Orthorexia nervosa

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elas
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Orthorexia nervosa

Beitrag von elas »

In den Stuttgarter Nachrichten von heute, 16.7.13 auf Seite 22 ein sehr interessanter
Artikel über
Orthorexia nervosa ("krankhaftes Gesund-Essen")

Der Artikel heißt KRANK DURCH GESUNDES ESSEN

Zitat

Bislang wird Orthorexia zwar offiziell noch nicht als eigenständige Krankheit definiert. "Im Zuge der Lebensmittelskandale und der allgemeinen Unsicherheit in Sachen Ernährung hat die Zahl der Betroffenen in den vergangenen Jahren aber stark zugenommen" , sagt Susanne Dornhofer, Leiterin der Indikationsgruppe Essstörungen an der Schön Klinik Starnberger See.

Zitatende

Symptome sind
-viel Zeit damit zu verbringen, Speisepläne auszuarbeiten
-und vermeintlich richtige (gute) Lebensmittel zu besorgen
-es werden keine Einladungen mehr angenommen aufgrund des Misstrauens, wie die Speisen zubereitet worden sind
-Schuldgefühle, wenn doch einmal eine "ungesunde Mahlzeit" zu sich genommen wurde.
........

Zitat

Nur wenige Orthorektiker erkennen ihr Problem und lassen sich beraten oder behandeln. Schließlich sind sie in der Regel von ihrem Verhalten überzeugt. Pietrowsky sagt: "Die Personen meinen, dass mit ihnen alles in Ordnung ist, und zeigen kaum eine Krankheitseinsicht." Viele von ihnen kämen aber wegen anderer Probleme zum Arzt oder Psychotherapeuten.

Zitatende


Ich fand den Zeitungsartikel sehr interessant.



Schönen Tag allen
Selas
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PaulineG
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Re: Orthorexia nervosa

Beitrag von PaulineG »

>>>"Im Zuge der Lebensmittelskandale und der allgemeinen Unsicherheit in Sachen Ernährung hat die Zahl der Betroffenen in den vergangenen Jahren aber stark zugenommen"<<<

nicht verwunderlich bei dem was uns Verbrauchern aufgetischt wird.

http://www.sueddeutsche.de/panorama/leb ... h-1.860773

Pauline
Nachtflug
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Re: Orthorexia nervosa

Beitrag von Nachtflug »

Hm, finde es höchst problematisch auf sowas gleich einen Stempel "Krankheit" draufzuhauen und das Individuum zu pathologisieren.

Ich finde nichts schlechtes daran, auf gesunde Ernährung zu achten - in welchem Extrem das wirklich Sinn macht, ist eine andere Frage.

Jemand, der es vielleicht maßlos damit übertreibt, ist vielleicht zwanghaft in seinem Verhalten. Aber ist das wirklich eine eigenständige Erkrankung?

Finde, solange derjenige keinen Leidensdruck spürt, wenn er z.B. auswärts nicht essen möchte und alles selbst zu bereiten möchte - warum nicht?

Wenn es aber dazu führt, dass sich jemand traut, fast gar nichts mehr zu essen o.ä., sein Leben nicht mehr auf die Reihe kriegt, weil er die ganze Zeit nur noch übers "richtige Essen" nachdenkt, dann ist psychisch vielleicht wirklich was nicht in Ordnung. Aber fällt das dann nicht auch unter die allgemeinen Angst/Zwangserkrankungen?

Finde halt nur immer gleich eine neue Kategorie aufzumachen und ein paar Verhaltensweisen zu pathologisieren, kann problematisch werden. Vor allem wenn so schwammig wie oben beschrieben. Denn bei den genannten Verhaltensweisen gibt es genug "gesunde" Spektren.

- viel Zeit damit verbringen, das "richtige Essen" zu besorgen...

Kenne einige Leute, die gerne zwei bis dreimal in der Woche über den Markt schlendern 2 Stunden , um frische, seltene und besonders gute Nahrungsmittel zu kaufen. Und jeden Tag darüber nachdenken, was sie denn jetzt Feines kochen.
Warum auch nicht? Gerade aus der Großelterngeneration - ist doch schön, wenn jemand gerne gesund einkauft, kocht und isst und die Zeit dazu hat!

vs

- immer Tiefkühlpizza reinhauen


... warum pathologisiert niemand das untere?
elas
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Re: Orthorexia nervosa

Beitrag von elas »

Hi Nachtflug.

Du hast Recht mit Argumenten, nicht gleich jede Verhaltensweise zu pathologisieren.
Nicht jeder, jede, die sich gut ernährt, gesund ernährt, ist "behandlungsbedürftig" .

Der Zeitungsartikel ist natürlich noch viel differenzierter, ausführlicher, und zeigt auch gerade die Phobie und Zwanghaftigkeit dieser Störung auf.
Leider____ich krieg das mit einem aktivierten Link einer solchen Tageszeitung hier für Euch im Forum noch nicht hin.

Deswegen nur Ausschnitte aus dem Text.

Vor 16 / 17 / 18 Jahren ist pathologische Spielsucht auch noch nicht (auch von den Krankenkassen) als "behandlungsbedürftige Störung" anerkannt worden, obwohl sich damals schon Tausende von Menschen finanziell ruiniert hatten.....

Es ist in meinen Augen durchaus diskussionswürdig, zu bedenken, ist jede extreme Verhaltensweise "schon krank",also das Pathologisiere------und, was ist noch gesund.
Wo ist die Grenzlinie.

Danke für den Austausch.


Selas
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Nachtflug
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Re: Orthorexia nervosa

Beitrag von Nachtflug »

Hallo Selas,

danke für deine Antwort. Ich denke differenziert und ausführlich betrachtet, kann man durchaus pathologische Formen finden. Was ich meinte: Wäre es journalistisch/wissenschaftlich gesehen nicht sinnvoller das unter die Kategorie Angst/Zwangserkrankungen zu packen, da so nicht nur auf diese spezielle Form eingegangen wird? Ich finde nämlich, wenn alles in der Öffentlichkeit zu "speziell" dargestellt wird, wird die Gefahr der zu schnellen Pathologisierung größer. Denn es werden ja sehr bestimmte Verhaltensweisen als Symptome aufgezählt, wo die Grenzziehung sehr, sehr schwammig ist. Verknüpft man das mit einem allgemeinerem Phänomen wo ähniche Symptome krankhaft vielleicht auf einer anderen Ebene ausgelebt werden (z.B. Putz/Sauberkeitszwang) wird die Grenzziehung vielleicht deutlicher. Also quasi auf Metaebene: Wenn jemand sich so verhält, dass er sein ganzes anderes Leben vernachlässigt, Leidensdruck empfindet, aber das Verhalten nicht abstellen kann etc. geht es in die pathologische Richtung.


Schade mit dem Link, hätte mich interessiert wie der Artikel aufbereitet ist .

Was die Spielsucht angeht - natürlich kann auch das pathologisch werden, zählt für mich ja dann auch zu den Suchterkrankungen. Die es wiederum in vielen verschiedenen Formen gibt. Vielleicht auch sehr seltene Ausprägungen, für die man keine spezielle Diagnose kennt - daher wäre es doch sinnvoll, wenn man allgemein bei einer Suchterkrankung schon Behandlungsanspruch hat (ohne, dass es diese Art von Sucht vielleicht schon öfters gab)? Ich weiß leider nicht, wie das in der Praxis ist, da müsste man mal eine(n) Fachmann/frau fragen .

Liebe Grüße,
Nachtflug
Zarra
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Re: Orthorexia nervosa

Beitrag von Zarra »

Hallo Nachtflug, Selas,

ich probier's mal bzw. biete an (Selas, schau doch mal, ob und wenn ja welches Dein Artikel ist; ... mich interessiert's detailliert zu wenig); ich schätze aber, daß das ein/zwei andere sind; dann halt ggf. zur Ergänzung Eurer Diskussion:
http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhal ... 60d6e.html
http://content.stuttgarter-zeitung.de/s ... essen.html
[Zusätzlich: http://www.taz.de/!998/]

P.S. Die zwei echten "Kandidaten", die ich bieten könnte, haben beide eine (andere) ausgeprägte psychische Störung!

LG, Zarra
elas
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Registriert: 12. Mär 2009, 16:50

Re: Orthorexia nervosa

Beitrag von elas »

Guten Morgen liebe Zarra,

Du bist einfach klasse.
Mein Artikel aus den Stuttgarter Nachrichten ist nicht dabei, aber der Artikel der Stuttgarter Zeitung kommt inhaltlich sehr nahe.

Danke. Ich geh demnächst bei Dir in Lehre bezüglich dieser Zeitungslinks. O.k.


Selas
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Zarra
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Re: Orthorexia nervosa

Beitrag von Zarra »

Liebe Selas ,

machen wir , hatte ich auch schon anbieten wollen!

... ich hatte auch "Zeitung" statt "Nachrichten" gelesen ;
http://content.stuttgarter-nachrichten. ... icle_print

Mich irritiert eher, daß alle nicht aktuell sind. ... bin wohl zu selten in Online-Zeitungen unterwegs -- andererseits ist klar, daß kostenfrei nicht alles im Internet ist!

LG, Zarra
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