Alkohol und Co-Abhängigkeit

SucheAustausch
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Alkohol und Co-Abhängigkeit

Beitrag von SucheAustausch »

Guten Morgen Ihr Lieben,

ich melde mich auch mal wieder zu Wort.

Es geht mir heute eher bescheiden. Meinem Mann geht es besser, aber gestern war so ein Tag, der mich wieder an meine Grenzen gebracht hat.

Ich beschäftige mich gerade mit dem Thema Alkoholismus. Habe mir die Bücher, die Pia letztens empfohlen hat, gekauft und blöderweise mit dem zweiten Buch angefangen. Jetzt fange ich das erste "Um die Kindheit betrogen" an.

Aber ich merke einfach immer und immer, wie ich kontrolliere.
Mein Mann trinkt auch gerne einen. Mein Eindruck ist es aber immer, dass er nicht Maß halten kann.
In der schlimmsten Phase der Depression hat er jeden Abend mehr als eine Flasche Wein getrunken und das war für mich wirklich schwer auszuhalten.

Zu meinem Hintergrund muss ich sagen, dass mein Vater Alkoholiker war. Mein Mann glaubt das nicht so richtig, weil mein Vater nur Bier und nur abends getrunken hat. Mein Mann meinte früher immer, dass Alkoholier härtere Sachen trinken und auch schon morgens was brauchen. Und keine Pausen machen können. Mein Vater hat auch schon mal Pausen von 3-4 Wochen gemacht.

Naja, das also zum Hintergrund.

Mein Mann hat in der Zeit in der Klinik erst gar nichts und dann wenig getrunken. Sagen wir 7 Wochen hat er nichts getrunken und dann, wenn er am Wochenende hier war, mal ein, zwei Gläser Wein. Den ganzen Sommer über hat er wirklich selten und wenig getrunken und ich fand es so angenehm!

Seit einigen Monaten trinken wir beide wieder häufiger und mehr. Wenn ich mal eine Flasche Wein kaufe, macht mein Mann sie wieder leer.

Wieder ist es so, dass er eine angebrochene Flasche schlecht stehen lassen kann.

In letzter Zeit hat er auch öfter mal 4-5 kleine Flaschen Bier getrunken und gestern Abend eine halbe Flasche Wein und danach noch 4-7 Flaschen Bier (kleine 0,33). Ich habe gestern Abend dann gemerkt, dass ich nicht in unser Bett gehen konnte und habe mich zu meiner Tochter ins Zimmer gelegt. Da liegt unsere Gästematratze gerade.
Glaubt Ihr, ich konnte schlafen? Natürlich nicht.

Um kurz nach 12 bin ich runter und wollte schauen, ob er noch Bier trinkt. Ich konnte diesem Kontrollzwang einfach nicht widerstehen. Er saß vor dem Fernseher und trank Bier. Als ich dann meinte, die wievielte Flasche es sei und das es doch bestimmt schon die 6. oder 7. sei, sagte er wieder mal, ich solle einfach mein Problem lösen. Das Buch zuende lesen und dann wüsste ich schon, was normal und was nicht normal ist.

Ich weiß, dass ich ein Problem damit habe. Meine Therapeutin meinte neulich, dass ich damit wohl leben lernen muss. Sie meinte, es höre sich für sie so an, dass ich eben diesen Kontrolldrang habe und der aber nicht wirklich viel mit der Realität zu tun hat. Allerdings ist seit dem der Alkoholkonsum meines Mannes noch mal gestiegen. Mein Gefühl (täusche ich mich?) sagt mir, dass er im Moment jeden Abend Alkohol trinkt und nur an den Abenden nichts trinkt, an denen er um 19 Uhr ins Bett geht.

Und das wirft dann wieder die Frage auf: kann er nicht ohne?

In dieser Nacht habe ich mir überlegt, noch mal zu einer Gruppe zu gehen. Al-Anon? Oder CoDA?

Morgen Abend hätten beide Gruppen Termine.

Ich denke, ich gehe zu CoDA. Ich glaube, das trifft den Nagel in jedem Fall auf den Kopf.

Denn das bin ich doch wohl, oder? Co-Abhängig?

Ich belasse es jetzt dabei. Musste das einfach mal loswerden. Wenn ich meinen Freundinnen von dieser Problematik erzähle, sagen alle, dass diese Alkoholmenge zu viel ist.

Was meint Ihr?

Danke und liebe Grüße,

Austausch
lovelycarma
Beiträge: 101
Registriert: 18. Okt 2012, 18:06

Re: Alkohol und Co-Abhängigkeit

Beitrag von lovelycarma »

Hallo Austausch,

ich habe mich Alkoholismus bisher nicht beschäftigen müssen.
Aber ist es gleich ein Kontrollzwang, wenn die auffällt, dass Dein Partner zu viel trinkt? Es handelt sich hier ja nicht nur um mal ein Glas Wein am Abend. Die Mengenangaben, die Du hier angibst, wirken auf mich mehr als grenzwertig.
Ich könnte in solch einer Situation auch nicht mit Scheuklappen durch meine Beziehung laufen.
Sich mit Co-Abhängigkeit zu beschäftigen finde ich in Deiner Situation eine gute Idee.

Ich wünsche Dir viel Kraft,
lg lovelycarma
Phosphor
Beiträge: 194
Registriert: 5. Dez 2010, 14:19

Re: Alkohol und Co-Abhängigkeit

Beitrag von Phosphor »

Hallo Austausch,

@lovelycarma schrieb:
"Sich mit Co-Abhängigkeit zu beschäftigen finde ich in Deiner Situation eine gute Idee."

Sehe ich auch so, deshalb finde ich Deinen Entschluss prima.

Zum Umgang mit Alkoholabhängigkeit im Speziellen kann ich kaum etwas beitragen. Es ist aber meine Überzeugung, dass sich die Beschäftigung mit Koabhängigkeit in einem weiter gefassten Sinn für viele Angehörige von Depressionspatienten lohnt.

So war es jedenfalls bei mir, und ich bin/war beides, Patient und Beziehungspartner eines Betroffenen.
Lerana
Beiträge: 2088
Registriert: 4. Feb 2012, 18:42

Re: Alkohol und Co-Abhängigkeit

Beitrag von Lerana »

Hallo Austausch,

ich lese hier interessiert mit, denn Sucht ist auch in meiner Familie ein Thema.

Genaues kann ich dir leider auch nicht sagen, nur evtl. Fragen aufwerfen, die ich mir selber sehr oft stelle:

Darf nicht jeder Mensch entscheiden, wie er leben möchte, im Zweifel auch als Alkoholoiker/Süchtiger?
Welches Recht habe ich, zu entscheiden, was zuviel ist?
Hat das "süchtige Verhalten" eine Stellvertreterfunktion, dient also der Gefühlsregulation?
In wieweit darf ich warnen?
Wo sind meine Grenzen? Welches Verhalten möchte ich nicht erdulden?
Muss ich mein Kind schützen? Wovor genau?
An welchen Stellen decke ich die Sucht?
Äußere ich meine Ängste? Darf ich das?

Sorry sollen echte keine gemeinen Fangfragen sein, sondern es sind Fragen über die ich auch nachdenke und die mich manchmal weiterbringen und manchmal zurückwerfen.

Vielleicht gibt es welche, die dir nützen: Wenn nicht, dann streich einfach alle.

Herzliche Grüße
Lerana
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
Tabarka1
Beiträge: 267
Registriert: 10. Feb 2013, 13:34

Re: Alkohol und Co-Abhängigkeit

Beitrag von Tabarka1 »

Hi Austausch,
Ist mein Vater ein Alkoholiker? Wen interessiert es außer vielleicht seinen Arzt!
O.k. - vielleicht ein wenig scharf, aber ich weiß - mir ging's als Kind nicht gut, wenn er getrunken hatte. Er hat mich nicht geschlagen, aber er hat mir sein gesamtes Elend einschließlich seiner Eheprobleme anvertraut - seiner Tochter!
Und damit habe ich ein Problem mit einem Vater der Alkohol getrunken hat und die Grenzen nicht eingehalten hat.
Ähnlich sehe ich das mit Deinem Mann. Schau mal nach, was Dich ärgert. Dass er sich Deiner Kontrolle entzieht? Dass er unverschämterweise seiner Gesundheit Schaden zufügt? Oder gibt es etwas, wo es Dich betrifft - er Dich dann mies behandelt? Aus meiner Sicht macht das einen Unterschied. Letzteres musst und darfst Du Dir nicht gefallen lassen.

Ich selbst bin Co- Abhängig und seit ein paar Monaten bei CoDA und es tut mir soooh gut. Ich bin nicht mehr alleine mit dem Drama anderen vieles recht machen zu wollen und meine Bedürfnisse hinten an zu stellen. Ich empfehle Dir mindestens drei Abende zur Gruppe zu gehen. Ich erlebe die Abende recht unterschiedlich, je nachdem wer da ist und was Thema ist. Al- Anon und EKS Gruppen habe ich noch nicht getestet, aber mein Mann ist bei EA und läuft vieles ähnlich.

Ich wünsche Dir viel Mut

Tabarka
Wann, wenn nicht heute... ?
SucheAustausch
Beiträge: 257
Registriert: 15. Aug 2012, 12:35

Re: Alkohol und Co-Abhängigkeit

Beitrag von SucheAustausch »

Hallo Ihr Lieben und vielen Dank für Eure Antworten.

Ich gehe heute Abend zu der CoDA-Gruppe. Ich bin sehr gespannt und frage mich, wie das dort wohl abläuft. Vielleicht mag ja jemand von Euch mal kurz schildern?

Einige Eurer Fragen sind mir direkt ins Herz gegangen. Vor allem von Dir Taberka, die Du nach dem Grund für meine Wut und Kontrolldrang fragst. Du hast es glaube ich mit Deiner ersten Aussage getroffen! Er entzieht sich meiner Kontrolle! Und Alkoholismus entzieht sich meiner Kontrolle.

Vor etwas 8 Jahren habe ich schon mal ein paar Treffen der AA besucht, weil ich dachte, vielleicht habe ICH ja auch ein Problem mit Alkohol. Habe in meinen Zeiten als junge Erwachsene, Anfang Zwanzig auch Zeiten gehabt, in denen ich regelmäßig (täglich) Alkohol trank. Und es war eigentlich immer Thema.

Damals als ich zu der Gruppe gegangen war, habe ich immer gedacht: wieviel einfacher ich es fänd, wenn ich selbst süchtig wäre. Denn über mich habe ich die Kontrolle. ICH könnte dafür sorgen, dass ich nicht mehr trinke. Ich habe schon damals gedacht, wie schlimm es für mich wäre, wenn mein Partner (damals noch mein Freund, heute mein Mann) abhängig würde.
Denn in diesem Moment hätte ich diese Kontrolle nicht mehr.

Versteht Ihr was ich meine?

Das ist wahrscheinlich wirklich co-abhängig, oder?

Lerana, Deine Fragen sind weitaus schwieriger für mich als die von Tabarka. Genau diese stelle ich mir nachts, wenn ich da liege und nicht schlafen kann, weil er trinkt.

Aber letztendlich erhoffe ich mir einfach, dass ich, wenn ich endlich mal zu MIR gefunden habe (vielleicht auch mit Hilfe einer Selbsthilfegruppe etc.), Antworten finde.

Das ist sicher ein Prozess.

Wie schütze ich mich und mein Kind?

Im Moment schütze ich mich, indem ich mich gestern Abend dazu durchgerungen habe, im Gästezimmer zu schlafen.

Es tat so gut. Im Moment habe ich eine regelrechte Aversion gegen unser Schlafzimmer. Ich mag dort nicht liegen. Ich mag nicht mal gern hineingehen.

Ich habe wirklich mit mir gerungen, wie/ob ich es machen soll. Wie sage ich es meinem Mann? Soll ich es vielleicht doch lieber nicht machen?
Den ganzen Tag habe ich daran gedacht.

Und dann habe ich es ihm gesagt. Wir hatten sowieso wenig miteinander geredet, gestern. Ich habe gesagt: ich glaube, ich schlafe mal ein paar Nächte oben.
Er: warum?
Ich: ich brauche mal Zeit für mich.
Er: ok.

Das wars. Nicht gerade herzlich unserem Beziehung im Moment, oder?

Aber vielleicht ist es im Moment einfach so. Trotzdem haben wir total spontan gestern Abend noch zusammen Austin Powers geguckt. Mein Mann hat den angemacht (auf Englisch) und ich habe mich dazu gesetzt.
Dann ist er ins Bett und ich habe mir noch einen Tee getrunken, im Zimmer oben und gelesen. Es war herrlich!

Heute Morgen haben wir ihn geweckt und beim Frühstück habe ich gesagt, wie gut es mir tat und wie gemütlich ich es fand. Ich werde das jetzt einfach öfter machen.

Warum muss es so komisch sein, wenn ich mal Zeit für mich brauche? Warum muss ich eigentlich immer bei ihm schlafen? Warum muss ich eigentlich immer mit ihm zusammen sein (wollen)?

Ich will auch Zeit für mich haben!

So, jetzt muss ich arbeiten. Bin sehr gespannt auf die Gruppe heute Abend.

Drückt mir die Daumen, dass es gut wird.

Und danke!

Alles Liebe

Austausch
Ulysses
Beiträge: 594
Registriert: 19. Jan 2013, 17:34

Re: Alkohol und Co-Abhängigkeit

Beitrag von Ulysses »

Hallo Ihr Lieben,
Liebe Austausch,

das ist ein kniffliges Thema und ich habe die Beiträge hier gelesen, zum Teil heftig Kopfnickend, zum Teil mit (eigenem) Bauchweh, zum Teil mit (eigenen) Fragezeichen.

Co-Abhängigkeit ist eines meiner riesigen Themen. Im Zusammenhang mit dem alkoholerkrankten Elternteil war es mir früher null bewusst (Es gab auch, wie Tabarka es beschreibt, nie Gewalt, "nur" emotionale Grenzüberschreitungen unterschiedlicher Art. Und dazu eben das co-abhängige Familienumfeld, dessen Muster ich aufgesogen und perfektioniert habe)

Später habe ich vom Familienumfeld in eine Partnerschaft mit einer Suchtkranken gewechselt, und da dann die Co-Abhängigkeit auch als Erwachsene exzessiv gelebt.

Lerana, Deine Fragen finde ich hilfreich. Für vieles habe ich noch keine Antworten bzw. verändern sich die Antworten je nach Lebensphase.

- Darf nicht jeder Mensch entscheiden, wie er leben möchte, im Zweifel auch als Alkoholoiker/Süchtiger?

Für mich: Ja. Jeder darf entscheiden, wie er leben möchte. Genauso wie ich dann entscheiden darf (und muss), ob ich damit leben möchte oder nicht.

- Welches Recht habe ich, zu entscheiden, was zuviel ist?

Für mich: Dieses Recht habe ich nicht bzw. nur für mich selber. Aber ich darf entscheiden, welche Auswirkungen (von Sucht oder anderen Problemen) mir selber zu viel sind. Woraus sich meistens Konsequenzen dafür ergeben, was ich mittragen will oder nicht.

- Hat das "süchtige Verhalten" eine Stellvertreterfunktion, dient also der Gefühlsregulation?

Knifflige Frage, weil ich das eigentlich nur für eigenes "süchtiges Verhalten" beantworten könnte. Die Frage, ob mein Partner damit Gefühlsregulation betreibt oder nicht geht eigentlich nur ihn etwas an. (Und kann eigentlich auch nur er beantowrten) Trotzdem kommt man als Partner daneben nicht umhin, diese Effekte zumindest mit wahrzunehmen.

-In wieweit darf ich warnen?

"Dürfen" darf ich meiner Meinung nach alles sagen. Warnungen, Ängste, Wünsche, Vorschläge. Meine Frage ist dazu eher: Macht das Sinn? Warnen enthält für mich schon die Botschaft von "ich weiß, dass Du Dich in Gefahr bringst, Du aber anscheinend nicht" und ist für mich damit ein Co-Abhängigkeits-Element.

- Wo sind meine Grenzen? Welches Verhalten möchte ich nicht erdulden?

Kann nur jeder individuell im konkreten Alltag beantworten. Dabei ehrlich zu sich selber zu bleiben ist meiner Erfahrung nach schwierig.

- Muss ich mein Kind schützen? Wovor genau?

Dazu kann ich nichts sagen, ich habe keine Kinder.

- An welchen Stellen decke ich die Sucht?

Sehr entlarvende, wichtige Frage. Schiebe ich nach außen hin Ausreden vor? Entschuldige und decke ich das Verhalten des Süchtigen? Lüge ich für diesen Zweck andere Familienmitglieder oder Freunde an?

- Äußere ich meine Ängste? Darf ich das?

Ja, das darf ich, meiner Meinung nach. Auch hier so ähnlich wie oben zum Thema Warnen: Macht es Sinn? Was will ich damit erreichen? Will ich wirklich "nur" meine Ängste ausdrücken? Oder damit auch eine Veränderung am Partner erzielen, einen Wunsch nach Kontrolle befriedigen?

Ich mach hier einen vorläufigen Punkt. Würde gern noch viel dazu schreiben, bin aber heute nicht in der Verfassung dazu.

Aber noch ein Buchtipp zum Thema, der mir wirklich am Herzen liegt:

"Kraft zum Loslassen"
von Melody Beattie

Es geht ums Thema Co-Abhängigkeit und wie man Loslassen üben und lernen kann. (Und damit - im Gegensatz zur Illusion von Festhalten und Kontrolle - viel mehr Heilung für sich und auch das Umfeld erreichen kann) Aufgeteilt in kleine Abschnitte, für jeden Tag des Jahres einer.

Bei Interesse schreibe ich gerne mehr dazu.

Soweit für den Moment,

herzliche Grüße an euch alle,

Ulysses
Tabarka1
Beiträge: 267
Registriert: 10. Feb 2013, 13:34

Re: Alkohol und Co-Abhängigkeit

Beitrag von Tabarka1 »

Hi,
Von mir auch eine dicke Empfehlung für das Buch von Melody Beattie!
Z.B. 25. Mai Selbstliebe
Der Hinweis, wenn es mit der Selbstliebe schwierig ist, so zu tun als ob. .... Und ich habe es ausprobiert. Die Bodylotion mal so eingecremt, als ob ich jmd eincreme, den ich wirklich gerne mag. Und es war eine unglaubliche Erfahrung für mich.
Euch allen einen guten Tag!
Tabarka
Wann, wenn nicht heute... ?
bigappel
Beiträge: 1488
Registriert: 10. Dez 2010, 08:10

Re: Alkohol und Co-Abhängigkeit

Beitrag von bigappel »

Liebe Austausch,

weder weiß ich, ob Du als Co-Abhängig in Frage kommst, noch ob Du einer
Art "Kontroll-Wahn" erlegen bist, noch, ob die Menge des Verzehrs Deines Mannes
bereits in den Bereich "verdächtig" gehört.

Ich kann nur aus meiner Erfahrung sagen, dass ich die Diagnoseidee Deines Mannes für fraglich erachte, mein Vater konnte sehr gut sowohl morgens auf Alkohl verzichten, wie auch phasenweise.

Aber auch da bin ich sicher nicht versiert genug, dies sicher zu schreiben.

Wenn ich von mir ausgehe, so denke ich, hast Du in Bezug auf den Alkohol
aus der Vergangenheit Themen noch nicht abschließend bearbeitet; daher
vielleicht das Bedürfnis zu erkennen, wieviel Dein Mann trinkt.

Die Idee mit dem Besuch der Selbsthilfegruppe kann kein Fehler sein, so
denke ich.
Im Zweifel gehst Du halt nur einmal hin.


Ich, als erwachsenes Kind eines Alkoholikers, der mir auch niemals Gewalt
zugefügt hat und der auch viele Jahre trocken ist oder war, oder was auch
immer (ist mir egal, ist seine Leber und ggf. sein Tod durch Leberzirrose)
habe "lediglich" vorgelebt bekommen eben in Co.-Abhängigkeit (der Mutter)
zu leben und zu handeln.

Ihre Kraft hat immer gereicht, mich zu schützen, aber - vielleicht eben völlig
konform zur Abhängigkeit - eben nicht für sich, was auf mich als Kind ganz
massive Auswirkungen hatte, nämlich den Gedanken, meine Mutter
schützen zu müssen, was ich 22 Jahre versucht und gemacht habe.

Im Heute habe ich persönlich (wirklich ausschließlich meine höchstpersönliche
Auffassung) eine ziemliche "Hardliner" - Einstellung zu Alkohol und sonstigem
Drogenkonsum.

Jeder wie er mag, ich kann Bekannte, die gern mal ein Bierchen trinken oder
was auch immer, gut "ertragen", allerdings käme in meinem direkten Umfeld
(Ehemann speziell) eine abhängige Person für mich als Umgang niemals in
Betracht (wie gesagt, da bin ich sehr speziell).

Auch halte ich mich von sämtlichen Malle-Saufbuden & Co. fern, wobei das
wohl damit zusammenhängt, das ich mit dieser Art von Leuten eh nix anfangen
kann .

Auch muss ich sagen, widern mich Besoffene massiv an, zumal ich es auch als
extrem gefährlich erachte - für die Person -.

Sollte meine Tochter jemals auf die Idee kommen, selber oder im Freundeskreis
sog. leichte Drogen (Hasch, nicht das Bierchen ab 16) zu konsumieren, werde ich das in meinem Haus nicht
tolerieren. Das ist Fakt!
Sowohl beruflich, wie privat ist das für mich absolut ausgeschlossen, da bin
ich absolut unhumoristisch.

Was kannst Du also tun?

Vielleicht hinterfragen, was Deine Beweggründe sind, den Alkoholkonsum Deines
Mannes zu beobachten und daraus resultierend eben für Dich handeln.

Ein Kind, das einem wie auch immer gearteten abhängigen Menschen ausgesetzt
ist, halte ich immer für schützenswert.
Auch, wenn dieser Mensch ihm kein aktives Leid zufügt.

Allein die Tatsache, dass ein abhängiges Leben vorgelebt wird (und Kinder checken
das, egal wiesehr man es verheimlicht) , halte ich für grenzwertig, da meines
Wissens nach immer eine erhöhte Gefahr des Suchtpotenziales für diese
Kinder besteht.

Und Sorgen können ja bekanntermaßen schwimmen.
Aber das ist auch nur meine höchstpersönliche Auffassung und wie gesagt,
vielleicht eben auch nicht "normal".

In Jamaica würde man wohl nur dazu sagen: hey, no problem.

Solltest Du Dir eine Selbsthilfegruppe suchen, wünsche ich Dir jedenfalls
einen guten "Austausch" und möglicherweise ein Finden der Antworten, der
Fragen, die Du Dir stellst.

Ganz herzliche Grüße
Pia

Nachtrag:

mir ist bekannt, dass allgemein Drogenmissbrauch, egal welcher Art, eine
Krankheitserscheinung ist.
Mir geht es hier nicht darum, eine Menschengruppe zu defamieren, sondern
wirklich nur um meine höchstpersönliche Meinung und deren Auswirkungen
für mich daraus.
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
Tabarka1
Beiträge: 267
Registriert: 10. Feb 2013, 13:34

Re: Alkohol und Co-Abhängigkeit

Beitrag von Tabarka1 »

Hi Austausch,

Deine Frage nach dem Ablauf des Gruppenabends habe ich noch nicht beantwortet.

Bei uns läuft es so, dass zuerst Texte gelesen werden (12 Schritte, 12 Traditionen und wenn Neue da sind auch das Willkommen)
Danach eine Schweigeminute.
Danach das Go Round: JedeR der/die mag erzählt von sich und der vergangenen Woche z.B. "Hi, ich bin Tabarka, Co-abhängig und ich habe in der letzten Woche die Erfahrung gemacht...."

Dann je nachdem das wievielte Treffen es im Monat ist, ist ein anderes Thema dran. Heute dürfte es bei Euch die 5. Tradition sein. Wird bei uns aber nicht so genau genommen, vor allem bei neuen nicht. Wichtig ist nur (wie bei AA): ich rede nur von mir, ich beziehe mich nicht auf Beiträge anderer, außer sie fragen explizit danach, ich rede drei bis fünf Minuten pro Beitrag, ich bin verschwiegen über das was in der Gruppe passiert und ich versuche positiv zu reden ( was natürlich schwer geht, wenn's einem schlecht geht).
Zum Abschluss dann noch an die Hand fassen und:
" Gott gebe mir die Gelassenheit Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut Dinge zu ändern, die ich ändern kann und die Weisheit das Eine vom Anderen zu unterscheiden. - Gute 24 Stunden - Kommt wieder es funktioniert"

Und manche Gruppen machen danach noch einen informellen Austausch.

Hoffe das hilft Dir ein wenig loszulassen und den Mut zu finden hinzugehen.

Einen guten Abend für Dich
Tabarka
Wann, wenn nicht heute... ?
Lerana
Beiträge: 2088
Registriert: 4. Feb 2012, 18:42

Re: Alkohol und Co-Abhängigkeit

Beitrag von Lerana »

Hallo ihr Lieben!

Viele interssante Denkanstöße! Liebe Ulysses, ich glaube mit den Beantwortung meiner Fragen liegst du ziemlich nah an dem, wie ich das auch sehe. Vielleicht habe ich gleich noch etwas Zeit, sie auch mal, wenn auch nicht vollständig, hier zu beatworten!

Liebe Pia an dich habe ich eine Frage, denn ich gebe dir mit Folgendem 100%ig Recht!

>>Ein Kind, das einem wie auch immer gearteten abhängigen Menschen ausgesetzt ist, halte ich immer für schützenswert. Auch, wenn dieser Mensch ihm kein aktives Leid zufügt.<<
Ja, ja, ja! Ich rufe ja und dann kommt meine leicht verzweifelte Frage: Aber wie???

Also ich weiß, wovor ich schützen möchte: vor allem vor Unberrechenbarkeit (Wie ist Papa heute drauf?) und vor dem schlechten Vorbild!

Aber wie? Ist eine Trennung Schutz?? Ich nehme ja damit soviel mehr weg, als nur das wovor ich schützen möchte: einen liebevollen Vater, der spielt, der tröstet, der kuschelt, der zuhört, der Interesse hat....
und darüberhinaus, das nehme ich nicht weg, denn der Konatkt bliebe ja auch nach einer Trennung bestehen und dann frage ich mich erst recht: schütze ich dann überhaupt mit einer Trennung, oder raube ich nur?

Ich persönlich habe viel weniger Probleme mit dem Verhalten meines Mannes. Ich lerne mich abzugrenzen, versuche ehrlich keine Deckung mehr zu bieten, versuche, die Verantwortung dahin zu geben, wo sie hingehört, auch, was seine Depressionen angehet, die für mich klar in einem Kausalzusammenhang stehen, nach dem Motto: Also, wenn du mich fragst, solange du nicht aufhörst, denke ICH, dass es schwierig wird, deine Depressionen zu überwinden...
Aber reicht das für meinen Sohn? Wie schütze ich den????

Sorry Austausch, ich will deinen Thread nicht karpern, aber es ist ein so aktuelles Thema von mir, dass ich nicht anders kann! Wenn es dich stört, sage es, dann starte ich einen neuen Therad: Wie schütze ich mein Kind! Ohnehin interessant auch im Zusammenhang mit Depressionen. Aber, wenn ich darf, frage ich erstmal hier!

Herzliche Grüße
Lerana
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
Tabarka1
Beiträge: 267
Registriert: 10. Feb 2013, 13:34

Re: Alkohol und Co-Abhängigkeit

Beitrag von Tabarka1 »

Hi Austausch,
Wie war's in der Gruppe?

Hi Lerana,
Wollte Dich jetzt nicht überholen und das neue Thema aufmachen, aber ich wäre dabei.
Habe aktuell auch was am laufen wg Kind. Meinem Mann geht es im Augenblick besser, ich übe mich im Loslassen, Genießen und positiv sehen UND Kind ist überfordert. Fordert meine Kontrolle über ihn ein, will, dass ich seine Entscheidungen bestätige, nicht mit ihm schimpfe, wenn er etwas entschieden hat...

Die Veränderung überfordert sie wohl. Und ich stehe fassungslos daneben. Und merke, wie schwer und traurig sich das für mich anfühlt. Fast als würde sie um ihr "Elend" kämpfen. Und in Teilen sehe ich mich selbst, als ob mir ein Spiegel vorgehalten wird. Und ich hatte gehofft, dass es leichter wird, wenn es ihm besser geht.

Und die Fragen die Du aufgeworfen hast verfolgen mich ohnehin schon seit Jahren.

LG

Tabarka
Wann, wenn nicht heute... ?
Bubbletea
Beiträge: 58
Registriert: 8. Mai 2013, 21:42

Re: Alkohol und Co-Abhängigkeit

Beitrag von Bubbletea »

Liebe SucheAustausch,

eigentlich liege ich schon in Schlafposition und dann bin ich über diesen Beitrag gestolpert. Das erste, was ich dir sagen möchte, ich bewundere dich für deine Stärke und Kraft und finde es unheimlich beeindruckend, was du leistest. Darf ich dich fragen, ob du auch genug Zeit und Menschen, die dich halten und auffangen, findest?

Zum Thema Co-Abhängigkeit kann ich nichts sagen, aber ich belästige dich einfach mal mit einem Brainstorming zum Thema Beziehungsgedanken.

"Normalerweise" wird eine Partnerschaft eingegangen, um sich gegenseitig Halt zu geben und einander zu (unter)stützen. Du trägst durch die Krankheit deines Mannes sehr viel Verantwortung, musst, nehme ich an, viele Aufgaben erledigen und ihr habt zusammen ein Kind. Wahrscheinlich jede Menge Potential, um ich gestresst, müde oder wütend zu fühlen und das Thema "Trinken"...ist für dich durch deine Kindheitserfahrungen sicher doppelt brisant.
Und selbst wenn nicht, wenn man sich vorstellt, der depressive Partner zu Hause mit dem man ein Kind hat, fängt auch noch (kurzfristig)das Trinken an... die Vortellung allein liefert doch eine teilvorlage für den Wunsch, zu kontrollieren...
Kannst du mit deinem Mann eigentlich über deine Gefühle reden (ist er dafür stabil genug?).
Hoffe, du findest eine geeignete Gruppe und ganz viel Zeit, Liebe und Glück für dich.
Alles Gute
bigappel
Beiträge: 1488
Registriert: 10. Dez 2010, 08:10

Re: Alkohol und Co-Abhängigkeit

Beitrag von bigappel »

Liebe Lerana,
ein herzliches Hallo an Alle,

puh, was für ne Frage.

Wenn ich die versiert beantworten könnte, hätte ich wohl nicht diesen Mann,
den ich gewählt habe, zum biologischen Erzeuger meiner Tochter gemacht.

Trotz allem, möchte ich meine heutige Denkweise mal dazu verfassen.

Wie schütze ich mein Kind?

Vorab: es geht hier nicht um "perfektes" Elterntum; das gibt es eh nicht.
Ich bin ja na dran (ein Scherz, Leute, ein Scherz), muss aber doch eingestehen,
dass es eben nicht um Perfektion in der Elternschaft geht.

Kinder können eine Menge verpacken; von Haus aus.
Viel mehr, als wir Eltern vielleicht manches Mal denken; aber die Grundvoraus-
setzung zur gesunden Entwicklung sind nach meiner Auffassung Stabilität
eines Elternhauses; eine gesunde Partnerschaft der Eltern sowie Wurzeln
und Flügel.

Soviel zur Theorie.

Wie gesagt.

So im Grundsatz hat mein Vater mir aktiv nie etwas getan.

Aber stabiles Elternhaus?
Gesunde Partnerschaft der Eltern?
Ganz sicher nicht!!!!!!!

Was mir als "partnerschaftliche Ebene - Ehe" vorgelebt wurde, was eben auch
ob ich vermutlich wollte oder nicht, auf meine Partnerwahl Auswirkung hatte,
war alles andere, als Erstrebenswert………

Diese dauernden Zankereien, Vorwürfe meines Vaters an meine Mutter,
Beschuldigungen und noch zahlreiche andere Szenarien; wohl spät nachts
zum Schutze des Kindes.

Was für ein Schwachsinn!
Das Kind bekommt nichts oder wenig mit: Scheinwelt der Eltern, sonst nix.

Wie oft in meinem Leben habe ich mir gewünscht, dass meine Eltern sich
endlich scheiden lassen, endlich Ruhe in mein Leben tritt……. weit gefehlt.
Ich habe mir geschworen, selber dies meinem Kind ggf. nicht zuzumuten
und auch entsprechend gehandelt; wenn auch viele Jahre zu spät…. aber
das war ein anderes Thema.

Die Art und Weise des Umgang meiner Eltern miteinander, ihre sog.
Streitkultur und überhaupt das Miteinander, was mir vorgelebt wurde,
war das absolute Grauen.

Dabei geht es mir nicht um Schuld, die haben auch ihre Wunden gehabt,
warum sie sich gefunden und daran festgehalten haben …… aber es hat
mir definitiv geschadet.

Eine Trennung ist immer für Kinder problematisch.
Ganz sicher. Eine Trennung heisst immer Verlust; auch, wenn die Eltern
sich noch so viel Mühe geben; allein, dass Mama und Papa nicht mehr
zusammen wohnen, ist Verlust.

Trotzdem bin ich der Meinung, hat Elternsein nichts mit der bestehenden
Partnerschaft oder Ehe zu tun.
Nach meiner Auffassung kann man auch weiter Elternteil sein, wenn die
Partnerschaft nicht mehr besteht.

Allerdings setzt das viel Einsatz der Eltern und Bereitschaft voraus, alte
Wunden zu verarbeiten und sich wie Erwachsene zu benehmen und vor
allem, das Kind nicht möglicherweise als Partnerersatz zu benutzen, in
dem das Kind z.B. die Rolle des Erwachsenen übernehmen muss (wie
mein Ex-Mann das Phasenweise verlangt und ich machtlos daneben
stehe und nur immer wieder sagen kann zu meinem Kind: das ist nicht
Deine Aufgabe!!!!).

Speziell ein abhängiger Elternteil, sei es Alkohol, seien es Drogen, kann
keine Stabilität nach meiner Erfahrung bieten; man weiß nie, in welchem
Zustand der Elternteil gerade ist und ob er "anwesend" ist.

Gut; niemand kann und muss 24 Stunden rund um die Uhr für sein
Kind dauerhaft ohne Pause da sein, man kann auch deligieren,…… trotzdem empfinde ich es als Unterschied zu gesunden Eltern. Ich kann es nicht
genau fassen.

Die Reaktion von Austausch, auf das Trinkverhalten Ihres Mannes kenne ich
so auch als Frühwarnsystem von mir:

so gibt es z.B. Worte, die mir noch heute, wenn ich sie höre - egal von wem -
, mich vor Angst erstarren lassen, weil ich damit verbinde "….. Papa ist in dem
und dem Zustand …… achtung".

Ich weiss nicht, ob das bei Dir, liebe Austausch auch so ist, aber ich denke dieser
Wunsch nach Kontrolle diese Angst "wie ist er drauf", ist bei mir einfach tief
verankert. …… gleich…. geht es wieder los mit dem Theater zwischen den
Eltern …….

Und jetzt kommt für mich die Depression unserer Partner in ´s Spiel.

Ein depressiver Mensch, ohne jede Schuldzuweisung oder Wertung ist ähnlich,
wie ein abhängiger Mensch, nicht in der Lage, einem Kind Stabilität zu bieten.

Ich höre alle Mütter mit Depressionen aufschreien.
Liebe Mütter mit Depressionen, ich glaube zu erahnen, was es heisst, mit
der Erkrankung eben doch Stabilität dem Kind zu bieten, wovon ich überzeugt
bin, dass dies geleistet wird: nämlich das, sich
selber dauerhaft zu übergehen; alle Kraft für die Stabilität des Kindes und
wenn das groß ist………… möglicherweise totales Ende der Kraft der Mutter.

So. Ich selber sitze also mit meinem depressiven Ehemann da; dieser
schlägt mich nicht, er brüllt nicht rum, er achtet mich, behandelt mich gut
(eine echte Verbesserung zu meinen diversen vorherigen Kandidaten),
geht nicht fremd……….. aber echte Nähe kann er seit langem nicht mehr
bieten.

Kommt mir bekannt vor……………

Heute bin ich ein großes Mädchen, brauche den väterlichen Schutz, die
Geborgenheit nicht mehr so sehr, da ich mit mir im Reinen bin (oder mich
dafür halte?), aber ich möchte einen anwesenden Partner……..
einen, der in der Lage ist, sich mit mir auseiander zu setzen.

Ich dachte, diesen hätte ich gefunden…………… aber das alte Muster, das
bekannte, scheint doch wieder zugeschlagen zu haben (keine echte Nähe
mehr möglich).

Da komm ich an meine Grenzen……….. und die Ausgangsfrage: wie schütze
ich mein Kind würde ich wie folgt beantworten: mit einer gesunden Vorbild-
funktion auf Eltern- und Paarebene…… aber genau das, ist eben subjektiv
und nicht zuletzt davon abhängig, was wir selber vorgelebt bekamen und
ob und wie wir uns weiterentwickelt haben.

Ganz herzliche Grüße
Pia
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
SucheAustausch
Beiträge: 257
Registriert: 15. Aug 2012, 12:35

Re: Alkohol und Co-Abhängigkeit

Beitrag von SucheAustausch »

Hallo Ihr Lieben,

ich antworte an dieser Stelle nur kurz auf Tabarkas Frage. Die andere Frage, liebe Lerana, kann ich wirklich nicht beantworten. Im Moment schon gar nicht. Denn genau diese stelle ich mir ja auch!

Vielleicht nur kurz zu Dir, Pia, meine Eltern haben sich getrennt als ich 7 Jahre alt war. Aber auch darunter habe ich gelitten wie ein Hund. Und die Beziehung zu meinem alkoholkranken Vater blieb auch danach bestehen und hat mich geprägt.

Egal, dazu vielleicht später mehr. Nun zu meinem Meeting gestern.

Leider waren nur 3 andere dabei, erst waren wir sogar nur zu dritt. Es war aber eine nette, herzliche Atmosphäre, wobei mich das Konzept schon etwas irritiert hat. Jemand spricht 5 Minuten und niemand reagiert, alle schauen aus dem Fenster oder so. Ist etwas gewöhnungsbedürftig, denke ich.
Aber ich werde wohl noch mal hingehen.

Die 12 Schritte waren mir ja schon bekannt, aber ich finde diese wirklich extrem schwer. Alles was dahinter steckt ist wahrscheinlich Zeit. Niemand kann diese in 3 Monaten abfrühstücken, denke ich. Das ist es aber, was ich mir so gern erhoffen würde.


Danach bin ich nach Hause gefahren und bin wieder ins Gästezimmer gegangen. Meine Tochter schlief bei meinem Mann im Ehebett. Sie waren wohl zusammen schlafen gegangen.

Das ist etwas, womit ich ein Eifersuchtsproblem habe, aber ich konnte es gestern ganz gut lassen.
Ich habe wieder oben geschlafen und heute morgen bin ich wach geworden und habe mich gefragt, warum es mir noch nicht besser geht.

Als könnte ich mich in zwei Tagen verändern!

Ich erwarte immer sofort, dass ich merke, dass es mir besser geht! Und dann erwarte ich, dass ich das, was mir geholfen hat, wieder lassen kann!

So ein Schwachsinn, oder?

Aber diese Gedanken sind so verankert in mir, dass ich seit 3 Tagen mit einem dauerhaft schlechten Gewissen dasitze und immer wieder der Gedanke hochkommt: soll ich wirklich aus dem Ehebett ausziehen? DARF ICH DAS???

Ja, und da merke ich auch wieder das Problem. Ist mein ständiger Bezug auf die Beziehung co-abhängig? Auf jeden Fall ist er nicht gesund.

Und ich glaube, ich kann das nur durchbrechen, indem ich übe und mich aus der Beziehung rausnehme - zumindest stückweise.

Und das Gästezimmer ist eine gute Möglichkeit für mich. Und im MOment gefühlsmäßig auch gar nicht anders möglich. Ich MAG nicht mehr ins Ehebett. Ich habe eine richtige Aversion!

So, jetzt werde ich mal weitermachen.

Ich freue mich auf Eure Antworten und bin nicht sauer, wenn mein Thread benutzt wird, um eine Frage zu besprechen, die mich auch betrifft und die vor allem hinter all dem steht.

Liebe Grüße

Austausch
Clown
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Re: Alkohol und Co-Abhängigkeit

Beitrag von Clown »

Hallo Austausch,

>Meine Tochter schlief bei meinem Mann im Ehebett.
Wie alt ist sie? Wenn sie nicht noch Kleinkind ist, gehört sie da nicht hin, finde ich! Will sie dich unbewusst 'ersetzen'? Denke doch mal weiter, Austausch!

Das Familiensystem ist am Wirken und Kinder versuchen IMMER, die Balance zu halten oder wieder herzustellen. Diese 'Arbeit' tut Kindern aber überhaupt nicht gut!

Und: Sagtest du nicht, du bist wegen der Alkoholfahne deines Mannes raus aus dem Ehebett? Und deine Tochter soll diese Alkoholdämpfe nachts dann einatmen???

Liebe Austausch, bei mir klingeln alle Alarmglocken!

Grüße,

Clown
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
SucheAustausch
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Re: Alkohol und Co-Abhängigkeit

Beitrag von SucheAustausch »

Hallo Clown,

meine Tochter ist 5 (gerade geworden). Sie hat im letzten Jahr sehr oft bei uns geschlafen und ist es eigentlich gewöhnt, dass es normal ist, mal bei uns zu schlafen. Wir sind sogar manchmal alle zusammen ins Bett gegangen.

Mein Mann ist von Schuldgefühlen geplagt, weil er letztes Jahr so lange in der Klinik war. Er ist oft mir ihr zusammen ins Bett gegangen, weil er ja eh so oft schon um 19 Uhr ins Bett geht.

Ich weiß absolut, dass das nicht gesund ist. Und ich weiß auch, dass ich ein argwöhisches Auge auf die Situation werfen muss. Ich habe im letzten Jahr oft gesagt: Schluss! Das Kind muss wieder in ihr eigenes Bett! Es hat dann auch immer zeitweise gut geklappt.

Dass sie jetzt bei meinem Mann geschlafen hat, war sicher aus dem Grund, weil ich nicht da war und die beiden sich einen schönen Abend gemacht haben (waren bei der Pommesbude etc., er hat sie von der Musikschule abgeholt und so).

Wenn sich das einschleicht, werde ich etwas sagen.

Und an den letzten 2 Abenden hat mein Mann nichts getrunken. Ich bin auch nicht wirklich wegen der Alkoholfahne ausgezogen, sondern weil ich einfach grenzüberschreitend und kontrollsüchtig werde, wenn er trinkt. Ich kann dann nicht bei mir bleiben - deswegen bin ich ins Gästezimmer umgezogen. Und weil ich generell nicht bei mir bin, bleibe ich da auch erst mal!

Alles Liebe und vielen Dank für Deine Anregungen. Ich bleibe wachsam!

Austausch
Clown
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Re: Alkohol und Co-Abhängigkeit

Beitrag von Clown »

Danke für deine Antwort, Austausch, freut mich, dass du für deine Tochter wachsam bist.



Clown
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Eckhart Tolle
Ulysses
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Re: Alkohol und Co-Abhängigkeit

Beitrag von Ulysses »

Liebe Austausch,
Ihr Lieben,

ich kenn ja das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven, auch aus der des Kleinkindes. Und ich sehe es heute ganz ehrlich so:

Wirklich schützen im Sinne von "keine Auswirkungen der Situation auf die Psyche des Kindes" kann man glaube ich dabei kein Kind.

Aber gleichzeitig steckt auch darin für mich die erste Basis des Schutzes: Nämlich ehrlich sein. Keine Familiengeheimnisse bauen. Akzeptieren, dass es eine knifflige Situation ist. Dass auch eine Trennung das Problem nicht unbedingt im Sinne von "Wohlgefallen" löst.

Der schlimmste Aspekt der Co-Abhängigkeit für mich als Kind war das Vertuschen, das Verstecken, das "das müssen die Nachbarn, die Schulfreunde, usw. nicht wissen", das ist unsere Privat-Sache, ...

So wie für andere traumatische Erlebnisse mittlerweile erwiesen ist, dass nicht das "objektive Erlebnis" an sich Schaden anrichtet, sondern der Umgang damit und die eigenen heilsamen Fähigkeiten der Person, die es erlebt.

Deshalb gibt es für mich keine eindeutige Antwort wie "Trennung ist der beste Schutz" oder umgekehrt. Sondern Stärkung des Selbstbewusstseins beim Kind, Anerkennen der Ängste, keine Schweige-Verpflichtung, kein "Gefühls-Wirr-Warr" im Sinne von "das hat er nicht so gemeint, er hat Dich trotzdem lieb", keine Vermittler-Aufträge ans Kind, unbewusste Vermittler-Aufträge aufspüren und bei sich selber bearbeiten, usw.

Auch die Fähigkeit, sich als Erwachsene gut schützen und abgrenzen zu können gehört zum Schutz des Kindes dazu. Damit meine ich nicht, dass man keine Ängst, Trauer oder Überforderung zeigen darf. Im Gegenteil, zeigen sollte, aber gleichzeitig dafür die eigene Verantwortlichkeit übernehmen.

Meiner Erfahrung nach schadet nichts so sehr wie eine unterschwellige, nicht zugegebene Trauer, eine Hilflosigkeit und gefühlte Handlungsunfähigkeit des nicht alkoholerkrankten Elternteils. Denn dafür übernehmen Kinder sofort und instinkitv die Verantwortung. Je subtiler desto intensiver wird ein Kind versuchen, die Verwirrung "wieder gut zu machen".

Liebe Grüße

Ulysses
Lerana
Beiträge: 2088
Registriert: 4. Feb 2012, 18:42

Re: Alkohol und Co-Abhängigkeit

Beitrag von Lerana »

Hallo ihr Lieben,

liebe Pia tausend Dank für deine ausführliche Antwort und Austausch danke für das Zulassen in deinem Therad und Tabarka mach den neuen Thread ruhig auf, wenn du willst und Ulysses, ich unterschreibe deinen letzten Post ganz dick.

Und mehr demnächst!!

Herzliche Grüße
Lerana
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
Tabarka1
Beiträge: 267
Registriert: 10. Feb 2013, 13:34

Re: Alkohol und Co-Abhängigkeit

Beitrag von Tabarka1 »

Hallo Ihr!

Zunächst etwas zu den 12 Schritten:

Keine Ahnung, ob ich jemals weiter als bis zum ersten Schritt komme, aber ich weiß, der hat mich echt so was von weiter gebracht. Ich habe kapituliert vor meinem Problem. Ich weiß nicht mehr weiter. Und dass ich heute sage: ich bin Co-Abhängig ist Teil dieser Kapitulation. Und nur so bin ich überhaupt auf die Idee gekommen: ich brauche Unterstützung. Die Aussicht auf weitere Schritte, ist aber nicht was mir hilft. Was mir hilft ist das Bekennen meines verworrenen Innenlebens vor Anderen. Dies passiert hier auch, aber im persönlichen Kontakt in der Gruppe erlebe ich es noch hilfreicher.

Woran merke ich, dass ich Co-Abhängig bin?

Ich merke es heute vor allem daran, wie schwer es mir fällt freundlich zu mir zu sein, liebevoll zugewandt, mich selbst mit meinen Gefühlen und Bedürfnissen verstehen zu wollen. All das in jeder Stunde eine große Herausforderung. Und bei anderen - kein Problem, ich stehe zur Verfügung! Und ich weiß, dass schon diese Erkenntnis ein riesiger Fortschritt ist.

Kinder

Ich hätte meiner Tochter gerne die eine und die andere Erfahrung erspart. Und: Ich habe nicht alles unter Kontrolle. Es ist deshalb nie klar, was eine Trennung bewirken wird und was das Zusammenbleiben bewirken wird.

Und ich weiß um klare Grenzen. Körperliche oder sexuelle Gewalt hätte ich nie und werde ich auch nie tolerieren. Schwierig ist für mich die Selbstverständlichkeit in der unsere Tochter ihrem Vater sagt, was er tun soll und er es dann auch macht, wenn er in einer depressiven Phase ist. Und ich sehe gar nicht, dass ich da konkret etwas machen kann, außer später ihn darauf aufmerksam machen. Und später kann dauern, je nach Zustand. Wenn es mir gut geht, kann ich aber auch erkennen, dass sie Grenzen sucht und sie dann auch zuverlässig bei mir findet. Und ich finde dieses Kind so gelungen. So alles können wir da nicht falsch gemacht haben.

Euch Morgen einen schönen Feiertag, so ihr ihn denn habt!
Tabarka
Wann, wenn nicht heute... ?
SucheAustausch
Beiträge: 257
Registriert: 15. Aug 2012, 12:35

Re: Alkohol und Co-Abhängigkeit

Beitrag von SucheAustausch »

Hallo Ihr Lieben und vielen Dank noch für Eure Antworten.

Das Thema Kindeswohl ist mir auch wirklich wichtig. Ich bin teilweise so überfordert, dass ich gar nicht weiß, wie ich am besten damit umgehe.

Zum Beispiel verunsichert es meine Tochter sehr, dass ich im Gästezimmer schlafe. Das habe ich gestern Abend gemerkt. Ich wollte losgehen, weil ich mit einer Freundin im Kino verabredet war und normalerweise war das nie ein Problem. Nur gestern Abend hat meine Tochter total geklammert und mein Mann erzählte mir, dass sie auch hinterher immer wieder gesagt hätte, dass sie zu mir wolle.

Ich sagte dann eben zu ihm: vielleicht ist sie verunsicherz, weil ich oben schlafe.
Das konnte er erst nicht glauben, meinte dann aber, sie hätte das am Telefon auch der Oma erzählt.

Klar, das verunsichert sie total. Ich habe ihr vorgestern erzählt, dass ich oben schlafe. Und das ich das mache, weil ich gern mal ein bisschen Zeit für mich haben möchte und es auch schön für mich ist, allein zu schlafen.

Aber da ich ja selber so Probleme damit habe, mir diese Freiheit überhaupt zu nehmen, merkt sie das bestimmt auch, dass ich da nicht sicher bin und ein schlechtes Gewissen habe.

Es ist so schwer!

Was soll ich denn nur machen?

Ich dachte bis gestern Abend, dass wenn sie merkt, dass sich erst mal so viel gar nicht ändert, sie das gut verpacken kann. Aber nach gestern Abend bin ich da nicht so sicher.

Sollte man es wieder und wieder thematisieren? Oder zeigt ihr die Zeit, dass es nicht bedrohlich ist?

Heute Morgen ist sie dann zu mir gekommen und wir haben zusammen gekuschelt und ich habe ihr gezeigt, wie schön es ist, unter dem Fenster in der Dachschräge zu schlafen.

Dann sind wir gemeinsam runter und haben mit meinem Mann im Bett einen Kaffee getrunken, wie wir es am Wochenende oft machen.

Was meint Ihr?

Wie thematisiert man das Ganze mit einem 5 jährigen Kind? Und vor allem, was ist das Ganze? Ich kann ihr ja schlecht sagen, dass ich mich im Moment wie ein totales Wrack fühle. Nur noch Schuldgefühle habe und denke, ich mache nichts richtig.

Davor muss ich sie ja auch schützen, oder?

Am Liebsten würde ich mit meinem Mann und allem noch mal ganz von vorne anfangen. Beziehung neu definieren.

Meinem Mann macht das natürlich auch zu schaffen, warum ich oben schlafe. Er hat auch vorhin in dem Gespräch gefragt: warum machst Du es denn, wenn es alle verunsichert?

Er hat nichts dazu gesagt, als ich geantwortet habe, ich brauche einfach die Zeit und den Raum für mich. Ich genieße es gerade einfach, allein zu sein und zu schlafen.

Oh Mann! Wie schwer ist es doch, sich in einer Beziehung zu verändern.

Danke für Eure Tipps und Meinungen!
Und einen schönen Feiertag!

Austausch
medusa
Beiträge: 243
Registriert: 22. Mär 2013, 19:16

Re: Alkohol und Co-Abhängigkeit

Beitrag von medusa »

liebe austausch,

damit es nicht untergeht: an dieser stelle herzlichen dank für deine antwort bei "augenhöhe".
und danke auch für die frage, wie es meinem mann und mir geht!

ich möchte deinen thread jetzt nicht dazu nutzen, dir ausführlicher zu antworten - doch so viel sei gesagt: die gesamte situation ist sehr schlimm...

zu deinem persönlichen thema kann ich gar nicht allzu viel sagen.
ich versuche gerade, mich an die zeit der trennung vom vater meiner kinder zu erinnern - sie waren damals 7 und 10...

ja, kinder bekommen und empfinden mehr mit als wir oft denken. und ja, vieles macht ihnen angst - schließlich kennen sie nur das gewohnte umfeld und wenn sich das verändert, ängstigt es erst mal.

ABER - auch JA - auch wenn sie klein sind, deine tochter ist 5 - sie wird bemerken, dass es dir besser geht, dass du dich besser fühlst - mit dem bett unter dem dachfenster.
ihr das zu zeigen - indem du mit ihr in deinem bett kuschelst - ist ganz wichtig und wird ihr helfen.

deinen wunsch, ganz von vorne anzufangen - ja, den habe ich auch oft. als wir - mein mann, meine beiden kinder und sein sohn - etwa 2 jahre "zusammen" waren, haben wir beim fotografen ein bild von uns machen lassen.

gestern habe ich davor gestanden und es betrachtet: meine tochter und mein stiefsohn 12 jahre, mein sohn 15 - wie glücklich wir aussehen und in die welt geblickt haben - auch mein mann und ich - voller zuversicht.

und heute?

ich könnte weinen!

lg
eiskristall
Lerana
Beiträge: 2088
Registriert: 4. Feb 2012, 18:42

Re: Alkohol und Co-Abhängigkeit

Beitrag von Lerana »

Ihr Lieben, liebe Pia,

gerne möchte ich dir heute auf deinen ausführlichen Beitrag zum Thema, wie schütze ich mein Kind antworten.

Vorweg sei gesagt, dass dies ein Thema ist, dass mir solche Bauchschmerzen bereitet, dass ich nachts schlecht schlafen kann unnd das meine ich wortwörtlich.

Ich unterschreibe, dass es Schwachsinn ist, zu glauben, Streit, wenn er nachts geführt, bekämen die Kinder nicht mit. Einige meiner schmerzlichsten Kindheitserinnerungen sind die, an die Streitgespräche meiner Eltern nachts im Bett. Ich lag dort und hörte sie durch die Türen im Bett diskutieren und hatte solche Angst und traute mich nicht, sie zu stören oder meinen Bruder zu wecken. Also: Absolut richtig! Streit lässt sich nicht verheimlichen! Am ehesten sollte man ihn wohl offen und möglichst "fair" führen, damit Kinder lernen können, dass Streit oder besser Auseinanderstzungen zum Leben dazugehören.

Doch liebe Pia habe ich mir nie nachts geünscht, sie würden sich endlich scheiden lassen, sondern mit aller mir zu Verfügung stehenden Willenskraft versucht herbeizuführen, sie mögen sich vertragen. Niemals wollte ich getrennte Eltern!!!!! Ich wollte, dass sie sich in den Arm nahmen und alles wieder gut ist.

Mein Vater war Alkoholiker, ja! Und dennoch habe ich ihn in meiner Kindheit als stabilen, verlässlichen Vater empfunden, der über Jahre eben abends Wein trank. Ich habe ihn NIE volltrunken erlebt (erst als ich Erwachsen war), nie übermäßig wütend, nie im Heulkrampf, nie... mein Vater war stets kontrolliert, wahscheinlich zu sehr. Meine Mutter war emotional nicht berechenbar, aber diese nicht süchtig! Watt nu? Ich weiß es nicht.

Ich erlebe meinen Mann als für meinen Sohn ebenfalls "berechenbarer" als mich. Ist es nicht ätzend, wie sich der Mist wiederholt? Muss ich meinen Sohn jetzt vor mir oder vor meinem Mann schützen?

Vorgelebte Streitkultur! Ja!!!! Die ist mir auch wichtig und deshalb finde ich es nicht verkehrt, Konflikte auch vor Kindern auszutragen, denn sie gehören dazu. Dennoch gibt es mit Sicherheit ein ZUVIEL!

Also durch eine Trennung schütze ich ein Kind im Idealfall vor Konfliken! Vor dem schlechten Vorbild, was das Suchtverhalten angeht noch lange nicht.

Liebe Pia, ich weiß nicht, ob meine Verzweifung, die mir dieses Thema macht, deutlich wird. Ich mache mir oft schreckliche Vorwürfe, meinen Sohn in dieses Familienleben geboren zu haben und hoffe so inständig, dass er sich gesund entwickeln kann, denn wenn ich ihn ansehe zerreißt es meine Herz aus Angst, ihm zu schaden.

Mir laufen die Tränen, während ich das hier schreibe, so voll ist mein Kopf vor lauter: Müsstest du nicht... Schadet es ihm..., solltest du nicht besser... Kannst du ihm das antun!

Deshalb konnte ich hier so lange nichts posten, denn es trifft eine ungeheure Angst, nämlich das Muster (und zwar auch das Muster, nuemals eine lange stabile Partnerschaft zu führen, denn das haben meine beiden Eltern auch nahcher nie wieder)zu wiederholen, und für meinen Sohn wünsche ich so sehr, weniger mit dem Leben kämpfen zu müssen!

Herzliche Grüße
Lerana
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
Lerana
Beiträge: 2088
Registriert: 4. Feb 2012, 18:42

Re: Alkohol und Co-Abhängigkeit

Beitrag von Lerana »

Hallo Ihr Lieben.

tief eintatmen, Taschentücher raus!!! Eine heulende, sich in Selbstvorwürfen zerfleichende Mutter hilft meinem Sohn wohl am wenigsten!

Ich sortiere und zur Not, muss ich wohl doch meine Therapeutin nochmal kontaktieren. Bin nah dran, sowas zu denken wie, ich habe einen Rückfall und brauche Hilfe!

Vor mir, kann ich meinen Sohn nämlich am besten dadurch schützen, für meine psychische Gesundheit zu sorgen und emotional berechnbar zu werden und zwar ohne, dass es mich dauernd Kraft für den Fassadenaufbaus kostet.

Herzliche Grüße
Lerana
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
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