird meine Depression

Beitrag von Lulu2013 »

Hallo zusammen,

schön, dass ich auf dieses Forum und auf "Gleichgesinnte" gestoßen bin. In meinem Umfeld hab ich doch oft das Gefühl, wenig Verständnis zu bekommen. Ist halt doch etwas anderes, wenn man selbst betroffen ist...

Meine Geschichte kurz umrissen:
Mein Partner hat schon sein Leben lang mit Depressionen und einer Angststörung (hauptsächlich Verlustangst) zu kämpfen. Ich bin schon mehrere Jahre mit ihm zusammen und hab verschiedene Phasen mitgemacht. Wir haben viele Höhen und Tiefen durchlebt und es durch viele Gespräche geschafft, zusammen zu bleiben.
Da es seit einiger Zeit Veränderungen in unserem Leben gab, haben seine psychischen Beschwerden zugenommen. Diese Beschwerden bekomme ich oft ab, sie äußern sich v. a. in extremen Klammern. Am besten sollte ich jede freie Minute (bin beruflich sehr eingespannt) mit ihm verbringen. Zwar treffe ich mich mit Freunden usw., aber ich sage schon öfter ab, um ihm entgegenzukommen. Ich habe ihn öfters darauf aufmerksam gemacht, dass es so nicht geht und er etwas tun muss, nicht nur ich. Er ist in Behandlung und neulich ist die Situation auch etwas eskaliert, weil ich nicht mehr konnte. Das hat ihm noch einmal gezeigt, wie sehr auch ich unter seiner Krankheit leide. Ich bemerke schon eine Veränderung bei ihm, er arbeitet viel an sich und hat sich therapeutische Hilfe geholt, allerdings klammert er immer noch stark und ich halte es manchmal kaum aus. Mittlerweile macht sich das alles auch bei mir psychisch und körperlich bemerkbar, ich bin müde, habe oft Kopfschmerzen und breche schnell in Tränen aus. Ich weiß einfach nicht, was ich noch tun kann, weil ich schon so viel getan habe und an einem Punkt angekommen bin, an dem es nicht weitergeht. Ich habe das Gefühl, das Leben zieht an mir vorbei. Manchmal fühle ich mich richtig allein, obwohl ich viele gute Freunde und eine tolle Familie hab.
Ich kann immer mit ihm reden und er weiß auch, was das Problem ist. Aber manchmal hab ich das Gefühl, er hält es für banal, dass ich meine Verabredungen absage und an vielen sozialen Aktiviäten nicht teilnehme, damit ich bei ihm sein kann.
War jetzt eine wirre Schilderung, ich hoffe, ihr versteht das. Ich freue mich auf Antworten.
Brassner
Beiträge: 46
Registriert: 7. Mär 2013, 22:10

Re: Seine Depression wird meine Depression

Beitrag von Brassner »

Hallo Lulu!
Ich möchte Dir gern antworten, weil auch ich hier im Forum nach Antworten gesucht habe.
Man schreibt ja hier nicht aus Zeitvertreib, sondern weil man in seinem realen Leben an einem Punkt ist, wo es echt schwer wird.
Vielleicht helfen Dir meine Zeilen ein Wenig...
Zum Thema "Klammern" kann ich leider nicht viel beitragen, wohl aber zur Tatsache, dass man sich sehr auf den Partner und seine Belange einstellt. Ist in sofern nicht falsch, denn es heißt ja so hingebungsvoll "In guten, wie in schlechten Zeiten".
Problematisch wird´s dann, wenn´s für Beide irgendwann schlechte Zeiten werden.
So wird es wohl leider bei Dir auch sein, sonst würdest Du keinen Forumeintrag vornehmen.

Dein Partner arbeite an sich, Du bist Ihm eine Stütze. Nur was passiert, wenn die Stütze an Stabilität verliert?
Was bedeutet das für Ihn und was vor Allem für Dich?

In meiner Konstellation geht es um ein kleines Häuschen. Ich werkel schon geraume Zeit daran herum. In letzter Zeit, eigentlich schon die letzten Jahre, haben sich die Prioritäten verschoben und irgendwas innerhalb meiner Beziehung hält mich davon ab, weiter zu bauen.
An einem Tag ist es der Einkauf, am anderen die Therapie der Frau, Ihr hilfebedürftiger Zustand oder unsere gemeinsamen Sitzungen. Dann kommt dies, dann das und die eigene Erschöpfung obendrein.
Wie groß Deine Erschöpfung ist, schreibst Du ja.
Und jetzt der Erkenntnisgewinnn aus diesem Forum hier.
Vor einigen Zeilen schrieb ich:
"[...]und irgendwas innerhalb meiner Beziehung hält mich davon ab..."

Dieses Häuschen ist mir sehr wichtig und doch tue ich nichts dafür. Es ist nicht die Schuld meiner Beziehung, dass es dort nicht weiter geht. Es ist mein eigenes Versagen!
Ich leide darunter und stehe nicht für mich ein.
Jetzt könnte ich wieder anführen, dass ich das alles aus Rücksicht tue... Klar, aber ich würde so gern dort weiter machen! Und Du würdest so gern Deine Freunde treffen!

Ich schlage vor, wir tun uns hier zusammen und stehen für das ein, was wir so gern tun würden, und auch tun sollten! Wir sind doch sonst auch immer da und helfen. Jetzt muss die "Säule" wieder etwas für Ihre ureigene Festigkeit tun.

In einem Buch, was ich kürzlich gelesen habe, stand etwas über selbstbewusste Kommunikation drin.
Der Autor beschreibt, dass man ruhig sagen soll, dass Du beispielsweise verstehen kannst, dass er Dich jetzt in diesem Moment braucht.
"Ich verstehe, dass Du mich brauchst. Aber ich möchte heute Abend mit meiner Freundin Zeit verbringen."
Es wird sicher Widerspruch geben, so geschrieben in diesem Buch.
Dann heißt es beharrlich sein!

"Ich weiß ja, das Du mich auch brauchst, aber was ist jetzt falsch daran, mich mit meiner Freundin zu treffen?"

Und zu guter Letzt, der angebotene Kompromiss.
"Ich verstehe, dass Du nicht allein sein möchtest, ich bin um xx Uhr auch wieder zurück."
Der Autor empfiehlt, wenig oder keine Begründungen auszusprechen,warum es für Dich wichtig ist, Deine Freundin zu treffen. Du möchtest es gern und was wäre falsch daran?
So die Theorie, Lulu!
Ich werd´s probieren. Wir können sicher keine Wunder erwarten, denn unsere Angehörigen haben es ziemlich schwer. Doch es gibt mehr als die Krankheit und auch dafür muss man kämpfen!
Einfach ist´s nicht!!

Viele Grüße,

Brassner
Peterbond
Beiträge: 20
Registriert: 26. Aug 2013, 09:51

Re: Seine Depression wird meine Depression

Beitrag von Peterbond »

Hallo Lulu,
ich möchte deinen Beitrag nutzen um in dem Forum Aktive zu werden, nach dem ich mich hier 3 Tage eingelesen habe, habe ich für mich entschieden das ich hier schnellst möglich Aktive werden muss.

Die Thematik Angehöriger ist auch für mich noch neu...

Der Satz den ich hier immer lese, versuche ich schon sehr lange für mich zu verinnerlichen. "Lass die Probleme nicht zu sehr an dich ran, du brauchst die Kraft zum Funktionieren"

Meine Taktik ist der Versuch in mir eine Positive Einstellung zu schaffen. Glücklich und Harmonisch möchte ich sein...

So versuche ich das in allem zu sehen.

Er hängt an dir, er möchte Zeit mit dir verbringen, ihr Redet mit einander, er Arbeitet an sich, die Sachen sind doch alle sehr gut.

So versuche ich das momentan auch, wenn es auf ein Thema kommt welches ihr momentan nicht behagt. Versuche ich es auf die Positiven dinge zu lenken die für uns doch wichtig waren und / oder besprochen wurden.

Z.B. würde ich versuchen zu sagen das es dir doch gut tut das du Freunde treffen kannst und ihm kann es doch auch gut tun wenn er mal in ruhe sein kann, oder es ihm gut tut auch mal alleine Spazieren zu gehen...
Nur wenn wir Sachen machen die uns gut tun können wir es in Zukunft besser haben...

Es ist alles möglich wir müssen nur dran Glauben.

Gruß
Lulu2013
Beiträge: 3
Registriert: 17. Aug 2013, 15:54

Re: Seine Depression wird meine Depression

Beitrag von Lulu2013 »

Vielen Dank für eure Beiträge. Es tut gut zu lesen, dass auch andere in derselben Situation sind.
Jetzt war ich lange nicht hier, weil sich einiges getan hat. Ich bin optimistisch, dass es immer weitergeht und alles besser wird.
Odde
Beiträge: 14
Registriert: 28. Feb 2013, 12:38

Re: Seine Depression wird meine Depression

Beitrag von Odde »

Pass gut auf dich auf!
Du hast das nicht ohne Grund alles getippt!
Du kannst ihn nur begleiten und versuchen zu verstehen, aber nicht heilen und er kann sich nicht ständig an dir anlehnen! Du brauchst auch eine Stütze. Mein Freund ist auch krank, und es ist manchmal sehr schwer ihn attraktiv zu finden, weil sich alles um "sein krank sein" dreht. Oft brauch ich auch mal eine starke Säule an die ich mich lehnen möchte, aber in meiner Familienkostellation hab ich leider die Rolle der "Starken"! Ich verstehe dich und ich finds manchmal so anstregend!
Pass auf dich auf auch wenn es dir gerade gut geht, wahrscheinlich weils ihm besser geht!
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