Was tun um unsere Tochter zum Arztbesuch zu bewegen?

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Angelika1961
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Registriert: 5. Jul 2013, 23:39

Was tun um unsere Tochter zum Arztbesuch zu bewegen?

Beitrag von Angelika1961 »

Unsere Tochter ist in diesem Jahr 30 Jahre alt geworden, sie hat selbst eine Tochter die jetzt 4 Jahre
alt wird. Seit mehr als einem Jahr habe ich den Eindruck
dass sie stark depressiv ist. Sie hat in den letzten Jahren einige emotionale und berufliche Tiefschläge ertragen. Zur Zeit zieht sie sich aus allen persönlichen
Beziehungen zurück, will keinen Kontakt. Sie hat keinen Spaß am Leben und sieht keinen Sinn darin. Sie hat auch schon davon gesprochen, das es vielleicht besser wäre nicht mehr zu leben. Im Moment scheint sie nur noch zu funktionieren! Wir machen uns ernsthaft Sorgen,natürlich auch um unsere Enkelin! Ich habe sie auf Ihre Situation angesprochen und ihr auch meine Hilfe angeboten einen Arzt zu suchen der ihr helfen kann. Sie hat das abgelehnt, weil sie schon einmal eine Therapeutin aufgesucht hatte, die ihr angeblich nicht helfen konnte. Sie will mit niemandem mehr über ihre Situation sprechen.
Sie streitet ab das sie krank ist.
Was können wir tun?
Angelika Wernick
Kate123
Beiträge: 10
Registriert: 17. Jul 2012, 14:55

Re: Was tun um unsere Tochter zum Arztbesuch zu bewegen?

Beitrag von Kate123 »

Hallo Angy,

das tut mir sehr Leid, dass es deiner Tochter so schlecht geht. Kriegt sie die Versorgung ihrer Tochter hin?? Sonst wäre das für mich ein Ansatzpunkt mit ihr über eine mögliche Therapie zu reden und vor allen Dingen ein Auge drauf zu haben, wie es deiner Enkelin geht. Was sagt ihr Mann oder ist sie alleinerziehend? Wenn sie nicht will ist es schwierig, ihr eine Therapie "aufzudrängen". Ich guck auch schon jahrelang zu, wie mein Vater zwar Tabletten schluckt, sonst aber nix macht und es eskaliert alle paar Wochen/Monate. Es ist schwierig fast tatenlos zuzusehen... ich wünsch dir viel Kraft! Und halte bitte ein Auge auf deine Enkelin und hol dir notfalls Hilfe, wenn du meinst, es läuft aus dem Ruder!!!
Lieben Gruß,
Kate123
Gerbera
Beiträge: 619
Registriert: 31. Mär 2013, 00:24

Re: Was tun um unsere Tochter zum Arztbesuch zu bewegen?

Beitrag von Gerbera »

Liebe Angy,

was kannst Du tun? Ich fürchte, nicht allzu viel. Deine Tochter ist erwachsen. Du kannst eigentlich nur für sie da sein, sie unterstützen und ihr behutsam immer wieder vor Augen führen, dass mit ihr etwas nicht stimmt, denn früher hatte sie doch auch Freude am Leben, war unternehmungslustig, ging unter Leute.

Manchmal nützt es auch was, wenn Du ihr sagst, dass es DICH sehr beruhigen würde, wenn sie vom Arzt abklären lassen würde, dass alles in Ordnung ist. Ob diese Schiene funktioniert, hängt von vielen Dingen ab, aber einen Versuch ist es eventuell wert.

Du kannst ihr vielleicht auch mal einen Depressionsfragebogen mitbringen. Da kann sie im Selbsttest feststellen, wo sie steht. Vielleicht ist sie dann doch bereit, sich ärztliche Hilfe zu holen. Derartige Fragebögen findest Du im Internet, u.a. bei den in der Überschriftenleiste des Forums genannten Institutionen (Bündnis gegen Depression, Kompetenznetz Depression usw.).

Wenn sie keine Therapie im Sinne einer Psychotherapie machen möchte, wäre eine rein medikamentöse Behandlung schon mal ein Anfang. Es gibt inzwischen sehr gute Antidepressiva, die die Dysbalance des Gehirnstoffwechsels, an der alle Depressiven leiden, ausgleichen können. Ehe sie wirken dauert es zwar 2 - 4 Wochen, aber dann sollte es ihr besser gehen.

Am besten wäre es natürlich, sie würde zu diesem Zweck einen Psychiater aufsuchen, aber notfalls kann das auch der Hausarzt machen.

Im Übrigen ist nicht jeder Therapeut gleich, und ehe eine Therapie wirkt, kann viel Zeit vergehen, zum Teil ein bis mehrere Jahre. Von einer Negativerfahrung gleich auf alle zu schließen, ist nicht unbedingt der richtige Weg.

Ansonsten behalte Deine Tochter gut im Auge. Wenn sie weiterhin Selbstmordgedanken hat, kannst Du sie notfalls auch gegen ihren Willen in ein Krankenhaus bringen lassen. Erkundige Dich doch mal in dieser Richtung.

Eine weitere Anlaufstelle ist der sozialpsychiatrische Dienst, der in vielen Städten oder Orten vertreten ist. Den kannst Du auch als Angehörige aufsuchen.

Viele liebe Grüße und hoffentlich noch viele gute Tipps von Angehörigen und Betroffenen,

Gerbera
Angelika1961
Beiträge: 4
Registriert: 5. Jul 2013, 23:39

Re: Was tun um unsere Tochter zum Arztbesuch zu bewegen?

Beitrag von Angelika1961 »

Danke für deinen Tipp! Es ist ein wenig beruhigend, wenn man einen Platz findet um seine Ängste aus zu
Sprechen!
Unsere Tochter ist Alleinerziehende, bis jetzt kümmert sie sich gut um ihre Tochter.
Aber ich befürchte das sich ihr Zustand verschlimmert!
Ich habe sie schon mehrmals auf eine Therapie angesprochen, sie will davon nichts wissen.
Sie behauptet , sie ist nicht krank.
Das schlimme ist sie vertraut niemandem mehr.
Angelika Wernick
Gerbera
Beiträge: 619
Registriert: 31. Mär 2013, 00:24

Re: Was tun um unsere Tochter zum Arztbesuch zu bewegen?

Beitrag von Gerbera »

Hallo Angie,

ich bin selbst Betroffene, nicht Angehörige. Aus eigener Erfahrung kann ich Dir sagen, dass ich lange nicht wahrhaben wollte, dass bei mir etwas ziemlich krass nicht mehr stimmt. Andeutungen meiner Familie (Ehemann, erwachsene Tochter) habe ich immer abgeschmettert. Ich musste erst komplett zusammenbrechen ehe ich bereit war, zum Arzt zu gehen. Das ist wohl Teil der Krankheit.

Vertrauen - das ist auch so eine Sache. Mir ist damals das Vertrauen in andere Menschen völlig abhanden gekommen, genauso wie das Vertrauen in mich selbst. Wie soll man anderen vertrauen, wenn man sich selbst nicht mehr vertraut?

Hab Geduld, beobachte Deine Tochter und Deine Enkelin und versuche Deine Tochter bei passenden Gelegenheiten darauf hinzuweisen, dass sie sich verändert hat und Du Dir Sorgen machst.

Viele Grüße
Gerbera
Angelika1961
Beiträge: 4
Registriert: 5. Jul 2013, 23:39

Re: Was tun um unsere Tochter zum Arztbesuch zu bewegen?

Beitrag von Angelika1961 »

Liebe Gerbera,
ich danke dir für deine Hilfe!
Es ist sehr wohltuend mit jemandem zu kommunizieren,
der selbst betroffen war und Verständnis für die Ängste seiner Nächsten hat. Im Moment mache ich mir tagtäglich Sorgen um meine Tochter. Ich bin sehr unsicher im Umgang mit ihr! Wie spreche ich sie an?
Ich bewege mich wie auf rohen Eiern. Alles was ich sage kommt negativ an. Ich hoffe sie muss nicht erst zusammenbrechen bevor sie sich auf Hilfe von Außen einlässt.
Liebe Grüße
Angelika Wernick
feuerfisch
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Re: Was tun um unsere Tochter zum Arztbesuch zu bewegen?

Beitrag von feuerfisch »

Hai

einen kleinen Tip habe ich für dich, manchmal funktioniert er, aber es braucht Geduld.

Besorge dir aussagekräftige Broschüren über Depressionen und lege sie ihr einfach hin. Nicht demonstrativ, so dass sie darauf reagieren müßte, sondern eher so dass sie sie findet wenn du wieder weg bist.

Mag sein dass sie sie weg wirft, aber es ist auch möglich dass sie Zweifel hat und wenn sie das Gefühl hat dass sie sie `heimlich´ lesen kann, so mag es sein dass das ein Schritt in die richtige Richtung ist.

Ja, es ist nur eine Hoffnung, aber es IST eine Hoffnung dass sie so langsam den Gedanken zu läßt das sie evt. wirklich krank ist.

Aber lass ihr Zeit! Frag sie nicht sofot danach, warte einige Wochen damit!

Und gib bitte Acht dass du nie den Eindruck erweckst `das mit ihr etwas nicht stimmt´, dass sie gar verrückt wäre.
Depressionen sind eine Krankheit und zwar eine sehr heimtückische.

Ich bin übrigens auch eine Betroffene.

*wink*
Es gibt 1000 Gründe alles beim Alten zu lassen und nur einen einzigen etwas zu ändern - DU HÄLTST ES EINFACH NICHT MEHR AUS!
Gerbera
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Registriert: 31. Mär 2013, 00:24

Re: Was tun um unsere Tochter zum Arztbesuch zu bewegen?

Beitrag von Gerbera »

Hallo Angie,

ganz am Anfang meiner Therapie hat meine Therapeutin mir gesagt, ich müsse versuchen, wieder "Normalität" in mein Leben zu bringen, und genau das ist es, was Deine Tochter wohl auch braucht: Normalität. Auf den größten Teil ihres Lebens hast Du keinen Einfluss; was Du beeinflussen kannst, ist Dein eigenes Verhalten. Versuche, ihr gegenüber so normal wie möglich zu sein, erzähle ihr von Deinem Tag und was Du erlebt hast. Wenn Du früher mit ihr gemeinsam etwas unternommen hast, schlag ihr etwas in dieser Richtung vor, einen Ausflug mit der Kleinen in den Zoo oder was immer.

Den Vorschlag, eine Broschüre über Depressionen "zufällig" dazulassen, finde ich auch sehr gut. Nachdem der direkte Weg nicht funktioniert, ist der indirekte keine schlechte Sache.

Dass Du nicht weißt, wie Du mit ihr umgehen sollst, verstehe ich gut. Der Umgang mit einem Depressiven ist ja auch nicht ganz einfach. Daher kam auch mein Vorschlag mit dem sozialpsychiatrischen Dienst. Dort bekommen Angehörige Erklärungen und im Idealfall auch Ratschläge im Umgang mit Depressiven.

Der Gemütszustand von Depressiven ist leider oft sehr schwankend, in der Folge auch seine Aufnahmefähigkeit. Was heute gut und richtig ist, kann schon morgen oder auch nur Stunden/Minuten später falsch sein. Den Anspruch an Dich selbst, immer nur das Richtige zu tun, was Deine Tochter betrifft, solltest Du im eigenen Interesse zurückschrauben. Du tust Dein Bestes, und das mit allem gutem Willen, den Du hast. Mehr kannst Du nicht tun.

Ich wünsche Dir von Herzen, dass Du den richtigen Weg findest, um Deiner Tochter zu helfen bzw. Hilfe zur Selbsthilfe zu geben.

Viele Grüße
Gerbera
Taiga
Beiträge: 10
Registriert: 29. Apr 2013, 14:07

Re: Was tun um unsere Tochter zum Arztbesuch zu bewegen?

Beitrag von Taiga »

Hallo Angie,

Gerbera hat völlig Recht! Den Vorschlag mit dem sozialpsychiatrischen Dienst kann ich als Angehörige nur unterstützen. Mag sein, dass Du Dich als Verräterin Deiner Tochter fühlst, indem Du Dein Bedürfnis nach Hilfe quasi öffentlich machst. Ich jedenfalls fühlte mich so, aber dieses Gefühl hat mir die Psychologin dort schnell genommen. Wichtig ist, dass Du auch Deine Bedürfnisse und Deine Grenzen und Dein Wohlergehen im Auge behälst.

Ich wünsche Dir, dass Du die Möglichkeit einer unterstützenden Einrichtung in Deiner Nähe hast und bitte scheue Dich nicht, diese in Anspruch zu nehmen.

Ich wünsche Dir viel Kraft, Taiga
Angelika1961
Beiträge: 4
Registriert: 5. Jul 2013, 23:39

Re: Was tun um unsere Tochter zum Arztbesuch zu bewegen?

Beitrag von Angelika1961 »

Hallo an alle die mir geantwortet haben,
Ich bin froh das ich den Schritt in dieses Forum gemacht
habe! Heute fühle ich mich längst nicht mehr so hilflos wir vor ein paar Tagen.
Ich habe auch eine Bestätigung bekommen, dass ich vieles instinktiv richtig gemacht habe.
Auf jeden Fall werde ich zu Psychotherapeuten Kontakt aufnehmen.
Im Moment plant meine Tochter den 4.Geburtstag unserer Enkelin. Ich glaube es geht ihr gerade ganz gut!
Hoffentlich klappt alles.
Danke für eure Hilfe
Angelika Wernick
Gerbera
Beiträge: 619
Registriert: 31. Mär 2013, 00:24

Re: Was tun um unsere Tochter zum Arztbesuch zu bewegen?

Beitrag von Gerbera »

Hallo Angie,

schön, dass Dir das Forum geholfen hat .

Ich finde es auch toll, dass Du Kontakt zu Therapeuten suchen willst und kann Dich da nur bestätigen.

Dein Eindruck, dass es Deiner Tochter im Moment besser geht, ist sicher richtig. Trotzdem eine kleine Warnung: es könnte gut sein, dass sie in ein Tief rutscht, wenn der Geburtstag Deiner Enkelin vorbei ist. Die Planung der Feier und die Feier selbst kostet Kraft. Das fällt einem normalerweise gar nicht auf. Für einen Depressiven kann es aber das entscheidende Quentchen "zuviel" sein, muss aber nicht. Mir ist es immer so ergangen, wenn Feste anstanden, z.B. der Geburtstag unseres Sohnes (schon erwachsen), Weihnachten, Silvester... Fest vorbei, Tief bei mir .

Es ist übrigens "normal", dass Deine Tochter in der Depression alles negativ auslegt, was Du sagst und tust. Nimm es nicht persönlich. Sie kann nicht anders. Depressive tendieren dazu, Positives auszublenden und Negatives verstärkt wahrzunehmen, alles als gegen sich gerichtet zu empfinden, auch wenn der Andere das gar nicht so gemeint hat.

Ich wünsche Dir weiterhin viel Erfolg und das berühmte "gute Händchen" im Umgang mit Deiner Tochter und ihrer Krankheit.

Liebe Grüße
Gerbera
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